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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 12.08.2009
Aktenzeichen: 5 S 632/09
Rechtsgebiete: LBO
Vorschriften:
LBO § 1 Abs. 1 Satz 1 | |
LBO § 1 Abs. 1 Satz 2 | |
LBO § 2 Abs. 1 | |
LBO § 3 Abs. 1 Satz 1 | |
LBO § 15 Abs. 1 | |
LBO § 47 Abs. 1 Satz 2 | |
LBO § 58 Abs. 1 Satz 1 | |
LBO § 58 Abs. 6 Satz 1 | |
LBO § 58 Abs. 6 Satz 2 | |
LBO § 65 Satz 2 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
wegen baurechtlicher Entscheidung
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg
am 12. August 2009
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Februar 2009 - 4 K 182/09 - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe:
Die nach § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben zu einer Änderung der vom Verwaltungsgericht zum Nachteil der Antragstellerin getroffenen Abwägungsentscheidung keinen Anlass.
Aus den von ihr dargelegten Gründen ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht bei der von ihm nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung dem besonderen öffentlichen Interesse am Sofortvollzug der angefochtenen, nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärten baurechtlichen Entscheidung vom 08.01.2009 zu Unrecht Vorrang vor dem privaten Interesse der Antragstellerin gegeben hätte, von deren Wirkungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben. Mit dieser Entscheidung gab das Landratsamt Karlsruhe der Antragstellerin auf, den Kletterturm, für den der am 27.07.2005 nachträglich verlangte Brandschutznachweis B 1 nicht geführt worden war, innerhalb von zwei Wochen aus dem von ihr betriebenen "Family-Entertainment-Center" zu entfernen.
Dass die angefochtene baurechtliche Entscheidung aus den von der Antragstellerin dargelegten Gründen rechtswidrig wäre und der Widerspruch insofern Erfolg haben könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen.
Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass an den Kletterturm nur dann bauordnungsrechtliche Anforderungen - insbesondere solche des Brandschutzes (vgl. §§ 3 Abs. 1, 15 LBO) - gestellt werden könnten, wenn es sich bei diesem um eine bauliche Anlage i. S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 LBO oder aber um eine Einrichtung i. S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 LBO handelte, die entsprechenden Anforderungen unterläge, kommt es hierauf bei der Beantwortung der Frage, ob die angefochtene Entfernungsverfügung ihre Rechtsgrundlage in § 47 Abs. 1 Satz 2 LBO zu finden vermag, nicht entscheidend an.
Zwar fehlt es bei dem Kletterturm ersichtlich an der für eine bauliche Anlage wesentlichen (unmittelbaren) Verbindung mit dem Erdboden (vgl. hierzu Sauter, LBO 3. A. Bd. 1 <Stand: Jan. 2009>, § 2 Rn. 7) und handelt es sich bei diesem entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch um keinen mit einer baulichen Anlage verbundenen Teil derselben. Auch eine "Einrichtung" i. S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 LBO, an die in der Landesbauordnung oder in Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes Anforderungen gestellt würden, dürfte nicht in Rede stehen; solches folgt insbesondere nicht aus § 3 Abs. 1 Satz 1 LBO (vgl. Schlotterbeck/v. Arnim/Hager, LBO 5. A. 2003, § 1 Rn. 15). Doch steht aufgrund des vor dem Regierungspräsidium Karlsruhe zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleichs vom 17.07.2007 fest, dass die Antragstellerin auch die am 25.07.2005 im Rahmen der Schlussabnahme des am 25.03.2003 genehmigten Bauvorhabens "Nutzungsänderung einer bestehenden Tennishalle in ein Family-Entertainment-Center" nachträglich nach §§ 58 Abs. 6 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 2 LBO festgesetzten Auflagen zu erfüllen, mithin auch den verlangten Brandschutznachweis B 1 (nach DIN 4102) für den Kletterturm beizubringen hat. Ob die nunmehr bestandskräftige Anforderung zu Recht gestellt worden war, kann insofern dahinstehen. Auf deren Wirtschaftlichkeit und Zumutbarkeit kam es im Übrigen jedenfalls nicht an (vgl. Franz in: Simon, BayBO <März 2002>, Art. 60 Rn. 317).
Im Übrigen vermag der Senat auch nicht zu erkennen, warum die Baurechtsbehörde gehindert sein sollte, einer Nutzungsänderungsgenehmigung (ggf. auch nachträglich nach Maßgabe der §§ 58 Abs. 6 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 2 LBO) Auflagen beizufügen, um - wie hier - von den Benutzern der Anlage Gefahren für Leben oder Gesundheit abzuwenden, welche ggf. im Zusammenhang mit ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung drohen, etwa aufgrund ihr dienenden Einrichtungsgegenständen, deren Aufstellen und Belassen auch eine Form der Nutzung der baulichen Anlage darstellt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.03.1985 - 3 S 1606/84 -, VBlBW 1985, 457 <458>). So sind von der Baurechtsbehörde bei Erteilung einer Nutzungsänderungsgenehmigung auch öffentlich-rechtliche Vorschriften außerhalb des Bauordnungsrechts, mithin auch solche des allgemeinen Polizeirechts zu beachten (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO, §§ 1, 3 PolG). Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 LBO haben die Baurechtsbehörden u. a. darauf zu achten, dass die auf Grund baurechtlicher Vorschriften erlassenen Anordnungen auch befolgt werden, und zur Wahrnehmung dieser Aufgabe diejenigen Maßnahmen zu treffen, die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich sind. Dass neben Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung bis zur Erfüllung einer nachträglichen Auflage ggf. - wie hier - auch die Benutzung der baulichen Anlage eingeschränkt oder untersagt werden kann, folgt bereits aus § 58 Abs. 6 Satz 2 LBO, wonach bei Gefahr im Verzug bis zur Erfüllung von Anforderungen nach Satz 1 die Benutzung der baulichen Anlage eingeschränkt oder untersagt werden kann (vgl. zur "umfassenden" Ermächtigungsgrundlage des § 49 Abs. 1 LBO 1983 VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.05.1991 - 8 S 1068/91 -, UPR 1992, 32). § 65 Satz 2 LBO ist vorliegend nicht einschlägig, da der Antragstellerin eine auch die Aufstellung eines TÜV-geprüften "Klettergerüsts" umfassende Baugenehmigung erteilt worden war (vgl. deren "Angaben zu gewerblichen Anlagen" v. 28.01.2003, /190). Die angeordnete Entfernung des Kletterturms, mit der letztlich nur die anders nicht zu verwirklichende, gerade mit seinem weiteren Belassen verbundene Nutzung der Halle untersagt bzw. deren Benutzung entsprechend beschränkt werden sollte (vgl. zur Zulässigkeit einer entsprechenden Entfernungsverfügung Decker in: Simon, BayBO <Feb. 2000>, Art. 82 Rn. 269; zur Zulässigkeit einer auf § 64 S. 2 LBO 1983 bzw. § 101 S. 2 LBO 1980 gestützten Entfernungsverfügung VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.03.1985 - 3 S 1606/84 -, VBlBW 1985, 457, Urt. v. 08.02.1984 - 3 S 2764/83 -, Urt. v. 17.12.1976 - VIII 1804/75 -, Urt. v. 13.03.1974 - III 189/73 -, Urt. v. 14.11.1972 - III 463/69 -; insoweit anders BayVGH, Urt. v. 17.07.1974 - 78 II 72 -, BayVBl 1974, 644), stellte auch ersichtlich das gegenüber einer Untersagung der Nutzung der Halle als "Family-Entertainment-Center" mildere Mittel dar; hierauf hat das Landratsamt in der angefochtenen Entscheidung zutreffend hingewiesen. Der Frage, ob der angeordneten Entfernung des Kletterturms noch die formelle Bestandsgarantie der (aus Brandschutzgründen insoweit noch nicht eingeschränkten) Nutzungsänderungsgenehmigung vom 25.03.2003 entgegensteht (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.05.1991, a.a.O.; Franz, a.a.O., Art. 60 Rn. 313 ff.), weil es an den besonderen Voraussetzungen für eine gleichwohl nach § 58 Abs. 6 Satz 2 LBO bereits zulässige (vorläufige) Nutzungseinschränkung fehlte ("Bei Gefahr im Verzuge ... "; hierzu auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.10.1992 - 8 S 2007/92 -, NVwZ-RR 1993, 531), brauchte der Senat mangels eines entsprechenden Beschwerdevorbringens nicht nachzugehen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).
Soweit die Antragstellerin schließlich als milderes "Austauschmittel" angeboten hat, den Kletterturm mit einer elastischen Endbeschichtung (Brandschutzfarbe) zu überziehen, rechtfertigt auch dies nicht den begehrten vorläufigen Rechtsschutz. So hat sie auf die Stellungnahme des Landratsamts vom 30.06.2009 hin trotz Aufforderung des Senats weder im Einzelnen dargetan noch glaubhaft gemacht, dass dies insbesondere vor dem Hintergrund der mechanischen Beanspruchung des Kletterturms ein hinsichtlich aller Grundstoffe geeignetes Mittel darstellte, um für diese jeweils einen B 1-Nachweis führen zu können. Nach alldem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 9.4 des Streitwertkatalogs vom Juli 2004. Eine Halbierung des Hauptsachestreitwerts erscheint nicht angemessen, da letztlich die Hauptsache vorweggenommen wird.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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