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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 14.03.2001
Aktenzeichen: 8 S 1989/00
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 70 Abs. 2
In einem Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung wird der Mangel der Versäumung der Widerspruchsfrist durch eine Sachentscheidung der Widerspruchsbehörde auch dann geheilt, wenn die Behörde zu Unrecht angenommen hat, es lägen Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

8 S 1989/00

Verkündet am 14.03.2001

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Versagung einer Baugenehmigung

hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Prof. Dr. Schmidt sowie die Richter am Verwaltungsgerichtshof Schenk und Rieger auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28. März 2000 - 6 K 5842/98 - werden zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit eines von den Klägern geplanten Wohnhauses.

Die Kläger sind Eigentümer des im nicht überplanten, im Zusammenhang bebauten Ortsteil Niederalfingen der Beigeladenen gelegenen Grundstücks Flst.Nr. 2829, Hürnheimer Straße 10. In einer Entfernung von ca. 200 m Luftlinie befindet sich die Burg Niederalfingen, die im Jahre 1575 im Zuge der frühen Burgenromantik der Renaissance im historisierenden Stil errichtet wurde. Sie ist nach § 28 DSchG in das Denkmalbuch eingetragen. Das Grundstück der Kläger ist derzeit mit einem baufälligen Wohngebäude, einem alten Bauernhof, bestanden. Unter dem 15.5.1998 beantragten die Kläger die Genehmigung für dessen Abbruch und die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines zweigeschossigen Wohnhauses mit einem begrünten Flachdach. Der Technische Ausschuss der Beigeladenen lehnte in seiner Sitzung vom 16.6.1998 die Erteilung des Einvernehmens mit der Begründung ab, die Flachdachgestaltung beeinträchtige das Ortsbild.

In einer von der Baurechtsbehörde eingeholten Stellungnahme des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg vom 2.7.1998 heißt es u.a.:

Das Landesdenkmalamt hat zu dem Abbruch des historischen Gebäudes und Errichtung eines Neubaus auf dem gleichen Grundstück bereits ausführlich eine Stellungnahme abgegeben (siehe hierzu Landesdenkmalamt v. 1. Oktober 1997).

.....

Das Landesdenkmalamt nimmt zu dem neu vorgelegten Baugesuch wie folgt Stellung:

Durch die Neuordnung der Baukörper und Aufgreifen der Lage des historischen Baues wird dem historischen Ortsbild Rechnung getragen. Dessen ungeachtet kann aber das Landesdenkmalamt Bedenken gegen den Neubau nur dann zurückstellen, wenn die historische Bebauungsstruktur

"Während das Bild der Burg von auf Fernsicht berechneten, repräsentativen Baukörpern bestimmt wird, herrschen in der zugehörigen Siedlung schlichte, meist zweigeschossige Satteldachhäuser vor, die traufständig zur Straße stehen und sich zum Teil mit Nebengebäuden zu kleinen Gehöften anordnen" aufgegriffen wird.

Das Landratsamt Ostalbkreis lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 27.7.1998 wegen des versagten Einvernehmens ab. Der Bescheid wurde als Einschreiben am 31.7.1998 zur Post gegeben. Der Kläger beantragte mit am 7.9.1998 beim Landratsamt eingegangenen Schreiben vom gleichen Tag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Widerspruchsfrist und legte gleichzeitig Widerspruch ein. Er machte geltend, er habe die Widerspruchsfrist nicht eingehalten, weil er bis zur 36. Kalenderwoche für drei Wochen in Urlaub gewesen sei. Seine Frau habe die Unterlagen entgegengenommen, aber auf Grund der durch die Leukämie seiner Tochter hervorgerufenen sehr hohen zeitlichen Mehrbelastung, den Vorgang nicht bearbeitet bzw. zu den privaten Unterlagen gelegt, in der Annahme, dass eine Entscheidung erst am 26.9. gefällt werden würde. Schließlich sei er der Meinung gewesen, er habe durch eine mündliche Äußerung gegenüber dem Kreisbauamt eine Prüfung durch das Regierungspräsidium sichergestellt. Zur Begründung des Widerspruchs trug er vor, der Bürgermeister der Beigeladenen habe in der Gemeinderatssitzung eine überholte Stellungnahme des Landesdenkmalamtes vorgelesen. In der neuen Stellungnahme könne keine Ablehnung gesehen werden. Die vom Landesdenkmalamt geäußerten Bedenken seien durch das volumenmäßig viel kleinere Gebäude entkräftet, eine freie Sicht auf die Burg sei sichergestellt.

Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.1998 unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet zurück. Wegen des fehlenden Einvernehmens der Gemeinde seien die Baubehörden an einer Erteilung der Baugenehmigung gehindert. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 4.11.1998 zugestellt.

Die Kläger haben am 1.12.1998 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung haben sie vorgetragen: Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit ihres Vorhabens richte sich nach § 34 Abs. 1 BauGB. Es füge sich sowohl nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der überbaubaren Grundstücksfläche sowie der Bauweise in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen beeinträchtige es auch nicht das Ortsbild. § 9 BauGB erlaube keine Festsetzung hinsichtlich der Dachgestaltung, so dass das geplante Flachdach nicht die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit ihres Wohnhauses begründen könne. Auch ein Verstoß gegen das Denkmalschutzrecht liege nicht vor. Ihr Vorhaben unterliege nicht der denkmalschutzrechtlichen Zustimmungs- oder Genehmigungspflicht, denn es gehöre nicht zu der Umgebung, die für das Kulturdenkmal Burg Niederalfingen von erheblicher Bedeutung sei. Es fehle ein optischer Bezug zu diesem. Selbst wenn man jedoch annehmen würde, dass das Baugrundstück zu der maßgeblichen Umgebung gehöre, so liege jedenfalls keine erhebliche Beeinträchtigung vor.

Das beklagte Land hat Klagabweisung beantragt und sich zur Sache geäußert.

Nach Beiladung der Gemeinde mit Beschluss vom 21.1.1999 und Übertragung der Sache auf den Einzelrichter mit Beschluss vom 3.3.2000 hat das Verwaltungsgericht die Klage mit Urteil vom 28.3.2000 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Die Klage sei unzulässig, weil bereits der Widerspruch der Kläger unzulässig gewesen sei. Er sei nach Ablauf der Widerspruchsfrist eingegangen, Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätten nicht vorgelegen. Das Regierungspräsidium habe die Gewährung der Wiedereinsetzung nicht begründet und damit zu erkennen gegeben, dass es die von den Klägern vorgetragenen Gründe anerkenne. Diese könnten jedoch eine Wiedereinsetzung nicht rechtfertigen. Das Gericht sei an die behördliche Wiedereinsetzung nicht gebunden, da in § 70 Abs. 2 VwGO nicht auf § 60 Abs. 5 VwGO verwiesen werde. Auf die Frage, ob es im Ermessen der Widerspruchsbehörde liege, trotz Vorliegens eines verfristeten Widerspruchs zur Sache zu entscheiden und dadurch den Rechtsweg neu zu eröffnen, komme es nicht an, da das Regierungspräsidium ausdrücklich von einem fristgerechten Widerspruch ausgegangen sei und deshalb gerade nicht von seinem Ermessen, über einen verfristeten Widerspruch zur Sache zu entscheiden, Gebrauch gemacht habe. Das Urteil wurde den Klägern am 5.7.2000 zugestellt.

Mit ihrer vom Senat mit Beschluss vom 6.9.2000 zugelassenen Berufung beantragen die Kläger,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28. März 2000 - 6 K 5842/98 - zu ändern, den Bescheid des Landratsamtes Ostalbkreis vom 27. Juli 1998 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Oktober 1998 aufzuheben sowie das beklagte Land zu verpflichten, über ihren Bauantrag vom 15. Mai 1998 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Sie tragen vor: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es durch die vom Regierungspräsidium gewährte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gebunden sei. Der fehlende Hinweis auf § 60 Abs. 5 VwGO bedeute lediglich, dass die Wiedereinsetzung durch einen dadurch beschwerten Dritten angefochten werden könne. Dies sei vorliegend jedoch nicht geschehen. Unzutreffend sei auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Sachentscheidung des Regierungspräsidiums habe den Klageweg nicht eröffnet, weil dieses das ihm insoweit eingeräumte Ermessen nicht betätigt habe. Schließlich seien entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts auch Gründe für eine Wiedereinsetzung gegeben. Die Kläger seien wegen der schweren Erkrankung ihrer Tochter an der rechtzeitigen Einlegung des Widerspruchs gehindert gewesen. Die demgemäss zulässige Klage sei - wie sie bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dargelegt hätten - auch begründet.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Nachdem das Regierungspräsidium eine Sachentscheidung getroffen habe, werde in Ansehung der Zulässigkeit der Klage der Berufung nicht entgegengetreten. Bei einer Sachentscheidung sei zu berücksichtigen, dass das geplante Gebäude nicht mit § 11 LBO in Einklang stehe. Zwar werde die Gestaltung des Gebäudes als solches nicht kritisiert, doch sei das Vorhaben mit seiner Umgebung, dem vorhandenen Orts- und Straßenbild, nicht in Einklang zu bringen. Die Baugestaltung im umgebenden historischen Ortskern des Teilorts Niederalfingen sei durch bis zu zweigeschossige Gebäude ausschließlich mit Satteldächern geprägt. Dieses harmonische Ortsbild werde durch einen zweigeschossigen Flachdachbau empfindlich gestört, es wirke grob unangemessen und wecke das Gefühl des Missfallens. Hinzu komme, dass Niederalfingen durch das eingetragene Kulturdenkmal der Burg Niederalfingen und das ehemalige Vogtshaus bestimmt werde. Diese werteten das Ortsbild erheblich auf und stellten es über vergleichbare Ortschaften. Es bestehe daher ein gesteigertes Allgemeininteresse, dieses Ortsbild zu bewahren. Demgemäss nehme das zweigeschossige Flachdachgebäude nicht die gebotene Rücksicht auf die Kulturdenkmale. Dies ergebe sich auch aus einer Stellungnahme des Landesdenkmalamts Baden-Württemberg.

Die Beigeladene beantragt gleichfalls,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie hält die Klagen für unzulässig. Das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass Wiedereinsetzungsgründe wegen der Versäumung der Widerspruchsfrist nicht vorgelegen hätten. Seine Entscheidung verdiene auch Zustimmung, soweit es sich nicht an die Wiedereinsetzung durch das Regierungspräsidium gebunden gefühlt habe. Die Zulässigkeit sei von Amts wegen zu prüfen. Auch eine Heilung der Fristversäumung durch die Sachentscheidung des Regierungspräsidiums sei nicht eingetreten. Im Übrigen sei die Klage jedoch unbegründet, weil eine Beeinträchtigung des Ortsbildes im Sinne von § 34 Abs. 1 S. 2 BauGB vorliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrag der Beteiligten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten des Landratsamts Ostalbkreis und des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie des Verwaltungsgerichts und die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins. Auch auf die hierüber gefertigte Niederschrift wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die - zulässigen - Berufungen haben keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zwar zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Seine Entscheidung ist jedoch im Ergebnis richtig, weil die Klagen unbegründet sind.

I. Die Klagabweisung durch das Verwaltungsgericht erweist sich bereits deshalb als rechtsfehlerhaft, weil der in der Wiedereinsetzung durch das Regierungspräsidium zu sehende begünstigende Verwaltungsakt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 70 Rn 11) nicht zur Disposition des Verwaltungsgerichts stand. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn er von einem dadurch nachteilig Betroffenen angefochten worden wäre, wie dies nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Sachentscheidung bei verspätetem Widerspruch für möglich gehalten wird (BVerwGE 60, 297, 314; NVwZ 1983, 285). Aus diesem Grund geht auch der Hinweis im angefochtenen Urteil auf den im Widerspruchsverfahren mangels Verweisung in § 70 Abs. 2 VwGO nicht geltenden Anfechtbarkeitsausschluss in § 60 Abs. 5 VwGO fehl. Denn die durch die Sachentscheidung des Regierungspräsidiums allenfalls als beschwert anzusehende beigeladene Gemeinde (vgl. hierzu BVerwG, NJW 1971, 1195 und DVBl. 1972, 423) hat sich zunächst nicht gegen den den Verwaltungsrechtsweg eröffnenden Widerspruchsbescheid gewandt; sie hat sich vielmehr ausweislich des Tatbestands des angefochtenen Urteils in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ebenso wie das beklagte Land nur zur Sache geäußert. Die Klage ist aber auch deshalb zulässig, weil das Regierungspräsidium durch seine Sachentscheidung den Mangel der Fristversäumung geheilt hat (st. Rspr., vgl. die Nachweise bei Eyermann/Rennert, VwGO, 11. Aufl., § 70 Rn 8). Aus welchem Grund dies geschehen ist und ob sich das Regierungspräsidium dabei des ihm insoweit zustehenden Ermessens bewusst war, ist - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - unbeachtlich. Maßgebend ist vielmehr allein, dass sich die Widerspruchsbehörde mit der Sache befasst hat und damit dem Aspekt der Selbstkontrolle der Verwaltung Rechnung getragen hat. Dies hat bei Konstellationen der vorliegend zu beurteilenden Art, nämlich Verpflichtungsbegehren nach ablehnenden Behördenentscheidungen, vor allem auch deshalb zu gelten, weil hier weder dem die Bestandskraft rechtfertigenden Gedanken der Rechtssicherheit noch dem als Grund für die Einführung des Widerspruchsverfahrens genannten Gesichtspunkt der Entlastung der Verwaltungsgerichte (vgl. hierzu etwa BVerwG NVwZ 1987, 412) Bedeutung zukommt. Denn den Klägern stünde jederzeit die Möglichkeit offen, durch Einreichung eines neuen, inhaltsgleichen Baugesuchs eine nochmalige Befassung der Behörden und der Verwaltungsgerichte mit der Sache zu erzwingen.

II. Die danach zulässigen Klagen haben jedoch in der Sache keinen Erfolg, denn die den Bauantrag versagenden Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger daher nicht in eigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des von den Klägern geplanten Vorhabens beurteilt sich nach § 34 BauGB, da es in dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil Niederalfingen der Beigeladenen errichtet werden soll. Es fügt sich unstreitig nach Art und Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Entgegen der Annahme der Behörden kann auch keine Beeinträchtigung des Ortsbilds im Sinne dieser Vorschrift angenommen werden, weil die sowohl von der Beigeladenen als auch vom Landratsamt beanstandete Flachdachbauweise in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden kann. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 11.5.2000 - 4 C 14.98 - PBauE § 34 Abs. 1 BauGB Nr. 55) wird durch § 34 BauGB das Ortsbild nur in dem Umfang vor Beeinträchtigungen geschützt, wie dies im Geltungsbereich eines Bebauungsplans durch Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB und den ergänzenden Vorschriften der Baunutzungsverordnung möglich wäre. Da aber die Dachform nicht Gegenstand bauplanungsrechtlicher Festsetzungen sein kann (BVerwG a.a.O.), kann sie auch nicht Ursache einer Ortsbildbeeinträchtigung im Sinne der genannten Vorschrift sein.

Das beklagte Land und die Beigeladene haben jedoch im Berufungsverfahren und insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Recht darauf hingewiesen, dass das geplante Vorhaben gegen § 11 Abs.1 LBO verstößt. Nach dieser Vorschrift sind bauliche Anlagen mit ihrer Umgebung so in Einklang zu bringen, dass sie das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild nicht verunstalten oder deren beabsichtigte Gestaltung nicht beeinträchtigen. Auf Kultur und Naturdenkmale und auf erhaltenswerte Eigenarten der Umgebung ist Rücksicht zu nehmen. Der vom Senat eingenommene Augenschein hat die Richtigkeit der vor allem die ablehnende Haltung der Beigeladenen tragenden Ansicht nachdrücklich bestätigt. Der von den Klägern zur Genehmigung gestellte, langgestreckte und schmale Flachdachbau würde in seiner ausnahmslos durch Häuser mit ziegelgedeckten Satteldächern geprägten ländlichen Umgebung nicht nur als das harmonische Gesamtbild störender Fremdkörper empfunden, sondern vielmehr derart krass in Widerspruch zu dem Vorhandenen stehen, dass damit der Grad der Verunstaltung erreicht wird. Hinzu kommt, dass sich nach dem Ergebnis des Augenscheins auch die Auffassung der Denkmalschutzbehörde als zutreffend erweist, das Vorhaben der Kläger werde die durch § 15 Abs. 3 DSchG geschützte Wirkung des Kulturdenkmals Burg Niederalfingen erheblich beeinträchtigen. Diese in mehreren Stellungnahmen eingehend begründete Auffassung macht sich der Senat uneingeschränkt zu eigen. Das fast am Ortsrand an der in Richtung Ortsmitte und damit zugleich auch in Richtung auf die Burg verlaufenden Straße liegende Grundstück der Kläger würde an dieser Stelle ganz besonders ins Auge fallen und den Blick auf die dahinter aufragende Burg in einer Weise gefangen nehmen, die nur als erhebliche Beeinträchtigung dieses Kulturdenkmals gewertet werden kann. Es bestünde eine solche Divergenz zwischen dem harmonischen Gesamtbild des von der Burg und dem prachtvollen Fachwerkbau des Vogtshauses überragten Dorf und dem geplanten Vorhaben, dass für jeden aus dieser Richtung ankommenden aufgeschlossenen Betrachter das schützenswerte Ensemble in signifikanter Weise gestört würde. Damit wird zugleich auch ein Verstoß gegen das in § 11 Abs. 1 S. 2 LBO enthaltene Gebot, auf Kulturdenkmäler Rücksicht zu nehmen, begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Beschluss

Der Streiwert des Berufungsverfahrens wird auf 20.000,-- DM festgesetzt (§ 13 Abs. 1 S. 1 GKG).

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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