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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 22.04.2002
Aktenzeichen: 7 S 531/02
Rechtsgebiete: BSHG
Vorschriften:
BSHG § 11 Abs. 2 | |
BSHG § 18 Abs. 2 Satz 2 | |
BSHG § 19 Abs. 1 | |
BSHG § 19 Abs. 2 |
7 S 531/02
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
wegen
Hilfe zum Lebensunterhalt hier: vorläufiger Rechtsschutz
hat der 7. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch die Richter am Verwaltungsgerichtshof Klein, Bader und Ridder
am 22. April 2002
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 23. Januar 2002 - 7 K 1519/01 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den für sofort vollziehbar erklärten Aufwendungsersatzbescheid des Antragsgegners vom 14.08.2002 zu Recht wiederhergestellt, weil dieser Bescheid sich bei summarischer Überprüfung als voraussichtlich rechtswidrig erweist, so dass das Interesse des Antragstellers an der Verschonung vom Vollzug dieses Bescheids das entgegenstehende öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung überwiegt. Der angefochtene Bescheid, mit dem ein Aufwendungsersatz in Höhe (der dem Antragsteller seitens der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg bewilligten Hinterbliebenenrente) von monatlich 793,48 DM für die Zeit ab 01.08.2001 bis zum Ende der Beschäftigungsmaßnahme nach § 19 Abs. 1 BSHG festgesetzt worden ist, lässt sich entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht auf § 11 Abs. 2 Satz 1 BSHG stützen, weil, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, schon die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm nicht vorliegen. Auf den ausführlich und zutreffend begründeten Beschluss des Verwaltungsgerichts kann zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit Bezug genommen werden.
Das Beschwerdevorbringen des Antragsgegners rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Richtig ist zwar, dass die von ihm dem Antragsteller gewährte Hilfe zur Arbeit gemäß §§ 18 ff. BSHG zur Hilfe zum Lebensunterhalt (Abschnitt 2 des BSHG) zählt, wobei das durch die Kommunale Arbeitsförderungsgesellschaft R.-T. (KomAG) dem Antragsteller vermittelte Beschäftigungsverhältnis mit dem Verein Neue Arbeit Z.A. e.V. im Auftrag des Antragsgegners von der KomAG durch einen Lohnkostenzuschuss in Höhe von 100 % sowie Regiekosten gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 BSHG finanziert wird. Der Antragsteller selbst erhält jedoch - über die erfolgte Vermittlung des renten- und krankenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses hinaus - für die von ihm zu leistende Arbeit keine (laufende) Hilfe zum Lebensunterhalt, wie sie gemäß § 19 Abs. 2 BSHG für die (hier nicht vorliegende) Verrichtung von gemeinnütziger oder zusätzlicher Arbeit (anstelle des üblichen Arbeitsentgeltes) gewährt werden kann, sondern gemäß Nr. 4 des Mitarbeitervertrages als Arbeitnehmer eine Arbeitsvergütung in Höhe von 15,70 DM je Arbeitsstunde (und ggf. zusätzlich eine Leistungszulage gemäß Haustarif). Wird nach der Vermittlung (§ 18 Abs. 2 BSHG) oder Schaffung (§ 19 Abs. 1 und 2 BSHG) einer Arbeitsgelegenheit - wie hier - ein Arbeitsvertrag geschlossen, so gehört dieser Vertrag nicht zum Sozialhilferecht, sondern zum Arbeitsrecht (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.1990, NVwZ 1990, 1170). Entgegen der Meinung des Antragsgegners wird das Arbeitsrecht hier auch nicht durch das Sozialhilferecht dadurch "überlagert", dass gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 BSHG die Arbeitsgelegenheit des Antragstellers durch die KomAG im Auftrag des Antragsgegners vollumfänglich mit monatlich ca. 3.800 DM finanziert wird. Mit dieser "Subvention" des Arbeitsplatzes gewährt der Antragsgegner dem Antragsteller nicht "erweiterte" Sozialhilfe im Sinne § 11 Abs. 2 Satz 1 BSHG; er kann daher auch nicht vom Antragsteller "Aufwendungen" im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 2 BSHG ersetzt verlangen. Der Antragsteller begehrt nämlich insoweit nicht die Gewährung von Sozialhilfe, sondern leistet seiner Verpflichtung aus § 18 Abs. 2 Satz 2 BSHG Folge, wonach Hilfesuchende, die keine Arbeit finden können, zur Annahme einer für sie zumutbaren Arbeitsgelegenheit nach § 19 oder § 20 verpflichtet sind. Als "Sachleistung" wäre die Zuweisung der Arbeitsgelegenheit aufgedrängte Hilfe. Sozialhilfe darf aber niemandem gegen seinen Willen geleistet werden; § 5 BSHG besagt nicht, dass Sozialhilfe jemandem aufgezwungen werden darf. Der erweiterten Hilfe sind deshalb verhältnismäßig enge Grenzen gesetzt (BVerwG, Urt. v. 28.3.1974 - BVerwGE 45, 131, zu der erweiterten Hilfe in besonderen Lebenslagen nach § 29 BSHG). Im übrigen sind auch die Einkommensverhältnisse des Antragstellers nicht ungeklärt (gewesen). Auch deshalb ist ein "begründeter Fall" im Sinne der erweiterten Sozialhilfe gemäß § 11 Abs. 2 BSHG nicht gegeben. Es ist nicht Sinn dieser Vorschrift, die Interessen des Sozialhilfeträgers zu wahren, der seiner Verpflichtung aus § 19 Abs. 1 Satz 1 BSHG zur Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nachkommt und dem dadurch Kosten entstehen. Aufwendungsersatz darf nur verlangt werden, wenn erweiterte Hilfe (tatsächlich und) rechtmäßig gewährt worden ist (BVerwG, Urt. v. 30.10.1979 - 5 C 39.78 -, FEVS 28, 13, 16, zu § 29 BSHG), woran es hier in jeder Hinsicht fehlt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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