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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 09.03.2004
Aktenzeichen: 5 S 2780/02
Rechtsgebiete: LBO, FeuVO


Vorschriften:

LBO § 47
LBO § 76 Abs. 1
LBO § 32
FeuVO § 7
FeuVO § 9
Erfüllt eine Gas-Außenwandfeuerstätte nicht die Anforderungen der "Technischen Regeln für Gasinstallationen" des Deutschen Vereins der Gas- und Wasserfachmänner (DGVW-TRGI), so ist in der Regel davon auszugehen, dass Gefahren oder unzumutbare Belästigungen i.S.v. § 7 Abs. 1 FeuVO entstehen.
5 S 2780/02

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Mängelbeseitigung

hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schnebelt, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Albers und die Richterin am Verwaltungsgericht Schiller auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 04. März 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 07. August 2002 - 9 K 821/02 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr. xxxx der Gemarkung Todtmoos, xxxxxxxweg 36. Das Grundstück ist mit einem 1977/78 errichteten als Ferienhaus genutzten Reihenhaus bebaut. Die Abgase der im Untergeschoss befindlichen raumluftunabhängigen Gasfeuerungsanlage werden über eine Austrittsöffnung in der nach Südosten gerichteten Fassade ausgeleitet. Diese Öffnung befindet sich etwa 15 cm unterhalb des Balkons des Erdgeschosses und in einer Entfernung von etwa 10 cm zum südwestlich anschließenden Reihenhaus auf dem Grundstück Flst.Nr. xxxx, xxxxxxxweg 34.

Nachdem die Eigentümer des benachbarten Grundstücks Flst.Nr. xxxx unter Hinweis auf Beschwerden ihrer Mieter mitgeteilt hatten, dass diese Abgasführung zu erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen und zur Korrosion ihres Balkons führe, und eine Aufforderung zur Änderung durch den Bezirksschornsteinfegermeister erfolglos gewesen war, forderte das Landratsamt Waldshut den Kläger mit Bescheid vom 11.04.2001 auf, die Abgase der Gasfeuerstätte durch ein Luft-Abgas-System über Dach abzuführen. Zur Begründung wurde dargelegt: Das austretende Abgas bestehe unter anderem aus Wasserdampf, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid. Dadurch träten Beeinträchtigungen und unzumutbare Belästigungen für die nebenan wohnenden Personen auf. Nach § 47 LBO habe die Baurechtsbehörde darauf zu achten, dass die baurechtlichen Vorschriften sowie die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Errichtung und den Betrieb von baulichen Anlagen eingehalten würden. Nach § 3 Abs. 1 LBO seien bauliche Anlagen so anzuordnen, dass insbesondere Leben und Gesundheit von Menschen nicht bedroht würden. Durch die Abführung der Abgase werde die Gesundheit von Menschen beeinträchtigt, da im Abgas enthaltene Schadstoffe auf den menschlichen Organismus einwirkten. Die Abgasführung verstoße außerdem gegen § 7 Abs. 2 der Feuerungsverordnung (FeuVO). Zwar dürften nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 FeuVO Abgase von raumluftunabhängigen Gasfeuerstätten durch die Außenwand ins Freie geleitet werden, wenn eine Ableitung des Abgases über Dach nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich sei und Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstünden. Die jetzige Abführung der Abgase führe jedoch zu solchen Gefahren und Belästigungen für die menschliche Gesundheit. Die Situation sei nicht mit der bei anderen Reihenhäusern in Todtmoos-Prestenberg vergleichbar, weil bei diesen die Abgase nicht auf der Gartenseite mit Balkon oder Freisitz ins Freie gelangten, sondern entweder im Bereich der Hauseingangstür oder über Dach abgeleitet würden. Die Herstellung einer Abgasführung über Dach sei mit einfachen Mitteln zu erreichen. Ein unverhältnismäßig hoher Kostenaufwand entstünde nicht, zumal der Kläger beabsichtige, im Sommer 2001 sein Dach zu erneuern. In diesem Zusammenhang könne er das erforderliche Abgasrohr gleich mit einbauen lassen. Die Forderung der Abgasführung über Dach sei auch verhältnismäßig. Mit relativ geringem Aufwand könne eine ordnungsgemäße Abgasführung hergestellt werden, die dann weitere Belästigungen und Gefahren ausschließe.

Der dagegen vom Kläger erhobene Widerspruch wurde im Wesentlichen damit begründet, dass durch die Abgase keine Beeinträchtigungen von Gesundheit oder Leben und keine unzumutbaren Belästigungen für die Nachbarn entstünden. Eine Ableitung der Abgase über das Dach sei außerdem nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich. Vor allem könne nach § 76 LBO nur bei Vorliegen einer Bedrohung für Leben und Gesundheit verlangt werden, dass Anlagen, die vor dem derzeit gültigen Gesetz errichtet worden seien, den neuen Vorschriften angepasst würden. Eine solche Bedrohung sei hier jedoch nicht gegeben.

Im Herbst 2001 vergrößerten die Eigentümer des südwestlich anschließenden Reihenhauses die im Erdgeschoss zwischen den Balkonen der beiden Reihenhäuser bereits bestehende Zwischenwand so, dass auch im Untergeschoss eine Abtrennung aus Holz besteht und dass die gesamte Trennwand 55 cm über die Balkone hinaus vorragt. Der Bezirksschornsteinfegermeister erklärte daraufhin mit Schreiben vom 02.03.2002, durch die Trennwand werde die Belästigung durch die Abgase je nach Witterungslage wohl etwas reduziert. Die Beeinträchtigungen seien aber nach wie vor vorhanden. Auch die Anforderungen der Technischen Regeln für Gasinstallationen seien nicht erfüllt. Wegen der Trennwand könnten sich außerdem nun die ausgeblasenen Abgase an der Wand und dem Balkon stauen. Da die Gasfeuerstätte deshalb als notwendige Verbrennungsluft teilweise das schadstoffhaltige ausgeblasene Abgas wieder ansauge, könnten Betriebsstörungen nicht ausgeschlossen werden.

Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 04.04.2002, dem Kläger zugestellt am 08.04.2002, zurückgewiesen. Eine nochmalige Überprüfung durch den zuständigen Bezirksschornsteinfegermeister habe ergeben, dass die Anforderungen der Technischen Regeln für Gasinstallation nicht erfüllt seien. So müsse der horizontale Abstand der Abgasöffnung von einem zu öffnenden Fenster mindestens 0,75 m betragen, auch sei die Anordnung einer Abgasmündung unterhalb eines Balkons unzulässig. Die ausgeblasenen Abgase könnten sich außerdem nun an der Trennwand und den Balkonen stauen.

Die am 08.05.2002 vom Kläger gegen die Anordnung des Landratsamtes Waldshut und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage, ist mit Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 07.08.2002 - 9 K 821/02 - abgewiesen worden. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Rechtsgrundlage für die angefochtene Verfügung sei § 47 Abs. 1 LBO. Das Landratsamt gehe zutreffend davon aus, dass die Führung der Abgase der Gasfeuerstätte im Anwesen des Klägers gegen § 7 Abs. 2 FeuVO verstoße. Die Abgase könnten bei geöffneten Fenstern je nach Wetterlage in den Raum im Untergeschoss des Nachbarhauses eindringen. Dabei könne die Frage dahin gestellt bleiben, inwieweit diese gesundheitsschädlich seien. Jedenfalls aber sei wegen der von ihnen ausgehenden Geruchsbeeinträchtigungen eine unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft gegeben. Entgegen der Auffassung des Klägers komme es auch nicht darauf an, ob die Abgasanlage bei Errichtung den damals gültigen Vorschriften entsprochen habe. Denn Feuerungsanlagen müssten den jeweils aktuellen Vorschriften entsprechen; Bestandsschutz gebe es insoweit nicht.

Auf Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 18.12.2002 - 5 S 2197/02 -, dem Kläger zugestellt am 03.01.2003, die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen. Nachdem der Kläger mit gerichtlichem Schreiben vom 12.02.2003 auf die fehlende Berufungsbegründung hingewiesen worden ist, hat er unter gleichzeitiger Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Frist die Berufung mit am 26.02.2003 eingegangenem Schriftsatz vom 21.02.2003 begründet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 07. August 2002 - 9 K 821/02 - zu ändern und den Bescheid des Landratsamtes Waldshut vom 11. April 2001 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 4. April 2002 aufzuheben.

Er trägt ergänzend zum bisherigen Vorbringen vor, tatsächlich handle es sich bei seiner Gasfeuerstätte um eine Kondensationstherme, deren "Abgase" geruchsneutral seien, weil lediglich Wasserdampf austrete. Unzumutbare Belästigungen gingen von dieser daher nicht aus. Eine Änderung sei insbesondere durch die Errichtung der Trennwand zwischen den Reihenhäusern eingetreten.

Zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine eidesstattliche Versicherung seiner Kanzleiangestellten Frau B. vorgelegt. Er trägt vor: Der ihm am 03.01.2003 zugestellte Beschluss über die Zulassung der Berufung sei ihm von seiner Rechtsanwaltsfachangestellten zusammen mit der Handakte vorgelegt worden, wobei diese in der Handakte den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist auf den 03.02.2003 und eine Vorfrist auf den 27.01.2003 notiert gehabt habe. Die Angestellte habe auch einen Erledigungsvermerk über die entsprechende Eintragung im Fristenkalender angebracht gehabt. Diese Vorgehensweise entspreche der üblichen Praxis in ihrer Kanzlei. Nach Kontrolle der notierten Fristen habe er daraufhin das Empfangsbekenntnis unterschrieben und die Akte zum Abtrag gelegt, da aus seiner Sicht alles für eine rechtzeitige Wiedervorlage getan gewesen sei. Am 17.02.2003 sei ihm die Akte mit dem Schreiben des Senats vom 12.02.2003 vorgelegt worden, wobei die Fristversäumnis festgestellt worden sei. Sie habe darauf beruht, dass seine seit zwei Jahren ohne jede Beanstandungen im Büro tätige Rechtsanwaltsfachangestellte die Frist zur Berufungsbegründung - entgegen dem Erledigungsvermerk - weder in das Fristenkontrollbuch noch in den EDV-gestützten Fristenkalender eingetragen habe. Ihre Tätigkeit sei regelmäßig stichprobenartig überwacht worden, ohne dass es zu Beanstandungen gekommen sei.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wird vorgetragen: Die Berufung sei bereits unzulässig, weil keine Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist zu gewähren sei. Sie sei zudem unbegründet. Da für die Feuerungsanlage nie eine Baugenehmigung erteilt worden sei und diese auch zu keinem Zeitpunkt den bestehenden Vorschriften entsprochen habe, sei sie nicht als rechtmäßig bestehende Anlage im Sinne des § 76 Abs. 1 LBO anzusehen. Damit fänden die derzeit geltenden Regelungen Anwendung. Ergänzend wird in der Erwiderung auf eine Stellungnahme des Bezirksschornsteinfegermeisters vom 02.11.2002 verwiesen, in der unter anderem ausgeführt wird: Bei jeder Verbrennung entstehe Kohlendioxid und Kohlenmonoxid. Zu einem hohen Kohlendioxid-Gehalt im Abgas könne es auch durch eine mangelhafte Verbrennungsqualität kommen, wenn das ausgeblasene Abgas teilweise wieder als notwendige Verbrennungsluft angesaugt werde. Hier könnten sich die Abgase an der Trennwand und dem Balkon stauen.

Dem Senat liegen die einschlägigen Behördenakten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Ob dem Kläger Wiedereinsetzung bezüglich der versäumten Frist zur Begründung der Berufung (vgl. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) nach § 60 VwGO zu gewähren und die Berufung damit als zulässig anzusehen ist, kann hier offen bleiben. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers dürfte allerdings nicht hinreichend substantiiert geltend gemacht haben, dass er durch geeignete, konkrete Anweisungen an seine Rechtsanwaltsfachangestellte bzw. organisatorische Vorkehrungen ausreichend dafür gesorgt hat, dass der Vermerk über die erfolgte Eintragung der Frist im Fristenkalender in der Handakte erst angebracht wird, wenn die Eintragung tatsächlich erfolgt ist.

Die Berufung ist aber jedenfalls nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Landratsamtes Waldshut vom 11.04.2001 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 04.04.2002 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I. Das Landratsamt Waldshut hat die angefochtene Anordnung zu Recht auf § 47 Abs. 1 LBO n.F. (v. 08.08.1995, GBl. S. 617, i.d.F. der Änderungsgesetze v. 15.12.1997, GBl. S. 521, und v. 19.12.2000, GBl. S. 760) gestützt. Nach dieser Vorschrift haben die Baurechtsbehörden darauf zu achten, dass die baurechtlichen Vorschriften sowie die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Errichtung und den Abbruch von Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 LBO eingehalten und die auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen befolgt werden. Sie haben zur Wahrnehmung dieser Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich sind.

Feuerungsanlagen, die nicht auf Dauer eingebaut sind, gehören zu den "anderen Anlagen und Einrichtungen" im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 LBO. Eine auf Dauer in ein Gebäude eingebaute Feuerungsanlage ist als Bauprodukt im Sinne des § 2 Abs. 10 LBO anzusehen; da sie damit Teil des Gebäudes als bauliche Anlage im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 LBO ist, gilt auch für solche Feuerungsanlagen § 47 Abs. 1 Satz 1 LBO (vgl. von Arnim/Hager/Schlotter-beck, Das Neue Baurecht in Bad.-Württ., Stand: Sept. 2003, § 32 RdNr. 17; Sauter, LBO, Stand: Sept. 2002, § 1 RdNr. 5).

Die Anwendung des § 47 Abs. 1 Satz 2 LBO n.F. ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil seine Gasfeuerungsanlage einschließlich der Abgasführung durch die südöstliche Hauswand schon seit 1977 besteht.

Grundsätzlich können die Anforderungen, welche die Landesbauordnung in ihrer derzeit geltenden Fassung enthält, allerdings nur an neu zu errichtende oder zu ändernde Anlagen bzw. Einrichtungen gestellt werden. Eine Anlage, die zu irgendeinem Zeitpunkt mit dem geltenden Recht in Einklang stand, kann grundsätzlich weiter in ihrem bisherigen Bestand und ihrer bisherigen Funktion erhalten und genutzt werden, selbst wenn sie nicht mehr dem jetzt geltenden Recht entspricht (vgl. Sauter, a.a.O., § 76 RdNr. 1). Das bedeutet, dass für bereits errichtete bauliche oder sonstige Anlagen bzw. Einrichtungen, die zu einem früheren Zeitpunkt rechtmäßig waren oder für die eine Baugenehmigung besteht, nicht ohne Weiteres nach § 47 Abs. 1 Satz 2 LBO eine Anpassung an geänderte Vorschriften verlangt werden kann. Voraussetzung ist eine spezielle Ermächtigung für ein nachträgliches Anpassungsverlangen. Solche Ermächtigungen enthalten § 58 Abs. 6, § 76 Abs. 2 und § 76 Abs. 1 LBO.

Da für die Gasfeuerungsanlage des Klägers unstreitig nie eine Baugenehmigung erteilt wurde und es auch nicht um eine wesentliche Änderung geht, kommt hier nur § 76 Abs. 1 LBO - der nicht nur für bauliche Anlagen, sondern für alle Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 1 LBO gilt (vgl. Sauter, a.a.O., § 76 RdNr. 8) - in Betracht. Werden in der Landesbauordnung oder in den auf Grund der Landesbauordnung erlassenen Vorschriften andere Anforderungen als nach dem bisherigen Recht gestellt, so kann danach verlangt werden, dass rechtmäßig bestehende oder nach genehmigten Bauvorlagen bereits begonnene Anlagen den neuen Vorschriften angepasst werden, wenn Leben oder Gesundheit bedroht sind. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt: Die von der Gasfeuerungsanlage des Klägers ausströmenden Abgase bedrohen die Gesundheit der Bewohner des benachbarten Reihenhauses und der des Reihenhauses des Klägers (1.). Abgesehen davon ist die Gasfeuerungsanlage des Klägers keine "rechtmäßig bestehende Anlage" (2.).

1. Bei der hier zu beurteilenden Anlage, die nach den Angaben des Klägers - anders als bei den übrigen Reihenhäusern - bereits 1977 in das Untergeschoss verlegt und 1989 erneuert worden ist und deren Abgase seitdem durch die Außenwand Richtung Südosten ausgeleitet werden, handelt es sich um eine Gasfeuerstätte mit geschlossener Verbrennungskammer, die die Ver-brennungsluft vom Freien ansaugt und die Abgase unmittelbar ins Freie abführt, eine sogenannte "Gas-Außenwandfeuerstätte". Wegen der im Tatbestand beschriebenen Lage der Austrittsöffnung können die Abgase nicht nur Garten, Terrasse und Balkone der Nachbarn und des Klägers erreichen, sondern durch die Fenster im Untergeschoss oder Erdgeschoss in die Gebäude selbst eindringen. Der Bezirksschornsteinfegermeister hat in der mündlichen Verhandlung in Ergänzung seiner schriftlichen Stellungnahmen dargelegt und nachvollziehbar erläutert, dass dabei wegen des austretenden farb- und geruchslosen Kohlenmonoxids, das auch bei einer Kondensationstherme entsteht, wie sie der Kläger wohl seit 1989 betreibt, eine Gefahr für die Gesundheit der Nachbarn oder auch den Kläger selbst bzw. die Bewohner seines Reihenhauses besteht. Wie schon in seinen schriftlichen Stellungnahmen vom 02.03.2002 und vom 02.11.2002 hat er erneut angegeben, die Gefahr von Gesundheitsschäden und Belästigungen durch die Abgase sei auch nach Errichtung der Trennwand zwischen den Reihenhäusern weiterhin gegeben. Für die Nachbarn habe sie sich vielleicht abgeschwächt, für den Kläger selbst bzw. Bewohner seines Hauses jedoch sogar erhöht. Denn die Trennwand, die in 10 cm Entfernung von der Abgasaustrittsöffnung vorragt, schaffe noch konkreter als bislang die Gefahr einer Stauung der Abgase unter dem Balkon und damit die Gefahr, dass die Gasfeuerstätte Abgase ansauge. Dadurch könne es zu einer unvollständigen Verbrennung und Störungen des Betriebs kommen, weshalb damit gerechnet werden müsse, dass Abgase auch in den Aufstellungsraum austräten und so eine Gefahr für die Gesundheit verursachten. Diese überzeugenden Erläuterungen des Bezirksschornsteinfegermeisters hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht in Frage gestellt.

2. Selbst wenn man die Gesundheitsgefahr nicht als hinreichend konkret ansehen wollte, wäre § 47 Abs. 1 LBO gleichwohl anwendbar. Denn die Ausleitung der Abgase der Feuerstätte durch die Öffnung in der Außenwand des Reihenhauses Richtung Südosten verstieß schon immer gegen von der Baurechtsbehörde zu prüfende Vorschriften, so dass es sich bei der Gasfeuerungsanlage nicht um eine "rechtmäßig bestehende Anlage" im Sinne des § 76 Abs. 1 LBO handelt.

Dabei kann die Frage offen bleiben, ob für die Gasfeuerungsanlage bei ihrer Inbetriebnahme 1977 oder der Erneuerung 1989 eine Baugenehmigung erforderlich gewesen wäre (vgl. zur heutigen Rechtslage §§ 49, 50 Abs. 1 LBO n.F. i.V.m. Anhang Nr. 19). Denn unstreitig liegt eine solche hier nicht vor. Die Feuerungsanlage stand aber auch zu keinem Zeitpunkt mit dem geltenden materiellen Recht in Einklang.

Während Verbrennungsabgase in der Regel durch Schornsteine über Dach abzuführen waren und auch heute abzuführen sind (vgl. zur Rechtslage ab 1972: § 57 Abs. 2 Satz 1 LBO 1972 i.V.m. § 56 Abs. 3 Satz 1 LBO 1972 und § 16 Abs. 7 der Allg. AusführungsVO des Innenministeriums zur LBO vom 23.11.1965, GBl. S. 305, mit späteren Änderungen; zur Rechtslage ab 1984: § 33 Abs. 4 Satz 1 LBO 1983 i.V.m. Nr. 5 der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums über Feuerungsanlagen vom 06.03.1984, GABl. S. 329, - VwVFeuA; zur Rechtslage ab 1996: § 32 Abs. 4 LBO n.F., § 9 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung des Wirtschaftsministeriums über Anforderungen an Feuerungsanlagen, Wärm- und Brennstoffanlagen vom 24.11.1995, GBl. S. 806 - FeuVO), konnten und können die Abgase von Gas-Außenwandfeuerstätten unter bestimmten Voraussetzungen direkt nach außen geleitet werden. Zu diesen Voraussetzungen gehörte und gehört aber, dass "Gefahren oder erhebliche Nachteile oder Belästigungen" bzw. "Gefahren oder unzumutbare Belästigungen" nicht entstehen (§ 57 Abs. 4 LBO 1972, § 33 Abs. 4 Satz 2 LBO 1983, § 32 Abs. 4 LBO n.F. i.V.m. § 7 Abs. 2 FeuVO).

Die Ableitung der Abgase durch die Außenwand war und ist danach nicht erst bei einer Bedrohung der Gesundheit, sondern schon bei unzumutbaren oder erheblichen Belästigungen, also Störungen des subjektiven Wohlbefindens, die den gesamten Umständen nach über das zumutbare Maß hinaus gehen, nicht zulässig. Dass es zumindest vor Errichtung der Trennwand im Jahr 2001 zu solchen Belästigungen durch die Abgase kam und kommt, die in einer Entfernung von nur 10 cm von dem Reihenhaus der Nachbarn ausströmen, liegt auf der Hand und wurde vom Bezirksschornsteinfegermeister überzeugend dargelegt. Dafür spricht auch, dass sich die Mieter des benachbarten Reihenhauses mehrfach über die Abgase beschwert und eine Mietminderung angedroht haben und dass diese bzw. die Vermieter letztlich eine Trennwand zwischen den Reihenhäusern zum Schutz vor den Abgasen errichtet haben.

Wegen der aufgrund der Trennwand gestiegenen Gefahr einer Stauung der Abgase ist aber auch heute noch vom Vorliegen einer "Gefahr oder unzumutbaren Belästigung" auszugehen (vgl. dazu oben 1.). Im Übrigen erfüllt die Abgasführung weiter nicht die Anforderungen der derzeit geltenden Technischen Regeln für Gas-Installationen des Deutschen Vereins der Gas- und Wasserfachmänner - DVGW - TRGI 86/95 - an die Zulässigkeit einer Abgasmündung an der Hauswand bei sogenannten Gas-Außenwandfeuerstätten. So werden zum Beispiel die erforderlichen Mindestabstände zu Fenstern und Türen - unterhalb eines Vorsprungs, wie hier des Balkons, horizontal mindestens 0,75 m (Bild 10) - nicht eingehalten, und es ist nicht berücksichtigt, dass Abgasmündungen von mehr als 1 m vorragenden Querfassaden mindestens 1 m (Bild 11) entfernt sein müssen, und dass sie unterhalb von Balkonen unzulässig sind (Bild 15). Werden die Anforderungen der TRGI, die als allgemein anerkannte Regeln der Technik gelten (vgl. von Arnim/Hager/Schlotterbeck, a.a.O., § 3 RdNr. 104; Heinemann/Prenntzell, Kommentar zu den DVGW-TRGI 1986 i.d.F. v. 1996, Stand: 1998, S. 1 und 105 f.), nicht erfüllt, ist aber in der Regel von Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen im Sinne des § 7 Abs. 2 FeuVO auszugehen (Sauter, a.a.O., § 32 RdNr. 60).

II. Die Voraussetzungen für ein Einschreiten der Baurechtsbehörde nach § 47 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 LBO liegen hier vor.

Wie ausgeführt, verstößt die Abgasführung durch die Außenwand statt über Dach gegen § 32 Abs. 4 LBO n.F und § 9 Abs. 1 Satz 1 FeuVO und damit gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, auf deren Einhaltung die Baurechtsbehörde zu achten hat. Nach § 7 Abs. 2 FeuVO dürfen zwar die Abgase von Gasfeuerstätten mit abgeschlossenem Verbrennungsraum, denen die Ver-brennungsluft durch dichte Leitungen vom Freien zuströmt (raumluftunabhängige Gasfeuerstätten), durch die Außenwand ins Freie geleitet werden, wenn (erstens) eine Ableitung des Abgases über Dach nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist, (zweitens) die Nennwärmeleistung der Feuerstätte 11 kW zur Beheizung und 28 kW zur Warmwasserbereitung nicht überschreitet und (drittens) Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. Nach den Angaben des Klägers hält seine Gasfeuerstätte die danach maximale Nennwärmeleistung auch ein. Abgesehen davon, dass nicht erkennbar ist, warum eine Ableitung über Dach nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich sein sollte, ist hier aber nach dem oben Angeführten jedenfalls vom Vorliegen von Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen auszugehen.

III. Die Anordnung, die Abgase der Gasfeuerstätte des Klägers durch ein Luft-Abgassystem über Dach abzuführen, lässt sich auch im Übrigen rechtlich nicht beanstanden.

Sie ist verhältnismäßig. Wie der Bezirksschornsteinfegermeister in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, können die Abgase voraussichtlich außen durch ein Rohr über Dach geführt werden. Eine solche Lösung würde allerdings etwa 2.000,-- EUR kosten. Schon in Anbetracht der möglichen Betriebsstörungen der Gasfeuerstätte durch ein Wiederansaugen der Abgase und die von den Abgasen ausgehenden unzumutbaren Belästigungen erscheint der dafür oder eine andere zulässige Abgasführung erforderliche Aufwand aber nicht unangemessen.

Die angefochtene Anordnung erfolgte auch ermessenfehlerfrei. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass das Landratsamt gegenüber dem Kläger willkürlich eingeschritten wäre. Es mag zwar sein, dass andere Reihenhäuser in Todtnau-Prestenberg ebenfalls über eine Gas-Außenwandfeuerungsanlage verfügen. Der Bezirksschornsteinfegermeister hat aber bereits in einem Schreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 28.01.2001 darauf hingewiesen, dass die ihm bekannten derartigen Anlagen im Flur des Hauseingangs - im Erdgeschoss - installiert seien und die Abgase neben der Haustür in Richtung Straße - nach Nordwesten - ins Freie geblasen würden. Diese Art der Abgasführung sei nach § 7 FeuVO erlaubt. Würden ihm unzumutbare Belästigungen bekannt, würden auch für diese Anlage eine Abgasführung über Dach gefordert. Unter diesen Umständen kann das Vorgehen gegen den Kläger nicht als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz angesehen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren - insoweit unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts - und für das Berufungsverfahren auf jeweils 2.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertbestimmung beruht auf §§ 25 Abs. 2, 14 Abs. 1 Satz 1 und 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Danach ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Hier sind die voraussichtlichen Kosten für den geforderten Umbau der Gasfeuerungsanlage des Klägers anzusetzen. Diese betragen nach Angaben des Bezirksschornsteinfegermeisters in der mündlichen Verhandlung voraussichtlich 2.000,-- EUR.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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