Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 06.07.2001
Aktenzeichen: 8 S 268/01
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB


Vorschriften:

VwGO § 124a Abs. 3 S. 4
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1
1. Eine Berufung ist trotz des Fehlens eines ausdrücklichen Rechtsmittel- und Sachantrags zulässig, wenn sich aus dem Vortrag des Klägers eindeutig und ohne Zweifel entnehmen lässt, was er mit dem Rechtsmittel anstrebt.

2. Auch beim Fehlen einer Gewinnerzielung kann einer landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstelle die Betriebseigenschaft zuerkannt werden, wenn etwa die Größe der landwirtschaftlichen Nutzfläche, insbesondere wenn sie im Eigentum des Landwirts steht und das aufgewendete Kapital für die Nachhaltigkeit und die Ernsthaftigkeit der Bewirtschaftung sprechen (im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 11. April 1986 - 4 C 67.82 - NVwZ 1986, 916 = PBauE § 35 Abs. 1 BauGB Nr. 12).


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

8 S 268/01

Verkündet am 6.7.2001

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Ablehnung eines Bauantrags, Beiseitigung erbauter Anlagen, Androhung eines Zwangsgeldes

hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Prof. Dr. Schmidt sowie die Richter am Verwaltungsgerichtshof Schenk und Rieger auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. August 2000 - 14 K 1082/98 - wird geändert.

Der Bescheid des Landratsamts Esslingen vom 6. Juli 1995 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24. Februar 1998 werden aufgehoben. Das beklagte Land wird verpflichtet, dem Kläger die Baugenehmigung zur Erstellung eines Weideunterstandes mit Nebenräumen, einer Einfriedigung und einer Zufahrt in Schotterbauweise auf den Grundstücken Flst.Nrn. 623/4 und 5 sowie 6735 bis 6746 der Gemarkung Neuffen nach Maßgabe des Bauantrags vom 20. Februar 1995 zu erteilen.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit eines im Außenbereich der Gemarkung der Beigeladenen bereits errichteten Weideunterstandes nebst einer Einfriedigung und einer Zufahrt.

Der Kläger hält auf den ihm gehörenden Grundstücken Flst.Nrn. 623/4 und 5 sowie 6735 bis 6746 der Gemarkung Neuffen (ca. 6 ha) sowie auf weiteren gepachteten Grundstücken seit dem Jahre 1994 Galloway-Rinder und errichtete zu diesem Zweck einen Weideunterstand, ohne zuvor eine Baugenehmigung eingeholt zu haben. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung des Landratsamts Esslingen "Neuffen, auf Gemarkung Neuffen und Kappishäusern" vom 10.8.1993. Die Rinder befinden sich ganzjährig auf den Koppeln; der Weideunterstand dient als Stall sowie als Futter- und Lagerraum. Der derzeitige Bestand beläuft sich auf 19 Rinder (Mutterkühe mit Nachzucht).

Den Bauantrag des Klägers vom 20.2.1995 lehnte das Landratsamt Esslingen mit Bescheid vom 6.7.1995 ab; zugleich verfügte es den Abbruch der bereits errichteten baulichen Anlagen unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit und Androhung eines Zwangsgeldes i.H. von 5.000,-- DM. Ein hiergegen angestrengtes Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hatte Erfolg (Beschl. des VG Stuttgart vom 29.8.1996 - 14 K 3941/95 -).

Das Landratsamt begründete seine Entscheidung damit, dass das Vorhaben des Klägers keinem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Die Rinderzucht sei kein landwirtschaftlicher Nebenerwerb, da sie keine zusätzliche dauerhafte Sicherung seiner Existenz biete, sondern vielmehr aus Liebhaberei und zur Pflege der Landschaft betrieben werde. Zudem sei auch die persönliche Eignung des Klägers als Betriebsführer nicht nachgewiesen. Seinem Vorhaben stünden im Übrigen auch öffentliche Belange entgegen. Es beeinträchtige Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie die natürliche Eigenart der Landschaft und deren Aufgabe als Erholungsgebiet. Schließlich fehle auch das erforderliche Einvernehmen der Stadt Neuffen sowie die wegen der Lage im Landschaftsschutzgebiet erforderliche naturschutzrechtliche Erlaubnis.

Mit der gleichen Begründung wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.2.1998 zurück.

Der Kläger hat am 4.3.1998 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung hat er vorgetragen, seine landwirtschaftliche Betätigung unterscheide sich nicht von dem klassischen Vorstellungsbild eines Landwirts; er betreibe seine Landwirtschaft ernsthaft und nachhaltig. Er habe im Jahre 1998 durch die Schlachtung von zwei Rindern und den anschließenden Fleischverkauf 5.800,-- DM erlöst. Außerdem habe er acht Stück Vieh zum Preis von 21.700,-- DM veräußert. Angesichts der so erzielten Erlöse habe sein derzeitiger Viehbestand einen Wert von mindestens 37.000,-- DM. Die Ernsthaftigkeit seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit werde auch durch den Wert der ihm gehörenden Grundstücke, der ca. 400.000,-- DM betrage, belegt. Der Weideunterstand sei zur Haltung der Galloway-Rinder erforderlich. Das Gleiche gelte für die Einfriedigung und die geschotterte Zufahrt, die wegen des Transports der ca. 750 kg wiegenden Rinder befestigt werden müsse.

Das Verwaltungsgericht hat nach Beiladung der Gemeinde und nach Einnahme eines Augenscheins - dem Antrag des beklagten Landes entsprechend - die Klage mit Urteil des Einzelrichters vom 17.8.2000 - dem Kläger zugestellt am 17.11.2000 - abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Der Weideunterstand sei im Außenbereich nicht zulässig, weil es sich dabei nicht um ein privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB handle. Zwar betreibe der Kläger mit seiner Viehzucht Landwirtschaft, es fehle ihr jedoch der erforderliche Umfang, um sie als einen Nebenerwerbsbetrieb anerkennen zu können. Dies würde nach den Äußerungen des Amtes für Landwirtschaft, Landschafts- und Bodenkultur - ALLB - Nürtingen voraussetzen, dass der Kläger einen Viehbestand von mindestens 50 Stück haben müsse. Diesen Mindestumfang erreiche der Kläger mit derzeit sechs Mutterkühen nebst Nachzucht nicht. Die vom Kläger genannten Erlöse könnten nicht zugrunde gelegt werden, weil in ihnen die typischerweise anfallenden Kosten nicht ausreichend berücksichtigt seien. Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass es sich um ein privilegiertes Vorhaben handle, könne es gleichwohl nicht zugelassen werden, da ihm Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege entgegenstünden. Es stehe im Widerspruch zu den Bestimmungen der Landschaftsschutzverordnung, nach der alle Handlungen verboten seien, die den Charakter des Gebiets ändern oder dem Schutzzweck zuwiderlaufen. Das Vorhaben des Klägers führe nämlich in erheblichem Maße zu einer nachteiligen Veränderung des Landschaftsbilds im geschützten Bereich. Wegen seiner Größe und exponierten Lage sei es ein auffälliger Fremdkörper mit erheblicher Auswirkung auf die Landschaft, die überwiegend aus Obstbaumwiesen bestünde. Das im fraglichen Bereich vorhandene ältere Wochenendhaus falle kaum ins Gewicht. Auch durch die Einfriedigung mit Tor und die geschotterte Zufahrt werde das Landschaftsbild nachteilig verändert. Die naturschutzrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens könne nicht durch eine Ausnahmeerlaubnis überwunden werden. Auch die Beseitigungsanordnung sei rechtmäßig. Der Kläger könne sich nicht auf Bestandsschutz berufen. Die Behörde habe das ihr eingeräumte Ermessen fehlerfrei betätigt.

Mit der vom Senat gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassenen Berufung beantragt der Kläger,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. August 2000 - 14 K 1082/98 - zu ändern, den Bescheid des Landratsamt Esslingen vom 6. Juli 1995 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24. Februar 1998 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, ihm die Baugenehmigung zur Erstellung eines Weideunterstandes mit Nebenräumen, einer Einfriedigung und einer Zufahrt in Schotterbauweise auf den Grundstücken Flst.Nrn. 623/4 und 5, sowie 6735 bis 6746 der Gemarkung Neuffen zu erteilen.

Zur Begründung trägt er vor: Mit seiner Galloway-Rinderzucht und dem Obstanbau liege ein Nebenerwerbsbetrieb vor. Bei dem vom ALLB Nürtingen genannten Betrag von 4.000,-- DM handle es sich nicht um eine starre Gewinngrenze, eine solche könne es für Nebenerwerbsbetriebe nicht geben. Maßgeblich seien die Merkmale der Ernsthaftigkeit, Dauerhaftigkeit und Lebensfähigkeit des Betriebs, des Umfangs der je nach der Wirtschaftsart erforderlichen Betriebsmittel sowie ein Mindestmaß an Organisation und die Absicht, die auf Dauer bestehende Möglichkeit einer nennenswerten Gewinnerzielung sowie die erforderlichen Fähigkeiten des Betriebsinhabers. Diese Voraussetzungen seien ausnahmslos gegeben. Es handle sich um einen Einmannbetrieb, in dem überwiegend alle Arbeiten in Eigenleistung erbracht würden. Dies sei möglich, weil seine Grundstücke nur aus zusammenhängenden Flächen bestünden. Hinzu komme, dass er einen Teil seines Erlöses durch den Verkauf von Obst erziele. Auf seinen Streuobstwiesen stünde eine Vielzahl hochwertiger Tafelobstbäume, die insgesamt einen Ertrag von über 18.000,--DM brächten. Zusammen mit dem Gewinn aus der Gallowy-Haltung von 8.330,-- DM pro Jahr habe er mithin aus seinem Nebenerwerbsbetrieb Einnahmen in Höhe von über 26.000,-- DM. Die Ernsthaftigkeit, Dauerhaftigkeit und Lebensfähigkeit seines Betriebs werde allein dadurch belegt, dass er diesen bereits seit acht Jahren führe. Seine persönlichen Fähigkeiten zur Betriebsführung würde inzwischen auch vom ALLB bestätigt. Sowohl Weideunterstand als auch Einfriedigung und geschotterte Zufahrt dienten seinem Betrieb. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sei sein Vorhaben auch mit der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet vereinbar. Diese lasse die ordnungsgemäße Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Grundstücke zu. Hierzu gehöre auch das Errichten baulicher Anlagen. Hinzu komme, dass das Landschaftsbild im fraglichen Bereich nur eine geringe Schutzwürdigkeit aufweise. Jedenfalls habe er einen Anspruch auf eine Befreiung, weil es um den Schutz eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs gehe.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen Kalkulation sowohl der Galloway-Haltung als auch der Obstbaumbewirtschaftung fehlten ganz oder teilweise die Kostenpositionen, die zu erzielenden Erlöse seien nicht nachgewiesen. Der hohe Anteil von hochwertigem Tafel- und Verwertungsobst sei unwahrscheinlich, nachdem ausschließlich Halb- und Hochstämme bewirtschaftet würden. Selbst wenn man jedoch eine Privilegierung annehmen wolle, stünden - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt habe - öffentliche Belange dem Vorhaben entgegen. Auf die Privilegierung in der Landschaftsschutzverordnung könne sich der Kläger nicht berufen, da es sich bei der vom Kläger betriebenen Rinderhaltung um keine Landwirtschaft im Sinne der Landschaftsschutzverordnung handle. Auch werde die Errichtung von Bauvorhaben von der genannten Privilegierung nicht erfasst, die nur die tägliche Wirtschaftsweise des Landwirts meine. Eine naturschutzrechtliche Erlaubnis komme nicht in Betracht, weil die Baumaßnahme dem Schutzzweck der Verordnung zuwiderlaufe. Eine Befreiung sei nicht möglich, weil keine unbeabsichtigte Härte vorliege.

Die Beigeladene hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die dem Senat vorliegenden Akten des Verwaltungsgerichts, der Beklagten sowie des Regierungspräsidiums Stuttgart verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins. Auf die hierüber gefertigte Niederschrift wird gleichfalls verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat Erfolg; sie führt zur Änderung des angefochtenen Urteils sowie zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide und zur Verpflichtung der Behörde zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung.

I. Die Berufung ist trotz des Fehlens eines ausdrücklichen Rechtsmittel- und Sachantrags zulässig, denn es lässt sich aus dem Vortrag des Klägers eindeutig und ohne Zweifel entnehmen, was er mit dem Rechtsmittel anstrebt (vgl. Eyermann/Happ, VwGO, 11. Aufl., § 124a Rn 58).

II. Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn der Kläger hat als Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs einen Rechtsanspruch auf die beantragte Baugenehmigung für einen Rinderstall; demgemäß erweisen sich auch die Beseitigungsanordnung und die Zwangsgeldandrohung als rechtswidrig.

1. Das Vorhaben des Klägers ist privilegiert zulässig, denn es dient einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Die Zucht der Galloway-Rinder ist Landwirtschaft im Sinne von § 201 BauGB. Entgegen der Annahme des beklagten Landes und des Verwaltungsgerichts sind jedoch auch die Tatbestandsmerkmale eines landwirtschaftlichen Betriebs erfüllt. Das beklagte Land und ihm folgend das Verwaltungsgericht haben mit ihrer allein an der Gewinnerzielungsmöglichkeit ausgerichteten Argumentation übersehen, dass die für die Bejahung der Betriebseigenschaft zu fordernde Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung nicht unbedingt die Erzielung von Gewinnen voraussetzt; diese gehört vielmehr nicht zwingend zu den Voraussetzungen, an die die Betriebseigenschaft geknüpft ist. Demgemäß ist nicht stets und in allen Fällen die Betriebseigenschaft und damit die Privilegierung i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu verneinen, wenn (bisher) ein Gewinn nicht erzielt und auch in absehbarer Zeit (noch) nicht zu erzielen ist (BVerwG, Urt. v. 11.4.1986 - 4 C 67.82 - NVwZ 1986, 916 = BauR 1986, 419 = PBauE § 35 Abs. 1 BauGB Nr. 12; OVG NRW, Urt. v. 21.7.1999 - 7 A 10.98 - PBauE § 35 Abs. 1 BauGB Nr. 40a). Vielmehr kommt der Größe der landwirtschaftlichen Nutzflächen neben der Betriebsform und der Betriebsorganisation sowie dem aufgewendeten Kapital indizielle Bedeutung für die Bejahung der Betriebseigenschaft zu. Je größer die landwirtschaftliche Nutzfläche ist, um so geringere Bedeutung kann dem Indiz der Gewinnerzielung zuerkannt werden (BVerwG a.a.O.).

In Anwendung dieser Grundsätze kann vorliegend die Betriebseigenschaft nicht ernsthaft bezweifelt werden. Der Kläger hält seine Rinder auf einer - nach Angaben des Vertreters des ALLB Nürtingen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat für die Haltung von 24 Galloway-Rindern ausreichenden - Fläche von ca. 6 ha Eigenland. Damit ist das landwirtschaftliche Grundeigentum des Klägers größer als dies nach Kenntnis des Senats bei einer Vielzahl von Vollerwerbslandwirten, die im Wesentlichen auf Pachtland arbeiten, der Fall ist. Als weiteres Indiz für die Ernsthaftigkeit des Betriebs ist der von ihm bislang erbrachte finanzielle Aufwand sowohl für den Grunderwerb als insbesondere auch für den Bau des Weideunterstandes (zu dessen Berücksichtigung vgl. gleichfalls BVerwG, Urt. v. 11.4.1986 a.a.O.) zu werten. Der durch dessen Abbruch verursachte Verlust wäre im Übrigen wesentlich größer als der, der nach den Berechnungen des ALLB bei einer Fortführung des Betriebs entstehen kann. Schließlich stellt sich aber auch die wirtschaftliche Rentabilität des Betriebs nicht so ungünstig dar, wie dies die vom beklagten Land vorgelegte Berechnung des ALLB vermittelt. Denn darin sind wesentliche Kostenfaktoren enthalten, die zwar generell bei landwirtschaftlichen Betrieben anfallen können, die dem Kläger jedoch nachweislich nicht entstanden sind. Dies gilt insbesondere für das mit 50.000,-- DM angesetzte Geländefahrzeug, das dem Kläger kostenlos zur Verfügung steht, sowie für den gleichfalls mit 50.000,-- DM bewerteten Kühlraum, da der Kläger nach seinen glaubhaften Angaben lediglich über einen nicht gekühlten Raum im Keller seines Wohnhauses verfügt und dieser für die Zwecke seines Betriebs ausreichend ist. Berücksichtigt man weiterhin, dass die Einnahmen des Klägers nicht nur aus dem Verkauf des Schlachtviehs, sondern auch von Teilen der Nachzucht herrühren und dass die Lebenszeit und damit die "Produktivität" seiner Rinder wesentlich höher ist, als dies das ALLB seinen Berechnungen zugrunde gelegt hat (bis zu 14 statt 5 Jahre) und dass die für die Eigenarbeit angesetzten Lohnkosten nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden können, so kann auch unter dem Aspekt der Gewinnerzielung die Ernsthaftigkeit der Betriebsführung durch den Kläger nicht ernsthaft in Frage gestellt werden.

Hinzu kommt schließlich noch, dass der oftmals bei Nebenerwerbslandwirten nahe liegende Wunsch, im Außenbereich zu wohnen, vorliegend erkennbar keine Rolle spielt. Da das hier streitige Bauvorhaben dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers dient und auch die ursprünglich in Frage gestellte personelle Qualifikation des Klägers inzwischen außer Streit ist, ist ihm die Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zuzuerkennen.

Dem Vorhaben des Klägers stehen keine öffentlichen Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB entgegen. Der vom Senat eingenommene Augenschein hat ergeben, dass die Beeinträchtigung des Landschaftsbilds durch das weitgehend durch Bäume verdeckte Stallgebäude und die geschotterte Zufahrt nur als geringfügig einzustufen ist. Störend sind derzeit vielmehr die das Stallgebäude umgebenden, einen unordentlichen Eindruck vermittelnden Ablagerungen von Futtermaterial sowie vor allem die im Eingangsbereich des Anwesens aufgestellten Stahlgitter. Deren Beseitigung wird dem Kläger mit einer in die Baugenehmigung aufzunehmenden Nebenbestimmungen aufzugeben sein.

2. Das Vorhaben des Klägers widerspricht auch nicht den Vorschriften der Verordnung des Landratsamts Esslingen über das Landschaftsschutzgebiet "Neuffen, auf Gemarkung Neuffen und Kappishäusern" vom 10. August 1993. Nach § 6 der Verordnung gelten die in §§ 4 und 5 derselben enthaltenen Verbote und Erlaubnisvorbehalte nicht für die Nutzung im Rahmen einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke mit Ausnahme der Handlungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 6, 15, 16, 17 und 18. Aus der Nichtbenennung der in § 5 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung als erlaubnisbedürftig aufgeführten Errichtung von baulichen Anlagen im Sinne der Landesbauordnung ergibt sich zwingend, dass diese als zulässige Handlungen im Sinne von § 6 der Verordnung anzusehen sind. Ob dieses Ergebnis vom Verordnungsgeber gewollt und ob dies sinnvoll ist, kann demgemäß dahinstehen.

Nach allem stehen dem Vorhaben des Klägers keine von der Baurechtsbehörde zu beachtenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen (§ 58 Abs. 1 LBO), so dass ihm die beantragte Genehmigung zu erteilen ist. Die demgemäß im Tenor ausgesprochene Verpflichtung der Behörde hierzu hindert diese allerdings nicht, die Baugenehmigung mit Nebenbestimmungen zu versehen, die bewirken, dass der beim Augenschein festgestellte, optisch teilweise unbefriedigende Eindruck des Stalles und vor allem seiner unmittelbaren Umgebung beseitigt und die Gesamtanlage landschaftsgerecht gestaltet wird. Dies gilt insbesondere für die oben erwähnten Gitter, die nach den Angaben des Klägers für den Transport der Rinder bzw. dessen Vorbereitung benützt werden und die deshalb keinesfalls ständig und deutlich sichtbar auf dem Grundstück abgestellt werden müssen.

3. Aus der festgestellten materiellen Rechtmäßigkeit des Vorhabens des Klägers ergibt sich zwangsläufig die Rechtswidrigkeit der Beseitigungsanordnung und der zu deren Durchsetzung ergangen Zwangsgeldfestsetzung. Diese sind daher antragsgemäß aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.

Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Beschluss

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 20.000,-- DM festgesetzt (§ 13 Abs. 1 S. 1 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück