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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 15.10.2003
Aktenzeichen: 7 S 558/03
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 6 Abs. 1 Satz 1
VwGO § 6 Abs. 3 Satz 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO § 124a Abs. 1 Satz 1
VwGO § 124 a Abs. 1 Satz 2
1. Der nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestimmte Einzelrichter ist nicht "Verwaltungsgericht" im Sinne von § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO.

2. Die vom Einzelrichter zugelassene Berufung bindet das Berufungsgericht nicht.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

7 S 558/03

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Eingliederungshilfe

hat der 7. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Gehrlein und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Klein und Bader

am 15. Oktober 2003

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Januar 2003 - 8 K 1548/02 - wird verworfen.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich dagegen, dass der Beklagte eine vom Arbeitgeber gezahlte Abfindung anrechnen und Eingliederungshilfe nur noch gegen Aufwendungsersatz leisten will.

Mit Beschluss vom 14.10.2002 hat die Kammer die Verwaltungsrechtssache dem Einzelrichter gemäß § 6 Abs. 1 VwGO übertragen, weil diese keine besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise und auch keine grundsätzliche Bedeutung habe. Mit Verfügung vom 25.10.2002 bestimmte der Einzelrichter Termin zur mündlichen Verhandlung. Mit dem angegriffenen Urteil vom 27.01. 2003, dem Beklagten zugestellt am 11.02.2003, entsprach der Einzelrichter der Klage und ließ die Berufung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zu. Von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob die Verwertung einer Abfindung eine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG darstelle.

Der Beklagte hat am 28.02.2003 Berufung eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 02.04.2003, beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen am 07.04.2003, begründete. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 02.04.2003 und 22.08.2003 Bezug genommen. Der Beklagte hält die Zulassung der Berufung durch den Einzelrichter für zulässig; jedenfalls sei die erfolgte Zulassung bindend. Er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27.01.2003 zu ändern und die Klage abzuweisen;

hilfsweise,

die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen.

Der Kläger ist der Berufung entgegen getreten.

Er hält die Berufung für unzulässig; jedenfalls für unbegründet. Der Einzelrichter sei nicht zur Zulassung der Berufung befugt gewesen; insoweit verweist der Kläger auch auf die Neuregelung der zivilprozessualen Vorschriften durch das ZPO-RG. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 01.09.2003 Bezug genommen. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide zutreffend als rechtswidrig erachtet. Wegen der weiteren Begründung wird auf den Schriftsatz vom 20.05.2003 verwiesen. Für eine Zulassung der Berufung durch den Senat sei kein Raum, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung aufweise.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die in der Sache angefallenen Gerichtsakten sowie die dem Senat vorliegenden Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Senat kann die Berufung durch Beschluss verwerfen, weil sie unzulässig ist (§ 125 Abs. 2 Sätze 1 und 2 VwGO). Die Beteiligten wurden hierzu gehört.

1. Die Berufung ist nicht statthaft, weil sie nicht wirksam zugelassen worden ist. Denn " das Verwaltungsgericht" im Sinne des § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO ist nicht der nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestimmte Einzelrichter (unten a). Die Übertragung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf den Einzelrichter umfasst nicht die Befugnis zur Berufungszulassung (unten b). Diese Auslegung von § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO führt nicht zu unzumutbaren Anforderungen an den Einzelrichter (unten c); sie führt auch nicht zu einer unzumutbaren Erschwerung des Zugangs der Beteiligten zum Rechtsmittelgericht (unten d).

a) Seit Inkrafttreten des 6. VwGOÄndG ist die Berufung gegen Urteile des Verwaltungsgerichts nur mehr statthaft, wenn sie zuvor zugelassen worden ist. Die Befugnis zur Zulassung der Berufung stand zunächst nur dem Oberverwaltungsgericht zu (§ 124 a Abs. 2 VwGO a.F.). Durch Art. 1 Nr. 14 des RmBereinVpG vom 20.12.2001 (BGBl I S. 3987) wurde § 124a VwGO dahin geändert, dass nunmehr auch das Verwaltungsgericht zur Zulassung der Berufung befugt ist, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO vorliegen (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nach Überzeugung des Senats eröffnet § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO diese Möglichkeit aber nicht dem nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestimmten Einzelrichter. Dies folgt zwar nicht allein aus dem Wortlaut des § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO, der auch einer anderen Auslegung zugänglich wäre, wohl aber aus einer systematischen Gesamtschau, die das Verhältnis der Kammer zur Tätigkeit des Einzelrichters in den Blick zu nehmen hat.

aa) Der Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess (BT-Drs. 14/6393) sah einen neu gefassten § 124 a vor, nach dessen Abs. 1 Satz 1 das Verwaltungsgericht die Berufung in den Fällen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 zuzulassen hatte, wobei zunächst auch an eine Änderung von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO gedacht war (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzentwurfs). Diese Entwurfsfassung entspricht der später Gesetz gewordenen Fassung von § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO. Eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht kommt somit nur wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) oder bei Abweichung von den in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO bezeichneten Gerichten in Betracht. Damit steht zugleich fest, dass in allen Fällen, in denen die Berufungszulassung durch das Verwaltungsgericht in Betracht kommt, eine Entscheidung durch den nach § 6 Abs. 1 VwGO bestimmten Einzelrichter nach dem Willen des Gesetzgebers ausgeschlossen ist. Denn die Übertragung einer Sache auf den Einzelrichter nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist unzulässig, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder besondere Schwierigkeiten aufweist (Nr. 2). Damit ist der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) direkt angesprochen, aber auch die Zulassung wegen Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, die einen Unterfall der Grundsatzrüge darstellt, umfasst. Eine Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO setzt notwendigerweise eine Sachentscheidung und daran anknüpfend eine Zulassungsentscheidung voraus. In den Fällen, in denen "das Verwaltungsgericht" die Berufung zuzulassen hat, hat der Gesetzgeber aber nicht den nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestimmten Einzelrichter angesprochen. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Übertragungsentscheidung der Kammer schließen die Voraussetzungen der Berufungszulassung aus. Es gibt keinen Grund für die Annahme, dass der Gesetzgeber dem Einzelrichter die Befugnis nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO einräumen wollte, dessen Entscheidungszuständigkeit er in Fällen grundsätzlicher Bedeutung unverändert ausgeschlossen hat.

bb) Die Standardbesetzung des Verwaltungsgerichts ist nach wie vor die nach § 5 Abs. 3 Satz 1 VwGO besetzte große Kammer. § 6 VwGO stellt keine Abkehr vom Kammerprinzip dar (Schoch/Stelkens, Kommentar zur VwGO, § 6 Rdnr. 3), sondern eröffnet im Sinne der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens für Fälle, die keine besonderen Schwierigkeiten aufweisen und auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung sind, die Übertragungsbefugnis auf den Einzelrichter. Die Voraussetzungen für eine Übertragung auf den Einzelrichter liegen damit nur bei qualitativ einfachen Verfahren vor (Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 2. A., § 6 Rdnr. 6). Die Beibehaltung dieses Strukturprinzips durch den Gesetzgeber spricht dagegen, Kammer und Einzelrichter gleichrangig als "das Verwaltungsgericht" zu verstehen. "Verwaltungsgericht" ist der nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestimmte Einzelrichter nur im Rahmen seiner durch die Übertragung entstandenen Zuständigkeit. Wegen des nach wie vor geltenden Kammerprinzips streitet im Zweifel die Vermutung dafür, dass mit "Verwaltungsgericht" die Kammer gemeint ist und nicht der Einzelrichter.

cc) Einer Befugnis des Einzelrichters zur Zulassung der Berufung steht dessen Bindung an die Bewertung durch die Kammer (fehlende grundsätzliche Bedeutung) im Übertragungsbeschluss entgegen. Denn seine Entscheidungszuständigkeit beruht gerade und ausschließlich auf dem Übertragungsakt. Zudem entscheidet er, auch wenn er das weitere Verfahren allein bestimmt und ohne Mitwirkung der anderen Richter in der Sache entscheidet, gleichwohl namens der Kammer. Im vorliegenden Fall ist die Kammer davon ausgegangen, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweise und auch keine grundsätzliche Bedeutung habe. Auf dieser Grundlage hat sie den Beschluss vom 14.10.2002 gefasst und die Sache dem Einzelrichter übertragen. Zu diesem Zeitpunkt war die Klage bereits umfänglich begründet. Der Beklagte hatte mit Schriftsatz vom 13.09.2002 auf die Klage erwidert; die Behördenakten waren bereits mit Schriftsatz vom 17.05.2002 vorgelegt worden. Der Übertragungsbeschluss vom 14.10.2002 wurde am 21.10.2002 an die Beteiligten versandt. Nahezu zeitgleich, mit Verfügung vom 25.10.2002, wurde vom Einzelrichter Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 27.01.2003 bestimmt. Der unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsatz der Klägervertreterin bezog sich auf das Prozesskostenhilfeverfahren und nahm zu den Vermögensverhältnissen des Klägers Stellung. Eine erhebliche Veränderung der prozessualen Situation lässt sich auch nicht der Sitzungsniederschrift entnehmen. Hiernach wurde die Sache erörtert und wurden die Anträge gestellt; die Klägervertreterin übergab eine Kopie des Abfindungsvertrags vom 02.07.1999. Aufgrund der mündlichen Verhandlung erging das angegriffene Urteil. Eine wesentliche Veränderung der prozessualen Lage zwischen Übertragungsbeschluss und Entscheidung ist von daher nicht festzustellen. Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung durch den Einzelrichter steht damit auch in Widerspruch zum Übertragungsbeschluss.

b) Die Übertragung der Sachentscheidungszuständigkeit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf den Einzelrichter umfasst nicht die Befugnis zur Berufungszulassungsentscheidung:

aa) Wenn die Kammer die Verwaltungsrechtssache auf den Einzelrichter überträgt, geht sie davon aus, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten aufweist und auch keine grundsätzliche Bedeutung hat. Wäre sie anderer Überzeugung, würde die Grundlage für die Übertragung fehlen; ein gleichwohl erfolgender Übertragungsbeschluss wäre evident rechtswidrig und würde sich auch als Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darstellen. Der gesetzliche Richter steht nicht zur Disposition der Kammer, weshalb die der Kammer zustehende Befugnis zur Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht auf den Einzelrichter übertragen werden kann.

bb) Auch wenn die Kammer beim Übertragungsbeschluss versehentlich oder rechtsirrig die Voraussetzungen einer Übertragung bejaht hätte, obwohl diese nicht vorlagen, kann dies keine Berufungszulassung durch den Einzelrichter rechtfertigen. Eine originäre Befugnis zur Zulassungsentscheidung (siehe oben a) steht ihm ebenso wenig zu wie eine übertragene. Dem Einzelrichter steht in diesen Fällen aber die Möglichkeit der Rückübertragung offen.

c) Diese Auslegung von § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO führt auch nicht zu unzumutbaren Anforderungen an den Einzelrichter. Erachtet er die Sache als grundsätzlich bedeutsam oder will er divergieren, kann und muss er den Rechtsstreit grundsätzlich auf die Kammer zurück übertragen:

aa) Der Einzelrichter hat keine Befugnis zur Zulassung der Berufung, auch wenn sich die grundsätzliche Bedeutung erst nach Bekanntgabe des Übertragungsbeschlusses ergibt. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 VwGO kann der Einzelrichter den Rechtsstreit auf die Kammer zurück übertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. In den Fällen, denen durch die Änderung der Prozesslage grundsätzliche Bedeutung zukommt, muss der Einzelrichter den Rechtsstreit auf die Kammer zurück übertragen, die dann allein zur Streitentscheidung in diesen Fällen berufen ist. In diesen Fällen ist das durch § 6 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingeräumte Ermessen auf Null reduziert und der Einzelrichter zur Rückübertragung verpflichtet (Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 2. A., § 6 Rdnr. 19). Jede andere Sachbehandlung würde sich als Ermessensmissbrauch darstellen, weil der Einzelrichter nicht zugleich durch die Zulassung der Berufung die Voraussetzungen bejahen kann, die seine Sachentscheidungsbefugnis nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO gerade ausschließen.

bb) Dies gilt gleichermaßen, wenn die Kammer rechtsfehlerhaft die grundsätzliche Bedeutung der Sache beim Übertragungsbeschluss verkannt hat, die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO also nicht vorgelegen haben. Denn eine wesentliche Änderung der Prozesslage im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 1 VwGO liegt nach Überzeugung des Senats immer auch dann vor, wenn der Einzelrichter entgegen der Einschätzung der Kammer zur Auffassung gelangt, dass die Sache grundsätzliche Bedeutung aufweise oder er divergieren will und damit die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO zuzulassen wäre (vgl. hierzu BVerwG NVwZ 2000, 1290 <1292>).

d) Die hier vertretene Auslegung von § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO führt für die Beteiligten zu keiner unzumutbaren Erschwerung des Zugangs zum Rechtsmittelgericht:

Überträgt der Einzelrichter an die Kammer zurück, obliegt es dieser, über die Zulassung der Berufung zu befinden. Hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, ist die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Verneint die Kammer die grundsätzliche Bedeutung, steht den Beteiligten unverändert der Berufungszulassungsantrag (§ 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO) zur Verfügung.

Auch wenn der Einzelrichter entgegen der hier vertretenen Auffassung eine Rückübertragungsmöglichkeit nach § 6 Abs. 3 Satz 1 VwGO verneinen würde, würde dies keine andere Auslegung von § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO gebieten. Denn dem gesetzgeberischen Anliegen, den Beteiligten bei grundsätzlich bedeutsamen Rechtssachen den Zugang zum Oberverwaltungsgericht tunlichst zu ermöglichen, wird durch das Prozessrecht ausreichend Rechnung getragen. Die nach § 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO bestehende Möglichkeit, die Zulassung der Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu beantragen, wird durch die Übertragung des Verfahrens auf den Einzelrichter nicht ausgeschlossen. Das Oberverwaltungsgericht hat insoweit eine eigenständige Bewertung vorzunehmen und über den Zulassungsantrag zu entscheiden. Sollte der Einzelrichter die Rechtssache - entgegen dem Übertragungsbeschluss oder aufgrund nachträglicher Änderung der Prozesslage - für grundsätzlich bedeutsam halten, steht es ihm frei, hierauf schon in der mündlichen Verhandlung hinzuweisen ggf. auch entsprechende Ausführungen im Urteil zu machen, um so einen etwaigen Zulassungsantrag eines Beteiligten zu unterstützen. Ein Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO würde für die Beteiligten auch in dieser Verfahrenssituation keine unzumutbaren Erschwernisse bei der weiteren Rechtsverfolgung mit sich bringen, zumal es keinen Grund für die Annahme gibt, dass das Oberverwaltungsgericht grundsätzlich bedeutsame Sachen nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zulassen wird.

2. Der Senat ist an die Zulassung der Berufung durch den Einzelrichter nicht gemäß § 124a Abs. 1 Satz 2 VwGO gebunden. Die Bindung des Oberverwaltungsgerichts an die Zulassungsentscheidung des Verwaltungsgerichts greift zwar auch dann, wenn die Zulassungsentscheidung fehlerhaft ist. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Rechtssache nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung aufweist, wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Zulassung der Revision ergibt. Eine derartige Bindungswirkung setzt aber voraus, dass die Zulassung vom "Verwaltungsgericht" im Sinne von § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO ausgesprochen worden ist. Wie oben ausgeführt, ist der nach § 6 Abs. 1 VwGO bestimmte Einzelrichter aber nicht "Verwaltungsgericht" in diesem Sinne, weshalb auch keine Bindungswirkung eintreten kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

Die Revision war gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Frage, wer "Verwaltungsgericht" im Sinne von § 124a Abs.1 Satz 1 VwGO ist, von grundsätzlicher Bedeutung ist.

Ende der Entscheidung

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