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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 30.03.2009
Aktenzeichen: 8 S 31/08
Rechtsgebiete: BauGB, BGB, AEG, GemO


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 11
BauGB § 24 Abs. 3 Satz 1
BauGB § 25 Abs. 1 Nr. 2
BauGB § 28 Abs. 2 Satz 2
BauGB § 38
BGB § 463
AEG § 18
GemO § 39 Abs. 2 Nr. 10
Bestimmt sich die innergemeindliche Zuständigkeit für eine Beschlussfassung nach Wertgrenzen, so steht dem jeweiligen Organ bzw. Organteil eine Einschätzungsprärogative zu.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

8 S 31/08

Verkündet am 30.03.2009

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Ausübung eines Vorkaufsrechts

hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 13. September 2007 - 6 K 766/07 - geändert; die Klagen werden abgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Ausübung eines Vorkaufsrechts durch die Beklagte.

Die Klägerin 1 ist Eigentümerin des Grundstücks Flst. Nr. 6888, das zum ehemaligen Güterbahnhof Reutlingen gehört, dessen Betrieb vor etwa 20 Jahren aufgegeben wurde. Sie veräußerte im Rahmen eines umfassenderen Vertragswerks am 26.3.2003 zwei zusammen etwa 52.286 m² große Teilflächen dieses Grundstücks an die Klägerin 2 zu einem Kaufpreis von € 65.124,66. Sie war damals Kommanditistin dieser Klägerin. Komplementärin war die Aurelis Management GmbH, an der die Klägerin 1 wiederum zu 48,85 % beteiligt war. Die übrigen Geschäftsanteile an dieser GmbH gehörten der WestLB (39,23 %), der Westdeutschen Immobilienbank (10 %) und der Westfälischen Provinzial Lebensversicherung (1,92 %). Heute hält die Klägerin 1 keine Anteile mehr an der Klägerin 2. Diese wurde vielmehr im Dezember 2007 von einem Konsortium aus Hochtief Projektentwicklung GmbH und Redwood Grove International übernommen, die je zur Hälfte an dem Konsortium beteiligt sind.

Zuvor hatte der Gemeinderat der Beklagten am 29.4.1999 beschlossen, einen Bebauungsplan für den früheren Güterbahnhof aufzustellen. Im Wesentlichen wurden Sondergebiete für einen Containerbahnhof, für ein Logistik-Zentrum und für Vereinsanlagen vorgesehen. Begründet wurde die Planung damit, dass die im Rahmen der Umnutzung frei werdenden Bahnflächen von städtebaulicher und stadtentwicklungspolitischer Bedeutung seien. Sie lägen gut erschlossen am Rande der Innenstadt und böten die Chance, mit neuen Nutzungen das bestehende Stadtgefüge sinnvoll zu erweitern und zu ergänzen. Bei den frei werdenden Bahnflächen handle es sich aber um planfestgestelltes Gelände, für das die Stadt keine Planungshoheit besitze. Andererseits stehe ihr ohne konkretisierte Planvorstellungen kein Instrumentarium zur Verfügung, um - etwa bei einer kurzfristigen Entwidmung des Bahngeländes - städtebaulich unerwünschten Nutzungen, Vorhaben und Entwicklungen begegnen zu können. Ein Aufstellungsbeschluss versetze sie in die Lage, sich aktiv an einer positiven Entwicklung der Flächen zu beteiligen. Planungsziel sei es, den Güterbahnhof als Verknüpfungspunkt zwischen Straße und Schiene langfristig zu sichern. Falls sich die verkehrspolitischen Rahmenbedingungen ändern sollten, sei für die Stadt ein Standort für den kombinierten Ladeverkehr (KLV) oder ein Containerbahnhof erforderlich. Dafür sei im gesamten Stadtgebiet nur diese Bahnfläche geeignet. Die Planung wurde nur bis zu einer Anhörung der Träger öffentlicher Belange und der öffentlichen Auslegung eines Planentwurfs Ende des Jahres 2002 weiter betrieben.

Im Verlauf des Planungsverfahrens hatte der Gemeinderat der Beklagten am 22.3.2001 eine Satzung über ein besonderes Vorkaufsrecht nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB für den Planbereich beschlossen.

Der mit dem Vollzug des Grundstücksgeschäfts der Klägerinnen betraute Notar bat mit Schreiben vom 26.8.2003 an die Beklagte um Erteilung eines Negativattestes und übersandte am 8.10.2003 auf Anforderung eine beglaubigte Abschrift der Kaufvertragsurkunde und der dazugehörigen Bezugsurkunden. Die Beklagte hörte die Klägerinnen mit Schreiben vom 31.10.2003 zur beabsichtigten Ausübung ihres Vorkaufsrechts an. Der Finanzausschuss des Gemeinderats der Beklagten beschloss in seiner Sitzung vom 13.11.2003, das Vorkaufsrecht hinsichtlich der verkauften Teilflächen des Grundstücks Flst. Nr. 6888 auszuüben, und ermächtigte das Liegenschaftsamt, alle notwendigen Handlungen und Erklärungen vorzunehmen bzw. abzugeben. Dies geschah mit den Klägerinnen gesondert zugestellten Bescheiden vom 28.11.2003.

Die gegen diese Bescheide mit der Begründung erhobenen Widersprüche der Klägerinnen, die Klägerin 2 sei eine unmittelbare Tochtergesellschaft der Klägerin 1, weshalb der Kaufvertrag nicht mit einem Dritten geschlossen worden sei und somit kein Vorkaufsfall vorliege, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 8.10.2004 und nochmals - nach Beifügung von Rechtsmittelbelehrungen - vom 15.11.2004 zurück. Ein Kaufvertrag mit einem Dritten liege vor, denn an der Komplementär-GmbH der Klägerin 2 sei eine Investorengruppe mit einer - wenn auch geringen - Mehrheit beteiligt, die nicht der Klägerin 1 zuzurechnen sei. Es liege somit kein Fall einer Übertragung auf dieselben Personen in einem lediglich anderen gesellschaftsrechtlichen Gewand vor. Ferner enthalte der Kaufvertrag Regelungen zu Vorkaufsrechten, die überflüssig seien, träfe die Rechtsauffassung der Klägerinnen zu. Die Vorkaufsrechtssatzung sei wirksam beschlossen worden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Die Klägerinnen hätten nur ein wirtschaftliches Interesse an einer Verwertung der Flächen. Die Beklagte verfolge dagegen das Ziel, eine Aufgabe wahrzunehmen, aus der sich die Klägerin 1 und ihre Tochtergesellschaften in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgezogen hätten. Im Ergebnis hätten die Interessen der Beklagten ein deutliches Übergewicht.

Die Klägerinnen haben hiergegen rechtzeitig Klagen erhoben und geltend gemacht, die Klägerin 2 stehe vollständig im wirtschaftlichen Eigentum der Klägerin 1, weshalb der Grundstücksübergang auch nicht grunderwerbssteuerpflichtig gewesen sei. Es liege vielmehr eine konzerninterne Vermögensneuordnung vor, weshalb es an dem für einen Vorkaufsfall konstituierenden Erfordernis einer Veräußerung an einen Dritten fehle. Ferner seien die von der Beklagten verfolgten städtebaulichen Ziele in absehbarer Zeit nicht umsetzbar, weil die streitigen Flächen nach wie vor als Betriebsanlagen der Eisenbahn gewidmet seien und deshalb der Fachplanungsvorbehalt des § 38 BauGB gelte. Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertige die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht, da der angegebene Verwendungszweck mit dem Erwerb des Eigentums der Beklagten nicht erreicht werden könne. Schließlich sei der Finanzausschuss des Gemeinderats der Beklagten für die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht zuständig gewesen.

Die Beklagte ist den Klagen entgegengetreten und hat erwidert, sie trage mit der Bebauungsplanung und der Vorkaufsrechtssatzung den Bedürfnissen der Wirtschaft und den Belangen des Güterverkehrs Rechnung. Ihr Plankonzept sei auch realisierbar und vollziehe die Vorgaben der Landes- und Regionalplanung. Dem stehe die noch fehlende Entwidmung der Bahnflächen nicht entgegen, auch wenn sie aus diesem Grund noch keinen Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan fassen dürfe. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen für eine eisenbahnrechtliche Entwidmung vor. Der zwischen den Klägerinnen geschlossene Kaufvertrag stelle einen solchen mit einem Dritten dar, weil hinter den Vertragsparteien nicht dieselben Personen stünden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei auch durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt, Ermessensfehler lägen nicht vor. Der Finanzausschuss ihres Gemeinderats sei für diese Entscheidung zuständig gewesen, da zu dem Kaufpreis noch ein "Sicherheitszuschlag" für etwaige von ihr zu tragende Kosten für die Beseitigung von Altlasten hinzuzurechnen sei. Dadurch sei die Wertschwelle für die Entscheidungszuständigkeit des Ausschusses von - umgerechnet - € 76.694,-- erreicht worden. Dagegen sei die Wertschwelle für die Zuständigkeit des Gemeinderats nicht überschritten, da nur die mit der Ausübung des Vorkaufsrechts in einem rechtlichen Zusammenhang stehenden finanziellen Verpflichtungen berücksichtigungsfähig seien. Auch eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 10 GemO sei nicht gegeben.

Mit Urteil vom 13.9.2007 hat das Verwaltungsgericht den Klagen stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es entscheidend darauf abgehoben, dass der Finanzausschuss des Gemeinderats der Beklagten für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht zuständig gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die durch Beschluss des Senats vom 7.1.2008 - 8 S 2318/07 - zugelassene Berufung der Beklagten, mit der sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 13. September 2007 - 6 K 766/07 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.

Sie macht geltend: Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts habe nicht das zuständige Gemeindeorgan bzw. der zuständige Organteil getroffen, weil entweder die Oberbürgermeisterin oder der Gemeinderat, nicht aber der Finanzausschuss gemeindeintern zuständig gewesen sei, könne nicht gefolgt werden. Einerseits sei es nicht um einen Grundstückserwerb in Millionenhöhe gegangen, der dem Gemeinderat vorbehalten sei. Andererseits liege der vereinbarte Kaufpreis von € 65.124,66 - rechne man die Grunderwerbsteuer und die Notarkosten hinzu - nur knapp unter der Wertgrenze von € 76.693,78, bei der die Zuständigkeit der Oberbürgermeisterin nach der im maßgebenden Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidungen geltenden Hauptsatzung geendet und die Zuständigkeit des Finanzausschusses begonnen habe. Darüber hinaus habe die Stadt einen "Sicherheitszuschlag" für etwaige von ihr zu tragende Kosten für die Beseitigung von Altlasten hinzugerechnet. Die Klägerin 1 habe sich zwar in dem mit der Klägerin 2 geschlossenen Kaufvertrag grundsätzlich verpflichtet, solche Kosten zu tragen, jedoch sei diese Verpflichtung unter eine Reihe von Vorbehalten gestellt worden, weshalb der Erwerber ein Restrisiko zu tragen habe. Einschließlich dieses Zuschlages hätten die voraussichtlichen Kosten der Ausübung des Vorkaufsrechts innerhalb des Zuständigkeitsrahmens des Finanzausschusses gelegen, der von - umgerechnet - € 76.693,78 bis € 255.645,94 gereicht habe. Im Übrigen könne wegen der höheren demokratischen Legitimität des Ausschusses eine Übertragung der Entscheidung von der Oberbürgermeisterin auf diesen nicht beanstandet werden. Selbst wenn man dem nicht folge und annehme, der Beschluss des Finanzausschusses sei aus kompetenzrechtlichen Gründen verfahrensfehlerhaft zustande gekommen, verletze dies jedenfalls keine eigenen Rechte der Kläger. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts handle es sich um eine "städtebauliche Maßnahme" im Sinne des § 25 Abs. 1 Nr. 2 BauGB. Dem stehe nicht entgegen, dass sich ihre Planungshoheit erst vollständig realisieren lasse, wenn eine Entwidmung oder Freistellung gemäß § 23 AEG seitens des Eisenbahn-Bundesamtes vorliege. Ihre Bauleitplanung sichere nur Verkehrsflächen, deren nähere Überplanung in eisenbahnrechtlicher Hinsicht einer Planfeststellung oder Plangenehmigung bedürfe. Ihrer städtebaulichen Absicht, auf dem Gelände des früheren Güterbahnhofs ein Logistikzentrum sowie ein Container- und Ladebrückenterminal parallel zu den Gleisen einzurichten, stünden auch keine unüberwindbaren Hindernisse entgegen. Insbesondere bestehe innerhalb des anzunehmenden Planungshorizonts eine ernsthafte Realisierungschance.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidern: Die angefochtenen Bescheide, mit denen die Beklagte das Vorkaufsrecht ausgeübt habe, seien formell und materiell rechtwidrig. Ihre formelle Rechtswidrigkeit ergebe sich zum einen daraus, dass § 39 Abs. 2 Nr. 10 GemO eine Übertragung der Beschlussfassung auf einen beschließenden Ausschuss verbiete, wenn es um eine Verfügung über Gemeindevermögen gehe, die für die Gemeinde von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sei. Das treffe hier zu, weil durch die Ausübung des Vorkaufsrechts unmittelbar ein Kaufvertrag mit Pflichten der Beklagten zustande komme und das Grundstück für sie eine immense Bedeutung habe. Ferner weise die Hauptsatzung der Beklagten die Entscheidung über die Ausübung von Vorkaufsrechten, bei denen die voraussichtlichen Gesamtkosten die Wertgrenze von DM 150.000,-- nicht übersteige, eindeutig dem Oberbürgermeister zu. Diese Grenze werde hier selbst dann nicht überschritten, wenn die Grunderwerbssteuer und Notarkosten dem Kaufpreis hinzugerechnet würden. Die Hinzurechnung eines "Sicherheitszuschlags" komme aus mehreren Gründen nicht in Betracht. Insbesondere trage die Verkäuferin die möglichen Altlastenkosten und habe die Beklagte selbst die Höhe dieses Zuschlags nie beziffert. Im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts habe sie daran nicht gedacht. Schließlich könne den Überlegungen der Beklagten zu einer höheren demokratischen Legitimation des Finanzausschusses nicht gefolgt werden. Die materielle Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide ergebe sich daraus, dass die von der Beklagten angestrebten Planung eines Logistikzentrums mit Containerbahnhof an dem sich aus den §§ 38 BauGB und 18 AEG ergebenden Fachplanungsvorbehalt scheitere. Die Beklagte könne auch keine Verkehrsflächenfestsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB anstreben, weil die dafür erforderlichen städtebaulichen Gründe nicht ersichtlich seien, vielmehr werde ein Bahnkonzept verfolgt, das von der gemeindlichen Planungshoheit ausgenommen sei und für das auch kein Bedarf bestehe. Schließlich seien die Voraussetzungen des § 23 AEG für eine Entwidmung nicht gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der nachgereichte Schriftsatz der Klägerinnen vom 25.3.2009 gibt dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, denn er enthält kein neues Vorbringen, das einen über die Erörterungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom selben Tag hinausgehenden Gesprächsbedarf auslöste.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klagen abweisen müssen, weil die angefochtenen Bescheide vom 28.11.2003 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 8.10./15.11.2004 rechtmäßig sind und die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzen. Denn es ist nicht zu beanstanden, dass gemeindeintern der Finanzausschuss des Gemeinderats der Beklagten über die Ausübung des Vorkaufsrechts entschieden hat (nachfolgend 1.), es bestehen auch keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die Vorkaufsrechtssatzung vom 22.3.2001 (nachfolgend 2.) und die Annahme der Beklagten, dass ein Vorkaufsrechtsfall vorliege (nachfolgend 3.), schließlich ist auch das Erfordernis der Ausübung des Vorkaufsrechts zum Wohl der Allgemeinheit erfüllt (nachfolgend 4.).

1. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen ist die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht deshalb zu beanstanden, weil im vorliegenden Zusammenhang eine Zuständigkeit des Finanzausschusses gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 10 GemO ausgeschlossen sei (nachfolgend a). Ebenso wenig ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass aufgrund der damals geltenden Hauptsatzung der Beklagten der Finanzausschuss nicht zu dieser Entscheidung berufen gewesen sei (nachfolgend b).

a) Nach § 39 Abs. 2 Nr. 10 GemO darf die Beschlussfassung über eine Verfügung über Gemeindevermögen, die für die Gemeinde von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist, nicht auf einen beschließenden Ausschuss übertragen werden. Eine solche Bedeutung haben Geschäfte dann, wenn sie unmittelbar oder mittelbar wesentliche und nachhaltige Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung oder auf die wirtschaftliche Lage der Gemeinde haben (Kunze/Bronner/Katz, GemO, § 39 RdNr. 17 a. E.).

Die Klägerinnen meinen, diese Voraussetzungen seien erfüllt, weil die Beklagte zum einen einen "Millionenbetrag" für die streitige Grundstücksfläche geboten habe und zum anderen den Flächen "zentrale Bedeutung" für die städtebauliche Entwicklung, "besondere Bedeutung für die Stadt Reutlingen" und "kommunalpolitische Brisanz" beimesse. Dem ist nicht zu folgen.

Die Beklagte hat zwar im Zuge der Vergleichsgespräche einen Betrag von mehr als 1 Mio. Euro für die streitigen Grundstücke geboten (Schreiben vom 1.8.2006 und 25.1.2007 an die Klägerin 2). Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, die Ausübung des Vorkaufsrechts habe eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 10 GemO. Denn sie stellt nur einen einzelnen Vollzugsbaustein innerhalb der gesamten Planung dar, die der Gemeinderat der Beklagten durch den Aufstellungsbeschluss vom 29.4.1999, die Vorkaufsrechtssatzung vom 22.3.2001 und den Beschluss vom 24.10.2002 über die frühzeitige Bürgerbeteiligung auf den Weg gebracht hat. Die Ausübung des Vorkaufsrechts diente lediglich dazu, in einen abgeschlossenen Kaufvertrag "einzusteigen", der einen Kaufpreis von € 65.124,66 vorsah. Selbst wenn diesem Betrag noch Nebenkosten (Grunderwerbssteuer und Notarkosten) hinzugerechnet werden, die die Klägerinnen in dem nachgereichten Schriftsatz vom 25.3.2009 auf etwa € 3.000,-- beziffern, und der von der Beklagten angenommene "Sicherheitszuschlag" (vgl. dazu im Übrigen unten b) berücksichtigt wird, spricht angesichts der Größe und Finanzkraft der Stadt Reutlingen, deren Haushalt des Jahres 2008 ein Volumen von € 303 Mio. (Vermögenshaushalt: € 39 Mio.) umfasste, nichts dafür, dass dadurch eine Summe erreicht werden könnte, deren Aufbringung wesentliche und nachhaltige Auswirkungen auf die Aufgabenerfüllung oder die wirtschaftliche Lage der Beklagten haben könnte und damit der Tatbestand des § 39 Abs. 2 Nr. 10 GemO erfüllt wäre. Denn die Klägerinnen führen selbst aus, das Risiko, dass die Verkäuferin, die Deutsche Bahn AG, abweichend von der in § 8 des Kaufvertrages grundsätzlich übernommenen Verpflichtung es doch noch ablehnen werde, die Kosten für die Sanierung von Altlasten zu tragen, sei gering. Deshalb darf dieser "Sicherheitszuschlag" nicht - wie es der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vom 25.3.2009 getan hat - mit den mutmaßlichen Kosten einer Flächensanierung gleichgesetzt werden. Vielmehr ist nur von einem Bruchteil dieser Kosten auszugehen, weil nach den eigenen Einlassungen der Klägerinnen nur ein nicht gänzlich auszuschließendes Restrisiko einzukalkulieren war. Im Übrigen hätte es die Klägerin 1 - und nur sie - in der Hand, dieses Risiko näher zu spezifizieren, denn es sind ihre Flächen, die möglicherweise belastet sind und es ist allein ihre Entscheidung, ob und in welchem Umfang sie von den einschränkenden Klauseln des § 8 des Kaufvertrages Gebrauch macht.

Das nachträglich während des ruhenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Zuge der Vergleichsverhandlungen abgegebene Angebot der Beklagten in Millionenhöhe hatte dagegen einen anderen Hintergrund: Es ging nun nicht mehr um einen "Einstieg" in einen abgeschlossenen Kaufvertrag, sondern um eine Rettung des Konzeptes für einen Schnittpunkt zwischen Straße und Schiene sowie einen Containerbahnhof, also um das Gesamtprojekt. Hätten die Klägerinnen dieses Angebot angenommen, wäre wohl auch nach § 39 Abs. 2 Nr. 10 GemO der Gemeinderat für dieses Geschäft zu befassen gewesen bzw. ist wohl im Vorfeld des Angebots befasst worden. Soweit die Klägerinnen auf die "zentrale Bedeutung" für die städtebauliche Entwicklung, die "besondere Bedeutung für die Stadt Reutlingen" und die "kommunalpolitische Brisanz" des Projektes abheben, verkennen sie, dass § 39 Abs. 2 Nr. 10 GemO nur auf die wirtschaftliche Bedeutung der zu behandelnden Sache abstellt und nicht (auch) auf ihre städteplanerische oder kommunalpolitische Dimension.

b) Das Verwaltungsgericht beruft sich dagegen auf die im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts gültige Hauptsatzung der Beklagten. Diese lautet - soweit vorliegend von Interesse -:

"§ 2 Zuständigkeit

(1) Der Gemeinderat entscheidet über alle Angelegenheiten, soweit diese nicht

- einem beschließenden Ausschuss (§ 9)

- einem Ortschaftsrat (§ 14) oder

- dem Oberbürgermeister (§ 10) übertragen sind oder dem Oberbürgermeister kraft Gesetzes zukommen.

(2)...

(3) Über folgende Angelegenheiten entscheidet nur der Gemeinderat, falls die voraussichtlichen Gesamteinnahmen, die Gesamtkosten oder der Wert im Einzelfall nachstehende Wertgrenzen übersteigen:

1. 500.000 DM

...

1.10 Ausübung von Vorkaufs- und Wiederverkaufsrechten sowie des allgemeinen und besonderen Vorkaufsrechts gemäß §§ 24 und 25 BauGB.

...

(4) Außerdem bleibt dem Gemeinderat die Entscheidung vorbehalten über:

1. Angelegenheiten von besonderer Bedeutung. Ob diese Voraussetzung gegeben ist, entscheidet im Zweifelsfall der Gemeinderat.

...

§ 5 Rechtsstellung

(1) Die beschließenden Ausschüsse entscheiden selbständig an Stelle des Gemeinderats über alle Angelegenheiten in dem ihnen nach § 9 übertragenen Aufgabengebiet, soweit die Entscheidung nicht

- dem Gemeinderat (§ 2) vorbehalten,

- einem Ortschaftsrat (§14) oder

- dem Oberbürgermeister (§ 10) übertragen worden ist oder kraft Gesetzes zukommt.

(2) Ergibt sich, dass eine Angelegenheit für die Stadt von besonderer Bedeutung ist, müssen die beschließenden Ausschüsse die Angelegenheit dem Gemeinderat zur Beschlussfassung unterbreiten (§ 2 Abs. 4 Nr. 1).

...

§ 7 Allgemeine Zuständigkeit

(1) Den beschließenden Ausschüssen obliegen jeweils in ihrem Aufgabengebiet die Entscheidungen über die Angelegenheiten, die im Einzelfall Einnahmen oder Ausgaben im Wert von mehr als 150.000 DM bis zu 500.000 DM betreffen, soweit in dieser Hauptsatzung (§ 2 Abs. 3, § 10 Abs. 2 Nr. 3, 4 und 7 sowie Abs. 3) keine anderen Wertgrenzen festgelegt sind.

(2) Soweit sich die Zuständigkeit der beschließenden Ausschüsse nach Wertgrenzen bestimmt, beziehen sich diese auf den einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang. Die Zerlegung eines Vorgangs in mehrere Teile zur Begründung einer anderen Zuständigkeit ist nicht zulässig.

...

§ 10 Zuständigkeit des Oberbürgermeisters

...

(3) Dem Oberbürgermeister werden folgende Aufgaben zur dauernden Erledigung übertragen, soweit die voraussichtlichen Gesamteinnahmen, Gesamtkosten, der Wert, bei länger wirksamen Leistungen der Jahreswert im Einzelfall nachstehende Wertgrenzen nicht übersteigen:

1. 150.000 DM

...

1.4 Ausübung von Vorkaufs- und Wiederkaufsrechten sowie des allgemeinen und besonderen Vorkaufsrechts gemäß §§ 24 und 25 BauGB."

Das Verwaltungsgericht gelangt in Anwendung dieser Bestimmungen zu dem Ergebnis, dass entweder die Oberbürgermeisterin zuständig gewesen sei, weil die Gesamtkosten unter DM 150.000 gelegen hätten, oder der Gemeinderat, weil sie die Wertgrenze von DM 500.000 überstiegen hätten. Auch die Klägerinnen machen - nochmals ausdrücklich in ihrem nachgereichten Schriftsatz vom 25.3.2009 - entgegen ihrem sonstigen Vorbringen insbesondere zu § 39 Abs. 2 Nr. 10 GemO geltend, die mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verbundenen Kosten für die Beklagten lägen unter der Wertgrenze, ab der die gemeindeinterne Zuständigkeit des Finanzausschusses beginne. Auch dem ist nicht zu folgen. Insbesondere können die Klägerinnen nicht mit Erfolg rügen, die Erwägungen, aus denen sich die Zuständigkeit des Finanzausschusses ergeben habe, seien in keiner Sitzungsvorlage aufgeführt worden. Denn die Gemeindeordnung schreibt solches nicht vor.

aa) Soweit die Klägerinnen meinen, diese Satzung enthalte "genaue Wertgrenzen", die für die Zuständigkeitsbestimmung "strikt" anzuwenden seien, und damit andeuten wollen, die Zuständigkeitsbestimmung dürfe nur mathematischen Regeln folgen, verkennen sie, dass sowohl in § 2 Abs. 3 als auch in § 10 Abs. 3 von voraussichtlichen Gesamteinnahmen und Gesamtkosten die Rede ist. Das Wort "voraussichtlichen" steht zwar jeweils nur unmittelbar vor dem Wort Gesamteinnahmen. Nach Sinn und Zweck der Regelungen muss es aber zweifellos auch auf die "Gesamtkosten" und den (sonstigen) "Wert" bezogen werden. Da es somit um prognostisch anzunehmende Summen geht, muss dem jeweiligen Organ bzw. - wie im Falle der beschließenden Ausschüsse - Organteil ein Wertungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative bei der Beantwortung der Frage eingeräumt werden, ob sein (finanzieller) Zuständigkeitsrahmen gegeben ist. Bei jeder anderen Auslegung, die zudem im hier zu betrachtenden Vorfeld einer Sitzung unlösbare Fragestellungen aufwerfen würde, bestünde die Gefahr, dass durch spätere abweichende Interpretationen etwa seitens der Aufsichtsbehörden oder der Gerichte Entscheidungen und Beschlüsse nachträglich zu Fall gebracht würden. Die Arbeit der gemeindlichen Organe würde dadurch geradezu gelähmt.

bb) Unter Berücksichtigung dieser Einschätzungsprärogative ist die Annahme des Finanzausschusses des Gemeinderats der Beklagten in der Sitzung vom 13.11.2003, er sei für die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts zuständig, weil die nach der Hauptsatzung damals für ihn geltenden Wertgrenzen weder unter- noch überschritten seien, nicht zu beanstanden. Denn auszugehen ist zunächst von dem vereinbarten Kaufpreis in Höhe von € 65.124,66. Da die Gesamtkosten maßgebend sind, müssen diesem Betrag aber auch die Nebenkosten (Grunderwerbssteuer und Notarkosten) hinzugerechnet werden, die die Klägerinnen in dem nachgereichten Schriftsatz vom 25.3.2009 auf etwa € 3.000,-- beziffern. Darüber hinaus ist der Ausschuss zu Recht davon ausgegangen, dass noch ein "Sicherheitszuschlag" vorzunehmen ist, der (s. oben a) berücksichtigt, dass durch den "Einstieg" der Beklagten in das zwischen den Klägerinnen ausgehandelte Vertragswerk mit der Ausübung des Vorkaufsrechts weitere Kosten verbunden sein können. Denn es besteht ein Altlastenverdacht und die Klägerin 1 hat sich zwar in § 8 des Kaufvertrags - wie bereits ausgeführt - grundsätzlich verpflichtet, die Sanierungskosten zu übernehmen. Sie hat diese Einstandsverpflichtung aber von einer Reihe von Voraussetzungen abhängig gemacht, deren Auswirkungen - inhaltlicher Art aber auch im Hinblick auf möglicherweise kostenintensive zeitliche Verzögerungen - für den Ausschuss nur schwer abschätzbar waren. Er durfte diese Risiken aber nicht ausblenden, denn die für seine Zuständigkeit maßgeblichen Wertgrenzen bezogen sich - wie die Klägerinnen zutreffend betonen - auf den einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang (§ 7 Abs. 2 der Hauptsatzung der Beklagten).

Dass sie an keiner Stelle näher beziffert wurden, wie die Klägerinnen bemängeln, erklärt sich angesichts der gegebenen Umstände von selbst. Denn der Beklagten konnte und kann auch heute noch weder der genaue Zustand der jahrzehntelang der Klägerin 1 gehörenden Flächen bekannt sein, noch konnte und kann sie wissen, wie diese sich in Ansehung der Vorbehaltsklauseln des § 8 des Kaufvertrags vom 26.3.2003 in Zukunft verhalten wird. Der Ausschuss konnte deshalb für die Beantwortung der Frage, ob er, die Oberbürgermeisterin oder das Plenum des Gemeinderats für die Ausübung des Vorkaufsrechts zuständig seien, nur von einer groben Abschätzung der durch den "Sicherheitszuschlag" abzudeckenden möglichen Zusatzkosten ausgehen und es gibt keinen Grund für die Annahme, dass der Finanzausschuss dieses Risiko falsch bewertet haben könnte, indem er davon ausgegangen ist, dass es sich in einer Größenordnung bewegt, die dazu führt, dass für die Ausübung des Vorkaufsrechts sein Zuständigkeitsrahmen gegeben ist.

Die gegen die fehlende Bezifferung dieses Zuschlags erhobenen Rügen der Klägerinnen sind nicht nachvollziehbar; insbesondere die Haltung der Klägerin 1 ist nicht verständlich. Denn nur sie selbst kann die Frage klären, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit sie ihre an sich übernommene Haftung für Altlasten nicht in Frage stellt. Nur sie selbst kann auch abschätzen, welcher Altlastenverdacht in welchem Umfang auf dem ihrer Bahnhoheit, auf die sie ansonsten mit Nachdruck verweist, unterliegenden Flächen bestehen kann. Es verschiebt deshalb in nicht nachvollziehbarer Weise die Begründungslast, wenn sie von der Beklagten verlangt, sie möge die exakte Höhe des einzukalkulierenden "Sicherheitszuschlags" benennen, obzwar sie zugleich deren planungsrechtliches Zugriffsrecht auf "ihre" Flächen unter Berufung auf den Fachplanungsvorbehalt des § 38 BauGB bestreitet. Da sie selbst aber das Risiko, dass sie sich veranlasst sehen könnte, ihre Verantwortung für die Beseitigung von Altlasten auf andere abzuschieben, indem sie "greifbare Handlungsstörer vorschieben könnte", für gering hält, verbietet sich jedenfalls die Annahme, der Finanzausschuss habe das mit der Ausübung des Vorkaufsrechts für die Beklagte verbundene Risiko, doch Kosten für die Beseitigung von Altlasten übernehmen zu müssen, zu niedrig veranschlagt, in Wahrheit sei der Gemeinderat für diese Entscheidung zuständig gewesen. Daran vermag auch der Hinweis der Klägerinnen auf die Angelegenheiten von besonderer Bedeutung nichts zu ändern, deren Entscheidung im Zweifelsfall dem Gemeinderat vorbehalten ist (§ 2 Abs. 4 Nr. 1 der Hauptsatzung der Beklagten). Es trifft zwar zu, dass diese Bestimmung - anders als § 39 Abs. 2 Nr. 10 GemO - nicht nur auf die wirtschaftliche Bedeutung abhebt und deshalb wohl auch kommunalpolitisch oder verkehrspolitisch besonders bedeutsame Angelegenheiten erfasst. Die Klägerinnen verkennen insoweit aber wiederum, dass eine solche Bedeutung zwar dem Gesamtprojekt zukommt, weshalb der Gemeinderat die Aufstellung eines Bebauungsplans und die Vorkaufsrechtssatzung beschlossen hat, nicht aber der bloßen Ausübung des darin konkret vorgesehenen besonderen Vorkaufsrechts. Davon abgesehen war der Gemeinderat der Beklagten mit dem Projekt "Güterbahnhof" derart häufig befasst, dass er mit Sicherheit auch die Frage der Ausübung des Vorkaufsrechts an sich gezogen und den Beschluss des Finanzausschusses vom 13.11.2003 aufgehoben hätte, würde er dessen Meinung nicht teilen. Insofern kann nur von einer eindeutigen Billigung durch den Gemeinderat ausgegangen werden.

cc) Da nach allem die Entscheidung des Finanzausschusses des Gemeinderats der Beklagten unter (gemeindeinternen) kompetenzrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden ist, bedarf es keiner Klärung der von der Beklagten mit guten Gründen aufgeworfenen Frage, ob Dritte sich überhaupt auf eine Verletzung von Innenrecht einer Gemeinde berufen können (ohne Begründung bejahend: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.9.1997 - 5 S 2498/95 - NuR 1998, 430).

3. Die Klägerinnen bestreiten ferner die Rechtmäßigkeit der am 22.3.2001 beschlossenen Satzung über ein besonderes Vorkaufsrecht nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB für den hier fraglichen Bereich. Nach dieser Bestimmung kann die Gemeinde in Gebieten, in denen sie städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht, zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung durch Satzung Flächen bezeichnen, an denen ihr ein Vorkaufsrecht an den Grundstücken zusteht. Zu diesen "städtebaulichen Maßnahmen", die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie der Verwirklichung gemeindlicher Planungsvorstellungen dienen und einen städtebaulichen Bezug aufweisen, gehört auch die Aufstellung eines Bebauungsplans (BVerwG, Beschluss vom 29.6.1993 - 4 B 100.93 - ZfBR 1993, 303, juris RdNr. 2; Urteil des Senats vom 27.10.1999 - 8 S 1281/99 - VBlBW 2000, 277, juris RdNr. 20; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 25 RdNr. 7; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB § 25 RdNr. 15). Die Gemeinden erhalten dadurch Gelegenheit, schon in einem Frühstadium der Planung Grundstücke zu erwerben (BVerwG, Beschluss vom 15.2.2000 - 4 B 10.00 - BauR 2000, 1027, juris RdNrn. 7 und 9). Deshalb bedarf es noch keiner förmlich konkretisierten Planungsabsichten (BVerwG, Beschluss vom 14.4.1994 - 4 B 70.94 - BauR 1994, 494, juris RdNr. 5). Dass all diese Voraussetzungen vorliegen, bestreiten auch die Klägerinnen nicht, halten aber das mit Aufstellungsbeschluss vom 29.4.1999 eingeleitete Planungsverfahren unter mehreren Gesichtspunkten für rechtswidrig. Ihre Einwände sind jedoch nicht berechtigt.

a) Soweit sie generell in Zweifel ziehen, dass eine vorhandene Bahnanlage in eine kommunale Bauleitplanung einbezogen werden kann, verkennen sie, dass eine Gemeinde trotz des Fachplanungsvorbehalts in § 38 BauGB nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB befugt ist, Verkehrspolitik mit den Mitteln der Bauleitplanung zu betreiben, ohne dass dem eine konkrete Bedarfsanalyse zugrunde liegen muss (Urteil des Senats vom 30.4.2004 - 8 S 1374/03 - BauR 2005, 57 m. w. N.). Dies gilt auch für den Eisenbahnverkehr (HessVGH, Urteil vom 15.12.2003 - 9 N 639/02 - BauR 2004, 719). Denn es versteht sich von selbst, dass dieser - insbesondere im innerstädtischen Bereich - auf eine Verknüpfung mit dem (vor allem gemeindlichen) Straßennetz angewiesen ist. Die Gemeinde darf allerdings keine Planung in Kraft setzen, die der Zweckbestimmung einer Bahnanlage widerspricht (Normenkontrollurteil des Senats vom 19.9.2007 - 8 S 1584/06 - VBlBW 2008, 143). Andererseits kann für eine Bahnanlage auch eine inhaltlich mit ihrer Zweckbestimmung unvereinbare gemeindliche Bauleitplanung eingeleitet und gesichert werden, wenn mit hinreichender Sicherheit die Aufhebung der bahnrechtlichen Widmung bevorsteht; lediglich die abschließende Beschlussfassung setzt die vorherige Entlassung der Fläche aus der bahnrechtlichen Zweckbindung voraus (Urteil des Senats vom 23.8.1996 - 8 S 269/96 - VBlBW 1997, 59).

Nach diesen Maßstäben ist die der Vorkaufsrechtssatzung zugrunde liegende Planung, die das Entwurfsstadium nicht überschritten hat, nicht zu beanstanden. Denn es handelt sich bereits im Ansatz um keine Planung, die mit einer bahnrechtlichen Zweckbestimmung unvereinbar wäre. Vielmehr dient sie gerade Bahnzwecken und setzt die Wiederaufnahme einer Bahnnutzung voraus. Sie steht lediglich nicht im Einklang mit den derzeitigen Vorstellungen der Klägerin 1, die aber keine Monopolstellung mehr einnimmt und deshalb akzeptieren muss, dass Planungen auch andere Akteure in die anzustellenden Erwägungen einbeziehen können. Dem entsprechend sieht die Planung der Beklagten lediglich die Freihaltung eines Korridors für ein Sondergebiet "Logistik-Zentrum", ein Sondergebiet "Containerbahnhof" (und ein Sondergebiet "Vereinsanlagen") vor, um den ehemaligen Güterbahnhof als Verknüpfungspunkt zwischen Straße und Schiene langfristig zu sichern. Sie ist sich darüber im Klaren, dass sie selbst nicht befugt ist, ein bahnrechtliches Vorhaben zu planen. Vielmehr strebt sie nur an, die ihrem Planungsrecht unterfallenden Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ein eisenbahnrechtlicher Akteur die schienenseitig erforderlichen komplementären Anlagen und Einrichtungen einem Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren zuführt. Insofern plant sie nicht ein ihr nicht zustehendes Bahnprojekt, wie die Klägerinnen meinen, sondern versucht, auf den ihrer Planungshoheit unterliegenden Bereichen die planungsrechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass eine Verknüpfung der Transporte auf der Straße und der Schiene funktionieren kann. Sie entspricht damit den landesplanerischen Vorgaben, die in Reutlingen ein regionales Logistik-Zentrum als Teil eines funktionalen Systems logistischer Knoten vorsehen (vgl. dazu das Güterverkehrskonzept des Generalverkehrsplans 1995 unter 3.1.1 und den Plansatz 4.1.18 des Landesentwicklungsplans 2002, die LT-Drs. 13/241 vom 19.9.2001 und 14/2672 vom 30.4.2008 sowie das Ziel (5) unter Nr. 4.1.3 des Regionalplanentwurfs Neckar-Alb 2007, vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten an das Verwaltungsgericht vom 7.8.2007).

Die Klägerinnen nehmen insoweit nicht hinreichend zur Kenntnis, dass die bisher konzipierte städtebauliche Planung kein mehr oder weniger fertig durchgeplantes Güterumschlags- und -Verteilungszentrum vorsieht, sondern lediglich Flächen, deren "Kernstück" ein Lade- und ein Umfahrungsgleis von 410 m Nutzlänge darstellt. Ob ein solches Gleis durch die Klägerin 1 oder ein anderes Eisenbahnunternehmen unterhalten wird, spielt dagegen keine Rolle. Soweit die Klägerinnen aus diesem Verweis auf ein "Kernstück" der Planung schließen wollen, die Beklagte plane unter Überschreitung ihrer baurechtlichen Planungshoheit ein Bahnvorhaben, unterliegen sie ersichtlich einem Missverständnis. Denn die Beklagte ist in keiner Phase des Planungsverfahrens davon ausgegangen, dass sie selbst mit den Mitteln der Bauleitplanung einen solchen Gleisanschluss vorsehen kann. Vielmehr ist sie immer davon ausgegangen, dass sie einen Eisenbahnakteur als Partner benötigt, der eine ihrer Freihalte- und Straßenplanung korrespondierende eisenbahnrechtliche Planung in die Wege leitet. Soweit sie das Lade- und Umfahrungsgleis als "Kernstück" ihrer Planung bezeichnet, stellt sie offensichtlich auf ihre planerischen Gesamtabsichten ab, nicht darauf, dass sie glaubt, eine Gleisanlage durch Bebauungsplan festsetzen zu dürfen. Sie befindet sich damit aber in einer gewissen planerischen "Zwickmühle", denn einerseits könnte sie wohl eine bundesbahnrechtliche "Entwidmung" der Flächen, zu deren Beantragung sich die Klägerin 1 im Kaufvertrag (S. 22) verpflichtet hat, nicht verhindern, weil vieles dafür spricht, dass sie mangels eigener Klagebefugnis eine Freistellungsverfügung des Eisenbahn-Bundesamtes nach § 23 Abs. 1 AEG nicht erfolgreich anfechten könnte (Hermes, in: Beck AEG-Komm, § 23 RdNr. 53), obwohl sie die Aufrechterhaltung einer bahnrechtlichen "Widmung" zur Erreichung ihrer Planungsziele anstrebt. Andererseits muss sie es aber befürworten, dass die Deutsche Bahn AG die Flächen freigibt, damit ein anderes Eisenbahnunternehmen überhaupt ergänzend aktiv werden kann. In dieser Situation kann die Beklagte derzeit nur eine Freihalteplanung betreiben und darf von den Sicherungsmitteln der Bauleitplanung Gebrauch machen (Urteil des Senats vom 23.8.1996 - 8 S 269/96 - VBlBW 1997, 59; Normenkontrollurteil des Senats vom 19.9.2007 - 8 S 1584/06 - VBlBW 2008, 143 zu Veränderungssperre und Zurückstellung). Zu diesen Sicherungsmitteln zählt auch das Vorkaufsrecht.

Im Übrigen ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Beklagte das eingeleitete Bauleitplanverfahren benötigt, um der im Falle einer durch sie - wie angeführt - kaum zu verhindernden Freistellung der Bahnflächen drohenden unerwünschten Nutzung durch eine Veränderungssperre begegnen zu können. Die Klägerinnen können dem auch nicht mit Erfolg entgegen halten, die Planung sei in ihren Anfängen stecken geblieben und könne deshalb nicht mehr als Grundlage für den Einsatz von Absicherungsinstrumenten dienen. Denn das Bebauungsplanverfahren konnte nur deshalb nicht mit Aussicht auf ein Erfolg versprechendes Ende fortgeführt werden, weil der Bereich des ehemaligen Güterbahnhofs noch immer dem Fachplanungsvorbehalt des § 38 BauGB unterliegt, obwohl die Klägerin 1 die für einen Bahnbetrieb erforderlichen Anlagen unstreitig weitgehend hat abbauen lassen und sogar - ohne Beteiligung der Beklagten - eine Teilfläche an ein bahnfremdes Rohstoffverwertungsunternehmen verkauft hat. Schließlich durfte die Beklagte auch davon ausgehen, dass mit der zu fordernden hinreichenden Sicherheit die Aufhebung der bahnrechtlichen Widmung bevorstand, da die Klägerin 1 sich in dem Kaufvertrag - wie bereits angeführt - verpflichtet hat, die Entwidmung zu beantragen. Dies konnte sich aber - wie klarstellend hinzuzufügen ist - nur auf die bundesbahnrechtliche Freistellung beziehen. An einer generell bahnrechtlichen Entwidmung konnte die Beklagte dagegen kein Interesse haben, weshalb nachvollziehbar ist, dass sie von ihrem eigenen Antragsrecht nach § 23 AEG bisher keinen Gebrauch gemacht hat. Dem Erfordernis einer bahnrechtlichen Entwidmung kommt im vorliegenden Fall deshalb keine besondere Bedeutung zu, denn es handelt sich um nichts anderes als um eine bahnaffine Planung.

b) Die Planung scheitert - entgegen der Auffassung der Klägerinnen - auch nicht an der mangelnden Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts schließt diese Planungsschranke es aus, dass ein Bebauungsplan wirksam wird, wenn der Umsetzung der planerischen Vorstellungen unüberwindliche tatsächliche oder rechtliche Hindernisse auf unabsehbare Zeit entgegenstehen. Bloße Zweifel an der Verwirklichungsfähigkeit des Plans reichen für die Annahme eines unüberwindlichen Hindernisses allerdings nicht aus (Urteil vom 18.11.2004 - 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207, juris RdNr. 34 m. w. N.). Das Bundesverwaltungsgericht hat bei einem Planfeststellungsbeschluss ein solches Hindernis für den Fall angenommen, wenn eine vorausschauende Betrachtung ergibt, dass die Planung nicht innerhalb der Geltungsfrist des (damaligen) § 17 Abs. 7 FStrG von zehn Jahren realisierbar ist (Urteil vom 20.5.1999 - 4 A 12.98 - BauR 1999, 1156, juris RdNr. 45 m. w. N.). Diese Zehn-Jahres-Annahme hat das Bundesverwaltungsgericht auf einen planfeststellungsersetzenden Bebauungsplan mit der Maßgabe übertragen, dass sie eine "Orientierungshilfe" darstelle (Urteil vom 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239, juris RdNr. 11). Die vorausschauend zu betrachtende Frist beginnt mit der Unanfechtbarkeit des Plans (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8.2.2007 - 5 S 2224/05 - ESVGH 57, 148, juris RdNr. 61 m. w. N.). Die Geltungsdauer eines Plans ist in § 18 c Nr. 1 AEG in der Fassung des Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetzes vom 9.12.2006 (BGBl. I S. 2833) auf maximal 15 Jahre verlängert worden. Dies kann - wie die Beklagte zu Recht unter Berufung auf Schütz (VBlBW 2007, 441, 445 f.) geltend macht - nicht ohne Auswirkungen auf den bei der Frage, ob der Realisierung einer Planung ein unüberwindbares Hindernis auf unabsehbare Zeit entgegensteht, zu betrachtenden Zeithorizont sein.

Wendet man diese Grundsätze auch im vorliegenden Fall an, obwohl es sich nicht um einen planfeststellungsersetzenden Bebauungsplan handelt, sondern die Bauleitplanung darauf angelegt ist, durch eine eisenbahnrechtliche Planung erst noch ergänzt und konkretisiert zu werden, so spricht nichts dafür, dass die Schranke der Erforderlichkeit der Planung entgegensteht. Denn selbst wenn der Bebauungsplan noch in diesem Jahr in Kraft träte, würde er frühestens im Jahre 2010 unanfechtbar (vgl. § 47 Abs. 2 VwGO). Der Prognosehorizont für die anzustellende Realisierungsbetrachtung reicht damit ohne weiteres über das Jahr 2020 hinaus. Es spricht aber vieles dafür, dass sich in diesem Zeitraum die Rahmenbedingungen für den Güterverkehr auf der Straße - etwa wegen einer weiteren Verstopfung der Straßen, steigender Ölpreise, sich verschärfender Schadstoff- und Feinstaubdiskussion usw. - verschlechtern werden und demgemäß die Attraktivität des Schienenverkehrs steigen wird. Danach liegt es aber auf der Hand und kann nicht als planerischer Missgriff bezeichnet werden, dass die Beklagte eine Verknüpfung beider Verkehre, die landesplanerisch bei ihr vorgesehen ist, dort planen darf, wo für eine entsprechende Infrastruktur noch Raum ist, zumal es ersichtlich keinen günstigeren Standort für ein derartiges Vorhaben innerhalb ihrer Gemarkung gibt. Die seitens der Klägerinnen geäußerten Zweifel reichen nach dem vorstehend Ausgeführten nicht aus, die Erforderlichkeit der Planung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB in Frage zu stellen.

3. Die Klägerinnen bezweifeln des Weiteren, dass überhaupt ein Vorkaufsfall vorliege. Sie machen geltend, die Klägerin 2 sei nicht "Dritte" im Sinne des § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i. V. m. § 463 BGB. Vielmehr sei sie - jedenfalls im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beklagte bzw. im Zeitpunkt des Ergehens der Widerspruchsbescheide - eine unmittelbare Tochter der Klägerin 1 (gewesen). Deshalb habe es sich bei dem Grundstücksgeschäft nur um eine konzerninterne Vermögensverschiebung gehandelt.

Auch diese Einwendungen treffen nicht zu. Denn das Verwaltungsgericht hat festgestellt und die Klägerinnen sind dem auch nicht entgegengetreten, dass die Komplementärin der Klägerin 2, die Aurelis Management GmbH, nur zu 48,85 % der Klägerin 1 gehörte und die übrigen Geschäftsanteile von der WestLB (39.23 %), der Westdeutschen Immobilienbank (10 %) sowie der Westfälische Provinzial Lebensversicherung AG (1,92 %) gehalten wurden. Auch wenn die Komplementärin keine Einlagen in die KG erbracht haben sollte, wie die Klägerinnen ausführen, versteht es sich von selbst, dass die genannten Institute sich nur unter der Voraussetzung in die Gefahr der Komplementärhaftung entsprechend ihren Geschäftsanteilen begeben haben, dass sie die Geschäftspolitik der GmbH und damit der KG mitbestimmen und Gewinne erzielen können. Von einem durch die Deutsche Bahn AG beherrschten Konzernunternehmen kann danach schon für den Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht die Rede sein. Erst recht gilt dies heute, da die Klägerin 1 an der Klägerin 2 überhaupt nicht mehr beteiligt ist.

Die Klägerinnen können sich dem gegenüber nicht mit Erfolg auf das Urteil des OVG Lüneburg vom 28.2.1983 (- 6 A 108/81 - BlGBW 1984, 79) berufen, denn im dortigen Fall waren die Gesellschafter der veräußernden und der erwerbenden Gesellschaft identisch. Im Übrigen gingen die Klägerinnen bei Abschluss des Kaufvertrages selbst noch davon aus, dass ein Vorkaufsfall gegeben sei, denn sie ermächtigten den beurkundenden Notar, ein Negativzeugnis nach § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB einzuholen. Nach allem ist davon auszugehen, dass der Grundstückskaufvertrag, in den die Beklagte durch Ausübung ihres satzungsmäßig festgelegten Vorkaufsrechts "eingestiegen" ist, zwischen zwei verschiedenen Rechtssubjekten abgeschlossen wurde, die Klägerin 2 damit "Dritte" im Sinne des § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i. V. m. § 463 BGB ist und ein Vorkaufsfall vorliegt.

4. Schließlich machen die Klägerinnen geltend, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB seien nicht gegeben, wonach das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden darf, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Auch dem ist nicht zu folgen.

Anders als bei der Enteignung (§ 87 Abs. 1 BauGB), die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies erfordert, darf das Vorkaufsrecht als das mildere Eingriffsmittel (schon) ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. An die Ausübung des Vorkaufsrechts werden also gegenüber einer Enteignung qualitativ geringere Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Erwerb des Grundstücks im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen zu den vom Gesetzgeber gebilligten bodenpolitischen, eigentumspolitischen und städtebaulichen Zwecken erfolgt und dabei überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden (BVerwG, Beschluss vom 15.2.1990 - 4 B 245.89 - BauR 1991, 191, juris RdNr. 9; Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 24 RdNr. 64 m. w. N.). Dies ist z. B. auch dann der Fall, wenn das Vorkaufsrecht ausgeübt wird, weil Verkehrs- oder Versorgungsflächen - wenn auch nicht sofort, sondern zu einem späteren Zeitpunkt - benötigt werden (Stock, a. a. O.; Urteil des Senats vom 24.10.1986 - 8 S 1881/86 - BWGZ 1987, 128). Die Absicht einer reinen Bodenbevorratung oder privatwirtschaftliches Gewinnstreben rechtfertigen dagegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts nicht (BGH, Urteil vom 22.3.1965 - III ZR 211/63 - DVBl. 1966, 264; Urteil vom 7.3.1975 - V ZR 92/73 - juris RdNr. 25).

Nach diesen Maßstäben ist die - im Ermessen der Beklagten stehende - Ausübung des Vorkaufsrechts nicht zu beanstanden. In den Widerspruchsbescheiden wird eingehend abgehandelt, dass und warum sich das Planungsziel der Stadt, den Güterbahnhof als Verknüpfungspunkt zwischen Straße und Schiene langfristig zu sichern, um hierdurch die Verteilung der regionalen Stückgüter im Austausch Straße/Schiene verkehrspolitisch sinnvoll für die Region Reutlingen/Tübingen/Neckar-Alb zurückgewinnen zu können, nur an diesem Standort verwirklichen lässt. Er erfülle die komplizierten bahntechnischen Voraussetzungen und - dies sei der zentrale Punkt - liege direkt an der vierspurigen Reutlinger Hauptumgehungsstraße, so dass eine straßentechnisch optimale Erreichbarkeit gegeben sei. Die von der Stadt verfolgten öffentlichen Interessen überwögen die privaten Interessen der Klägerinnen an einer möglichst wirtschaftlichen Verwertung der Grundstücke. Letztlich versuche die Beklagte, eine früher von der Klägerin 1 wahrgenommene verkehrspolitische Aufgabe, der sich diese einschließlich ihrer Töchter durch kontinuierlichen Rückzug aus der Fläche entledigt habe, für die Zukunft weiterhin zu sichern. So seien - auch im Landkreis Reutlingen - zahlreiche von der Deutschen Bahn aufgegebene Schienenstrecken für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) erfolgreich reaktiviert worden. Dem halten die Klägerinnen zwar entgegen, dass es im vorliegenden Zusammenhang nicht um den ÖPNV gehe. Sie missverstehen damit aber die Argumentation der Widerspruchsbescheide, die mit dem Hinweis auf erfolgreich reaktivierte Strecken ersichtlich nur beispielhaft hervorheben wollen, dass auf regionaler Ebene gelingen kann, was aus der zentralen Sicht der Deutschen Bahn nicht erfolgversprechend erscheint. Den Ausführungen der Widerspruchsbescheide, die zugleich die früher seitens der Klägerinnen beanstandeten Defizite hinsichtlich der Angabe der angestellten Ermessenserwägungen heilen, was ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, ist nichts hinzuzufügen.

Nach allem ist der Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor, da allenfalls den kommunalrechtlichen Fragen, die dem Landesrecht angehören und deshalb nicht revisibel sind, über den Einzelfall hinausgreifende Bedeutung zukommt.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000,-- festgesetzt, da davon auszugehen ist, dass die Beklagte als Berufungsführerin nur öffentliche Interessen vertritt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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