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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 31.01.2002
Aktenzeichen: 5 S 3057/99
Rechtsgebiete: GG, StrG, VwGO, LVwVG


Vorschriften:

GG Art. 4 Abs. 1
GG Art. 4 Abs. 2
GG Art. 5 Abs. 1
GG Art. 5 Abs. 2
GG Art. 20 Abs. 3
StrG § 3 Abs. 2 Nr. 4c
StrG § 13 Abs. 1 Satz 1
StrG § 16 Abs. 1 Satz 1
StrG § 16 Abs. 2 Satz 1
StrG § 16 Abs. 7 Satz 1
StrG § 16 Abs. 8 Satz 1
VwGO § 86 Abs. 1
VwGO § 130 Abs. 1
VwGO § 130 Abs. 2
LVwVG § 20
1. § 16 Abs. 8 Satz 1 StrG ermächtigt die Straßenbaubehörde zur Untersagung einer unerlaubten Straßenbenutzung, wenn diese bereits stattgefunden hat und eine Wiederholung zu besorgen ist.

2. Ein Verein, dessen Mitglieder auftragsgemäß und auf Grund vereinsinterner Anweisungen in Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen Passanten geplant, regelmäßig wiederkehrend ansprechen und zu einem Informationsgespräch oder Persönlichkeitstest einladen und dabei Bücher und Broschüren verkaufen sowie in groß angelegten Aktionen kostenlos Zeitschriften und Zeitungen verteilen und damit für die Scientology-Lehre werben, überschreitet auch unter Berücksichtigung des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 5 Abs. 1 GG den Gemeingebrauch an diesen Verkehrsflächen.

3. Das Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz ermächtigt nicht zur Androhung eines Zwangsmittels "für jeden Fall der Zuwiderhandlung".


5 S 3057/99

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

straßenrechtlicher Untersagungsverfügungen

hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Lutz und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Schefzik und Harms auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31. Januar 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. November 1998 - 13 K 2547/97 - geändert.

Die Verfügung der Beklagten vom 19. Januar 1995 wird insoweit aufgehoben, als sie sich auf andere Tätigkeiten als das Ansprechen und Einladen von Personen zu einem Informationsgespräch oder zu einem Persönlichkeitstest in den Räumen der Klägerin bezieht und auf andere öffentliche Verkehrsflächen als Fußgängerbereiche und verkehrsberuhigte Bereiche im Stadtgebiet der Beklagten erstreckt und ein Zwangsgeld androht.

Die Verfügung der Beklagten vom 27. Juli 1995 wird insoweit aufgehoben, als sie sich auf andere Tätigkeiten als das Anbieten von Büchern zum Kauf bezieht und auf andere öffentliche Verkehrsflächen als Fußgängerbereiche und verkehrsberuhigte Bereiche im Stadtgebiet der Beklagten erstreckt und ein Zwangsgeld androht.

Die Verfügung der Beklagten vom 30. Oktober 1995 wird insoweit aufgehoben, als sie sich auf andere öffentliche Verkehrsflächen als Fußgängerbereiche und verkehrsberuhigte Bereiche im Stadtgebiet der Beklagten erstreckt und ein Zwangsgeld androht.

Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 20. März 1997 wird in diesem Umfang aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Kläger 3/7 und die Beklagte 4/7.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist ein zur Scientology Kirche gehörender eingetragener Verein, der sich als Religionsgemeinschaft versteht. Seit 1992 sprachen Mitglieder und Mitarbeiter des Klägers in der Stuttgarter Innenstadt Passanten an, führten mit ihnen Informationsgespräche, luden sie zu einem Persönlichkeitstest ein, verteilten Handzettel und Broschüren und warben für den Erwerb von Büchern. Daraufhin untersagte die beklagte Stadt der Scientology Kirche Stuttgart, ihren Mitgliedern und den Mitarbeitern der Dianetik-Beratung Stuttgart mit drei auf das Polizeigesetz und das Straßengesetz gestützten Verfügungen ab sofort, auf öffentlichen Verkehrsflächen in Stuttgart

- Passanten anzusprechen und zu einem Informations- oder Verkaufsgespräch oder zu einem Persönlichkeitstest in ihren Räumen einzuladen (Verfügung vom 19.01.1995);

- Handzettel, Broschüren, Prospekte oder sonstige Druckerzeugnisse, mit denen zum Kauf von Büchern, für Tests oder Beratungen gegen Entgelt in den Geschäftsräumen sowie für die Buchung von Seminaren oder Kursen geworben wird, zu verteilen; andere Druckerzeugnisse (z.B. die Publikation "Freiheit") in Verbindung mit einem Ansprechen und Einladen von Passanten zu einem Informations- oder Verkaufsgespräch oder zu einem Persönlichkeitstest zu verteilen; Bücher zum Kauf anzubieten (Verfügung vom 27.07.1995);

- von ihnen oder anderen Scientology Kirchen in Deutschland oder Church of Scientology International herausgegebene Druckerzeugnisse, z. B. "Freiheit" zu verteilen oder das Verteilen von Druckerzeugnissen, die von der von Scientologen gegründeten Bürgerinitiative MUT herausgegeben werden, z. B. "Fakten aktuell" zu veranlassen oder zu unterstützen (Verfügung vom 30.10.1995).

Die Verfügungen wurden nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärt. Gleichzeitig wurde in allen Verfügungen für jeden Fall der Zuwiderhandlung nach §§ 11, 20, 23 LVwVG ein Zwangsgeld von 3.000,-- DM angedroht. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die genannten Tätigkeiten seien gewerblicher Natur, die nicht mehr vom Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen gedeckt seien, sondern erlaubnispflichtige Sondernutzung darstellten. Diese werbende kommerzielle Betätigung werde vom Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG nicht umfasst; letztlich stelle sich aber das Ansprechen von Passanten als religionsneutraler Vorgang dar, weil dabei zunächst jeder Bezug zur Religionsausübung fehle. Die verteilten Druckerzeugnisse enthielten zwar weitgehend Meinungsäußerungen, damit werde aber beabsichtigt, die Organisation des Klägers als verfolgte Religionsgemeinschaft darzustellen und die kommerziellen Absichten zu verschleiern, die in verstreuten Anzeigen und Angeboten, kostenloses Informationsmaterial anzufordern und Bücher zu erwerben, platziert seien. Die Werbung für Scientology stelle sich als Werbung für ein Wirtschaftsunternehmen dar und sei auch im Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 GG nicht als Gemeingebrauch anzusehen.

Die hiergegen am 26.01., 17.08. und 30.10.1995 eingelegten Widersprüche wies die Beklagte mit Bescheid vom 20.03.1997 - zugestellt am 27.03.1997 - zurück. Sie wiederholte und vertiefte ihre bisherige Begründung und stellte klar, dass die angefochtenen Verfügungen nur auf die Ermächtigungsgrundlage des § 16 Abs. 8 Satz 1 StrG gestützt würden.

Den Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Widersprüche lehnte das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 09.01.1996 - 13 K 4602/95 - ab. Die dagegen eingelegte Beschwerde wies der erkennende Senat mit Beschluss vom 12.07.1996 - 5 S 472/96 - (VBlBW 1997, 64) zurück.

Am 29.04.1997 hat der Kläger Klage auf Aufhebung der genannten Verfügungen und des Widerspruchsbescheids erhoben und geltend gemacht: Seine Mitglieder hätten die in den angefochtenen Verfügungen genannten Handlungen zum größten Teil nicht vorgenommen, insbesondere nicht Passanten angesprochen, um sie zu einem Informations- oder Verkaufsgespräch in seine Räumlichkeiten einzuladen; lediglich bei Interesse hätten sie teilweise das "Dianetik"-Buch zum Selbstkostenpreis von 19,80 DM und Auszüge aus dem "Scientology-Handbuch" im Textumfang kleiner Broschüren zum Abgabepreis in Höhe von 7,00 DM angeboten und dabei zugegebenermaßen das religiöse Element nicht herausgestellt sowie Passanten zu einer kostenlosen Testauswertung in die Vereinsräume eingeladen. Im Übrigen seien Passanten nur zur Information über die Scientology Kirche angesprochen worden; dabei seien kostenlos Handzettel oder Testbögen und Broschüren verteilt worden. Für den Kauf von Büchern, für Tests oder Beratungen gegen Entgelt und für die Buchung von Seminaren oder Kursen sei mit Handzetteln oder sonstigen Druckwerken gegenüber Nichtmitgliedern so gut wie nicht geworben worden. Andere Druckerzeugnisse, z.B. die Publikation "Freiheit" hätten seine Straßenwerber unentgeltlich durch schlichtes Hinhalten verteilt und dabei Passanten in der Regel nicht angesprochen. Der Sachverhalt, der der Verfügung vom 30.10.1995 zugrunde liege, treffe zu. Die Straßenwerber hätten sich vom äußeren Erscheinungsbild her aber nicht von anderen Fußgängern unterschieden, weshalb rein gewerbliche Tätigkeiten nach der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte in Baden-Württemberg straßenrechtlich Gemeingebrauch darstellten. Rechtlich liege auch dann Gemeingebrauch vor, wenn auf die zugrunde liegende Motivation abgestellt werde, da er - der Kläger - eine Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaft sei, mit seinen Aktivitäten keine wirtschaftlichen oder gewerblichen Zwecke verfolge und seine Straßenwerber gegenüber angesprochenen Passanten stets zum Ausdruck gebracht hätten, dass sie von der Scientology Kirche seien und für ihre Gemeinschaft werben wollten. Abgesehen davon werde für die Abgabe von schriftlichem Material zur Werbung für eine Religionsgemeinschaft keine Sondernutzungserlaubnis benötigt, da diese Tätigkeit dem Schutzbereich der Art. 4 und Art. 5 GG unterfalle. - Die Beklagte hat unter Hinweis auf ihre Verfügungen Klageabweisung beantragt.

Mit Urteil vom 10.11.1998 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 8 StrG seien erfüllt, da die dem Kläger, seinen Mitgliedern und Mitarbeitern auf den öffentlichen Verkehrsflächen in Stuttgart untersagten Tätigkeiten nicht Gemeingebrauch, sondern erlaubnispflichtige Sondernutzung darstellten und eine Erlaubnis hierfür nicht vorliege. Die gemeingebräuchliche Nutzung der Straße durch Nichtanlieger sei nach dem Straßengesetz Baden-Württemberg grundsätzlich auf Verkehrszwecke beschränkt. Dazu gehörten die Benutzung der Straße zur Fortbewegung und zum Aufenthalt, wie das Umherstehen und Hin- und Hergehen, sowie in Fußgängerzonen auch kommunikative Aktivitäten, aber allenfalls als Nebenzweck, nicht aber als vom Verkehrsinteresse isolierter Hauptzweck. Deshalb fielen Betätigungen, bei denen ein Verkehrsinteresse nicht vorhanden oder allenfalls nebensächlich sei und die nicht auf individuelle Begegnung angelegt seien, sondern sich an die Allgemeinheit richteten, nicht mehr unter den Gemeingebrauch. Die insbesondere von den Oberlandesgerichten Stuttgart und Karlsruhe vertretene gegenteilige Auffassung, die nicht auf die Motivation des Wegebenutzers, sondern auf sein äußeres Erscheinungsbild abstelle, sei mit dem straßenrechtlichen Verkehrsbegriff in Baden-Württemberg nicht zu vereinbaren. Danach lägen die untersagten Tätigkeiten nicht im Rahmen des landesstraßenrechtlichen Verkehrsbegriffs, wobei offen bleiben könne, ob der Kläger mit der Straßenbenutzung allein die Missionierung oder Mitgliederwerbung zugleich mit gewerblicher Tätigkeit oder gar nur eine solche bezwecke. Denn Zweck der Straßenbenutzung sei es, bei einer unbestimmten Anzahl von Personen Werbung für den Verein des Klägers und seine Dienstleistungen usw. zu betreiben; bei dieser Betätigung sei in jedem Fall ein Verkehrsinteresse nicht vorhanden oder allenfalls nebensächlich und sie sei nicht auf individuelle Begegnung angelegt, sondern richte sich an die Allgemeinheit. Ginge man mit dem Bundesverfassungsgericht und dem Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die der Straßenbenutzung zugrunde liegende Motivation bei der Abgrenzung von Gemeingebrauch und Sondernutzung nur dann maßgebend werden könne, wenn sie in den konkreten Umständen der Straßenbenutzung hervortrete, läge ebenfalls kein Gemeingebrauch vor; denn die intensiven Formen des persönlichen Einwirkens der Straßenwerber auf Straßenpassanten wichen von den regelmäßig zu beobachtenden Formen der Teilnahme am Verkehrsgeschehen in Fußgängerzonen in ungewöhnlicher Weise ab und könnten nicht mehr als in erster Linie dem Verkehr dienende Straßenbenutzung angesehen werden.

Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 5 Abs. 1 GG erforderten keine Auslegung der Begriffe "Verkehr" und/oder "Gemeingebrauch", die die dem Kläger untersagten Aktivitäten einbeziehe. Die Glaubensfreiheit umfasse nicht das Recht, sich zu jeder Zeit und an jedem Ort in beliebiger Weise zu betätigen, und der Gebrauch der Straße zu dem vom Kläger beanspruchten Zweck könne überdies zu lösungsbedürftigen Konflikten mit den durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 GG geschützten Positionen Dritter führen, weshalb eine behördliche Kontrolle in Form eines vorhergehenden Erlaubnisverfahrens gerechtfertigt sei. Die Notwendigkeit, vor Beginn der Sondernutzung eine Erlaubnis einzuholen, beeinträchtige die Glaubensfreiheit nur geringfügig, wenn es sich - wie bei der vorliegenden Fallgestaltung - um eine längerfristig geplante, sich in gleicher Weise wiederholende Betätigung handle, für die unter Umständen nur eine einmalige Erlaubnis erforderlich sei. Deshalb sei nicht entscheidungserheblich, ob sich der Kläger auf Art. 4 GG berufen könne.

Die von dem Kläger geforderte Auslegung bzw. die Freistellung von der Sondernutzungserlaubnis sei auch nicht im Hinblick darauf geboten, dass die dem Kläger untersagten Tätigkeiten möglicherweise (teilweise) vom Schutzbereich der durch Art. 5 Abs. 1 und 2 GG nicht vorbehaltlos gewährleisteten Meinungsfreiheit umfasst seien, da hierbei die zur Glaubensfreiheit dargelegten Grundsätze gälten. Dem Bundesverfassungsgericht könne nicht gefolgt werden, soweit es im Beschluss vom 18.10.1991 für das Hamburgische Wegegesetz zu dem Ergebnis gelangt sei, das Erfordernis, vor Beginn der Grundrechtsausübung eine im freien Ermessen der Behörde liegende Sondernutzungserlaubnis einholen zu müssen, stehe außer Verhältnis zu dem mit dem Erlaubnisvorbehalt erstrebten Erfolg, die Leichtigkeit des Verkehrs in Fußgängerzonen zu gewährleisten. Das Bundesverfassungsgericht setze sich nicht mit den in die entgegengesetzte Richtung weisenden früheren eigenen Entscheidungen und der gegenteiligen gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auseinander. Es berücksichtige nicht das Ausgleichs- und Verteilungsproblem bei der Inanspruchnahme öffentlicher Straßen und verstehe die Meinungsfreiheit als Abwehrrecht, in das der Staat durch die Statuierung einer wegerechtlichen Erlaubnispflicht eingreife, obwohl es nur um die Grenzen der Inanspruchnahme öffentlicher Sachen zum Zwecke der Grundrechtsverwirklichung gehe mit der Folge, dass die Grundrechte im Verhältnis zum öffentlichen Sachenrecht den Charakter von Teilhaberrechten hätten. Darüber hinaus sei ein sogenanntes freies Ermessen in dem vom Bundesverfassungsgericht verstandenen Sinn nicht denkbar. Vielmehr ergäben sich die Entscheidungsmaßstäbe hierfür nach ständiger Rechtsprechung unmittelbar aus dem verfassungsrechtlichen Gebot, gegenläufige, gleichermaßen verfassungsrechtlich geschützte Interessen mit dem Ziel ihrer Optimierung im Wege fallbezogener Abwägung auszugleichen.

Die Voraussetzungen für den Erlass der angefochtenen Verfügungen hätten auch im Hinblick auf diejenigen Tätigkeiten vorgelegen, die nach dem Vorbringen des Klägers zu keinem Zeitpunkt vorgenommen worden seien. Zum einen werde durch die in den vorliegenden Behördenakten der Beklagten enthaltenen Zeugenaussagen bestätigt, dass Straßenwerber des Klägers bei Passanten für entgeltliche Vorträge und das entgeltliche Erstellen von Persönlichkeitsprofilen geworben sowie Bücher und Broschüren verkauft hätten. Sollten dennoch einzelne der in den angefochtenen Verfügungen untersagten Tätigkeiten nicht ausgeübt worden sein, so wäre deren Untersagung nach § 16 Abs. 8 StrG, einer Vorschrift des materiellen Polizeirechts, unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr gleichwohl nicht zu beanstanden. Das vorbeugende Einschreiten sei bei der erforderlichen ex-ante-Betrachtung gerechtfertigt gewesen. Die Beklagte habe auf Grund der von ihr festgestellten Aktivitäten der Straßenwerber davon ausgehen dürfen, dass sämtliche untersagten Aktivitäten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit drohten, weil sie im Wesentlichen denjenigen sämtlicher vergleichbarer Untergliederungen der Scientology Kirche in Deutschland entsprächen.

Die Ermessensentscheidung sei, soweit sie gerichtlich überprüfbar sei, ebenso wenig zu beanstanden wie die Zwangsgeldfestsetzung. Die in der mündlichen Verhandlung gestellten 23 Beweisanträge seien abzulehnen gewesen, da die vom Kläger behaupteten Tatsachen bei der der Entscheidung zugrunde liegenden Rechtauffassung rechtlich ohne Auswirkungen und damit unerheblich seien.

Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 21.12.1999 - 5 S 205/99 - die Berufung zugelassen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. November 1998 - 13 K 2547/97 - zu ändern und die Verfügungen der Beklagten vom 19. Januar 1995, 27. Juli 1995 und 30. Oktober 1995 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 20. März 1997 aufzuheben.

Mit der rechtzeitig eingegangenen Berufungsbegründung trägt der Kläger vor: Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht unter Beweis gestellt, habe im Vordergrund der Tätigkeit seiner Missionierer nicht die Verteilung oder der Verkauf von Materialien gestanden, sondern das Gespräch mit Passanten, um Interesse an den Inhalten der Scientology-Religion zu wecken. Die Missionierer hätten auf Grund vereinsinterner Anweisungen unauffällig und unaufdringlich Passanten angesprochen mit Worten wie "Darf ich Ihnen etwas geben?", "Wollen Sie sich persönlich verbessern?", "Kennen Sie Dianetik?" oder Ähnlichem und dabei den Zweck ihrer Tätigkeit auch näher erläutert, naturgemäß aber erst, wenn sich aufgrund des gezeigten Interesses ein näheres Gespräch ergeben habe. Sie hätten sich mit ihren Tätigkeiten gerade nicht an die Allgemeinheit gerichtet, sondern individuelle Gespräche und Kontakte mit Passanten gesucht. Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht davon aus, der Inhalt der Akten der Beklagten belege intensive Formen des persönlichen Einwirkens, die in ungewöhnlicher Weise vom äußeren Erscheinungsbild der Tätigkeiten anderer Passanten abwichen. Soweit solche Vorgänge in einigen Aktenvermerken festgehalten worden seien, handle es sich um provozierte Situationen von Mitarbeitern des Vereins Aktion Bildungsinformation e.V. gegenüber dem Zeugen H., der sich danach stets anders verhalten habe. Der Zeuge W. habe dem Zeugen O. z.B. am 21.08.1994 nichts aufgedrängt und ihm nicht angeboten, den Persönlichkeitstest in seiner Wohnung gegen ein Entgelt von 20,-- DM auszuwerten.

Da das Verwaltungsgericht die Beweisanträge als unerheblich abgelehnt habe, die unter Beweis gestellten Tatsachen also als wahr zu unterstellen seien, sei der Scientology-Verein weder ein wirtschaftlicher Verein noch seien die untersagten Tätigkeiten wirtschaftlicher oder gewerblicher Natur, vielmehr lie-ge der Idealfall einer kommunikativen Aktivität im Sinne einer individuellen Begegnung vor. Die Tätigkeiten der Missionierer hätten dieselbe Verkehrsbezogenheit wie das Predigen von Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften, das Interviewen von Passanten durch Journalisten für private TV-Sender oder das unaufdringliche stille Betteln, wofür keine Sondernutzungserlaubnis verlangt werde. Nicht gerechtfertigt sei die dem Beschluss des erkennenden Senats vom 12.07.1996 zugrunde liegende Annahme, die Missionierer brächten die Absicht der Werbung für religiöses oder weltanschauliches Gedankengut nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck. Denn sie erläuterten, was vom Verwaltungsgericht als wahr unterstellt werde, jedem interessierten Passanten die mit dem Ansprechen verbundene Absicht der religiösen Werbung; gegenteilige Feststellungen könnten nicht dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 02.08.1995 - 1 S 438/94 - entnommen werden, weil es durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.11.1997 - 1 C 18.95 - aufgehoben worden sei.

Die enge Auslegung der gemeingebräuchlichen Straßennutzung verstoße auch gegen Art. 5 Abs. 1 GG. Wie in der Klagebegründung dargelegt, seien ab Dezember 1992 mit Ausnahme des Dianetik-Buchs und der Broschüre mit Auszügen aus dem Scientology-Handbuch nur kostenlose Handzettel, Test-bögen, Broschüren, Zeitschriften und Einladungskarten verteilt worden, auf denen sich entweder kein Hinweis auf ein entgeltliches Angebot oder in völlig untergeordnetem Ausmaß, z.B. als Hinweis auf ein weiterführendes Buch, befunden habe. Die Auffassung, die verteilten Druckwerke enthielten aus-schließlich wirtschaftliche Werbung, entbehre einer tatsächlichen Grundlage. Nach der Rechtsansicht des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 18.10.1991 - 1 BvR 1377/91 - dürfe der straßenrechtlich gemeinverträglichen Grundrechtsausübung kein Erlaubnisverfahren vorgeschaltet werden, in dem der Behörde ein freies Ermessen eingeräumt sei. Die Ansicht des Verwaltungsgerichts, der Erlaubnisvorbehalt sei ausnahmslos mit Art. 4 und 5 Abs. 1 GG vereinbar, sei daher unzutreffend und widerspreche auch dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.07.1996 (NJW 1997, 406), wonach bloße erwerbswirtschaftliche Motive, die in den konkreten Umständen der Straßennutzung gar nicht hervorträten, bei der Einordnung einer Tätigkeit als Gemeingebrauch oder Sondernutzung belanglos seien. Die dritte Verfügung vom 30.10.1995 sei darüber hinaus auch deshalb rechtswidrig, weil sie, wie im Beschluss des erkennenden Senats vom 12.07.1996 dargelegt, inhaltlich unklar sei und im Widerspruchsbescheid unverändert bestätigt worden sei. Das angefochtene Urteil stehe auch im Widerspruch zur Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Stuttgart und Karlsruhe sowie anderer Obergerichte in anderen Bundesländern, wie etwa des OLG Saarbrücken und des Hamburgischen OVG. Nach der zutreffenden Rechtsauffassung dieser Gerichte habe die Abgrenzung zwischen straßenrechtlichem Gemeingebrauch und Sondernutzung auf Grund des äußeren Erscheinungsbildes der Straßenbenutzer im Einzelfall und nicht auf Grund ihrer Motivation zu erfolgen, wobei auch eine gewerbliche Tätigkeit nicht generell vom Gemeingebrauch ausgenommen sei. Danach werde das unaufdringliche Missionierungsgespräch samt einem eventuell stattfindenden Literaturverkauf und der damit einhergehenden Kontaktaufnahme mit Passanten für gemeingebräuchlich gehalten.

Die Beurteilung der behördlichen Ermessensentscheidung sei fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht sie durch eine eigene Ermessensentscheidung ersetzt habe. Die Beklagte habe sich von der Erwägung leiten lassen, dass die untersagten Tätigkeiten gewerblicher Natur seien, während diese Frage im angefochtenen Urteil keine Rolle spiele. Wäre die Beklagte auch davon ausgegangen, sei nicht auszuschließen, dass die Verfügungen nicht oder anders erlassen worden wären.

Die Zwangsgeldandrohungen für jeden Fall der Zuwiderhandlung seien rechtswidrig, weil derartige Androhungen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Gerichtsbescheid vom 26.06.1997, NVwZ 1998, 393) nur dann zulässig seien, wenn das jeweilige Vollstreckungsgesetz eine Androhung "auf Vorrat" erlaube; das Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz sehe diese Möglichkeit aber nicht vor.

Das angefochtene Urteil beruhe auf Verfahrensmängeln, weil der Antrag, die Richter der 13. Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, zu Unrecht abgewiesen worden sei und weil das Verwaltungsgericht den Beweisanträgen Nr. 1 bis 6, 8 bis 9 und 13 bis 16 auch unter Berücksichtigung seiner eigenen Rechtsauffassung hätte stattgeben müssen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend: Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Abgrenzung zwischen Gemeingebrauch und Sondernutzung sei zutreffend. Auf die Regelungen in den Straßengesetzen anderer Bundesländer und der dazu ergangenen Rechtsprechung komme es nicht an. Aus dem eigenen Vortrag des Klägers ergebe sich, dass der Hauptzweck der Tätigkeit seiner Missionierer gerade nicht eine verkehrliche Nutzung der Fußgängerzone sei. Die Art. 4 und 5 Abs. 1 GG geböten keine erweiternde Auslegung der gemeingebräuchlichen Nutzung. Der Zwang zur Einholung einer Sondernutzungserlaubnis sei nicht unverhältnismäßig, da das behördliche Verfahren dazu diene, die verschiedenen grundrechtlichen Belange in Einklang zu bringen, und da es im Hinblick darauf, dass die Erlaubnis in der Regel nur einmal erteilt werden müsse, nur mit einer sehr geringen Beeinträchtigung verbunden sei. Die geltend gemachten Verfahrensfehler lägen nicht vor.

Wegen der Einzelheiten des Vortrags und Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die dem Senat vorliegenden einschlägigen Behörden- und Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zugelassene und den Anforderungen des § 124a Abs. 3 VwGO entsprechende Berufung ist teils begründet, teils unbegründet.

Der Senat kann offen lassen, ob das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Entscheidung über die Beweisanträge und über den Antrag auf Ablehnung der Richter der 13. Kammer des Verwaltungsgerichts wegen Besorgnis der Befangenheit an einem wesentlichen Mangel leidet; eine Zurückverweisung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil keiner der Beteiligten dies beantragt hat (vgl. § 130 Abs. 2 VwGO in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung des Art. 1 des RmBereinVpG vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3987). Der Senat hat deshalb nach § 130 Abs. 1 VwGO n. F. in der Sache selbst zu entscheiden.

Die angefochtenen drei Verfügungen und der Widerspruchsbescheid der Beklagten sind in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang rechtswidrig und daher aufzuheben. Im Übrigen sind sie rechtmäßig, weshalb das Verwaltungsgericht die Klage insoweit zu Recht abgewiesen hat.

Sämtliche Verfügungen sind zunächst insoweit rechtswidrig, als dem Kläger, seinen Mitgliedern und den Mitarbeitern der Dianetik-Beratung Stuttgart Tätigkeiten auf anderen öffentlichen Verkehrsflächen als Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen im Stadtgebiet der Beklagten untersagt werden.

Als Rechtsgrundlage sind in der Begründung der Verfügungen §§ 1, 3 PolG und § 16 StrG angegeben. Im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 20.03.1997 wird als Rechtsgrundlage nur noch § 16 Abs. 8 Satz 1 und Abs. 1 StrG angeführt. Da die Beklagte selbst den Widerspruchsbescheid erlassen hat, ist auch vor diesem verfahrensrechtlichen Hintergrund davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Untersagungen nur straßenrechtlicher Natur sein sollen. Denn nur bei einer solchen Einordnung der Verfügung handelt die Beklagte als für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zuständige Straßenbaubehörde (§ 16 Abs. 8 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 50 Abs. 3 Nr. 3 StrG) und nur in dieser Eigenschaft unterliegt die Beklagte gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 StrG allein der Rechtsaufsicht. Nur insoweit ist also eine weisungsfreie Pflichtaufgabe gegeben mit der Folge, dass die Beklagte gemäß § 73 Abs. 1 Nr. 3 VwGO selbst für den Erlass des Widerspruchsbescheids zuständig ist. Bei Annahme einer polizeirechtlichen Untersagungsverfügung wäre für den Erlass des Widerspruchsbescheids nach § 73 Abs. 1 Nr. 1 VwGO das Regierungspräsidium Stuttgart zuständig gewesen. Aus diesen rechtlichen Erwägungen hat das Regierungspräsidium Stuttgart die ihm vorgelegten Widersprüche mit Schreiben vom 29.01.1997 an die Beklagte wieder zurückgegeben mit der Bitte, darüber in eigener Zuständigkeit zu entscheiden. In Übereinstimmung mit den Beteiligten geht der Senat danach davon aus, dass es sich bei den angefochtenen Untersagungsverfügungen vom 19.01.1995, 27.07.1995 und 30.10.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.03.1997 ausschließlich um straßenrechtliche Entscheidungen handelt.

In räumlich-gegenständlicher Hinsicht beziehen sich die Untersagungsverfügungen "auf öffentliche Verkehrsflächen in Stuttgart". Damit sind - wie sich aus dem Kontext der Verfügungen ergibt - nur Verkehrsflächen gemeint, die ausschließlich oder privilegiert dem Fußgängerverkehr dienen. Denn nur im Bereich derartiger fußgängerverkehrsbezogener öffentlicher Verkehrsflächen, die von Passanten berechtigterweise benutzt bzw. in Anspruch genommen werden, machen die Aktivitäten des Klägers einen Sinn. Da sich die Untersagungsverfügungen nach ihrem Tenor auf alle öffentlichen Verkehrsflächen im Stadtgebiet der Beklagten in dem dargelegten Sinn (Fußgängerverkehr) beziehen - an diesem räumlich-gegenständlich umfassenden Regelungsgehalt hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich festgehalten -, werden nicht nur diejenigen Verkehrsflächen für Fußgänger erfasst, deren Existenz und Benutzung nach dem Straßengesetz des Landes Baden-Württemberg zu beurteilen sind, sondern auch Verkehrsflächen, die dem Regime des Bundesfernstraßengesetzes unterfallen. Im landesstraßenrechtlichen Bereich gehören dazu die unselbständigen Gehwege im Zuge von Gemeinde-, Kreis- und Landesstraßen (§ 3 Abs. 3 StrG) sowie die selbständigen Fußwege (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 d StrG) und die Fußgängerbereiche (§ 3 Abs. 2 Nr. 4c StrG) als beschränkt öffentliche Wege. Ferner zählen hierzu auch verkehrsberuhigte Bereiche; das sind öffentliche Straßen, die zwar nicht straßenrechtlich durch eine entsprechende Widmungs- bzw. (Teil-)Einzie-hungsverfügung auf eine Benutzung nur durch Fußgänger beschränkt sind, die aber straßenverkehrsrechtlich (§ 13 Abs. 1 Satz 1 StrG: ... im Rahmen der Straßenverkehrsvorschriften ...) durch Zeichen 325 und 326 zu § 42 Abs. 4a StVO eine Privilegierung des Fußgängerverkehrs bewirken, der hier auch in dem Bereich der öffentlichen Verkehrsfläche zulässig ist, der vom Fahrzeugverkehr - wenn auch nur mit Schrittgeschwindigkeit - benutzt werden darf. Im bundesfernstraßenrechtlichen Bereich werden die unselbständigen Gehwege im Zuge der Bundesstraßen bzw. deren Ortsdurchfahrten erfasst. Alle genannten öffentlichen Verkehrsflächen für Fußgänger fallen in die Baulast der Beklagten (§ 43 Abs. 3 u. 4, § 44 StrG sowie § 5 Abs. 2 u. 3 FStrG), die insoweit auch Straßenbaubehörde ist (§ 50 Abs. 3 Nr. 1b, Nr. 2b u. Nr. 3 StrG sowie § 21 FStrG, § 1 Abs. 2 Nr. 2b FStrG-Zuständigkeitsverordnung).

Für die dem Landesstraßenrecht unterfallenden öffentlichen Verkehrsflächen sind der Gemeingebrauch in § 13 Abs. 1 StrG und hierauf Bezug nehmend die Sondernutzung in § 16 Abs. 1 StrG geregelt; für die dem Bundesfernstraßengesetz unterfallenden öffentlichen Verkehrsflächen finden sich die entsprechenden Regelungen zum Gemeingebrauch in § 7 Abs. 1 FStrG und zur Sondernutzung in § 8 Abs. 1 FStrG. § 16 Abs. 8 Satz 1 StrG und § 8 Abs. 7a Satz 1 FStrG regeln insoweit übereinstimmend, dass dann, wenn eine (Bundesfern-)Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt wird, die für die Erteilung der Erlaubnis zuständige Behörde - hier also die beklagte Stadt - die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung anordnen kann. Beide Vorschriften eröffnen der Straßenbaubehörde nicht nur die Möglichkeit, eine aktuell noch andauernde, insbesondere stationäre, unerlaubte Sondernutzung zu beenden, etwa die Beseitigung einer unerlaubten, als Sondernutzung zu qualifizierenden Werbeeinrichtung anzuordnen. Vielmehr ermöglichen beide Vorschriften, auch gegen unerlaubte Sondernutzungen einzuschreiten, die zwar, weil sie ambulant ausgeübt werden, mehr oder weniger kurzfristig wieder beendet sind, deren regelmäßige Wiederholung jedoch geplant bzw. beabsichtigt ist. Hier käme die Straßenbaubehörde wegen der typischerweise kurzfristigen Erledigung der unerlaubten ambulanten Sondernutzung mit einer Anordnung zur "Beendigung" der Benutzung regelmäßig zu spät. Jedenfalls für eine Situation der vorliegenden Art, wenn die in Rede stehende ambulante Benutzung der Straße planvoll regelmäßig wiederkehrend vonstatten gehen soll, ist es möglich, auf Grund des § 16 Abs. 8 Satz 1 StrG bzw. § 8 Abs. 7a Satz 1 FStrG unter spezifisch straßenrechtlichen Gesichtspunkten eine "Beendigung" der Benutzung durch eine entsprechende Untersagungsverfügung herbeizuführen. Allerdings muss dann auch eine unerlaubte Benutzung der Straße als Anknüpfungspunkt für ein behördliches Einschreiten zu deren "Beendigung" i.S. des § 16 Abs. 8 Satz 1 StrG bzw. des § 8 Abs. 7a Satz 1 FStrG vorgelegen haben.

Ausgehend hiervon finden die angefochtenen Untersagungsverfügungen, soweit sie dem Bundesfernstraßengesetz unterfallende öffentliche Verkehrsflächen für Fußgänger im Stadtgebiet der Beklagten betreffen, in § 8 Abs. 7a Satz 1 FStrG schon deshalb keine Stütze, weil insoweit eine unerlaubte Straßenbenutzung durch den Kläger - unwidersprochen - nicht stattgefunden hat. In den angegriffenen Verfügungen finden sich auch keinerlei Ausführungen dazu, dass das Vorgehen gegen den Kläger auch auf § 8 Abs. 7a Satz 1 FStrG gestützt werde, weil mit den untersagten Aktivitäten kein erlaubnisfreier Gemeingebrauch i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 1 FStrG mehr vorliege.

Soweit die angefochtenen Untersagungsverfügungen landesstraßenrechtlich zu beurteilende öffentliche Verkehrsflächen für Fußgänger betreffen, ist eine Straßenbenutzung i.S. des § 16 Abs. 8 Satz 1 StrG durch die Aktivitäten des Klägers nur für Fußgängerbereiche und verkehrsberuhigte Bereiche im Stadtgebiet der Beklagten festgestellt. Der Kläger hat im Verlauf des Verfahrens stets vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung auf entsprechende Fragen des Senats bestätigt, dass die eingeräumten Aktivitäten ausschließlich in Fußgängerbereichen und (seltener) verkehrsberuhigten Bereichen erfolgt seien und künftig erfolgen sollen. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Nur auf diesen öffentlichen Verkehrsflächen hat also erwiesenermaßen eine Straßenbenutzung durch den Kläger stattgefunden, die nach § 16 Abs. 8 Satz 1 StrG beendet werden soll. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass er auf alle öffentlichen Verkehrsflächen für Fußgänger im Stadtgebiet der Beklagten ausweichen werde und dass einem solchen Verhalten vorgebeugt werden solle. Die von dem Kläger eingeräumten Verkaufs- und Werbetätigkeiten machen, zumal sie nach seinem Verständnis vor allem der Gewinnung von Mitgliedern und der Information über die Scientology-Lehre dienen, auch nur in Fußgängerbereichen und in verkehrsberuhigten Bereichen einen Sinn, wo Passanten sozusagen "auf breiter Front" anzutreffen sind.

Rechtswidrig sind des Weiteren die Verfügung vom 19.01.1995 insoweit, als untersagt wird, Passanten anzusprechen und zu einem Verkaufsgespräch in den eigenen Räumen einzuladen, und die Verfügung vom 27.07.1997 insoweit, als untersagt wird, Handzettel, Broschüren, Prospekte oder sonstige Druckerzeugnisse, mit denen zum Kauf von Büchern, für Tests oder Beratungen gegen Entgelt in den Geschäftsräumen sowie für die Buchung von Seminaren oder Kursen geworben wird, zu verteilen sowie andere Druckerzeugnisse (z. B. die Publikation "Freiheit") in Verbindung mit einem Ansprechen und Einladen von Passanten zu einem Informations- oder Verkaufsgespräch oder zu einem Persönlichkeitstest zu verteilen. Der Kläger hat sowohl im Widerspruchsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren stets bestritten, solche Tätigkeiten im Stadtgebiet der Beklagten entfaltet zu haben. Eingeräumt hat der Kläger lediglich die von ihm seit 1992 ausgeübten, ihm ebenfalls untersagten Tätigkeiten, nämlich Passanten anzusprechen und zu einem Informationsgespräch oder Persönlichkeitstest in seinen Räumen einzuladen (Verfügung v. 19.01.1995), Bücher zum Kauf anzubieten (Verfügung v. 27.07.1995) sowie von Scientology Kirchen in Deutschland oder der Church of Scientology International herausgegebene Druckerzeugnisse, z. B. "Freiheit", zu verteilen oder das Verteilen von Druckerzeugnissen, die von der von Scientologen gegründeten Bürgerinitiative MUT herausgegeben werden, z. B. "Fakten aktuell", zu veranlassen oder zu unterstützen. In den Akten der Beklagten gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger durch seine Mitglieder oder Mitarbeiter die von ihm bestrittenen Tätigkeiten jemals in der konkret beschriebenen Weise vorgenommen und insoweit Anlass zur Untersagung gegeben hätte. Ein Beleg für die Tatsachenbehauptung ist weder die in der Verfügung vom 19.01.1995 erwähnte Aussage eines Zeugen, wonach ein "Werber der Scientology Kirche ein Persönlichkeitsprofil gegen Entgelt erstellen wollte", noch die ebenfalls genannte Auskunft eines weiteren Zeugen, wonach "Passanten zu Vorträgen eingeladen (wurden), für die die Scientology Kirche ... 20,-- DM verlangt". Denn diese Aussagen können nicht belegen, dass Werber des Klägers etwa zu "Verkaufsgesprächen eingeladen" (Verfügung v. 19.01.1995) oder "Handzettel (und dergleichen) verteilt haben, mit denen u.a. für Tests oder Beratungen gegen Entgelt ... geworben wird" (Verfügung v. 27.07.1995). Soweit in der Verfügung vom 27.07.1995 das Verteilen von anderen Druckerzeugnissen (z. B. die Publikation "Freiheit") "in Verbindung mit einem Ansprechen und Einladen von Passanten zu einem Informations- oder Verkaufsgespräch oder zu einem Persönlichkeitstest" untersagt wird, behauptet die Beklagte selbst nicht, dass Werber des Klägers sich bisher so verhalten hätten; denn in der Begründung dieser Verfügung wird dazu nur ausgeführt, es sei "naheliegend", dass Aktivitäten auf die beschriebene Weise "erfolgen könnten".

Die Vertreterin der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung am 31.01.2002 eingeräumt, nicht zu wissen, auf welcher Tatsachengrundlage die Untersagungsverfügungen hinsichtlich der vom Kläger bestrittenen Tätigkeiten beruhten; sie hat vielmehr die Vermutung geäußert, dass diese aus Untersagungsverfügungen anderer Straßenbaubehörden gegen Scientology Vereine übernommen worden seien, weil ein entsprechendes Verhalten auch in Stuttgart erwartet worden sei. Dass die Untersagungen insoweit aus diesem Grund verfügt worden sind, ist im Hinblick auf die oben wiedergegebene Begründung der Verfügung vom 27.07.1995 sehr wahrscheinlich. Zu einem weiteren Aufschluss kann auch nicht das im Senatsbeschluss vom 12.07.1996 (- 5 S 472/96 - VBlBW 1997, 64) erwähnte Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 02.08.1995 (- 1 S 438/94 - ESVGH 46, 17 = NJW 1996, 3358) beitragen, mit dem der Klage einer Untergliederung der Scientology Kirche in Stuttgart gegen die Entziehung der Rechtsfähigkeit stattgegeben wurde. Denn zum einen wurde dieses Urteil vom Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 06.11.1997 - 1 C 18.95 - BVerwGE 105, 313) aufgehoben, zum anderen enthielt es keine konkreten Feststellungen zu der von dem Kläger bestrittenen Art und Weise der Werbung und des Verkaufs auf öffentlichen Verkehrsflächen.

Die Beklagte hat in Kenntnis ihrer Mitwirkungspflicht (§ 86 Abs. 1 2. Halbs. VwGO) in der mündlichen Verhandlung am 31.01 2002 erklärt, nichts dazu, insbesondere durch Angabe von Beweismitteln, beitragen zu können, dass der Kläger die von ihm bestrittenen Tätigkeiten auf öffentlichen Verkehrsflächen für Fußgänger in Stuttgart vorgenommen hat. Bei dieser Prozesslage ist eine weitere Aufklärung dieses streitigen und entscheidungserheblichen Sachverhalts durch den Senat unmöglich. Es ist daher nicht erwiesen, dass der Kläger die von ihm bestrittenen Tätigkeiten in Stuttgart vorgenommen hat. Dies wirkt sich zu Ungunsten der Beklagten aus, weil sie die materielle Beweiselast dafür trägt, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt nicht aufgeklärt und bewiesen werden kann; denn die Nichterweislichkeit einer Tatsache geht stets zu Lasten der Behörde, die durch Verbote oder Gebote in die Rechtsposition eines Rechtssubjekts eingreift (allg. Meinung vgl. Eyermann/Geiger, VwGO, 11. Aufl., § 86 RdNr. 2a; Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl., § 108 RdNr. 12).

Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge (Nr. 2, 4 bis 7, 10, 11, 13 und 14 und 18) dafür, dass er die von ihm bestrittenen Tätigkeiten nicht ausgeübt habe, sind demzufolge nicht entscheidungserheblich. Denn es handelt sich insoweit um Gegenbeweisanträge des nicht beweisbelasteten Klägers, die nicht erhoben werden müssen, bevor nicht der durch die Beweislast bestimmte (Haupt-)Beweis erbracht ist (allg. Meinung, vgl. Zöller, ZPO, 21. Aufl., vor § 284 RdNr. 10; Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., Bd. 3, § 284 RdNr. 97).

Die angefochtenen Verfügungen sind, soweit unbestrittene und somit erwiesene Tätigkeiten in Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen der Beklagten untersagt werden, rechtmäßig. Diese Tätigkeiten stellen sich als eine Straßenbenutzung ohne die erforderliche Erlaubnis dar, welche die Beklagte als zuständige Straßenbaubehörde gemäß § 16 Abs. 8 Satz 1 StrG ermessensfehlerfrei untersagt hat. Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG bedarf die Benutzung einer Straße über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis. Den Gemeingebrauch definiert § 13 Abs. 1 Satz 1 StrG dahin, dass der Gebrauch der öffentlichen Straßen jedermann im Rahmen der Widmung und der Straßenverkehrsvorschriften innerhalb der verkehrsüblichen Grenzen gestattet ist; nach § 13 Abs. 1 Satz 2 StrG liegt kein Gemeingebrauch vor, wenn durch die Benutzung einer öffentlichen Straße der Gemeingebrauch anderer unzumutbar beeinträchtigt wird. Im Gegensatz zur bundesrechtlichen Regelung des § 7 Abs. 1 FStrG, wonach der Gebrauch der Bundesfernstraßen jedermann im Rahmen der Widmung und der verkehrsbehördlichen Vorschriften "zum Verkehr" gestattet ist (Gemeingebrauch, Satz 1) und kein Gemeingebrauch vorliegt, wenn jemand die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken benutzt (Satz 3), fehlt in § 13 Abs. 1 Satz 1 StrG bei der Legaldefinition des Gemeingebrauchs eine ausdrückliche Bezugnahme auf den Verkehrszweck. Gleichwohl bedeutet dies nicht, dass der Verkehrszweck aus dem Gemeingebrauchsbegriff des § 13 Abs. 1 Satz 1 StrG völlig ausgeklammert oder der Bezug dazu maßgebend gelockert wäre. Entscheidender Anknüpfungspunkt für den Gemeingebrauchsbegriff des § 13 Abs. 1 Satz 1 StrG ist - wie bei der fernstraßenrechtlichen Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 1 FStrG - die Widmung der Straße. Nach der Grundregel des § 2 Abs. 1 StrG sind öffentliche Straßen nur Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind. Danach dient die Widmung dem Zweck, die betreffenden Straßen- bzw. Wegeflächen für den öffentlichen Verkehr bereitzustellen. Die Ausrichtung des Gemeingebrauchs an einer Straße auf den Verkehr erfolgt also grundlegend bereits durch die Widmung der Straße. Der Verkehrsbezug des Gemeingebrauchs wird auch dadurch dokumentiert, dass § 13 Abs. 1 Satz 1 StrG die Straßenbenutzung (nur) "im Rahmen der Straßenverkehrsvorschriften" und "innerhalb der verkehrsüblichen Grenzen" gewährleistet. Es wäre auch realitätsfern anzunehmen, dass mit der Definition des Gemeingebrauchs in § 13 Abs. 1 Satz 1 StrG die Verkehrsbezogenheit der Straßenbenutzung ganz oder auch nur teilweise hätte aufgegeben werden sollen. Unter "Verkehr" im klassischen Sinn ist die Benutzung der Straße zum Zwecke der Ortsveränderung bzw. der Fortbewegung von Menschen und Sachen - unter Einschluss des "ruhenden Verkehrs" - zu verstehen. In Fußgängerbereichen, ebenso in verkehrsberuhigten Bereichen, zählen hierzu auch sonstige verkehrsbezogene Nutzungen wie etwa das Herumstehen oder das Sitzen/Ausruhen auf einer Bank. Darüber hinaus entspricht es dem modernen Funktionsbild vor allem von Fußgängerbereichen, aber auch verkehrsberuhigten Bereichen, dass hier auch andere Verhaltensweisen üblich sind, wie etwa das Betrachten von Schaufenstern oder sehenswerten Gebäuden sowie die Begegnung und Kommunikation mit anderen Passanten. Ein solch "kommunikativer Verkehr" ist in der Aufenthaltsfunktion eines Fußgängerbereichs wie auch eines verkehrsberuhigten Bereichs angelegt und wird vom Widmungszweck dieser Verkehrsflächen gefördert. Allerdings hält der Senat daran fest, dass der auf diese Weise erweiterte Verkehrsbegriff als das inhaltsbestimmende Kriterium des Gemeingebrauchs i.S. des § 13 Abs. 1 Satz 1 StrG kommunikative Aktivitäten nicht als vom Verkehrsinteresse isolierten Hauptzweck umfasst, sondern allenfalls als Nebenzweck der Straßenbenutzung, aber auch hier nicht mehr bei planvollen, regelmäßig wiederkehrenden Aktionen. Auch Fußgängerbereiche und verkehrsberuhigte Bereiche werden primär als Verkehrseinrichtungen für den ungehinderten oder zumindest privilegierten Fußgängerverkehr und nicht als eine Art "Kommunikationsmedium" geschaffen (vgl. Senatsbeschl. v. 12.07.1996 - 5 S 472/96 - NVwZ 1998, 91 = VBlBW 1997, 64).

Eine dahingehende Öffnung des Gemeingebrauchs ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil § 13 Abs. 1 Satz 1 StrG die Straßenbenutzung als Gemeingebrauch "innerhalb der verkehrsüblichen Grenzen" gestattet. Aus den Materialien (vgl. die amtliche Begründung zum Entwurf eines Straßengesetzes vom 31.07.1963, LT-Drucks. 3/3285 S. 6499 f) ergibt sich insoweit die Absicht des historischen Gesetzgebers, mit der gewählten Definition des Gemeingebrauchs - unter bewusstem und gewolltem Verzicht auf den Zusatz "zum Verkehr" - nur die Straßenanlieger bzw. bestimmte Anliegernutzungen zu begünstigen. Es lassen sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür finden, dass mit der Normierung der Verkehrsüblichkeit in § 13 Abs. 1 Satz 1 StrG auch unter dem Aspekt der schlichten Straßenbenutzung eine Loslösung des Gemeingebrauchsbegriffs vom Verkehrszweck beabsichtigt gewesen wäre mit dem Ziel, die ohnehin erst später problematisierte Erscheinung der kommunikativen Straßenbenutzung jedenfalls in Fußgängerbereichen und in verkehrsberuhigten Bereichen dem Gemeingebrauch als hiervon erfasste eigenständige Nutzung zuzuordnen (vgl. auch Schnebelt/Sigel, Straßenrecht, 1. Aufl., S. 147).

Dieser Schluss ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil Fußgängerbereiche in § 3 Abs. 2 Nr. 4c StrG i.d.F. vom 26.09.1987 (GBl. S. 477) ausdrücklich in den Katalog der als Gemeindestraßen einzustufenden Straßen und Wege aufgenommen worden sind. In der amtlichen Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßengesetzes vom 13.02.1987 (LT-Drucks. 9/4134 S. 3) heißt es in diesem Zusammenhang nur, dass inzwischen Fußgängerzonen, Fußgängerstraßen und neuerdings verkehrsberuhigte Zonen große Bedeutung erlangt hätten; es sei deshalb notwendig, in den nicht abgeschlossenen Katalog der beschränkt öffentlichen Wege einen entsprechenden Begriff einzufügen; dafür biete sich das Wort "Fußgängerbereiche" an, da auch die Straßenverkehrsordnung diesen Begriff für die Fußgängerzone verwende. Eine - korrigierende - Erweiterung des Gemeingebrauchs nach § 13 Abs. 1 Satz 1 StrG jedenfalls für Fußgängerbereiche über das verkehrsbezogene Verständnis im dargelegten Sinn hinaus war mit der Gesetzesänderung 1987 danach nicht bezweckt. Für verkehrsberuhigte Bereiche kommt hinzu, dass die Privilegierung des Fußgängerverkehrs - wie bereits erwähnt - nicht auf einer straßenrechtlichen Widmungsentscheidung beruht, sondern durch eine verkehrsrechtliche Anordnung (Zeichen 325 und 326 zu § 42 Abs. 4a StVO) bewirkt wird, die zu einer Beschränkung des Fahrzeugverkehrs auf Schrittgeschwindigkeit führt, verbunden mit der Berechtigung für Fußgänger, die Straße in ihrer ganzen Breite zu benutzen. Die Gestattung des Fußgängerverkehrs in verkehrsberuhigten Bereichen als Gemeingebrauch erfolgt also i.S. des § 13 Abs. 1 Satz 1 StrG "im Rahmen der Straßenverkehrsvorschriften".

Ausgehend von dem dargelegten Verständnis des landesstraßenrechtlichen Gemeingebrauchs halten sich zunächst die dem Kläger untersagten, von ihm eingeräumten Verkaufsaktivitäten (Verfügung v. 27.07.1995) nicht mehr im Rahmen des Gemeingebrauchs an Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen. Das Verwaltungsgericht hat dies in Übereinstimmung mit der Beklagten damit begründet, dass es sich bei den umstrittenen Verkaufsaktivitäten um eine gewerbliche Tätigkeit des Klägers handele. Demgegenüber stellt der Kläger insbesondere mit dem Beweisantrag Nr. 19 die Behauptung auf, dass er durch den Buchverkauf an Nichtmitglieder keine Überschüsse oder Einnahmen über die Ausgaben hinaus erziele, dass dies auch nicht beabsichtigt sei und dass durch die Einnahmen lediglich die Kosten der Mitgliederwerbung reduziert werden sollten. Soweit der Kläger damit die zur gewerblichen Einordnung der Verkaufsaktivitäten angenommene Gewinnerzielungsabsicht in Frage stellen will, ist dies unerheblich. Die Absicht der Gewinnerzielung mag neben anderen Faktoren konstitutives Kriterium dafür sein, ob der Kläger ein Gewerbe im Sinne des Gewerberechts betreibt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 16.02.1995 - 1 B 205.93 - NVwZ 1995, 473). Darauf kommt es für die straßenrechtliche Beurteilung im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht an. Auch wenn es dem Kläger mit dem Erlös aus dem Verkauf von Büchern/Broschüren nur um die Reduzierung der Kosten für die Mitgliederwerbung gehen sollte, bleibt es dabei, dass er sich infolge des Verkaufs wirtschaftlich günstiger stellt als im Falle einer kostenlosen (werbenden) Abgabe von Büchern/Broschüren. Der Verkauf insbesondere des Dianetik-Buchs stellt sich wegen des verlangten und erzielten Entgelts, auch wenn dieses im Einzelfall auf Grund von "Verhandlungen" mit einem interessierten Passanten unter dem grundsätzlichen Verkaufspreis von ca. 20,-- DM liegen sollte, jedenfalls als wirtschaftlicher Vorgang dar, ohne dass es in vorliegendem Zusammenhang unter dem Aspekt der Gewinnerzielung einer detaillierten betriebswirtschaftlichen Analyse bedürfte. Der Kläger selbst unterscheidet in der erstinstanzlichen Klagebegründung unwidersprochen zwischen unentgeltlicher und entgeltlicher Tätigkeit gegenüber Nichtmitgliedern und erwähnt dabei den Verkauf des "Dianetik-Buchs zum Selbstkostenpreis von 19,80 DM und von Auszügen aus dem Scientology-Handbuch im Textumfang kleiner Broschüren zum Abgabepreis in Höhe von 7,-- DM"; die gleiche Behauptung hat er in dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag Nr. 18 und in dem zunächst gestellten, dann aber wieder, weil unstreitig, zurückgenommenen Beweisantrag Nr. 1 aufgestellt.

Als "entgeltliche Tätigkeit gegenüber Nichtmitgliedern" fallen die Verkaufsaktivitäten, wie sie dem Kläger mit der Verfügung vom 27.07.1995 untersagt worden sind, aber nicht mehr unter den in Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen eröffneten Gemeingebrauch im beschriebenen Sinn. Bei der insoweit gebotenen typisierenden Betrachtungsweise wird der Verkauf von Büchern/Broschüren schon nach der Art der Betätigung im öffentlichen Verkehrsraum auch von dem in Fußgängerbereichen und in verkehrsberuhigten Bereichen statthaften kommunikativen Verkehr nicht mehr erfasst. Hierfür spielt es keine Rolle, ob die untersagten Verkaufsaktivitäten nur "bei Gelegenheit" oder "als Nebensache" von im Vordergrund stehenden Missionierungs- bzw. Informationsgesprächen über die Scientology-Lehre entwickelt werden (vgl. die Beweisanträge Nr. 2, 3 und 8). Gleiches gilt für den Umfang der Verkaufsaktivitäten, den der Kläger als gering bezeichnet (vgl. den Beweisantrag Nr. 8). Selbst wenn man nicht typisierend auf die Art der Betätigung abstellten wollte, kann von einem Verkauf von Büchern und Broschüren in nur geringem Umfang nicht mehr gesprochen werden, auch wenn die Missionierer des Klägers jeweils nur einige Exemplare zum Verkauf mit sich führen sollten. Denn damit würde nur der jeweils auftretende, einzelne Missionierer in der jeweiligen konkreten Verkaufssituation in den Blick genommen und die dahinter stehende Strategie vernachlässigt, in deren Rahmen es - unbestritten - sogar vereinsinterne Anweisungen an die Missionierer für ihr Werbe- bzw. Verkaufsverhalten gibt (vgl. die Beweisanträge Nr. 16 und Nr. 17). Zwar existieren - nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung - keine "Einsatzpläne" dergestalt, dass genau festgelegt würde, welche Missionierer an welchen (Wochen-)Tagen in den Fußgängerbereichen und in den verkehrsberuhigten Bereichen der Beklagten an welcher Stelle und wie lange tätig sind bzw. sein sollen; vielmehr hätten die Missionierer insoweit "freie Hand". Gleichwohl handelt es sich bei den Verkaufsaktivitäten, gerade weil sie sich aus der Sicht des Klägers als - wenn auch nebensächlicher -Bestandteil von Missionierungs- bzw. Informationsgesprächen über die Scientology-Lehre darstellen, nicht um mehr oder weniger zufällige oder augenblickliche Betätigungen, sondern um geplante, regelmäßig wiederkehrende Aktionen, selbst wenn der Verkauf nicht zwangsläufig bei jedem Gespräch mit einem Passanten, sondern nur bei bekundetem Interesse an der Scientology-Lehre erfolgen sollte.

Eine Einordnung der untersagten Verkaufsaktivitäten als Gemeingebrauch in Fußgängerbereichen und in verkehrsberuhigten Bereichen kann der Kläger auch nicht mit der Begründung verlangen, dass sich die Herstellung des Kontakts mit einem Passanten äußerlich von einer sonstigen kommunikativen Kontaktaufnahme nicht unterscheide und auch der Verkaufsvorgang als solcher nicht in dem Maße als nicht mehr verkehrlich in Erscheinung trete, wie dies etwa bei Verwendung eines Verkaufsstands der Fall sei; die Kontaktaufnahme erfolge gemeingebrauchsverträglich, nämlich unauffällig, unaufdringlich und sozusagen "aus der Bewegung heraus" (vgl. die Beweisanträge Nr. 7, 9 und 11). Allerdings hat das OVG Hamburg (vgl. Urt. v. 14.12.1995 - Bf II 1/93 - NJW 1996, 2051) für das dortige Landesstraßenrecht erkannt, dass die Frage, ob eine Wegebenutzung dem kommunikativen Verkehr und damit dem Gemeingebrauch zuzuordnen sei oder ob sie als gewerbliche Betätigung zu den Sondernutzungen zähle, maßgebend anhand des äußeren Erscheinungsbilds der konkreten Wegebenutzung zu beurteilen sei; auf äußerlich nicht erkennbare Absichten und Motive des Wegebenutzers komme es nicht an; erfolge das Ansprechen von Passanten durch einzelne Werber ohne aggressive Verkaufsmethoden und sei der gelegentliche Buchverkauf von untergeordneter Bedeutung und als Verkaufsvorgang nach außen nicht besonders erkennbar, so stelle sich der Gesamtvorgang eher als gemeingebräuchliche Missionierung denn als wirtschaftlich orientierter Verkauf einer Ware dar; unterscheide sich die Verkaufstätigkeit nicht wesentlich vom Verhalten solcher Fußgänger, die sich mit anderen Personen im öffentlichen Verkehrsraum unterhielten, stehen blieben und gelegentlich Gegenstände austauschten, so liege eine kommunikative Wegebenutzung vor. Auch die Oberlandesgerichte des Landes Baden-Württemberg haben in freisprechenden Entscheidungen im Rahmen von Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 StrG darauf abgestellt, ob die nicht ortsgebundenen Flugblattverteiler, Zeitungsverkäufer oder Buchverkäufer den Straßenraum wie andere Benutzer der Fußgängerzonen beanspruchten oder ob die Benutzung nach Ort, Dauer und Intensität die Grenzen des Gemeingebrauchs überschreite, was sich maßgebend nach den Umständen des Einzelfalles beurteile (vgl. etwa OLG Stuttgart, Beschl. v. 07.07.1995 - 1 Ss 218/95 - u. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.11.1998 - 3 Ss 82/98 -).

Soweit der Kläger meint, dass der Senat in seinem Beschluss vom 12.07.1996 - 5 S 471/96 - (a.a.O.) hiervon abweiche, weil und soweit er für die Einordnung einer Straßenbenutzung als Gemeingebrauch nicht auf das äußere Erscheinungsbild des Straßenbenutzers, sondern auf dessen Motivation abstelle, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Zum einen ist festzuhalten, dass mit dem Abstellen auf die Verkaufsmotivation des Straßenbenutzers nicht eine im Innern verbleibende Motivation, sondern der Zweck der Straßeninanspruchnahme gemeint ist, wenn und soweit er sich nach außen dokumentiert. Der Nutzungszweck von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen wird aber - wie dargelegt - auch unter Berücksichtigung der Aufenthalts- und Kommunikationsfunktion dieser Verkehrsflächen überschritten, wenn die Missionierer des Klägers gegenüber Passanten die untersagten Verkaufsaktivitäten praktizieren. Zwar trifft es zu, dass für die straßenrechtlichte Beurteilung bloße erwerbswirtschaftliche Motive, die in den konkreten Umständen der Straßenbenutzung gar nicht hervortreten, keine Rolle spielen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.07.1996 - 11 B 23.96 - NJW 1997, 406). Dieser Bereich der nur inneren Motivation wird jedoch verlassen, wenn die öffentliche Straße nicht mehr zum - auch kommunikativen - Verkehr, sondern zweckgerichtet als "Verkaufsraum" genutzt und auf den Verkauf von Büchern/Broschüren gerichtete Aktivitäten entwickelt werden. Es gehört grundsätzlich nicht zur Funktion einer öffentlichen Straße, und zwar auch nicht eines Fußgängerbereichs oder eines verkehrsberuhigten Bereichs, als "Verkaufsraum" zur Verfügung zu stehen. Hierfür spielt es keine Rolle, wie geschickt oder "gemeingebrauchsverträglich" sich die Missionierer des Klägers den Passanten nähern und diese zum Verkauf ansprechen, auch wenn dies nicht von Anfang an, sondern erst im Laufe eines Missionierung- bzw. Informationsgesprächs gegenüber einem Interessenten erfolgen sollte. Maßgebend für die Einordnung als Gemeingebrauch i.S. des § 13 Abs. 1 Satz 1 StrG ist insoweit - wie bereits erwähnt - eine typisierende Betrachtung der Art der Straßenbenutzung. Dies ist durch Gründe der Rechtssicherheit und zur Vermeidung einer Auflösung der Gesetzessystematik in eine unüberschaubare Einzelkasuistik geboten (so zutreffend auch Schnebelt/Sigel, a.a.O., S. 186 unter Hinweis auf Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 3. Aufl., S. 94). Darauf, dass je nach der Art der Tätigkeit eine erlaubnispflichtige Sondernutzung auch dann vorliegen kann, wenn bei einer Straßenwerbung die Passanten nicht bedrängt werden, hat auch das Bayerische Oberste Landesgericht (vgl. Beschl. v. 13.06.1997 - 3 ObOWi 21/97 - NVwZ 1998, 104) hingewiesen. Jedenfalls wenn es - wie im vorliegenden Fall - um geplante, regelmäßig wiederkehrende Verkaufsaktivitäten in Fußgängerbereichen und in verkehrsberuhigten Bereichen geht, wenn auch nur "bei Gelegenheit" oder "als Nebensache" von geplanten, regelmäßig wiederkehrenden Missionierungs- bzw. Informationsgesprächen über die Scientology-Lehre, werden diese Verkaufsaktivitäten nicht mehr von der Nutzungsfunktion dieser öffentlichen Verkehrsflächen erfasst. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch von den Situationen, die die Oberlandesgerichte des Landes Baden-Württemberg im Rahmen von Ordnungswidrigkeitenverfahren zu beurteilen hatten; angeschuldigt war dort immer nur eine "Momentaufnahme" eines bestimmten festgestellten Verhaltens einer einzelnen Person, bei der die Oberlandesgerichte die Grenzen des Gemeingebrauchs i.S. des § 13 Abs. 1 Satz 1 a. E. und Satz 2 StrG noch nicht als überschritten angesehen haben. Die dem Kläger des Weiteren untersagten, erwiesenen Aktivitäten, wie das Ansprechen und Einladen von Passanten zu einem Informationsgespräch oder zu einem Persönlichkeitstest in seinen Räumen (Verfügung v. 19.01.1995) und das Verteilen (einschließlich Veranlassen und Unterstützen) von bestimmten Druckerzeugnissen (Verfügung v. 30.10.1995), halten sich ebenfalls nicht mehr im Rahmen des Gemeingebrauchs an Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen. Zwar handelt es sich dabei überwiegend um Maßnahmen der Mitgliederwerbung und nur in geringem Umfang um wirtschaftliche Betätigungen. Denn ein Ansprechen auf der Straße in Verbindung mit dem Einladen zu Verkaufsgesprächen und zu entgeltlichen Dienstleistungen in den Räumen des Klägers ist - wie dargelegt - gerade nicht erwiesen; vielmehr steht lediglich fest, dass im Zusammenhang mit der Mitgliederwerbung auf der Straße bei bekundetem Interesse von Passanten dann auch das Dianetik-Buch und die genannte Broschüre zum Kauf angeboten worden sind. Die kostenlos verteilten Druckerzeugnisse, wie z. B. "Freiheit" und "Fakten aktuell", haben, wie sich aus den dem Senat vorliegenden Exemplaren ergibt, neben dem redaktionellen Text und Literaturangaben in den Fußnoten sowie Angeboten über den Bezug von kostenlosem Informations-material nur in Einzelfällen eine Anzeige über den entgeltlichen Erwerb von weiterführenden Scientology-Publikationen enthalten; insoweit bedarf es keines Beweises mehr (vgl. Beweisantrag Nr. 15). Gleichwohl gehört diese Art der Straßenbenutzung nicht mehr zum kommunikativen Verkehr als Nebenzweck und ist damit nicht mehr Ausübung des Gemeingebrauchs an Straßen.

Beim Ansprechen und Einladen von Passanten (Verfügung v. 19.01.1995) benutzen die Werber des Klägers die Fußgängerbereiche und die verkehrsberuhigten Bereiche im Stadtgebiet der Beklagten nicht primär als Verkehrseinrichtungen zur Fortbewegung mit dem Ziel der Ortsveränderung und nebenbei auch der Begegnung und Kommunikation mit anderen Passanten. Vielmehr nutzen sie die belebten Straßen und Plätze, um als Missionierer möglichst viele Fußgänger anzusprechen, sie über die Scientology-Lehre zu informieren, Interesse daran zu wecken und neue Mitglieder zu gewinnen, und wenden sich mit dem Ansprechen beliebiger Fußgänger an die Allgemeinheit. Diese Motivation wird augenfällig durch das Verhalten der Werber des Klägers dokumentiert. Sie halten, wie durch die Ordnungswidrigkeits-Anzeigen in den Akten der Beklagten und die nicht bestrittene Behauptung des Klägers in den Beweisanträgen Nr. 2 und 4 belegt, ein "Clip-Board" der Größe DIN A 4 mit einem Blatt in den Händen, auf dem Lebensbereiche aufgeführt sind, in denen sich Menschen nach der Lehre von Scientology verbessern sollten, und sprechen Passanten an mit den Worten "Darf ich Ihnen etwas geben", "Wollen Sie sich persönlich verbessern", "Kennen Sie Dianetik?" Da sie dabei zwar den Zweck ihrer Tätigkeit erläutern, "naturgemäß aber erst, wenn sich auf Grund des Interesses der Person ein näheres Gespräch ergeben hat" (vgl. die nicht bestrittene Behauptung des Klägers im Beweisantrag Nr. 3), entsteht bei Passanten der auch objektiv gerechtfertigte Eindruck, sie nähmen an einer Umfrage teil; teilweise ist von dem Werber selbst gegenüber Passanten erklärt worden, er veranstalte eine Umfrage (vgl. den Vorgang auf Bl. 2 u. die Anzeige auf Bl. 418/419 der Akten der Beklagten).

Die Werber des Klägers halten sich in den Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen somit zu dem alleinigen Zweck auf, um dort Straßenwerbung für Scientology durchzuführen. Es handelt sich - ebenso wie bei dem Verkauf von Büchern und Broschüren - nicht um mehr oder weniger zufällige oder augenblickliche Betätigungen, sondern um geplante, regelmäßig wiederkehrende Werbeaktionen, deren äußerer Ablauf durch die erwähnten vereinsinternen, sanktionsbewehrten Anweisungen (vgl. die nicht bestrittene Behauptung im Beweisantrag Nr. 17) vorgeschrieben ist. Für die Zeit und den Ort dieser Werbung durch Ansprechen von Passanten gibt es zwar keine verbindlichen Vorgaben durch den Kläger. Seine Mitglieder sind aber, wie von ihm in der mündlichen Verhandlung dargelegt, in ihrer Freizeit zur Missionierung auf der Straße verpflichtet, weshalb täglich etwa 1 bis 2 Mitglieder für 1 bis 2 Stunden ihrer Missionierungsauftrag erfüllt haben. Dieser eigenständige Zweck der Straßenbenutzung auf Grund vereinsmitgliedschaftlicher Verpflichtung und vereinsinterner Anweisungen schließt die Annahme aus, der Aufenthalt auf der Straße diene als Nebenzweck der individuellen Begegnung und sei noch als Gemeingebrauch anzusehen.

Nichts anderes gilt für das unentgeltliche Verteilen von Druckerzeugnissen (vgl. Verfügung vom 30.10.1995). Dabei ist die Kontaktaufnahme mit Passanten sehr viel schwächer ausgeprägt als bei den oben dargestellten Verkaufs- und Werbeaktionen; denn nach den unbestrittenen Erläuterungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung beschränken sich die Werber dabei auf eine Anrede in Form eines Grußes und/oder auf die Bemerkung "Darf ich Ihnen etwas mitgeben?". Auch diese Straßenbenutzung erfolgt nicht zum Zweck der Fortbewegung und dient nicht der individuellen Begegnung der einzelnen Werber mit Passanten, sondern ihr Hauptzweck ist die vom Kläger geplante Werbung für die Scientology-Lehre einschließlich der Verbreitung von Meinungen der Scientology Kirche. Die Druckerzeugnisse, insbesondere die Zeitschriften/Zeitungen "Freiheit" und "Fakten aktuell" mit einer Auflage von 200.000 bis 5 Mill., erscheinen, wie in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen vorgetragen, teilweise aus aktuellem Anlass und werden aus diesem Grund in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang rasch verteilt. Dies erfolgt, was durch polizeiliche Erkenntnisse in den Akten der Beklagten belegt wird, mit einem höheren Organisationsaufwand und einem größeren Einsatz von Mitgliedern. Beispielsweise haben im Auftrag des Vereinsvorstands am 26.05.1995 um 8.15 Uhr 7 Personen (Bl. 248) und am 08.09.1995 von 7.00 bis 9.05 Uhr 26 Personen jeweils gleichzeitig im Stadtgebiet der Beklagten mehrere tausend Zeitungen (Fakten aktuell) verteilt. Es handelt sich hier folglich nicht um die gelegentliche Verbreitung von Meinungsäußerungen und die Werbung durch einzelne Personen, sondern um groß angelegte, von einer Organisation geplante und gesteuerte, regelmäßig wiederkehrend Werbe- und Aufklärungsaktionen, die der Nutzungsfunktion der Fußgängerbereiche und verkehrsberuhigten Bereiche widersprechen, weil ein Verkehrsbezug keine oder allenfalls eine nebensächliche Bedeutung hat. Darauf, ob sich die Zeitschriftenverteiler dabei "immer auch selbst bewegt und damit kein straßenrechtliches Hindernis dargestellt" und weisungsgemäß "nur unauffällig und unaufdringlich verhalten" haben (vgl. Beweisanträge Nr. 9 und 16), kommt es nicht an. Verfassungsrecht zwingt nach Ansicht des Senats nicht dazu, die in Rede stehenden Verkaufs- und Werbeaktivitäten des Klägers noch dem kommunikativen Verkehr in Fußgängerbereichen und in verkehrsberuhigten Bereichen zuzurechnen und damit als zulassungsfreien Gemeingebrauch i.S. des § 13 Abs. 1 Satz 1 StrG zu qualifizieren. Dies gilt sowohl mit Blick auf das primär in Anspruch genommene Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG wie auch mit Blick auf Art. 5 Abs. 1 GG.

Selbst wenn der Kläger (oder die Scientology-Bewegung insgesamt) als Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft i. S. von Art. 4 Abs. 1 GG anzuerkennen wäre (vgl. die Beweisanträge Nr. 21 bis 23) und alle untersagten Aktivitäten, soweit sie erwiesen sind, als Ausübung des vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechts der Glaubensfreiheit zu werten wären, änderte dies nichts an ihrer Einordnung als Sondernutzung, die der Erlaubnispflicht unterliegt. Das behördliche Kontrollverfahren der Sondernutzungserlaubnis ist grundsätzlich mit Art. 4 Abs. 1 und 2 GG vereinbar. Denn es dient dazu, die verschiedenen grundrechtlich geschützten Belange, die bei der Nutzung des "knappen Guts öffentliche Straße" miteinander in Konflikt geraten können, in Einklang zu bringen. Der Zwang, zu diesem Zweck eine Erlaubnis zu beantragen, stellt nur eine geringe und damit keine unverhältnismäßige Belastung für die Klägerin dar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.07.1996 - 11 B 23.96 - a.a.O.)

Bei einer Straßenbenutzung der beschriebenen Art begegnet es auch im Hinblick auf Art. 4 Abs. 1 und 2 GG keinen Bedenken, dass der Kläger mit der Qualifizierung der erwiesenen Aktivitäten als Sondernutzung auf die Durchführung des Erlaubnisverfahrens verwiesen wird. Im vorliegenden Zusammenhang geht es nicht um die Ausübung des pflichtgemäßen Erteilungsermessens nach § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG, sondern um die Verfassungsmäßigkeit des Erlaubnisvorbehalts selbst. Dieser stellt sich nicht als unverhältnismäßiges Hindernis bei der - unterstellten - Grundrechtsausübung dar. Das Erfordernis der vorgängigen Einholung einer Sondernutzungserlaubnis für geplante, regelmäßig wiederkehrende Verkaufs- und Werbeaktivitäten löst für den Kläger keine unzumutbaren organisatorischen Schwierigkeiten aus. Dem Kläger ist es ohne weiteres möglich, den Ort und den zeitlichen Umfang solcher Aktivitäten zu benennen, um die Beklagte im Rahmen der Kontroll- und Ausgleichsfunktion des mit einem Antrag eingeleiteten Erlaubnisverfahrens in die Lage zu versetzen, die straßenrechtliche Verträglichkeit der Aktivitäten einer alle betroffenen Interessen und Belange umfassenden Beurteilung und sachgerechten Entscheidung zuzuführen. Insoweit käme möglicherweise auch nur ein einmalig durchzuführendes Erlaubnisverfahren in Betracht. Dass ihm die Stellung eines Antrags auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis grundsätzlich nicht zumutbar sei, macht der Kläger selbst nicht geltend. So hat sein Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von Städten berichtet, die Scientology-Organisationen Sondernutzungserlaubnisse für verschiedene Missionierungstätigkeiten im öffentlichen Verkehrsraum erteilt hätten. Gleiches lässt sich dem Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 13.06.1997 - 3 ObOWi 21/97 - (a.a.O.) entnehmen. Allerdings weist der Kläger darauf hin, dass die Beklagte in den Gründen der angefochtenen Verfügung vom 19.01.1995 die Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis bereits angekündigt habe, so dass eine Antragstellung zwecklos erscheine und ihm damit im Ergebnis die Grundrechtsausübung nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verwehrt werde. Die Ankündigung der Ablehnung eines Erlaubnisantrags rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, dass dann zur Ermöglichung der oben genannten Verkaufs- und Werbeaktivitäten als - unterstellte - Grundrechtsausübung nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG der Erlaubnisvorbehalt selbst durch Qualifizierung der untersagten Tätigkeiten in dem erwiesenen Umfang als Gemeingebrauch "suspendiert" werden müsse.

Ob von der Regel, dass das behördliche Verfahren der Sondernutzungserlaubnis grundsätzlich keine unverhältnismäßige Belastung des Klägers darstellt, dann eine Ausnahme zu machen ist, wenn die konkrete Straßenbenutzung "nur wenig" stört (so wohl BVerwG, Beschl. v. 04.07.1996 - 11 B 23.96 -a.a.O.), kann dahinstehen. Selbst wenn man hierfür die Maßstäbe heranzieht, die das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 18.10.1991 - 1 BvR 1377/91 - (NVwZ 1992, 53) im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zugrunde gelegt hat, ist der Störgrad der in Rede stehenden Verkaufs- und Werbeaktivitäten, d. h. die dadurch drohende Beeinträchtigung der Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs, nicht als nur minimal anzusehen. Die Möglichkeit für uninteressierte Passanten, einem Missionierer der Klägerin aus dem Weg zu gehen, wie dies das Bundesverfassungsgericht bei einem Flugblattverteiler angenommen hat, besteht im vorliegenden Fall gerade nicht. Während der Flugblattverteiler schon in ausreichender Entfernung als solcher erkennbar ist, so dass ein rechtzeitiges Ausweichen ohne weiteres möglich ist, trifft dies auf die Missionierer der Klägerin nicht zu, die sich im Straßenraum - nach dem eigenen Vorbringen (vgl. den Beweisantrag Nr. 9) - "unauffällig" bewegen und hieraus Passanten gezielt ansprechen. Eine solche überraschende Ansprache kann ein Passant gar nicht verhindern. Beim Verteilen von Zeitungen und Zeitschriften, wobei die Werber Passanten üblicherweise ebenfalls kurz ansprechen, kommt folgendes hinzu. Wie oben dargelegt, werden diese Publikationen in Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen nicht nur im Einzelfall von einer Person oder von wenigen Personen verteilt, sondern im Rahmen von groß angelegten, von einer Organisation geplanten und gesteuerten, regelmäßig wiederkehrenden Werbe- und Aufklärungsaktionen, wobei bis zu 26 Verteiler mehrere Stunden gleichzeitig mitwirken. Dass bei dieser Art der Straßenbenutzung das Störpotential nicht gering ist, liegt auf der Hand. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei den erwiesenen Verkaufs- und Werbeaktivitäten um geplante, regelmäßig wiederkehrende, teils groß angelegte Aktionen handelt, steht das Erfordernis, vor Beginn der - unterstellten -Grundrechtsausübung aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG eine Sondernutzungserlaubnis einholen zu müssen, nicht außer Verhältnis zu dem mit dem Erlaubnisverfahren primär verfolgten Zweck, vor allem die Leichtigkeit des Verkehrs in Fußgängerbereichen und in verkehrsberuhigten Bereichen zu gewährleisten.

Eine Einordnung der erwiesenen Aktivitäten noch als kommunikativer Verkehr und damit als Gemeingebrauch i. S. des § 13 Abs. 1 Satz 1 StrG jedenfalls in Fußgängerbereichen und in verkehrsberuhigten Bereichen ist auch nicht mit Blick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geboten. Dabei kann dahinstehen, ob sich der Kläger für die Verkaufs- und Werbeaktivitäten, weil diese hinsichtlich der Scientology-Lehre Missionierungs- bzw. Informationschrakter haben, auf das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit berufen kann oder ob Werbung - gleich ob Produktwerbung für das Dianetik-Buch und die Broschüre oder Mitgliederwerbung - dem Schutzbereich dieser Grundrechtsnorm nicht unterfällt. Denn die bei Annahme einer Sondernutzung durch § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG statuierte Erlaubnispflicht stellt keine unzulässige Zensur i. S. des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG, sondern im Hinblick auf die Ausgleichs- und Verteilungsfunktion der Sondernutzungserlaubnis für die verschiedenen grundrechtlich geschützten Belange der Straßenbenutzer (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 09.11.1989 - 7 C 81.88 - BVerwGE 84, 71) ein allgemeines (Schranken-)Gesetz i. S. von Art. 5 Abs. 2 GG dar.

Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht im bereits erwähnten Beschluss vom 18.10.1991 - 1 BvR 1377/91 - (a.a.O.) entschieden, dass die sachliche Reichweite des Grundrechts der Meinungsäußerungsfreiheit nicht jeder Relativierung durch einfaches Gesetz überlassen werden könne, vielmehr das grundrechtsbeschränkende Gesetz seinerseits im Lichte des beschränkten Grundrechts ausgelegt werden müsse; die Einschränkung des Grundrechts, Meinungen frei zu äußern und zu verbreiten, müsse geeignet sein, den mit dem Erlaubnisvorbehalt erstrebten Schutz zu bewirken, und der Erfolg, der damit erreicht werde, müsse im angemessenen Verhältnis zu den Einbußen stehen, welche die Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit mit sich bringe; danach sei die Meinungsfreiheit mit dem Rechtsgut "Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs" unter Berücksichtigung der konkreten Umstände abzuwägen; der Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sei nicht generell geeignet, einen Erlaubnisvorbehalt zu rechtfertigen, unabhängig davon, ob es sich um eine Bundesfernstraße oder um innerörtliche Fußgängerzonen oder verkehrsberuhigte Bereiche handele; bei der gebotenen differenzierenden Betrachtungsweise könne es als nahezu ausgeschlossen gelten, dass die Sicherheit des Verkehrs in Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen durch einzelne oder mehrere Flugblattverteiler überhaupt beeinträchtigt oder gar gefährdet werden könnte; Beeinträchtigungen der Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs seien demgegenüber zwar in Betracht zu ziehen; in aller Regel werde die Beeinträchtigung aber schon deshalb minimal sein, weil die Passanten, die an einem Flugblatt oder an einer Broschüre kein Interesse hätten, die Möglichkeit hätten, einem Flugblattverteiler aus dem Wege zu gehen; jedenfalls stehe die Behinderung der Ausübung der Meinungsäußerungsfreiheit und Meinungsverbreitungsfreiheit durch das Erfordernis, vor Beginn der Grundrechtsausübung eine Genehmigung einholen zu müssen, außer Verhältnis zu dem mit dem Erlaubnisvorbehalt erstrebten Zweck, die Leichtigkeit des Verkehrs in Fußgängerzonen und in verkehrsberuhigten Bereichen zu gewährleisten.

Auf diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beruft sich der Kläger jedoch zu Unrecht. Denn das Bundesverfassungsgericht hat die in Betracht zu ziehende Beeinträchtigung (nur) der Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs in einer "Fußgängerzone" im dortigen Fall deshalb als minimal gewertet, weil die Passanten, die an einem Flugblatt oder an einer Broschüre kein Interesse hätten, dem Flugblattverteiler aus dem Weg gehen könnten. Diese Annahme ist gerechtfertigt, weil ein Flugblattverteiler in der Regel so frühzeitig als solcher erkennbar ist, dass ein nicht interessierter Fußgänger ohne weitergehende Behinderung rechtzeitig ausweichen kann. Das ist - wie dargelegt - bei den nach dem Vortrag des Klägers "unauffällig" agierenden und sich ständig bewegenden Missionierern (vgl. die Beweisanträge Nr. 9 und 11), die Passanten in einem Fußgängerbereich zwecks Verkaufs eines Buchs, des Missionierens oder des Verteilens von Zeitschriften und Zeitungen ansprechen, nicht mehr der Fall (vgl. auch BayObLG, Beschl. v. 13.06.1997 - 3 ObOWi 21/97 - a.a.O.). Bei der zuletzt genannten Betätigung ist wiederum zusätzlich zu berücksichtigen, dass es sich um groß angelegte, organisierte, regelmäßig wiederkehrende Aktionen mit zahlreichen gleichzeitig agierenden Verteilern handelt; es verbietet sich deshalb die Annahme, die Beeinträchtigung der Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs sei minimal. Auch der Gedanke der Spontaneität einer kommunikativen Straßenbenutzung, der eventuell deren Erlaubnisfreiheit erzwingen könnte, "wenn der Gang zur Erlaubnisbehörde nicht nur eine Lästigkeit wäre", sondern die Ausübung des betreffenden Kommunikationsgrundrechts "praktisch unmöglich" machte (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.11.1989 - 7 C 81.88 - a.a.O.), rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Denn der Kläger will die Fußgängerbereiche und verkehrsberuhigten Bereiche im Stadtgebiet der Beklagten geplant, regelmäßig wiederkehrend zum Zwecke der Mitgliederwerbung und Aufklärung benutzen und dabei das Dianetik-Buch und eine Broschüre verkaufen. Insoweit käme möglicherweise - wie bereits erwähnt - auch nur ein einmaliges Erlaubnisverfahren in Betracht.

Schließlich kann die Einordnung der untersagten Verkaufsaktivitäten (noch) als kommunikativer Verkehr und damit als Gemeingebrauch auch nicht damit begründet werden, dass das der Beklagten nach § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG eingeräumte Ermessen bei der Entscheidung über eine beantragte Sondernutzungserlaubnis nicht weiter gesetzlich gesteuert und daher "zu frei" sei. Allerdings hat auch hierzu das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 18.10.1991 - 1 BvR 1377/91 - (a.a.O.) erkannt, dass die Auslegung und An-wendung eines Landesstraßengesetzes, die die Gestattung von Betätigungen der Meinungsäußerungsfreiheit in das freie Ermessen der Verwaltung stelle, mit Art. 5 Abs. 1 GG unvereinbar wäre. Von einem solchen "freien" Ermessen kann vor dem Hintergrund der Regelungen des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG, der von "pflichtgemäßem" Ermessen der Behörde bei der Entscheidung über einen Erlaubnisantrag spricht, und des § 40 LVwVfG keine Rede sein. Zu den zulässigen Aspekten bzw. Überlegungen einer sachgerechten Ermessensbetätigung nach diesen Vorschriften hat sich der Senat wiederholt geäußert und ist dabei mit der Forderung nach "straßengrundbezogenen" Erwägungen einer Ausuferung im Sinne eines - unzulässigen - "freien" Ermessens entgegengetreten (vgl. Urt. v. 01.08.1996 - 5 S 3300/95 - NVwZ-RR 1997, 677, Beschl. v. 14.10.1996 - 5 S 1775/96 - u. Urt. v. 09.12.1999 - 5 S 2051/98 - VBlBW 2000, 281).

Zu einer Einordnung der untersagten Verkaufsaktivitäten (noch) als kommunikativer Verkehr und damit als zulassungsfreier Gemeingebrauch zwingt auch nicht der Umstand, dass die Beklagte von der Ermächtigung des § 16 Abs. 7 Satz 1 StrG keinen Gebrauch gemacht und nicht durch Satzung festgelegt hat, dass Aktivitäten der in Rede stehenden Art als bestimmte Sondernutzungen an Gemeindestraßen, zu denen nach § 3 StrG Fußgängerbereiche und verkehrsberuhigte Bereiche gehören, keiner Erlaubnis nach § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG bedürfen. So wie die der Gemeinde durch § 16 Abs. 7 Satz 1 StrG eingeräumte Befugnis nicht bedeutet, dass die gesetzlichen Grenzen zwischen Gemeingebrauch und Sondernutzung durch eine Satzung geändert werden könnten, so wenig kann aus dem Unterlassen der satzungsmäßigen Festlegung einer erlaubnisfreien Sondernutzung geschlossen werden, dass die hierfür unter Umständen in Betracht zu ziehende Straßenbenutzung deshalb zulassungsfreier Gemeingebrauch sei bzw. sein müsse. Dies gilt jedenfalls für eine Straßenbenutzung der streitgegenständlichen Art, nämlich für geplante, regelmäßig wiederkehrende Verkaufs- und Werbeaktivitäten, auch wenn dabei Missionierungs- bzw. Informationsgespräche über die Scientology-Lehre im Vordergrund stehen. Bestimmte Sondernutzungen an Gemeindestraßen durch eine Satzung nach § 16 Abs. 7 Satz 1 StrG für erlaubnisfrei zu erklären, setzt im Übrigen voraus, dass die betreffenden Straßenbenutzungen einer typisierenden Betrachtung zugänglich sind, die es der Gemeinde ermöglicht, abstrakt-generell zu entscheiden, dass die Frage der Kollision dieser Straßenbenutzungen mit anderen (verfassungsrechtlich) geschützten Rechtsgütern nicht der Überprüfung - und einem eventuellen Ausgleich - in einem Erlaubnisverfahren bedarf.

Die Ermessensbetätigung der Beklagten unterliegt ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Entsprechend der Ermächtigungsgrundlage des § 16 Abs. 8 Satz 1 StrG knüpft die Beklagte im Widerspruchsbescheid und in den Untersagungsverfügungen vor allem an den Umstand an, dass der Kläger für diese Straßenbenutzung keine Sondernutzungserlaubnis besitzt. Außerdem stellt sie darauf ab, dass die Aktivitäten des Klägers nicht geduldet werden könnten, weil der öffentliche Verkehrsraum hierfür nicht zur Verfügung gestellt werden solle und Fußgänger ihn unbehelligt begehen können sollten; hinter dieses überwiegende öffentliche Interesse trete das Interesse des Klägers zurück. Diese dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Ermessenserwägungen sind gerichtlich nicht zu beanstanden (vgl. § 114 VwGO). Die gewerberechtliche Argumentation der Beklagten bezieht sich entgegen der Auffassung des Klägers auf die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 8 StrG, jedoch nicht auf die Ermessensentscheidung selbst.

Aus dem Dargelegten folgt, dass die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge als für die Entscheidung unerheblich abzulehnen sind. Dies gilt auch für die bisher noch nicht erwähnten Beweisanträge Nr. 12 und 20 zu dem nicht streitgegenständlichen Erwerb der Mitgliedschaft beim Kläger und zu den seinen Mitgliedern angebotenen Diensten und Materialien.

Rechtswidrig und daher aufzuheben sind schließlich die angefochtenen Verfügungen und der Widerspruchsbescheid der Beklagten insoweit, als dem Kläger für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld von 3.000,-- DM angedroht wird. Das Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz (§ 20) enthält im Gegensatz zu den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen in anderen Bundesländern und zu bundesrechtlichen Vorschriften (z.B. § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 332 Abs. 3 Satz 2 AO) keine ausdrückliche Regelung, wonach ein Zwangsmittel für jeden Fall der Zuwiderhandlung angedroht werden dürfte. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (Gerichtsbesch. v. 26.06.1997 - 1 A 10.95 - NVwZ 1998, 393 = DVBl. 1998, 230), der sich der erkennende Senat anschließt, gibt es keinen allgemeinen Grundsatz, der trotz Fehlens einer solchen Regelung eine dahingehende Auslegung zuließe, weshalb bereits der Verfassungsgrundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) gegen die Zulässigkeit einer derartigen Zwangsmittelandrohung spricht (vgl. dazu bereits VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.01.1980 - VIII 1543/79 - VBlBW 1980, 71 u. Urt. v. 09.04.1981 - 10 S 2129/80 - VBlBW 82, 97). Die Androhung kann auch nicht in dem Sinne teilweise aufrecht erhalten werden, dass sie bei Zuwiderhandlung jedenfalls e i n e Zwangsgeldfestsetzung ermöglicht (BVerwG a.a.O.). Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Beschluss

Der Streitwert des Verfahrens in beiden Rechtszügen wird - unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts - gemäß §§ 13 Abs. 1 Satz 1 und 2, 14 Abs. 1, 25 Abs. 2 Satz 2 GKG i.V.m. § 5 ZPO auf je (3 x 4.000 + 3 x 750) 14.250 EUR festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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