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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 10.07.2006
Aktenzeichen: 7 S 2965/04
Rechtsgebiete: EG, BAföG


Vorschriften:

EG Art. 12
EG Art. 18
BAföG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6
BAföG § 4
BAföG § 5 Abs. 2 Satz 1
BAföG § 6
1. Ein Unionsbürger mit ständigem Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat, der dort an einer Hochschule studiert und ab Oktober 2002 im Rahmen der Aktion Erasmus (Beschluss Nr. 253/2000/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Januar 2000, ABl. L 28, S. 1, über die Durchführung der zweiten Phase des gemeinschaftlichen Aktionsprogramms im Bereich der allgemeinen Bildung Sokrates) für zwei Semester als Zeitstudent ohne Anspruch auf eine Zwischenprüfung oder Abschlussprüfung vorübergehend eine Hochschule in Deutschland besucht hat, um Studienleistungen zu erbringen, die auf das im Herkunftsmitgliedstaat betriebene Studium angerechnet werden, hat nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung für den vorübergehenden Besuch der inländischen Hochschule.

2. Auch der Beschluss Nr. 253/2000/EG begründet in einem solchen Fall keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen für den Unterhalts- und Ausbildungsbedarf gegenüber dem Aufnahmemitgliedstaat der Gast-Hochschule.

3. Die Versagung von Ausbildungsförderung ist in einem solchen Fall keine mit Art. 12 Abs. 1 EG unvereinbare - mittelbare - Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit; ob der Anwendungsbereich des Vertrages im Sinne des Art. 12 Abs. 1 EG damals insoweit eröffnet war, kann daher offen bleiben.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

7 S 2965/04

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Ausbildungsförderung

hat der 7. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom Sigmaringen - 1 K 882/03 - vom 14. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine französische Staatsangehörige, begehrt Ausbildungsförderung für den vorübergehenden Besuch der Eberhard Karls Universität Tübingen (Universität Tübingen) während eines befristeten Studienaufenthalts als Erasmus-Studentin im Sinne des Beschlusses Nr. 253/2000/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.01.2000 (ABl. L 28, S. 1).

Der Beschluss Nr. 253/2000/EG legt die Durchführung der zweiten Phase des gemeinschaftlichen Aktionsprogramms im Bereich der allgemeinen Bildung Sokrates im Zeitraum Januar 2000 bis Dezember 2006 fest. Die Programmziele werden durch acht Aktionen umgesetzt. Die Aktion 2 Hochschulbildung (Erasmus) bezweckt, die Qualität der Hochschulbildung zu verbessern und ihre europäische Dimension auszubauen, die transnationale Zusammenarbeit zwischen Hochschulen zu fördern, einen Anstoß zur verstärkten Mobilität im Hochschulbereich auf europäischer Ebene zu geben und die Transparenz und die akademische Anerkennung von Studiengängen und Befähigungsnachweisen in der gesamten Gemeinschaft zu verbessern. Die teilnehmenden Hochschulen schließen mit der Kommission Hochschulverträge, die alle genehmigten Tätigkeiten im Rahmen von Erasmus umfassen. Studenten und Studentinnen, die nach Vollendung mindestens des ersten Studienjahres drei bis zwölf Monate an einer Gast-Hochschule in einem anderen Mitgliedstaat verbringen wollen, gelten als Erasmus-Studenten, wenn sie von ihrer Heimat-Hochschule für den Studienaufenthalt an der Gast-Hochschule ausgewählt wurden und beide Hochschulen eine Erasmus-Hochschulcharta-Vereinbarung mit der Europäischen Kommission geschlossen haben. Die an der Gast-Hochschule erbrachten Studienleistungen werden gemäß zwischenuniversitären Abkommen im Rahmen der Hochschulverträge anerkannt.

Die Klägerin begann im Wintersemester 2000/2001 in Frankreich ein Studium der Germanistik an der Université Paul Valéry in Montpellier (Universität Montpellier). Diese Universität und die Universität Tübingen haben zur Durchführung der Aktion Erasmus ein Abkommen über die Mobilität von Studierenden im Studiengebiet "Sprachen der EG" geschlossen. Am Ende des ersten Studienjahres beantragte die Klägerin bei der Universität Tübingen die Zulassung als Zeitstudentin im Rahmen der Aktion Erasmus in den Studienfächern Germanistik, Geschichte und Romanistik. Der Austauschbeauftragte der Universität Montpellier bestätigte im Antragsformular, dass die Klägerin dort immatrikuliert und für den Studentenaustausch mit der Universität Tübingen nominiert sei. Am 01.10.2001 ließ die Universität Tübingen die Klägerin zu einem befristeten Studienaufenthalt an der Fakultät für Neuphilologie im Studienfach Deutsch für zwei Semester mit den Hinweisen zu, dass eine Verlängerung nicht vorgesehen sei und dass sie keine Zwischen- und Abschlussprüfungen ablegen könne. Anschließend beantragte die Klägerin eine Aufenthaltsgenehmigung, wobei sie angab, ihren ständigen Wohnort außerhalb der Bundesrepublik Deutschland beizubehalten. Sie erhielt eine bis zum 31.01.2003 befristete Aufenthaltserlaubnis-EU, deren Geltungsdauer später um sechs Monate verlängert wurde. Eigenen Angaben zufolge finanzierte die Klägerin ihren Lebensunterhalt und Ausbildungsbedarf in Deutschland zunächst durch ein Stipendium der Universität Montpellier, Einkünfte aus Gelegenheits- und Ferienjobs sowie Zuwendungen ihrer Eltern.

Anfang September 2002 beantragte die Klägerin bei der Universität Tübingen ihre erneute Zulassung als Zeitstudentin im Rahmen der Aktion Erasmus. Sie legte eine Bestätigung der Universität Montpellier vor, wonach sie auch im Hochschuljahr 2002/2003 am Erasmus-Austauschprogramm mit der Universität Tübingen teilnehme. Daraufhin wurde sie von der Universität Tübingen mit Bescheid vom 06.09.2002 zu einem weiteren befristeten Studienaufenthalt an der Fakultät für Neuphilologie für das Studienfach Germanistik für zwei Semester mit gleichen Hinweisen wie im vorangegangenen Zulassungsbescheid zugelassen.

Am 30.10.2002 beantragte die Klägerin Ausbildungsförderung. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 26.11.2002 ab, weil die persönlichen Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 oder 2 BAföG nicht erfüllt seien. Mit ihrem Widerspruch berief die Klägerin sich auf § 8 Abs. 1 Nr. 9 BAföG, weil sie mit dem Studium zusammenhängende Übersetzungstätigkeiten ausgeübt habe; ferner machte sie eine nach Art. 12 EG verbotene Diskriminierung geltend. Mit Bescheid vom 17.04.2003 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei als Zeitstudentin nicht in einer förderungsfähigen Ausbildung, da sie nicht in einem Vollstudiengang eingeschrieben sei und keinen Anspruch auf einen Studienabschluss im Inland habe. Ungeachtet dessen seien die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 oder 2 BAföG nicht erfüllt. Art. 12 EG sei nicht verletzt. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft folge nichts anderes. Dieser gehe im Urteil vom 20.09.2001 in der Rechtssache C-184/99 - Grzelczyk - davon aus, dass Studierende aus einem EU-Mitgliedstaat ohne privilegierten Rechtsstatus eigene Existenzmittel nachweisen müssten. Nur wenn sich während des Studienaufenthalts ihre finanzielle Situation aus Gründen ändere, die von ihrem Willen unabhängig seien, solle ihnen der Gaststaat Sozialhilfeleistungen nicht verweigern können. Die Klägerin befinde sich aber nicht in einer unverschuldeten kurzzeitigen Notlage, zumindest sei in dieser Richtung nichts vorgetragen worden.

Am 15.05.2003 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorgetragen hat: Die an der Universität Tübingen erbrachten Studienleistungen würden in Frankreich angerechnet und ermöglichten dort die Erlangung eines berufsqualifizierenden Abschlusses. Sie habe Ausbildungsförderung beantragt, weil sie Anfang Oktober 2002 in eine prekäre finanzielle Situation geraten sei. Im zweiten Studienjahr sei ihr kein Erasmus-Stipendium mehr bewilligt worden, die Studienanforderungen seien gestiegen und sie sei im Sommer 2002 längere Zeit krank gewesen, so dass sie nicht genug habe ansparen können. § 8 BAföG sei mit Art. 12 EG unvereinbar und daher unanwendbar, weil diese Vorschrift Staatsangehörige anderer EU-Mitgliedstaaten hinsichtlich der Bewilligung von Ausbildungsförderung schlechter stelle als deutsche Staatsangehörige, wenn sich ihr Aufenthalt in Deutschland nicht aus der Verwirklichung des Grundsatzes der Arbeitnehmerfreizügigkeit ergebe. Art. 12 EG werde aber auch insoweit verletzt, als die Ablehnung mit der Befristung des Studienaufenthalts und dem Umstand begründet werde, dass die Klägerin nicht in einem regulären Vollstudiengang eingeschrieben sei und keinen Anspruch auf einen Studienabschluss im Inland habe. Diese Gründe kämen einer Bezugnahme auf die Nationalität im Sinne einer mittelbaren bzw. faktischen Diskriminierung gleich. Die im Widerspruchsbescheid behauptete Einschränkung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft sei zumindest der neueren Rechtsprechung zu Art. 18 EG nicht zu entnehmen. Abgesehen davon seien die genannten Merkmale erfüllt, insbesondere sei sie erst zu Beginn des zweiten Studienjahres in Deutschland in eine finanziell prekäre Situation geraten. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Mit Urteil vom 14.07.2004 - 1 K 882/03 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 8 oder 9 BAföG seien nicht erfüllt, insbesondere sei die von der Klägerin angeführte Übersetzertätigkeit keine Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 9 BAföG. Art. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 vermittle ebenfalls keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung, weil die Klägerin nicht Arbeitnehmerin im Sinne dieser Vorschrift sei. Auch Art. 3 der Richtlinie 93/96/EWG über das Aufenthaltsrecht der Studenten bestimme, dass ein Anspruch auf Gewährung eines Unterhaltsstipendiums gegenüber dem Aufnahmemitgliedstaat durch diese Richtlinie nicht begründet werde. Art. 12 EG sei nicht verletzt, weil auch ein Student deutscher Staatsangehörigkeit für einen befristeten Erasmus-Studienaufenthalt in Deutschland ohne Anspruch auf einen bestimmten Hochschulabschluss im Inland keine Ausbildungsförderung erhielte. Ein solches Studium sei nicht förderungsfähig. Aus dem Zusammenhang der Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes sei zu entnehmen, dass nur eine planmäßige Ausbildung mit einem bestimmten Ausbildungsziel in Deutschland förderungsfähig sei. An einem solchen Studium fehle es bei einem vorübergehenden Studienaufenthalt ohne Anspruch auf eine Zwischen- oder Abschlussprüfung im Rahmen der Aktion Erasmus. Aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft vom 20.09.2001 in der Rechtssache C-184/99 - Grzelczyk - folge schon deshalb nichts Anderes, weil es die Gewährung einer Sozialleistung zur Deckung des Existenzminimums betreffe, nicht aber - wie hier - die Bewilligung von Ausbildungsförderung. Dem generellen Anspruch auch auf Förderung eines Studiums in Frankreich mit Auslandsaufenthalt in Deutschland stehe die Richtlinie 93/96/EWG entgegen.

Auf Antrag der Klägerin hat der Senat die Berufung zugelassen, zu deren Begründung die Klägerin ihren Vortrag wiederholt und vertieft sowie darlegt: Das angefochtene Urteil verkenne die Fortentwicklung der Art. 12, 17 EG durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft. Die im Urteil vom 20.09.2001 in der Rechtssache C-184/99 - Grzelczyk - entwickelten Rechtsmaßstäbe seien nicht auf Sozialhilfeleistungen beschränkt, sondern bezögen sich auf alle beitragsunabhängigen Sozialleistungen. Dazu gehörten auch Leistungen der Ausbildungsförderung. Zudem habe der Gerichtshof im Urteil vom 15.03.2005 in der Rechtssache C-209/03 - Bidar - geklärt, dass der Anwendungsbereich des EG-Vertrages bei Leistungen der Ausbildungsförderung eröffnet sei. Art. 3 der Richtlinie 93/96/EWG schließe die Anwendung des Art. 12 EG insoweit nicht aus; zudem sei diese Richtlinie mit Inkrafttreten des Art. 18 EG funktionslos geworden, jedenfalls aber mit Wirkung vom 30.04.2006 aufgehoben worden. Soweit die Förderungsfähigkeit von einem Anspruch auf einen Studienabschluss im Inland abhängig gemacht werde, diskriminiere dies Studierende aus anderen EU-Mitgliedstaaten mittelbar. Denn sie könnten diese Voraussetzung typischerweise schwerer erfüllen als deutsche Staatsangehörige, weil sie regelmäßig nur einen Teil ihres Studiums in Deutschland verbrächten und den Studienabschluss im Heimatland anstrebten. Ungeachtet dessen sei es unzutreffend, dass eine deutsche Studentin in der selben Situation wie sie keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung habe. Insoweit dürfe sie nur mit einer deutschen Staatsangehörigen mit Lebensmittelpunkt in Deutschland verglichen werden, die hier studiere und einen Studienabschluss im Inland anstrebe und einen befristeten Erasmus-Studienaufenthalt in Frankreich verbringe; insoweit seien die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 und Satz 2 und § 16 BAföG erfüllt. Dagegen scheide ein Vergleich mit dem Fall einer deutschen Auszubildenden mit ständigem Wohnsitz in Frankreich, die dort studiere und einen vorübergehenden Erasmus-Studienaufenthalt in Deutschland verbringe, aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen aus. Insoweit sei § 6 BAföG einschlägig, der die Förderung einer Auslandsausbildung enger eingrenze als § 5 Abs. 2 BAföG. Diese förderungsrechtliche Schlechterstellung wegen eines ständigen Wohnsitzes im Ausland verstoße gegen Art. 18 EG. Die Klägerin hat ferner Angaben zu ihrer Erwerbstätigkeit in Deutschland gemacht; wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 16.12.2005 sowie den Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 01.02.2006 verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen - 1 K 882/03 - vom 14.07.2004 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 26.11.2002 und des Widerspruchsbescheids vom 17.04.2003 zu verpflichten, ihr Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum Oktober 2002 bis September 2003 zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und erwidert: Der Erasmus-Studienaufenthalt sei integraler Bestandteil eines vollständigen Auslandsstudiums. Dessen Förderung unterliefe § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BAföG. Der Fall der Klägerin sei mit dem der Rechtssache C-184/99 - Grzelczyk - nicht vergleichbar. Außerdem habe sie im zweiten Studienjahr die Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts nach der Richtlinie 93/96/EWG nicht mehr erfüllt. Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft in der Rechtssache C-209/03 - Bidar - führe zu keinem anderen Ergebnis, da die Klägerin das darin aufgestellte Kriterium nicht erfülle, dass sich der Auszubildende vor Aufnahme der Ausbildung zu einem gewissen Grad in die Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats integriert habe. Im Hinblick darauf habe das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit Erlass vom 11.04.2005 - Gz.: 314-42531 - angeordnet, den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 BAföG dahin erweiternd auszulegen, dass Ausbildungsförderung auch Auszubildenden geleistet werde, die die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates und sich vor Beginn des Ausbildungsabschnitts mindestens fünf Jahre rechtmäßig in Deutschland aufgehalten hätten; das gelte auch für einen vor dem Erlass begonnenen Bewilligungszeitraum, wenn über den Förderantrag noch nicht bestandskräftig entschieden sei.

Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Beklagten und der Universität Tübingen, die die Klägerin betreffenden Ausländerakten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Der nachgereichte Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 18.07.2006 gibt dem Senat aus den nachfolgend dargelegten Gründen keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

II. Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung ist zulässig, insbesondere wurde die Berufungsbegründung form- und fristgerecht vorgelegt. Dass die Berufungsbegründung nicht ausdrücklich einen Berufungsantrag formuliert, ist unschädlich, da das Ziel der Berufung auf Grund der in der Berufungsbegründung erfolgten Bezugnahme auf den bereits im Zulassungsverfahren formulierten Berufungsantrag hinreichend erkennbar ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.11.2005 - 2 S 1884/03 -). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ablehnung des Förderungsantrages der Klägerin im Bescheid des Beklagten vom 26.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Ausbildungsförderung. Ein solcher Anspruch besteht nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz schon deshalb nicht, weil der vorübergehende Besuch der Universität Tübingen als Zeitstudentin im Rahmen der Aktion Erasmus keine (abstrakt) förderungsfähige Ausbildung im Sinne dieses Gesetzes ist (1.). Auch nach Europäischem Gemeinschaftsrecht kann die Klägerin die begehrte Ausbildungsförderung nicht beanspruchen (2.), ohne dass der Senat insoweit verpflichtet ist, den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft zu einer Vorabentscheidung anzurufen, oder eine solche Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält (3.). Ob dem Klagebegehren auch die Nichterfüllung einer persönlichen Voraussetzung nach § 8 BAföG - gegebenenfalls in "erweiternder Auslegung" dieser Norm gemäß dem Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 11.04.2005 - entgegenstünde oder die Anwendung dieser Vorschrift nach Europäischem Gemeinschaftsrecht, insbesondere Art. 12 EG, ausgeschlossen wäre, kann demzufolge offen bleiben.

1. Nach dem ersten Abschnitt des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (§§ 2 bis 7 BAföG) über die "Förderungsfähige Ausbildung" hängt die Förderungsfähigkeit einer Ausbildung vom Sitz der Ausbildungsstätte ab. § 4 BAföG formuliert als Grundsatz, dass Ausbildungsförderung für eine Ausbildung im Inland geleistet wird, wenn also die Ausbildungsstätte ihren Sitz im Inland hat, ohne dass es auf den Wohnsitz des Auszubildenden ankommt (BVerwG, Urt. v. 18.10.1979 - 5 C 3.78 - BVerwGE 59, 1 <2>). Eine Ausbildung an einer Ausbildungsstätte im Ausland wird nur unter den einschränkenden Voraussetzungen der §§ 5 und 6 BAföG gefördert, und zwar je nach dem, ob der Auszubildende seinen ständigen Wohnsitz im Sinne des Gesetzes (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 BAföG) im Inland (§ 5 BAföG) oder im Ausland (§ 6 BAföG) hat. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nur der Besuch einer Ausbildungsstätte mit Sitz im Inland.

Für Ausbildungen an einer inländischen Ausbildungsstätte bestimmt § 2 BAföG - neben dem hier nicht einschlägigen § 3 BAföG - abstrakte Merkmale der Förderungsfähigkeit, während § 7 BAföG im Anschluss daran regelt, für welche dieser Ausbildungen im konkreten Einzelfall Förderungsleistungen gewährt werden können. Abstrakt förderungsfähig ist eine Inlandsausbildung, wenn eine Ausbildungsstätte der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 6 BAföG bezeichneten Ausbildungsstättenarten besucht wird, wobei sich die Zuordnung nach Art und Inhalt der Ausbildung richtet (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BAföG). Ausbildungsförderung wird zudem nur geleistet, wenn der Ausbildungsabschnitt mindestens ein Schul- oder Studienhalbjahr dauert und die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt (§ 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG). Ausbildungsabschnitt in diesem Sinne ist die Zeit, die an Ausbildungsstätten einer Ausbildungsstättenart einschließlich der im Zusammenhang hiermit geförderten Praktika bis zu einem Abschluss oder Abbruch verbracht wird (§ 2 Abs. 5 Satz 2 BAföG). Wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, folgt aus dem Gesamtzusammenhang dieser Regelungen, dass der "Besuch" einer Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG nur förderungsfähig ist, wenn die dort betriebene Ausbildung nach Art und Inhalt von Anfang an auf die Erreichung eines bestimmten Abschlusses als Ausbildungsziel im Sinne einer erreichbaren formalen Qualifikation angelegt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.12.1982 - 5 C 64.80 - Buchholz 436.36 § 10 BAföG Nr. 6 <zum Studium mit kleiner Matrikel>; Senatsurteil vom 17.06.1992 - 7 S 452/92 -; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, Kommentar, 4. Auflage, § 2 Rn. 6 a). Dieses Erfordernis kommt für berufsbildende Ausbildungen auch im Tatbestandsmerkmal des berufsqualifizierenden Abschlusses in § 7 Abs. 1 Satz 1 BAföG (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 19.01.1989 - 5 B 198.88 - Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 80 m. w. Nachw.) zum Ausdruck. Es findet sich ferner in den Regelungen über die Beendigung einer Ausbildung in § 15 b Abs. 3 BAföG, soweit diese auf das Bestehen einer Abschlussprüfung, die tatsächliche planmäßige Beendigung des Ausbildungsabschnitts oder die Erteilung eines Prüfungs- oder Abgangszeugnisses abstellen.

Gemessen daran ist der zeitlich wie inhaltlich eingeschränkte Besuch der Universität Tübingen als Zeitstudentin im Rahmen der Aktion Erasmus weder für sich genommen noch im Zusammenhang mit dem im Ausland an der Universität Montpellier betriebenen Germanistik-Studium eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähige Ausbildung.

a) Die Klägerin war während ihres Studienaufenthalts an der Universität Tübingen zwar an einer inländischen staatlichen Hochschule im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Satz 2 BAföG ordnungsgemäß immatrikuliert und sie hat dort auch tatsächlich Studienleistungen erbracht. Die Voraussetzungen des "Besuchs" einer Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG sind insoweit erfüllt (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.12.2000 - 5 C 25.00 - BVerwGE 112, 248 <251> m. w. Nachw.). Ihre vorübergehende Ausbildung an der Universität Tübingen war jedoch nicht von Anfang an auf die Erreichung eines bestimmten - berufsqualifizierenden - Abschlusses als Ausbildungsziel im Sinne einer erreichbaren formalen Qualifikation angelegt. Ziel des auf zwei Semester begrenzten zweiten Erasmus-Studienaufenthalts ab Oktober 2002 war - ebenso wie im vorangegangenen ersten Erasmus-Studienjahr an der Universität Tübingen - nicht der Abschluss in einem berufsqualifizierenden selbständigen Hochschulstudiengang mit eigener Studien- oder Prüfungsordnung. Der Erasmus-Studienaufenthalt war vielmehr nur auf die Erbringung solcher einzelner Studienleistungen ("Scheine") angelegt, die gemäß dem Abkommen zwischen der Universität Tübingen und der Universität Montpellier auf das in Frankreich betriebene berufsqualifizierende Germanistik-Studium gemäß den dort geltenden Ausbildungsregelungen angerechnet werden sollten. Dementsprechend war die hochschulrechtliche Zulassung der Klägerin an der Universität Tübingen nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich eingeschränkt. Als Studierende an einer ausländischen Hochschule, mit der ein Partnerschaftsvertrag über einen Studierendenaustausch bestand, konnte sie, wenn sie während eines bestimmten Abschnitts ihres Studiums in Frankreich an einer deutschen Hochschule studieren wollte, nur für eine bestimmte Frist - in der Regel zwei Semester - ohne Berechtigung zu einem ersten Abschluss in einem Hochschulstudiengang zugelassen werden (§ 92 Abs. 2 des bis zum 05.01.2005 geltenden Universitätsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 01.02.2000, GBl. S.208, i. V. m. § 1 Abs. 3 Nr. 3 der Zulassungs- und Immatrikulationsordnung der Universität Tübingen vom 16.07.1998, http://www.uni-tuebingen.de/uni/qvr/05/05-05.html; siehe nunmehr § 58 Abs. 9 und § 60 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Hochschulen und Berufsakademien in Baden-Württemberg vom 01.01.2005, GBl. S. 1). Das kommt auch im Zulassungsbescheid der Universität Tübingen vom 06.09.2002 klar zum Ausdruck. Es stand somit von Anfang an fest, dass die Klägerin an der Universität Tübingen keinen Abschluss erreichen konnte. Das war auch nicht ihre Absicht. Vielmehr hat sie einen solchen Abschluss - wie sie auch im gerichtlichen Verfahren mehrfach erklärt hat - nur an der Universität Montpellier angestrebt. Daher geht auch der von ihr herangezogene Vergleich zur Förderung des Besuchs einer ausländischen Ausbildungsstätte bei Fortsetzung einer Ausbildung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BAföG fehl. Denn diese Regelung setzt ebenfalls voraus, dass die an der ausländischen Ausbildungsstätte "fortgesetzte" Ausbildung auf die Erreichung eines bestimmten - berufsqualifizierenden - Abschlusses als Ausbildungsziel im Sinne einer erreichbaren formalen Qualifikation angelegt ist, was bei der Klägerin während ihres Erasmus-Studienaufenthaltes an der Universität Tübingen indessen - wie dargelegt - gerade nicht der Fall war.

b) Der vorübergehende Besuch der Universität Tübingen ist auch nicht im Zusammenhang mit dem im Ausland an der Universität Montpellier betriebenen Germanistik-Studium förderungsfähig. Die Förderung einer Auslandsausbildung beschränkt sich nach §§ 5 und 6 BAföG auf den Besuch einer Ausbildungsstätte im Ausland. Eine Förderung des Besuchs einer inländischen Ausbildungsstätte als Ergänzung oder integraler Bestandteil einer Ausbildung an einer Ausbildungsstätte im Ausland, etwa analog den Regelungen zur ergänzenden Auslandsausbildung oder zur grenzüberschreitenden integrierten Ausbildung in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 BAföG, sehen §§ 5, 6 BAföG sowohl für Auszubildende mit ständigem Wohnsitz im Inland als auch im Ausland nicht vor.

2. Ein Anspruch auf Ausbildungsförderung für den vorübergehenden Besuch der Universität Tübingen als Zeitstudentin im Rahmen der Aktion Erasmus folgt auch nicht aus Europäischem Gemeinschaftsrecht.

a) Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15.10.1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257 S. 2) stützt den Anspruch der Klägerin nicht. Danach genießt ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer. Zwar sind Leistungen der Ausbildungsförderung eine soziale Vergünstigung in diesem Sinne (EuGH, Slg. 1988, 3161 - Lair - Rn. 18 ff.; BVerwG, Urt. v. 08.09.1993 - 11 C 18.92 - NVwZ 1994, 377). Es ist aber zweifelhaft, ob die Klägerin während ihres zweiten Erasmus-Studienaufenthaltes in Tübingen (WS 2002/2003 und SS 2003) aufgrund ihrer zuvor und teilweise noch in diesem Zeitraum ausgeübten gelegentlichen Erwerbstätigkeiten in Deutschland (noch) Arbeitnehmerin im Sinne dieser Vorschrift (vgl. zum Arbeitnehmerbegriff zuletzt EuGH, Urt. v. 30.03.2006, Rs. C-10/05 - Mattern u. Cikotic - Rn. 23 m. w. Nachw.) war, zumal sie gleichzeitig als Studentin gemeinschaftsrechtlich aufenthaltsberechtigt war (vgl. Rn. 90 ff. des Schlussantrags des Generalanwalts in der Rechtssache Grzelczyk, EuGH Slg. 2001-I, 6193). Das kann aber offen bleiben, weil jedenfalls die weitere Voraussetzung des Art. 7 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1612/68 nicht erfüllt ist, dass ein inländischer Arbeitnehmer Anspruch auf die erstrebte Ausbildungsförderung hätte. Denn auch ein inländischer Arbeitnehmer erhielte für einen vorübergehenden Besuch der Universität Tübingen als Zeitstudent im Rahmen der Aktion Erasmus ohne Anspruch auf einen Studienabschluss aus den oben (II.1.a) und b)) genannten Gründen keine Ausbildungsförderung.

b) Die Richtlinie 93/96/EWG des Rates vom 29.10.1993 über das Aufenthaltsrecht der Studenten (ABl. L 317 S. 59), die im maßgebenden Zeitraum noch in Kraft war, begründet ebenfalls keinen Anspruch auf die begehrte Ausbildungsförderung. Das stellt Art. 3 dieser Richtlinie ausdrücklich klar (EuGH, Slg. I- 2001, 6193 - Grzelczyk - Rn. 39; Slg. I-2005, 2119 - Bidar - Rn. 45).

c) Aus dem Beschluss Nr. 253/2000/EG (Sokrates) ergibt sich für den geltenden gemachten Anspruch ebenfalls keine Rechtsgrundlage. Soweit dieser auf Art. 149, 150 EG gestützte Rechtsakt im Bereich der Hochschulbildung die Förderung von Studenten im Rahmen der Aktion Erasmus regelt, handelt es sich lediglich um ein Finanzierungsprogramm der Gemeinschaft, das für Studenten als Anreiz zur transnationalen Mobilität Gemeinschaftszuschüsse zur Deckung eines Teils der mobilitätsbedingten Kosten vorsieht (Erasmus-Stipendium). Der Beschluss begründet aber keine subjektiven Rechtsansprüche eines Studenten gegenüber dem Aufnahmemitgliedstaat der Gast-Hochschule, während eines vorübergehenden Studienaufenthalts im Rahmen der Aktion Erasmus Leistungen für den Unterhalts- und Ausbildungsbedarf zu gewähren. Als bloßes Finanzierungsprogramm folgt aus ihm auch keine Verpflichtung, Regelungen des innerstaatlichen Ausbildungsförderungsrechts, wie etwa des Rechtsbegriffs der förderungsfähigen Ausbildung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, gemeinschaftsrechtskonform auszulegen. Die Mitgliedstaaten werden lediglich "ersucht", zur Aufbringung der erforderlichen Mittel "beizutragen", womit in diesem Zusammenhang in erster Linie die Weiterzahlung von Stipendien oder Darlehen, die in den Herkunftsmitgliedstaaten zur Verfügung stehen, gemeint ist (vgl. Nr. 3 der "Aktion 2.2 Mobilität von Studenten und Hochschullehrern" in Nr. II des Anhangs zum Beschluss Nr. 253/2000/EG).

d) Schließlich kann die Klägerin ihr Begehren auch nicht aus dem allgemeinen Diskriminierungsverbot des Art. 12 Abs. 1 EG ableiten. Danach ist unbeschadet besonderer Bestimmungen des Vertrags in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Aus diesem Verbot folgt das Gebot, Personen, die sich in einer "gemeinschaftsrechtlich geregelten Situation" befinden, genauso zu behandeln wie Angehörige des betreffenden Mitgliedstaats (EuGH, Slg. 1989, 195 - Cowan - Rn. 10; Slg. 1998, I-7637 - Bickel und Franz - Rn. 14; Slg. 2002, I-5089 - Ricordi - Rn. 31).

Ob sich die Klägerin im maßgebenden Zeitraum - WS 2002/03 und SS 2003 - in Bezug auf den Erhalt nationaler Ausbildungsförderung in einer gemeinschaftsrechtlich geregelten Situation befand, erscheint nicht zweifelsfrei. Der Beschluss Nr. 253/2000/EG (Sokrates) regelt dies - wie dargelegt - nicht. Zwar hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft in der Rechtssache Bidar (Slg. I-2005, 2119) geklärt, dass die Situation eines Unionsbürgers, der sich gemäß Artikel 18 EG und der Richtlinie 90/364 (über das - subsidiäre - Aufenthaltsrecht) rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat aufhält und dort ein Studium aufnimmt, im Hinblick auf den Erhalt einer Beihilfe, die Studenten zur Deckung der Unterhaltskosten in Form eines vergünstigten Darlehens oder eines Stipendiums gewährt wird, in den Anwendungsbereich des Vertrages im Sinne des Art. 12 Abs. 1 EG fällt (Rn. 46). Die Klägerin hat sich im Wintersemester 2002/03 und im Sommersemester 2003 aber nicht gemäß Artikel 18 EG und der Richtlinie 90/364, sondern ausschließlich gemäß Art. 18 EG und Art. 1 der Richtlinie 93/96 über das Aufenthaltsrecht der Studenten in Deutschland aufgehalten, wie sich nicht zuletzt aus ihren Angaben zum Zweck des Aufenthalts im Aufenthaltsgenehmigungsverfahren ergibt. Für Fälle dieser Art konnte Art. 3 der Richtlinie 93/96 auf der Grundlage des Schrankenvorbehalts in Art. 18 Abs. 1 EG möglicherweise als besondere Bestimmung verstanden werden, welche die Anwendung des Art. 12 EG im Sachgebiet der Ausbildungsförderung in dem hier maßgebenden Zeitraum ausgeschlossen oder insoweit jedenfalls tatbestandliche Diskriminierungen gerechtfertigt hat (vgl. EuGH Slg. I-2005, 2119 - Bidar - Rn. 44 f.; siehe ab dem 01.05.2006 ähnlich Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG). Diese vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere in der Rechtssache Bidar, noch nicht abschließend geklärte Rechtsfrage bedarf hier aber keiner Vertiefung. Denn die Versagung von Ausbildungsförderung ab Oktober 2002 ist jedenfalls keine nach Art. 12 Abs. 1 EG verbotene - mittelbare - Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit.

Die Ablehnung von Ausbildungsförderung beruht nach dem oben Gesagten weder auf der Nichterfüllung persönlicher Voraussetzungen nach §§ 6, 8 BAföG noch auf dem ausländischen ständigen Wohnsitz der Klägerin, sondern auf der mangelnden Förderungsfähigkeit des Besuchs der Ausbildungsstätte im Inland. Die Förderungsfähigkeit als Inlandsausbildung scheitert daran, dass der vorübergehende Besuch der Hochschule in Deutschland als Erasmus-Studentin nicht von Anfang an auf die Erreichung eines bestimmten - berufsqualifizierenden - Abschlusses als Ausbildungsziel im Sinne einer erreichbaren formalen Qualifikation angelegt war (II.1.a)). Die Förderungsfähigkeit im Zusammenhang mit der Ausbildung im Ausland scheitert daran, dass nach §§ 5, 6 BAföG nur der Besuch einer Ausbildungsstätte im Ausland, nicht aber der Besuch einer inländischen Ausbildungsstätte gefördert wird (II.1.b)). Beide Ablehnungsgründe knüpfen demzufolge nicht offen - formell - an die Staatsangehörigkeit an.

Allerdings verbietet Art. 12 Abs. 1 EG nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen, weil die Anforderungen des nationalen Rechts von Inländern typischerweise leichter erfüllt werden können (EuGH, Slg. 1973, 153 - Sotgiu - Rn. 11; Slg. 1997, I-689 - Meints - Rn. 44; Slg. 2001, I-4923 - Kommission/Italien - Rn. 24; Slg. I-2005, 2119 - Bidar - Rn. 51). Eine solche Form der Diskriminierung liegt aber ebenfalls nicht vor.

Das für eine Inlandsausbildung bestehende Erfordernis einer von Anfang an auf die Erreichung eines bestimmten - berufsqualifizierenden - Abschlusses als Ausbildungsziel angelegten Ausbildung wirkt sich auf Inländer und Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten gleichermaßen aus. Es knüpft nicht an personenbezogene Merkmale an und weist keinen - mittelbaren - Bezug zur Herkunft des Betroffenen auf. Der Einwand der Klägerin, Studenten aus anderen EU-Mitgliedstaaten würden durch dieses Erfordernis gegenüber inländischen Studierenden deshalb faktisch benachteiligt, weil sie "regelmäßig" einen Teil ihres im Herkunftsmitgliedstaat betriebenen und dort auf einen - berufsqualifizierenden - Abschluss angelegten Studiums im Ausland absolvierten, ist durch nichts belegt. Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit §§ 5, 6 BAföG die Förderung einer Auslandsausbildung - unabhängig vom ständigen Wohnsitz des Auszubildenden - auf den Besuch einer Ausbildungsstätte im Ausland beschränken und keine Förderung einer ergänzenden (unselbständigen) Ausbildung an einer inländischen Ausbildungsstätte vorsehen. Dieser Nachteil betrifft im Ausland studierende Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten in gleicher Weise wie dort studierende Inländer. Vergleichsfall wäre insoweit eine deutsche Staatsangehörige mit ständigem Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat, die dort mit dem Ziel eines - berufsqualifizierenden - Abschlusses studiert und als Erasmus-Studentin vorübergehend eine Hochschule in Deutschland besucht. Allein dies entspricht tatsächlich der Situation der Klägerin, die eigenen Angaben im Aufenthaltsgenehmigungsverfahren zufolge ihren ständigen Wohnsitz in Frankreich während des Erasmus-Studienaufenthalts in Deutschland beibehalten hat. Die unter Hinweis auf das Verbot mittelbarer Diskriminierungen gegen die Heranziehung dieses Vergleichsfalles erhobenen gemeinschaftsrechtlichen Einwände der Klägerin greifen schon deshalb nicht durch, weil das Verbot mittelbarer Diskriminierungen für die vorgelagerte Entscheidung der Frage, welcher tatsächliche Vergleichsfall insoweit überhaupt maßgebend ist, nicht erheblich ist. Die im Vergleichsfall demzufolge maßgebende innerstaatliche Vorschrift wäre § 6 BAföG. Diese Vorschrift sieht die Förderung des Besuchs einer inländischen Ausbildungsstätte aber auch für deutsche Auszubildende mit ständigem Wohnsitz im Ausland nicht vor. Allerdings erscheint nicht zweifelsfrei, ob § 6 BAföG mit seinen im Vergleich zur Förderung von Auszubildenden mit ständigem Wohnsitz im Inland insoweit engeren Regelungen mit Art. 18 EG vereinbar ist. Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft ist es mit diesem Freizügigkeitsrecht unvereinbar, wenn ein Mitgliedstaat einen seiner Staatsangehörigen deshalb weniger günstig behandelt, weil er - etwa durch Verlegung des ständigen Wohnsitzes in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union - von den Möglichkeiten Gebrauch gemacht hat, die ihm die Freizügigkeitsbestimmungen des EG-Vertrages eröffnen, was insbesondere im Bereich der Bildung gelte (vgl. EuGH, Slg. I-2002, 6191 - D-Hoop - Rn. 30 und 32). Insoweit geht mit dem Recht auf Freizügigkeit nach Art. 18 EG auch eine spezielle Garantie gleicher rechtlicher Behandlung bei der Ausübung der Freizügigkeit einher (EuGH, Slg. I-2002, 6191 - D-Hoop - Rn. 35). Das wirft die Frage auf, ob diese Garantie eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des § 6 BAföG in dem Sinne gebietet, dass Deutsche mit ständigem Wohnsitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat hinsichtlich der Bewilligung von Ausbildungsförderung für eine Ausbildung im Ausland und eine Ergänzungsausbildung analog § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG im Inland nicht anders behandelt werden dürfen als deutsche Staatsangehörige mit ständigem Wohnsitz im Inland (a. A. für die Zeit vor Inkrafttreten des Art. 18 EG noch BVerwG, Urt. v. 18.10.1979, a. a. O.; Beschl. v. 10.07.1992 - 5 B 88.92 - NVwZ 1992, 1205), oder ob die förderungsrechtliche Ungleichbehandlung gemeinschaftsrechtskonform ist, weil sie in einem angemessenen Verhältnis zu einem legitimen Zweck steht, der mit dieser Regelung verfolgt wird (vgl. EuGH, Slg. I-2002, 6191 - D-Hoop - Rn. 36; siehe auch BVerwG, Beschl. v. 10.07.1992, a. a. O. zur Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG). Diese Frage ist im Falle der Klägerin aber nicht entscheidungserheblich. Denn der Klägerin ist die Berufung auf ein aus Art. 18 EG abzuleitendes Gleichbehandlungsgebot gegenüber nachteiligen Regelungen des innerstaatlichen deutschen Rechts, die - wie § 6 BAföG - an die Verlegung des ständigen Wohnsitzes in einen anderen EU-Mitgliedstaat als Deutschland anknüpfen, verwehrt. Die Ableitung eines Gleichbehandlungsgebots aus Art. 18 EG beruht auf dem gemeinschaftsrechtlichen Auslegungsgesichtspunkt des "effet utile", wonach die praktische Wirksamkeit des Freizügigkeitsrechts gewährleistet sein muss. Dieser Gesichtspunkt greift hier nicht. Denn er ist für den Bereich der deutschen Rechtsordnung naturgemäß auf solche nachteilige nationale Regelungen beschränkt, die an die Wahrnehmung des Rechts auf Freizügigkeit nach Art. 18 EG durch Aufenthaltsnahme in einem anderen EU-Mitgliedstaat als Deutschland anknüpfen. Er greift aber nicht in Fällen, in denen Unionsbürger aus anderen Mitgliedstaaten - wie die Klägerin - dort ihren ständigen Wohnsitz beibehalten und in "umgekehrter" Richtung von ihrem Recht auf Freizügigkeit durch Aufenthaltsnahme in Deutschland Gebrauch machen. Dieser Personenkreis könnte sich allenfalls gegenüber daran anknüpfenden nachteiligen Regelungen des Rechts des Herkunftsmitgliedstaates oder des Aufnahmemitgliedstaates auf das aus Art. 18 EG folgende Gleichbehandlungsgebot berufen. Solche Regelungen enthält § 6 BAföG indes nicht.

Ungeachtet dessen kann die Klägerin eine Förderung der ergänzenden Inlandsausbildung auf der Grundlage des § 6 BAföG entsprechend den Regelungen in § 5 BAföG auch deshalb nicht nach Art. 12 i. V. m. 18 Abs. 1 EG vom Beklagten beanspruchen, weil er mangels örtlicher Zuständigkeit insoweit schon nicht passiv legitimiert ist (vgl. § 45 Abs. 4 BAföG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 9 der Verordnung über die örtliche Zuständigkeit für Ausbildungsförderung im Ausland vom 27.10.1971 <BGBl. I S. 1699> i. D. F. der Änderungsverordnung vom 04.12.1991 <BGBl. I S. 2160>). Darüber hinaus sind auch die weiteren Voraussetzungen nach § 6 Satz 1 BAföG, die auch für einen deutschen Auszubildenden gelten, nicht erfüllt. Denn besondere Umstände des Einzelfalles im Sinne dieser Vorschrift, die eine Ausbildung im Ausland rechtfertigen, liegen nicht vor. Dies sind nur Umstände, die in der Person des Auszubildenden, seiner Familie oder der Ausbildung selbst begründet sind und einen Aufenthalt außerhalb des ausländischen Wohnsitzes zu Ausbildungszwecken als eine Härte erscheinen lassen (BVerwG, Urt. v. 18.10.1979, a. a. O. 4). Dass mit dem Abstellen auf solche Umstände typischerweise eine faktische Benachteiligung Studierender aus anderen Mitgliedstaaten der EU verbunden sein könnte, ist nicht erkennbar. Solche Umstände sind von der Klägerin weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Der von ihr geltend gemachte Gesichtspunkt, es sei für eine ausländische Deutschlehrerin von elementarer Bedeutung, Kenntnisse in der zu vermittelnden Sprache und Kultur in Deutschland erlernt oder perfektioniert zu haben (Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 08.06.2006), bezieht sich ausschließlich auf die ergänzende Inlandsausbildung.

Schließlich geht auch der Einwand der Klägerin fehl, ihr Fall sei im Hinblick auf den nachträglichen Eintritt einer finanziellen Notlage während des Studienaufenthalts in Deutschland mit dem Fall vergleichbar, welcher dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft vom 20.09.2001 in der Rechtssache C-184/99 - Grzelczyk - (Slg. 2001, I-6193) zugrunde liege und in der der Gerichtshof einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 12 Abs. 1 EG bejaht habe. Gegenstand jener Entscheidung war jedoch nicht die Gewährung einer Leistung der Ausbildungsförderung, sondern der Sicherung des Existenzminimums (Sozialhilfe) und anders als im vorliegenden Fall sah das innerstaatliche Recht insoweit einen Anspruch für Inländer vor, während es hier daran mangels Förderungsfähigkeit der Ausbildung mangelt. Ob die Klägerin im maßgebenden Zeitraum auf Grund der von ihr behaupteten finanziellen Notlage nach §§ 11 ff. BSHG gegenüber dem örtlichen Träger der Sozialhilfe (Stadt Tübingen) Anspruch auf Gewährung - ergänzender - Hilfe zum Lebensunterhalt gehabt hätte, weil der vorübergehende Besuch der Universität Tübingen nicht (abstrakt) förderungsfähig war (vgl. § 26 Abs. 1 BSHG), kann dahinstehen. Denn ein solcher Anspruch ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Zudem wäre das beklagte Studentenwerk auch insoweit nicht passiv legitimiert.

3. Die von der Klägerin begehrte Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft nach Art. 234 Abs. 1 Buchstabe a EG ist weder geboten noch hält der Senat eine solche Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils für erforderlich. Die Voraussetzungen einer Vorlagepflicht nach Art. 234 Abs. 3 EG oder - ausnahmsweise - nach Art. 234 Abs. 2 EG (vgl. EuGH, Slg. I-2000, 1651 - Greenpeace - Rn. 54 ff. m. w. Nachw.) sind nicht erfüllt, insbesondere kann das Urteil des Senats mit dem Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision angefochten werden. Darüber hinaus macht der Senat von der in Art. 234 Abs. 2 EG eröffneten Ermächtigung zur Vorlage keinen Gebrauch, weil er die Vereinbarkeit der im Streitfall zur Anwendung kommenden Vorschriften des nationalen Ausbildungsförderungsrechts mit dem Gemeinschaftsrecht im Ausmaß ihrer Entscheidungserheblichkeit unter Berücksichtigung der dargestellten einschlägigen bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft für hinreichend klar und eindeutig hält.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.

Ende der Entscheidung

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