Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 10.10.2003
Aktenzeichen: 5 S 747/02
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 34 Abs. 1
1. Allein die Uneinheitlichkeit der eine größere Freifläche umgebenden Bebauung schließt die Annahme eines Bebauungszusammenhangs nicht aus.

2. Jedoch sind bei Bestimmung der insoweit maßgeblichen vorhandenen Siedlungsstruktur Fremdkörper außer Acht zu lassen.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

5 S 747/02

Verkündet am 10.10.2003

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Bauvorbescheids

hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schnebelt und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Schefzik und Albers auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 02. Oktober 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. September 2001 - 10 K 1519/01 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt einen Bauvorbescheid für die Errichtung von sechs Einfamilienhäusern.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Flst.Nr. 94 der Gemarkung Buhlbach, Ortsteil Obertal, der Beklagten. Das im Norden etwa 60 m und im Süden, entlang der Rechtmurgstraße, knapp 45 m breite, etwa 70 m tiefe Grundstück ist von der westlich einmündenden Straße "Am Röhrsbächle" durch ein von Süd nach Nord spitzwinkelig zulaufendes, an der Rechtmurgstraße etwa 20 m breites Grundstück (Flst.Nr. 95/3) getrennt. Beide Grundstücke sind unbebaut und liegen nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Im Flächennutzungsplan der Beklagten sind sie als landwirtschaftliche Fläche dargestellt. Sie sind ferner Teil eines der Europäischen Union im Jahr 2001 unter der Nr. 7416-301 gemeldeten Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie.

Westlich des Einmündungsbereichs der Straße "Am Röhrsbächle" in die Rechtmurgstraße stehen zwei Wohnhäuser. Jenseits des Baches Röhrsbächle folgen an der Rechtmurgstraße ein aufgegebenes Gasthaus sowie zwei Wohnhäuser, davon eines im rückwärtigen Bereich. Etwa 130 m weiter westlich stehen mehrere Wohnhäuser nahe beieinander. Östlich der Straße "Am Röhrsbächle" steht in einem Abstand von etwa 80 m zur Rechtmurgstraße ein Wohnhaus. Etwa 60 m weiter folgen beidseitig der Straße insgesamt neun Wohnhäuser in meist dichtem Abstand zueinander. Südlich der Rechtmurgstraße und gegenüber dem Grundstück Flst.Nr. 95/3 befindet sich ein Wohnhaus. Ansonsten ist der schmale Bereich zwischen der Einmündung der Straße "Am Röhrsbächle" in die Rechtmurgstraße und dem Bach Rechtmurg in Richtung Osten über eine Strecke von etwa 300 m unbebaut. Jenseits der Rechtmurg liegt am Hang Wald.

Im Osten grenzt das Grundstück des Klägers an das Grundstück Flst.Nr. 108/2. Auf diesem hat der Kläger Anfang der 70-er Jahre ein viergeschossiges Appartementhaus mit einer Grundfläche von 40 m und 18 bis 25 m errichtet, das im Vorgriff auf einen - nicht zustande gekommenen - Bebauungsplan genehmigt worden ist. Die Beigeladene ist Eigentümerin einer Wohnung in dem Haus. An der nördlichen und an der östlichen Grenze des Grundstücks stehen Garagen. Der Abstand des Appartementhauses zu den zwei nächstgelegenen Wohnhäusern westlich der Straße "Am Röhrsbächle" beträgt etwa 80 m, zum ersten Wohnhaus östlich dieser Straße knapp 60 m. An der Rechtmurgstraße folgen in Richtung Osten hin nach etwa 90 m ein Wohnhaus, auf dieses nach knapp 45 m ein Gasthaus und sodann nach etwa 90 m ein weiteres Wohnhaus. Nach Nordosten öffnet sich das Grundstück des Klägers zu einer etwa 400 m breiten und etwa 250 m tiefen unbebauten Wiesenfläche, an die sich nach Norden hin ein bewaldeter Hang anschließt.

Unter dem 14.06.2000 beantragte der Kläger einen Bauvorbescheid für eine Einfamilienhausbebauung auf dem Grundstück Flst.Nr. 94. Auf dem beigefügten Lageplan, der später in überarbeiteter Fassung vom 17.07.2000 vorgelegt wurde, sind sechs Einfamilienhäuser und eine in der Mitte des Grundstücks verlaufende, in die Rechtmurgstraße einmündende innere Erschließungsstraße mit Wendehammer eingezeichnet.

Mit Bescheid vom 15.01.2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Baugenehmigung nicht in Aussicht gestellt werden könne, weil das Vorhaben im Außenbereich liege und öffentliche Belange beeinträchtige. Der Kläger erhob am 02.02.2001 Widerspruch, den das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2001 zurückwies.

Der Kläger hat am 19.06.2001 Klage erhoben und zuletzt beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, ihm den beantragten Bauvorbescheid unter Ausklammerung der Frage der Erschließung zu erteilen. Er hat vorgetragen: Das Baugrundstück stelle eine "Baulücke" dar und liege deshalb im Innenbereich. Jedenfalls beeinträchtige das Vorhaben öffentliche Belange nicht. Dass der Flächennutzungsplan hier landwirtschaftliche Fläche darstelle, sei unbeachtlich, da das Grundstück landwirtschaftlich nicht mehr genutzt, sondern aus landschaftspflegerischen Gründen von der Beklagten gemäht werde. Wegen der Umgebungsbebauung lasse es sich auch nicht intensiver landwirtschaftlich nutzen. Die Beklagte sei bei der Grundsteuererhebung bislang selbst von der Bebaubarkeit des Grundstücks ausgegangen. Sie habe sich durch eine 1970 geschlossene Vereinbarung verpflichtet, für das Grundstück einen Bebauungsplan aufzustellen. Im Gegenzug habe er sich verpflichtet, die Kosten für die heranzuführenden öffentlichen Entwässerungsleitungen zu übernehmen.

Mit Urteil vom 26.09.2001 (10 K 1519/01) hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt: Gegenstand der Bauvoranfrage sei nur noch die Frage der grundsätzlichen Bebaubarkeit des Grundstücks Flst.Nr. 94 mit sechs Einfamilienhäusern, nicht auch seine Erschließung. Entgegen der Auffassung des Klägers liege das Grundstück im Außenbereich. Es gehöre zu keinem Bebauungszusammenhang. Ob eine Unterbrechung eines Bebauungszusammenhangs vorliege oder nicht, lasse sich nicht unter Anwendung geographisch-mathematischer Maßstäbe allgemein bestimmen. Dabei dürften auch - anders als bei der Frage des Einfügens - eventuelle "Fremdkörper" der Bebauung nicht grundsätzlich außer Betracht gelassen werden. Für die Frage, ob eine unbebaute Fläche noch als "Baulücke" angesehen werden könne, sei neben der Größe der Fläche auch die Einheitlichkeit der umgebenden Bebauung von Bedeutung. Weise die in der Umgebung der Freifläche vorhandene Bebauung erhebliche Unterschiede auf, dann führe dies zu einer starken Einschränkung der prägenden Wirkung dieser Bebauung. Eine derart gravierende, geradezu krasse Uneinheitlichkeit der Umgebungsbebauung liege hier in Gestalt des Appartementhauses vor. Dessen Maße schränkten die prägende Wirkung der Umgebungsbebauung so stark ein, dass die Kammer diese Bebauung beim Augenschein nicht als zusammengehörig und geschlossen habe empfinden können. Das unbebaute Grundstück des Klägers stelle sich als eine die unterschiedliche, stark gegensätzliche Bebauung noch weiter trennende Außenbereichsfläche dar, obwohl sie allein ihrer absoluten Größe nach dazu gar nicht in der Lage sei. Darauf sei auch ohne Einfluss, dass im Gemeindegebiet der Beklagten eine aufgelockerte Bebauung vorherrsche. Im Außenbereich sei das Vorhaben des Klägers unzulässig, weil es den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspreche. Es sei nicht etwa so, dass die örtlichen Gegebenheiten, etwa die natürliche Geländebeschaffenheit, der Verwirklichung des Flächennutzungsplans von vorneherein entgegenstünden. Das Grundstück eigne sich in tatsächlicher Hinsicht durchaus zur landwirtschaftlichen Nutzung. Dass die Beklagte dem Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung zugesichert habe, lasse sich den Akten nicht entnehmen. Selbst wenn sich die Beklagte vertraglich verpflichtet hätte, die Bebaubarkeit des Grundstücks durch einen Bebauungsplan zu ermöglichen, könnte ein solcher Vertrag nicht einen entsprechenden Bebauungsplan ersetzen und wäre überdies wohl auch unzulässig. Schließlich wäre das Vorhaben wohl auch dann unzulässig, wenn es im Innenbereich läge, weil es sich kaum im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB einfügte. Das Urteil wurde dem Kläger am 10.11.2001 zugestellt.

Auf den Antrag des Klägers vom 10.12.2001 hat der Senat mit Beschluss vom 18.03.2002 (5 S 2717/01) die Berufung zugelassen mit der Begründung, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, soweit es auf der Annahme beruhe, das Grundstück des Klägers liege deshalb nicht innerhalb eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, weil die vorhandene Bebauung auf den umgebenden Grundstücken hinsichtlich der Geschosszahl und der überbauten Grundstücksfläche uneinheitlich sei. Der Beschluss wurde dem Kläger am 25.03.2002 zugestellt. Dieser hat die Berufung am 25.04.2002 begründet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. September 2001 - 10 K 1519/01 - zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2001 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21. Mai 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den beantragten Bauvorbescheid zur planungsrechtlichen Zulässigkeit von sechs Gebäuden entsprechend der Bauzeichnung vom 17. Juli 2000 zu erteilen.

Er trägt vor: Für das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs seien die vorhandenen baulichen Anlagen, wie sie für den Betrachter wahrnehmbar seien, maßgebend. Die Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit einer Bebauung sei nicht im Sinne eines harmonischen Ganzen zu verstehen. Eine sich in keiner Weise einpassende Bebauung eines Einzelgrundstücks möge zwar ein "Fremdkörper" sein und folglich die Eigenart des Gebietes nicht prägen. Eine Unterbrechung des Bebauungszusammenhangs begründe sie aber nicht. Gerade weil das Appartementhaus in seiner Dimension weit ausstrahle, reiche der Innenbereich hier weiter. Dem entspreche es, dass die Beklagte im Jahre 1969 beschlossen habe, für die Grundstücke Flst.Nrn. 94 und 108/2 einen Bebauungsplan aufzustellen. Ihr Wille, eine Bebauung seines Grundstückes zu ermöglichen, ergebe sich auch aus weiteren Umständen. Dies alles weise stark darauf hin, dass auch die Beklagte das Grundstück Flst.Nr. 94 als Innenbereich begriffen habe. Für die Annahme einer "Baulücke" spreche ferner die in den Ortsteilen Mitteltal und Obertal vorhandene aufgelockerte Streubebauung. Die Siedlungsentwicklung der Beklagten sei insbesondere durch die topographischen Verhältnisse vorgegeben. Es gebe hier eine Bebauung "der Länge nach", ansonsten sei in den vergleichsweise engen Tälern für eine Bebauung kein Platz. Das Vorhaben füge sich auch in die nähere Umgebung ein. Die dominierende Wirkung des Appartementhauses werde durch das Vorhaben und die geplante Begrünung entlang der Rechtmurgstraße entscheidend gemindert. Es handele sich um die sinnvolle Schließung einer "Baulücke", mit der eine gewisse Abrundung einher gehe. Auch habe sich die Beklagte in den Jahren 1969/1970 verpflichtet, das Bauvorhaben zu genehmigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor: Das Grundstück habe eine derartige Größe, dass es nicht mehr als "Baulücke" angesehen werden könne. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass das Vorliegen einer Baulücke umso unwahrscheinlicher werde, je größer die unbebaute Fläche sei. Die Bebauung im dortigen Bereich sei gekennzeichnet durch eine aufgelockerte, aber kleinräumige Bebauung entlang der Straße "Am Röhrsbächle". Das Appartementgebäude sei nicht geeignet, einen Bebauungszusammenhang mit dieser Bebauung herzustellen. Eine abgesetzte und losgelöste Bebauung, die in keinem organischen Zusammenhang zur vorhandenen Bebauung stehe, sei ihrerseits dem Außenbereich zuzuordnen und vermöge keinen Bebauungszusammenhang zu vermitteln. Zudem würde sich das Vorhaben nicht in die nähere Umgebung einfügen. Wenn die Bebauung auf dem Grundstück Flst.Nr. 108/2 maßstabbildend sei, könnten daneben keine Einzelhäuser errichtet werden. Eine Zusicherung, wie sie der Kläger behaupte, habe sie nicht erteilt. Für eine Einstufung des Grundstücks als Außenbereich spreche auch, dass es als Teil eines Natura 2000-Gebietes der Europäischen Union gemeldet worden sei.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie trägt vor: Zwar sei nicht zweifelhaft, dass ein "Fremdkörper" in der Bebauung einen Bebauungszusammenhang nicht unterbrechen könne. Hier stelle sich jedoch die Frage, ob ein "Fremdkörper" den Bebauungszusammenhang überhaupt erst herstellen könne. Dies sei nicht der Fall. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fielen darunter nur solche Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabbildend seien. Im Übrigen reichten die vorhandenen Gebäude in der Umgebung des Grundstücks des Klägers nicht aus, einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB zu begründen. Es handele sich lediglich um eine Ansammlung von Gebäuden, bei der das Auffüllen von Freiflächen zwischen ihnen eine siedlungsstrukturell zu missbilligende Entwicklung einleiten würde. Im Übrigen würde sich die geplante Bebauung wegen ihrer Dichte nicht in die nähere Umgebung einfügen, die Streusiedlungscharakter habe. Zudem stehe die Einstufung als FFH-Gebiet einer Bebauung grundsätzlich entgegen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger erklärt, dass sich seine Bauvoranfrage nicht auf die Vereinbarkeit des Vorhabens mit naturschutzrechtlichen Vorschriften erstrecke.

Der Senat hat das Grundstück des Klägers und die nähere Umgebung in Augenschein genommen; auf die hierüber gefertigte Niederschrift wird verwiesen.

Dem Senat liegen die einschlägigen Behördenakten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nach ihrer Zulassung statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere hat sie der Kläger den Erfordernissen des § 124a Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet. Sie ist jedoch nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht verneint, dass dem Kläger ein Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheids für sein Vorhaben zusteht.

Nach § 57 Abs. 1 LBO kann auf schriftlichen Antrag des Bauherrn ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Fragen des Vorhabens erteilt werden (Bauvorbescheid). Auf seine Erteilung besteht ein Anspruch, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 57 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Nach den Erklärungen des Klägers im gerichtlichen Verfahren richtet sich seine Bauvoranfrage nur auf die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens gemäß §§ 29 ff BauGB mit Ausnahme des planungsrechtlichen Erschließungserfordernisses. Nicht erfasst werden soll von der Bauvoranfrage ferner die Vereinbarkeit des Vorhabens mit naturschutzrechtlichen Vorschriften (vgl. insoweit § 21 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG; §§ 39 f. BNatSchG und hierzu BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 C 6.00 - BVerwGE 112, 321 = PBauE § 34 Abs. 1 BauGB Nr. 57; §§ 24a, 67 Abs. 6 Satz 1 NatSchG; § 29 Abs. 3 BauGB - Prüfung nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie). Eine solche Beschränkung einer Bauvoranfrage ist zulässig (vgl. Sauter, LBO, § 57 Rdnr. 6 m.w.N.).

Das Vorhaben beurteilt sich entgegen der Auffassung des Klägers nach § 35 BauGB. Denn es liegt nicht im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Dabei kann der Senat offen lassen, ob die Bebauung längs der Straße "Am Röhrsbächle", ggf. zusammen mit der Bebauung am Einmündungsbereich dieser Straße in die Rechtmurgstraße, einen Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB darstellt. Denn jedenfalls gehört das Grundstück des Klägers nicht zu diesem Bebauungszusammenhang.

Im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB liegt ein Bebauungszusammenhang vor, wenn eine aufeinanderfolgende Bebauung vorhanden ist, die trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit bzw. Zusammengehörigkeit vermittelt. Dabei unterbricht ein bebautes Grundstück den Bebauungszusammenhang nicht, es sei denn, die Bebauung hat im Verhältnis zur Größe des Grundstücks eine völlig untergeordnete Bedeutung (BVerwG, Urt. v. 06.11.1968 - 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 = PBauE § 34 Abs. 1 BauGB Nr. 2). Die Begriffe Geschlossenheit bzw. Zusammengehörigkeit sollen eine gewisse - trotz Lücken - bestehende räumliche Verklammerung kennzeichnen. Es soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass das unbebaute Grundstück - gedanklich - übersprungen werden kann, weil es ein verbindendes Element gibt, nämlich die Verkehrsanschauung, die das unbebaute Grundstück als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt. Die Begriffe Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit sind in diesem Zusammenhang nicht im Sinne eines harmonischen Ganzen, eines sich als einheitlich darstellenden Gesamtbildes der Bebauung zu verstehen. Wenn eine aufeinanderfolgende Bebauung - ohne Lücken - vorhanden ist, und sei diese Aufeinanderfolge in sich noch so unterschiedlich, so ist dies der Bebauungszusammenhang. Eine sich in den Bebauungszusammenhang in keiner Weise einpassende Bebauung eines einzelnen Grundstücks mag zwar ein "Fremdkörper" sein und folglich die Eigenart des Gebiets nicht prägen, eine Unterbrechung des Bebauungszusammenhangs begründet sie jedoch nicht (BVerwG, Urt. v. 19.09.1986 - 4 C 15.84 - BVerwGE 75, 34 = PBauE § 34 Abs. 1 BauGB Nr. 15; im Anschluss daran VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.02.1996 - 3 S 379/95 - NuR 1998, 142).

Allgemein gilt, dass das Vorliegen einer "Baulücke" umso unwahrscheinlicher wird, je größer die unbebaute Fläche ist (BVerwG, Urt. v. 12.06.1970 - IV C 77.68 - BVerwGE 35, 256 = PBauE § 34 Abs. 1 BauGB Nr. 5; Urt. v. 01.12.1972 - IV 6.71 - BVerwGE 41, 227 = PBauE § 34 Abs. 1 BauGB Nr. 6). So hat der Senat Flächen mit einer Ausdehnung von 280 m, 240 m und 210 m nicht mehr als Baulücke angesehen (Urt. v. 10.05.1996 - 5 S 393/95 - VBlBW 1996, 381; Urt. v. 06.05.1997 - 5 S 743/97 -; Urt. v. 29.07.1999 - 5 S 1916/97- NVwZ-RR 2000, 481). Als noch zum Bebauungszusammenhang gehörend sind dagegen Flächen mit einer Ausdehnung von 50 m, 60 m und 90 m angesehen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.07.1986 - 8 S 2815/85 - BRS 46 Nr. 81 für eine Streubebauung) und selbst bei einer Ausdehnung von 130 m noch in Betracht gezogen worden (BVerwG, Urt. v. 14.11.1991 - 4 C 1.91 - Buchholz 406.11 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 236 = NVwZ-RR 1992, 227). In diesem Zusammenhang wird - als Faustformel - davon gesprochen, dass man bei einer Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen von einer "Baulücke" sprechen könne (Dürr in: Brügelmann, BauGB, § 34 a.a.O. Rdnr. 12).

Ob eine aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Lücken noch den Eindruck der Geschlossenheit bzw. Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehen Fläche selbst diesem Zusammenhang angehört, ist jedoch nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben zu entscheiden, vielmehr bedarf es einer umfassenden Wertung und Bewertung der konkreten Gegebenheiten (BVerwG, Urt. v. 01.04.1997 - 4 B 11.97 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 328 = PBauE § 34 Abs. 1 BauGB Nr. 37; vgl. zum Ganzen auch BVerwG, Beschl. v. 02.03.2000 - 4 B 15.00 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 198 = BRS 63 Nr. 99). So heben unbebaute Flächen den Bebauungszusammenhang unter Umständen dann nicht auf, wenn die Umgebung durch eine aufgelockerte Bebauung gekennzeichnet ist (BVerwG, Urt. v. 29.05.1981 - 4 C 34.78 - BVerwGE 62, 250 = PBauE § 34 Abs. 1 BauGB Nr. 12). Insoweit kommt es auch auf die städtebauliche Eigenart des Ortsteils an, etwa ob es sich um eine ländlich oder eine städtisch geprägte Umgebung handelt (BVerwG, Urt. v. 14.11.1991 - 4 C 1.91 - a.a.O.). So kann eine größere Freifläche zwischen großzügig bemessenen, mit Einfamilienhäusern bebauten Grundstücken zum Bebauungszusammenhang gehören, während bei einer eng aneinandergereihten Bebauung schon eine kleinere Freifläche den Bebauungszusammenhang unterbrechen kann (Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 34 Rdnr. 2; Dürr a.a.O. § 34 Rdnr. 12; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rdnr. 22).

Nach diesen Grundsätzen liegt die Freifläche zwischen dem Appartementhaus und der Straße "Am Röhrsbächle" und damit das Grundstück des Klägers nicht innerhalb eines Bebauungszusammenhangs.

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht dabei davon ausgegangen, dass das Appartementhaus trotz seiner sich von der Umgebungsbebauung abhebenden Maße zu der in den Blick zu nehmenden Bebauung entlang der Rechtmurgstraße gehört. Die zu beurteilende Freifläche gehört also nicht etwa schon deshalb dem Außenbereich an, weil das Appartementhaus hinweggedacht werden müsste und die Freifläche deshalb nach Osten hin im näheren Bereich nicht durch Bebauung begrenzt wäre.

Nicht zu folgen vermag der Senat dem Verwaltungsgericht jedoch darin, dass die prägende Wirkung der Umgebungsbebauung des Grundstücks des Klägers - kleinere Wohngebäude einerseits und das Appartementhaus mit großer Grundfläche und mehreren Geschossen andererseits - wegen ihrer geradezu krassen Uneinheitlichkeit gemindert ist. Für die Beurteilung, ob eine Fläche an einem Bebauungszusammenhang teil hat, ist die prägende Wirkung einer Umgebungsbebauung nicht deshalb "stark eingeschränkt", weil jene erhebliche Unterschiede aufweist (so aber Dürr a.a.O., § 34 Rdnr. 13). Allein die Uneinheitlichkeit der eine größere Freifläche umgebenden Bebauung schließt die Annahme eines Bebauungszusammenhangs nicht aus. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 01.12.1972 - IV C 6.71 - a.a.O. zu einer von unterschiedlichsten Baugebieten umgebenen Freifläche von 60.000 m²) ist lediglich gesagt worden, dass in (seltenen) Fällen, in denen es an jeder Prägung des Baugrundstücks fehle, die Grenzen der Anwendbarkeit des § 34 BBauG (vgl. nunmehr § 34 BauGB) überschritten seien, nicht dagegen schon in Grenzfällen einer diffusen Umgebungsbebauung, wobei sich diese Ausführungen trotz ihres Zusammenhangs mit der Frage des Bestehens eines Bebauungszusammenhangs eher auf das Einfügen in die Umgebungsbebauung beziehen. Ansonsten bleibt es aber dabei, dass der Siedlungscharakter des jeweiligen Ortsteils festzustellen ist, wobei allerdings "Fremdkörper" diesen nicht prägen, andererseits aber auch seine Bedeutung für das Vorliegen von "Baulücken" nicht zusätzlich mindern können.

Der Ortsteil Obertal der Beklagten ist durch eine Streubebauung gekennzeichnet, die verschiedene Formen aufweist. Auf einreihige Bebauungen entlang der Haupt- und Nebenstraßen mit eher engen Abständen der Wohngebäude (Straßensiedlungen) folgen immer wieder größere Freiflächen, an die sich jeweils erneut solche Siedlungsformen anschließen, die aber gelegentlich auch nur durch Einzelhäuser unterbrochen werden. Daneben gibt es auch Anhäufungen von Gebäuden mit einer Bebauung in zweiter und dritter Reihe (Gruppensiedlungen, zum Beispiel im Bereich "Hirschauer Wald" oder östlich des Grundstücks des Klägers zwischen Rechtmurg- und Buhlbachstraße), bei denen die Gebäudeabstände ebenfalls regelmäßig zwischen 10 m und 20 m betragen. Es handelt sich insgesamt also um keine gleichmäßige Streubebauung mit größeren Abständen zwischen den einzelnen Häusern, bei der dazwischenliegende Freiflächen eher als "Baulücke" gewertet werden könnten. Vielmehr ist die früher vorhandene sehr lockere Streubebauung als in den Hochtälern des Nordschwarzwalds herkömmliche Siedlungsform seit den 50er Jahren entlang der Straßen an zahlreichen Stellen zunächst planlos, später auch aufgrund von Bebauungsplänen, verdichtet worden (vgl. S. 32 und 33 des von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überreichten, im Auftrag der Beklagten und des Ministeriums für ländlichen Raum, Landwirtschaft und Forsten gefertigten Örtlichen Entwicklungskonzepts für Dorfentwicklung im Streusiedlungsbereich 1987). An dieser Siedlungsstruktur nimmt das Appartementhaus nur insoweit teil, als es - wie übrigens auch das östlich von ihm an der Rechtmurgstraße liegenden Anwesen und das nordwestlich gelegene erste Wohnhaus an der Straße "Am Röhrsbächle" - als Einzelbau erscheint. Eine weitergehende prägende Wirkung auf die Siedlungsstruktur dahin, dass auch größere Lücken in der Bebauung noch als "Baulücken" erscheinen, kann es nicht haben. Anders wäre es etwa, wenn in diesem Bereich von Obertal mehrere Wohnhäuser mit den Maßen des Appartementhauses vorhanden wären. Dann wäre eine zwischen solchen Häusern liegende Freifläche mit einer Ausdehnung von 80 m wohl als "Baulücke" anzusehen.

Bei der gegebenen, durch das Appartementhaus nicht geprägten Siedlungsstruktur von Obertal mit durch vergleichsweise enge Gebäudeabstände gekennzeichneten Bebauungszusammenhängen einerseits und Einzelbauten andererseits wirkt eine Freifläche mit einer Ausdehnung von 80 m grundsätzlich nicht mehr als "Baulücke", sondern als nicht bebaubarer Teil des Außenbereichs. Dies gilt auch für das hier zu beurteilende Grundstück des Klägers als Teil einer Freifläche von etwa 80 m mal 80 m. An dieser Beurteilung ändert es nichts, dass die Freifläche nach Nordwesten, diesseits der Straße "Am Röhrsbächle", und nach Südwesten hin, jenseits der Rechtmurgstraße, am Rande von je einem Wohngebäude begrenzt wird. Denn gleichwohl bleibt eine Lücke von jeweils etwa 60 m, in der sich die Freifläche zum Außenbereich hin öffnet und dadurch ihm zugehörig erscheint.

Ob die Freifläche nach früherer Auffassung der Beklagten zum Innenbereich gehörte, ist für die hier anzustellende Beurteilung, die sich allein nach den tatsächlichen Verhältnissen zum gegenwärtigen Zeitpunkt richtet, unerheblich.

Das somit nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilende Vorhaben beeinträchtigt öffentliche Belange. Es widerspricht der Darstellung "landwirtschaftliche Fläche" des Flächennutzungsplans an dieser Stelle (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger eine Baugenehmigung im Zuge der Planung des Appartementhauses in den Jahren 1969, 1970 zugesichert hat. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 130b VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird unter Änderung der Streitwertbestimmung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil für das Verfahren in beiden Rechtszügen auf jeweils 125.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Änderung der Streitwertbestimmung des Verwaltungsgerichts und die Festsetzung des Streitwerts für das Verfahren in beiden Rechtszügen beruht auf § 25 Abs. 2, § 14 Abs. 1 Satz 1 und § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. In Fällen der vorliegenden Art ist nach der ständigen Praxis des Senats von der vollen mutmaßlichen Bodenwertsteigerung auszugehen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.03.1998 - 5 S 570/98 -; Beschl. v. 17.06.2003 - 5 S 669/03 -). Der Senat folgt dabei nicht der Auffassung, dass bei Bauvoranfragen der Streitwert auch dann auf die Hälfte des Streitwerts für eine Klage auf Verpflichtung zur Erteilung einer Baugenehmigung zu ermäßigen ist, wenn sich dieser ebenfalls nach der mutmaßlichen Bodenwertsteigerung richtet (BVerwG, Beschl. v. 24.04.1995 - 4 B 76.95 - JurBüro 1995, 538; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.02.1998 - 8 S 3233/97 - VBlBW 1998, 262).

Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten ist von einer mutmaßlichen Bodenwertsteigerung für das Grundstück des Klägers in Höhe von 68 EUR/m² auszugehen. Bei einer Grundstücksfläche von etwa 3.700 m² ergibt dies eine mutmaßliche Bodenwertsteigerung von insgesamt 251.600 EUR. Dieser Wert ermäßigt sich wegen der nach der Bauvoranfrage des Klägers nicht zu prüfenden Fragen der Erschließung und der Vereinbarkeit des Vorhabens mit naturschutzrechtlichen Vorschriften (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 01.09.1997 - 5 S 1379/97 - Jur Büro 1998, 264 = NVwZ 1998, 459) um die Hälfte auf den festgesetzten Betrag.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück