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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 21.12.2001
Aktenzeichen: 8 S 2749/01
Rechtsgebiete: GG, BGB
Vorschriften:
GG Art. 14 Abs. 1 S. 1 | |
BGB § 917 Abs. 1 |
8 S 2749/01
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
wegen
Anfechtung eines Bauvorbescheids hier: Antrag auf Zulassung der Berufung
hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Prof. Dr. Schmidt sowie die Richter am Verwaltungsgerichtshof Schenk und Rieger
am 21. Dezember 2001
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Oktober 2001 - 6 K 5630/00 - wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 DM festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag ist unbegründet. An der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen entgegen der Meinung des Klägers keine ernstlichen Zweifel.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts verletzt der - von ihm für rechtswidrig gehaltene - Bauvorbescheid für das Wohnbauvorhaben des Beigeladenen nicht das in § 35 Abs. 3 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot, da das im Eigentum des Klägers stehende Grundstück Flst.Nr. 790 ausschließlich landwirtschaftlich genutzt wird. Das ist offensichtlich richtig und wird auch vom Kläger in der Begründung seines Zulassungsantrags nicht in Zweifel gezogen. Seine Klage könnte hiervon ausgehend nur dann Erfolg haben, wenn der angefochtene Bauvorbescheid ihn in seinem durch Art. 14 Abs. S. 1 GG geschützten Eigentumsrecht verletzten würde. Dafür vermag der Senat jedoch ebenso wenig wie das Verwaltungsgericht etwas zu erkennen.
Das Verwaltungsgericht ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass eine rechtswidrige Baugenehmigung einen Eingriff in das Eigentumsrecht des Nachbarn darstellen kann, wenn sie wegen fehlender Erschließung und der dadurch ausgelösten Verpflichtung zur Duldung eines Notwegrechts nach § 917 Abs. 1 BGB eine unmittelbare Rechtsverschlechterung bewirkt, und dem Nachbar in diesem Fall ein direkt aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG herzuleitender Abwehranspruch zusteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.3.1976 - 4 C 7.74 - BVerwGE 50, 282, 291; Beschl. v. 11.5.1998 - 4 B 45.98 - BRS 60 Nr. 182; BayVGH, Urt. v. 17.11.1999 - 26 B 96.1268 - BauR 2000, 855). Ein Eingriff in das Eigentum liegt jedoch nur dann vor, wenn die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks infolge der Bebauung nicht nur derart unwesentlich ist, dass der Nachbar die damit verbundenen Nachteile nach der Interessenwertung des § 906 Abs. 1 BGB ohne Weiteres hinnehmen muss (BVerwG, Urt. v. 26.3.1976, a.a.O.; OVG Saarland. Urt. v. 27.10.1995 - 2 W 42/95 - ). Ein unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG folgender Abwehranspruch gegen das Vorhaben des Beigeladenen steht dem Kläger danach selbst dann nicht zu, wenn es sich bei der teilweise über ihm gehörende Grundstücke führenden Zufahrt nicht um eine öffentliche Straße handeln sollte, wie dies die Beklagte behauptet, vom Verwaltungsgericht aber offen gelassen worden ist. Denn unter dieser Prämisse ist der Kläger bereits jetzt gemäß § 917 Abs. 1 BGB verpflichtet, die Benutzung der betreffenden Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung des dem Beigeladenen gehörenden, mit einem Wohnhaus sowie mehreren landwirtschaftlichen Gebäuden bebauten Grundstücks mit einem öffentlichen Weg zu dulden, da dieses über keine andere Zufahrt verfügt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend bemerkt, wird deshalb dem Kläger infolge des angefochtenen Bauvorbescheids nicht erstmals die Verpflichtung auferlegt, die Benutzung seiner Grundstücke als Zuwegung zu dulden, sondern lediglich eine schon jetzt bestehende Verpflichtung ausgedehnt. Die damit verbundenen Beeinträchtigungen sind auch nach Ansicht des Senats nur unwesentlich und müssen deshalb vom Kläger hingenommen werden.
Zwar lässt sich nicht bestreiten, dass das Hinzukommen eines vierten Gebäudes zu den bereits jetzt vorhandenen drei Wohnhäusern, deren Zufahrt teilweise über die dem Kläger gehörenden Grundstücke verläuft, zu einer erhöhten Inanspruchnahme des Wegs führt. Diese beschränkt sich jedoch täglich auf einige wenige zusätzliche Fahrten mit normalen PKW. Ob sich der vom Kläger genannte Nachteil in Gestalt einer schnelleren Abnützung des Straßenbelags überhaupt messen lässt, erscheint daher äußerst fraglich. Aber selbst wenn man dies bejahen wollte, so wäre ein darin liegender Nachteil jedenfalls nur derart geringfügig, dass er vom Kläger hingenommen werden muss. Das gilt umso mehr, als der Kläger, sofern es sich bei der über seine Grundstücke führenden Zufahrt tatsächlich nicht um eine öffentliche Straße handeln sollte, nach § 917 Abs. 2 BGB eine Entschädigung für die Inanspruchnahme seiner Grundstücke in Form einer Geldrente beanspruchen kann, deren Höhe sich nach dem ihm durch die Inanspruchnahme entstehenden Nachteile bestimmt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 S. 1 GKG. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind im Zulassungsverfahren nicht entstanden. Einer Entscheidung über ihre Erstattungsfähigkeit bedarf es daher nicht.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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