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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 16.08.2002
Aktenzeichen: 8 S 455/02
Rechtsgebiete: BGB, PolG, LVwG


Vorschriften:

BGB § 282
PolG § 1
PolG § 3
LVwG § 31
1. Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist gegenüber anderen zur Erstattung oder zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtenden Vorschriften subsidiär und tritt daher auch dann hinter diesen Vorschriften zurück, wenn deren tatbestandliche Voraussetzungen nicht gegeben sind.

2. Dagegen wird der dem Träger einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung nach den Regeln der positiven Vertragsverletzung gegen den Benutzer zustehende Schadensersatzanspruch wegen einer schuldhaften Verletzung der sich aus dem Benutzungsverhältnis ergebenden Pflichten durch andere Anspruchsgrundlagen nicht ausgeschlossen.


8 S 455/02

Verkündet am 16.8.2002

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Rückforderung von Kosten

hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Prof. Dr. Schmidt, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Rieger sowie den Richter am Verwaltungsgericht Milz auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. August 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. Oktober 2001 - 18 K 3558/99 - geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.450,83 EUR nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 5. August 1999 zu bezahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Erstattung der Aufwendungen für die Analyse von Schlamm- und Abwasserproben.

Die Beklagte ist Inhaberin eines holzverarbeitenden Betriebs auf dem in Ellwangen gelegenen Grundstück Bahnhofstraße 58. Auf dem Grundstück befinden sich zwei Anlagen, in denen die auf dem Betriebsgelände entrindeten und geschnittenen Hölzer mit Teeröl bzw. einer Chromatsalzlösung imprägniert werden. Die imprägnierten Hölzer werden anschließend zwei bis vier Wochen auf dem Grundstück gelagert, um "auszubluten". Das auf dem Gelände anfallende Oberflächenwasser wird über mehrere Zuleitungen in den im Bereich der Bahnhofstraße verlaufenden städtischen Abwasserkanal eingeleitet.

Nach § 6 der Abwassersatzung (AbwS) der Klägerin vom 18.11.1993 sind von der öffentlichen Abwasserbeseitigung sämtliche Stoffe ausgeschlossen, die die Reinigungswirkung der Klärwerke, den Betrieb der Schlammbehandlungsanlagen, die Schlammbeseitigung oder Schlammverwertung beeinträchtigen, die öffentlichen Abwasseranlagen angreifen, ihre Funktionsfähigkeit oder Unterhaltung behindern, erschweren oder gefährden können oder die den in öffentlichen Abwasseranlagen arbeitenden Personen oder dem Vorfluter schaden können. Ausgeschlossen sind insbesondere Stoffe, die zu Ablagerungen oder Verstopfungen in den öffentlichen Abwasseranlagen führen können, (Abs. 2 Nr. 1) feuergefährliche, explosive, giftige, fett- oder ölhaltige Stoffe, Säuren, Laugen, Salze, Reste von Pflanzenschutzmitteln oder vergleichbaren Chemikalien, (Nr. 2) Abwasser, das einem wasserrechtlichen Bescheid und den geltenden Einleitungsbestimmungen (z.B. Indirekteinleiterverordnung) nicht entspricht (Nr. 9). In § 10 AbwS ist ferner bestimmt, dass die Stadt auf Kosten des Benutzers Abwasseruntersuchungen vornehmen kann.

Bei einer Überprüfung des Abwasserkanals in der Bahnhofstraße mittels Kamerabefahrung wurden in dem an das Grundstück der Beklagten angrenzenden Teilstück Schlammablagerungen festgestellt. Die Klägerin ließ daraufhin je drei Schlamm- und Abwasserproben entnehmen und von einem Büro für Ingenieurgeologie untersuchen. Die Analyse der aus den Schächten S 1360, S 1362 und S 1363 entnommenen Schlammproben ergab eine hohe Belastung mit Chrom und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), die die Zuordnungswerte Z 2 nach LAGA ("Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen und Abfällen", verfasst von der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall vom 1.4.1994) um ein Vielfaches überschreitet. Bei Überschreitung dieser Werte ist eine Entsorgung als Sondermüll erforderlich. Auch die Analyse der Wasserproben zeigte eine hohe Belastung mit Kohlenwasserstoffen.

Mit Schreiben vom 25.11.1998 forderte die Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf § 10 Abs. 1 AbwS auf, die für die Untersuchung der Schlamm- und Wasserproben angefallenen Kosten von zusammen 4.793,40 DM zu erstatten. Die Beklagte lehnte dies mit der Begründung ab, dass § 10 Abs. 1 AbwS mangels Ermächtigungsgrundlage nichtig sei. Auch auf § 8 Abs. 2 S. 1 PolG lasse sich der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht stützen.

Die Klägerin hat am 5.8.1999 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zur Zahlung von 4.793,40 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 28.11.1998 zu verurteilen, und zur Begründung geltend gemacht: Ihr Anspruch auf Zahlung der durch die Untersuchung der Schlamm- und Wasserproben entstandenen Kosten ergebe sich aus dem gewohnheitsrechtlich anerkannten allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Dieser Anspruch sei subsidiär, erfordere also, dass keine anderen Ansprüche gegeben seien. Das sei hier der Fall. Da für Eingriffe in den Rechtskreis des Bürgers eine gesetzliche Ermächtigung notwendig sei, habe § 10 Abs. 1 AbwS keine forderungsbegründende, sondern nur eine klarstellende Wirkung. Auch auf § 8 Abs. 2 S. 1 PolG lasse sich ihre Forderung nicht stützen. Zwar habe es objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Gefahr gegeben. Auch sollten die Untersuchungen die Zusammensetzung der Schlammablagerungen, ihre Gefährlichkeit sowie ihren Verursacher näher aufklären. Zur Durchführung des Gefahrerforschungseingriffs sei jedoch kein sofortiges Handeln erforderlich gewesen. Die für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ferner erforderliche Vermögensverschiebung bestehe darin, dass sie, die Klägerin, die Abwasser- und Schlammproben untersucht habe, obwohl dies Pflicht der Beklagten gewesen sei. Der kontaminierte Schlamm sei von der Beklagten unter Verstoß gegen § 6 Abs. 2 AbwS in den Kanal eingebracht worden, weshalb diese sowohl unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr als auch unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes zu der Untersuchung der Ablagerungen verpflichtet gewesen sei. An der Verursachung der Ablagerungen durch die Beklagte gebe es keinen Zweifel, da der Teil des öffentlichen Kanals, der das Baugebiet oberhalb des Geländes der Beklagten miterschlossen habe, 1968/69 abgetrennt worden sei. Das unterschiedliche Verhältnis der im Schlamm und im Abwasser des Kanals nachgewiesenen Schadstoffe zu demjenigen der von der Beklagten eingesetzten Mittel erkläre sich damit, dass lediglich der nicht wasserlösliche Feststoff im Kanal verbleibe, wodurch sich diese Stoffe anreicherten. Fest stehe jedenfalls, dass die Beklagte Steinkohlenteer-Imprägnieröl "CCO 446" sowie die chrom-, kupfer- und flurhaltigen Mittel CFW bzw. CS verwende. Da die Beklagte auf ihrem Gelände seit 1989 eine Betriebstankstelle ohne Überdachung betreibe, lasse sich auch der gefundene Schadstoff KW-IR erklären. Von der KW-Analyse würden überdies auch in Teeröl enthaltene alkylierte aromatische Kohlenstoffe erfasst.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und erwidert, es gebe keinen Beweis dafür, dass sie die Schlammablagerungen verursacht habe. Hiergegen spreche vielmehr, dass die Ablagerungen aus anderen Stoffen bestünden, als sie von ihr verwendet würden. Zum einen ergebe sich aus der Analyse der Proben (Position KW-IR) eine Belastung mit Kohlenwasserstoffen, die nur von Mineralöl stammen könnten, obwohl Mineralöl von ihr nicht eingeleitet werde und ihr bisher auch nicht vorgeworfen worden sei, dass aus dem auf dem Gelände befindlichen Tank Mineralöl ausgetreten sei. Zum anderen wiesen alle Proben eine Kontamination der Ablagerungen mit Chrom und Kupfer im Verhältnis von etwa 5 : 1 aus. Das von ihr zur Imprägnierung der Hölzer verwendete Mittel CFW enthalte zwar beide Elemente, jedoch in einem völlig anderen Verhältnis. Im Übrigen kämen angesichts der örtlichen Situation auch andere Verursacher in Frage. Die Behauptung der Klägerin, dass der Kanal auf ihrem Gelände seinen Anfang nehme, treffe nicht zu. Der Kanal weise außerdem kein Gefälle und einen zu großen Durchmesser auf, weshalb die Strömungsgeschwindigkeit zu gering sei mit der Folge, dass sich im Laufe der Zeit Ablagerungen bilden könnten.

Mit Urteil vom 26.10.2001 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch lasse sich nicht auf § 10 Abs. 1 S. 1 AbwS stützen, da diese Bestimmung insoweit nichtig sei, als sie eine Verpflichtung zum Kostenersatz begründe. Die Ermächtigung der Klägerin, auf Kosten des Anschlussnehmers Abwasseruntersuchungen vorzunehmen, stelle einen Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit dar, der eine Ermächtigung durch Gesetz erfordere. Eine solche Ermächtigung finde sich weder in § 11 GemO, der lediglich den Anschluss- und Benutzungszwang vorsehe und die Gemeinde ermächtige, die Benutzungsverhältnisse zu regeln, noch in § 10 KAG, da die dort aufgeführten Verwaltungshandlungen Abwasseruntersuchungen nicht erfassten. Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Untersuchungskosten ergebe sich auch nicht aus § 8 Abs. 2 PolG, da es zum Zeitpunkt der Durchführung der Untersuchungen an den gesetzlichen Voraussetzungen einer unmittelbaren Ausführung gefehlt habe. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung entnommenen Proben eine Eilbedürftigkeit im Sinne dieser Vorschrift nicht vorgelegen habe. Die Klägerin könne ihren Anspruch des Weiteren nicht auf die Rechtsgrundlage des sogenannten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs stützen, da dieser Anspruch gegenüber anderen Rechtsquellen bzw. spezialgesetzlichen Normierungen subsidiär sei. Der Anspruch finde auch dann keine Anwendung, wenn die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen einer solchen besonderen Regelung nicht erfüllt seien, da andernfalls die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen, die abschließende Normierung der Zwangsmittel oder andere Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen staatlichen Handelns umgangen werden könnten. Im vorliegenden Fall hätten aber mit den Vorschriften aus dem Polizei- und Vollstreckungsrecht besondere Regelungen zur Inanspruchnahme der Beklagten zum Zwecke der Untersuchung entnommenen Proben zur Verfügung gestanden. Denn die Klägerin hätte die Beklagte nach den §§ 1 und 3 PolG in Verbindung mit den §§ 25, 19 Abs. 1 Nr. 2 und 20 LVwVfG unter Androhung der Ersatzvornahme zur Untersuchung der dem Kanal entnommenen Schlamm- und Abwasserproben verpflichten, nach Fristablauf die Untersuchung im Wege der Ersatzvornahme selbst durchführen und auf der Grundlage des § 31 LVwVfG ihr die hierfür entstandenen Kosten auferlegen können. Schließlich komme auch nach den Grundsätzen der "positiven Vertragsverletzung" eine Inanspruchnahme der Beklagten nicht in Betracht, da auch insoweit der Grundsatz der Subsidiarität eingreife mit der Folge, dass auf dieses Rechtsinstitut nicht zurückgegriffen werden könne, wenn die Möglichkeit einer hoheitlichen Inanspruchnahme bestehe.

Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 13. Februar 2002 zugelassene Berufung der Klägerin mit dem Antrag,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. Oktober 2001 - 18 K 3558/99 - zu ändern und die Beklagte zur Zahlung von 2.450,83 EUR (= 4.793,40 DM) nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 5. August 1999 zu verurteilen.

Die Klägerin macht geltend: Der geltend gemachte Ersatzanspruch ergebe sich aus Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung, die auf das zwischen ihr und der Beklagten bestehende öffentlich-rechtliche Kanalbenutzungsverhältnis entsprechend anwendbar seien. Dieser Anspruch werde durch mögliche andere Anspruchsgrundlagen nicht verdrängt, da es keinen Grund gebe, dem Kanalbetreiber den aus dem Benutzungsverhältnis folgenden Anspruch in den Fällen abzuschneiden, in denen er zufällig auch noch Polizeibehörde sei. Nach § 6 ihrer Abwassersatzung seien Stoffe, die zu Ablagerungen oder Verstopfungen in den öffentlichen Abwasseranlagen führen könnten sowie fett- oder müllhaltige Stoffe, Säuren, Laugen, Salze, Rest von Pflanzenschutzmitteln oder vergleichbaren Chemikalien ausgeschlossen. Durch den Eintrag von Chemikalien und Schlamm habe die Beklagte somit ihre Pflichten aus dem öffentlich-rechtlichen Kanalbenutzungsverhältnis verletzt. 1968/69 sei der Teil des öffentlichen Kanals, der das Baugebiet oberhalb der Beklagten mit erschlossen habe, im Zuge der Straßenbaumaßnahmen für die östlich des Grundstücks der Beklagten verlaufenden "Nordspange" endgültig abgetrennt worden. Der öffentliche Kanal beginne somit seit dieser Zeit auf der Höhe des Betriebsgeländes. Es sei daher völlig ausgeschlossen, dass Stoffe von den oberhalb des Betriebsgeländes der Beklagten verlaufenden Kanälen in die Kanalisation gelangt sein könnten. Ein Rückstau von dem in der Bahnhofstraße liegenden Hauptsammler sei aus hydraulischen Gründen ebenfalls ausgeschlossen. Der Schlamm- und Chemikalieneintrag könne also nur von der Beklagten verursacht worden sein. Dafür gebe es noch eine Reihe weiterer Indizien. Der Betrieb der Beklagten habe schon über geraume Zeit Bodenverunreinigungen verursacht, weshalb es immer wieder zu erheblichen Beanstandungen seitens der Behörden gekommen sei. So sei bei einer früheren Bodenuntersuchung des Betriebsgrundstücks der Beklagten durch das Ing.-Büro Marx im Jahre 1989 ein Chromgehalt von bis zu 106 mg/kg Boden sowie 5.800 mg/kg Boden Teeröl festgestellt worden. Wie die Verfügung des Landratsamts Ostalbkreis vom 21.3.1990 zeige, habe die Beklagte bis 1990 frisch imprägnierte Stämme ohne Schutzvorkehrungen auf dem freien Gelände, also in den nicht befestigten Bereichen gelagert. Dazu sei es zum Abtropfen von Imprägniermitteln auf den Boden und einem anschließenden Eintrag in die Kanalisation gekommen. Der unsachgemäße Umgang mit wassergefährdenden Stoffen werde schließlich auch durch den Bericht des Wirtschaftskontrolldiensts vom 22.10.1998 belegt. Der Einwand der Beklagten, die Konzentration und das Verhältnis der Schadstoffe, die in den Schlammproben aus dem Kanal festgestellt worden seien, entsprächen nicht dem Verhältnis, in dem sie, die Beklagte, die wassergefährdenden Stoffe ansetze, könne nicht überzeugen, da sich im Laufe der Jahre im Kanal im Bereich des Betriebsgeländes der Beklagten auf Grund der Einbringung durch die Beklagte Schlammablagerungen gebildet hätten. Durch das Verbleiben der Feststoffe im Kanal habe sich auch die Konzentration an Schadstoffen angereichert. Dies bedeute, dass das Verhältnis der gefundenen Schadstoffkonzentrationen keineswegs dem Verhältnis der verwendeten Stoffe entsprechen müsse. Auch sei davon auszugehen, dass die in den Schlammproben vorgefundenen KW-IR-Belastungen auf den seit über zehn Jahren dauernden Betrieb der Betriebstankstelle auf dem Grundstück der Beklagten zurück zu führen seien. Außerdem könnten in Teeröl auch sogenannte alkylierte aromatische Kohlenstoffe enthalten sein, die von der KW-Analyse erfasst worden seien. Aus welchen Bestandteilen sich das früher verwendete Teeröl zusammen setze, sei im Übrigen nicht bekannt. Da früher viele Betriebe zum Holzschutz Altöl als Fixiermittel eingesetzt hätten, könne es somit auch sein, dass die Verunreinigung von einem solchen früheren Altöleintrag durch die Beklagte stamme. Die Analyseergebnisse zeigten auffällig hohe Werte an Chrom sowie an Kupfer, aber auch sehr hohe Werte bei KW-IR (Mineralöle) und PAK16 (Teere). Damit ließen sich in Schlammablagerungen gerade die Stoffe nachweisen, mit denen die Beklagte auf ihrem Betriebsgelände arbeite. Durch die rechtswidrige, gegen die Abwassersatzung verstoßende Einbringung von Schlamm, Chrom, Kupfer und Mineralöl in die Kanalisation habe die Beklagte den geltend gemachten Schaden verursacht. Die Einbringung dieser Stoffe habe zu kontaminierten Ablagerungen in den Kanalschächten geführt, die vor ihrer Entfernung aus dem Kanal und ordnungsgemäßen Entsorgung auf ihre Zusammensetzung hätten untersucht werden müssen. Denn erst auf Grund der Untersuchungsergebnisse habe festgestanden, dass der aufgefundene Schlamm nicht einfach aus dem Kanal entfernt werden könne, sondern habe als Abfall entsorgt werden müssen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert: Der im Zulassungsbeschluss des Senats vertretenen Auffassung, dass der Anspruch aus positiver Vertragsverletzung nicht durch die §§ 1 und 3 PolG i.V.m. § 31 LVwVG verdrängt werde, werde nicht entgegengetreten. Entgegen der Ansicht der Klägerin seien jedoch die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht gegeben. Ein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 Nr. 1 AbwS liege nicht vor, denn es sei unstreitig, dass sie, die Beklagte, keinen Schlamm eingeleitet habe. Auch ein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Nr. 2 AbwS sei nicht gegeben, da diese Vorschrift nur verhindern wolle, dass Stoffe in das Abwasser gelangten, die die Abwasseranlage oder das Bedienungspersonal bedrohten. Diese Schwelle sei bei dem in dem Kanal festgestellten Schlamm nicht überschritten. Das von ihr, der Beklagten, eingeleitete Abwasser habe selbstverständlich feinste Partikel enthalten, die auch die festgestellten Schadstoffe transportiert haben könnten. Das Vorhandensein dieser Partikel allein begründe jedoch den Anspruch der Klägerin selbst dann nicht, wenn damit kleinste Kontaminationen verbunden gewesen seien. Denn § 6 Abs. 2 Nr. 1 AbwS schütze nur den sicheren Betrieb der Abwasseranlage als solcher, um die es im Anstaltsbenutzungsverhältnis gehe. Dies bestätige auch die Satzung selbst, da auch kontaminierte Abwässer gem. § 6 Abs. 2 Nr. 9 AbwS nur dann ausgeschlossen seien, wenn ihre Kontamination die einschlägigen Grenzwerte überschreite. Mithin könne ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung nur gegeben sein, wenn bereits die Abwässer zum Zeitpunkt ihrer Einleitung, nicht also die abgelagerten Sedimente, gegen einen wasserrechtlichen Bescheid oder gegen sonstige Vorgaben im Sinn des § 6 Abs. 2 Nr. 9 AbwS verstoßen hätten. Im Übrigen sei auch nicht dargelegt, dass sie, die Beklagte, ihre Pflichten schuldhaft verletzt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Verwaltungsgerichts sowie auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung führt zur Änderung des angefochtenen Urteils. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch zu.

I. Die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges ist gemäß § 17 a Abs. 5 GVG in der Rechtsmittelinstanz nicht mehr zu prüfen. An der Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges bestehen davon abgesehen keine Zweifel. Zwar ist nach § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, der ordentliche Rechtsweg gegeben. Einem öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinn dieser Vorschrift stehen jedoch nichtvertragliche öffentlich-rechtliche Schuldverhältnisse wie namentlich die durch Verwaltungsakt begründete Benutzungsverhältnisse gleich. Schadensersatzansprüche wegen der schuldhaften Verletzung der sich aus einem solchen Verhältnis ergebenden öffentlich-rechtlichen Pflichten sind daher vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen (Eyermann/Rennert, VwGO, 11. Aufl. § 40 Rn. 121; ebenso OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 22.8.2001 - 1 ZO 651/99 - NJW 2002, 386 zu Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei der Anbahnung oder dem Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge).

II. Die Berufung ist begründet. Zwar hat das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass der von der die Klägerin zur Begründung ihrer Forderung in erster Linie heran gezogene allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch nicht eingreift, da er gegenüber anderen zur Erstattung oder zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtenden Vorschriften subsidiär ist. Die Klägerin kann jedoch die von der Beklagten geforderte Zahlung als Schadensersatz wegen einer schuldhaften Verletzung der der Beklagten im Rahmen des zwischen ihr und der Klägerin bestehenden Kanalbenutzungsverhältnisses obliegenden Pflichten verlangen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage daher zu Unrecht abgewiesen.

1. Die Beteiligten stimmen darin überein, dass der geltend gemachte Anspruch nicht auf § 10 Abs. 1 AbwS gestützt werden kann. Das ist zutreffend. Die Klägerin wird zwar durch diese Vorschrift dazu ermächtigt, auf Kosten des Benutzers Abwasseruntersuchungen vorzunehmen. Diese Bestimmung ist jedoch nichtig, soweit sie den Benutzern finanzielle Lasten aufbürdet, da dies einen Eingriff in deren Rechtsbereich darstellt, der eine gesetzliche Rechtsgrundlage erfordert. Eine solche kann weder in § 4 Abs. 1 noch in § 11 GemO gesehen werden (vgl. OVG NW, Urt. v. 14.3.1997 - 22 A 1438/96 - NVwZ-RR 1998, 198 zu den entsprechenden Vorschriften des nordrhein-westfälischen Landesrechts). Auch die Vorschriften des KAG enthalten keine Ermächtigung zum Erlass eine solchen Regelung. Auf die hierzu vom Verwaltungsgericht gemachten näheren Ausführungen nimmt der Senat Bezug.

2. Wie das Verwaltungsgericht ebenfalls richtig erkannt hat, kann die Klägerin auch nicht gestützt auf das Rechtsinstitut des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs Ersatz der ihr durch die Analyse der aus dem Abwasserkanal entnommenen Schlamm- und Wasserproben verlangen, da dieser Anspruch gegenüber anderen zur Erstattung oder zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtenden Vorschriften subsidiär ist. Solche andere Vorschriften hat das Verwaltungsgericht zu Recht in den §§ 1, 3 PolG in Verbindung mit § 31 LVwVG gesehen, nach denen die Klägerin unter den dort genannten Voraussetzungen die Möglichkeit gehabt hätte, die Beklagte unter Androhung der Ersatzvornahme zur Entnahme von Proben und deren Untersuchung zu verpflichten, sowie gegebenenfalls das Recht, nach Fristablauf die Untersuchung selbst durchzuführen und auf der Grundlage des § 31 LVwVG Ersatz für die ihr hierdurch entstandenen Kosten zu verlangen.

In der Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung hat die Klägerin hiergegen eingewendet, dass ihr ein polizeirechtliches Vorgehen gegen die Beklagte nicht möglich gewesen sei, da es im Zeitpunkt der Entdeckung der Schlammablagerungen im Abwasserkanal an einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit gefehlt habe. Der Einwand kann nicht verfangen, da auch die Klägerin einräumt, dass es in dem genannten Zeitpunkt "objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Gefahr" gegeben habe, mithin ein sogenannter Gefahrenverdacht vorgelegen hat. Es bestand daher die Möglichkeit, die Beklagte zu den von der Klägerin für erforderlich gehaltenen Untersuchungen heranzuziehen, da die §§ 1, 3 PolG nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auch dazu berechtigen, dem potentiellen Störer Gefahrerforschungsmaßnahmen aufzuerlegen, d. h. Maßnahmen, die dazu dienen, das Vorliegen einer Gefahr, ihr Ausmaß oder ihre Ursache festzustellen, und sich daher im Vorfeld der eigentlichen Gefahrbekämpfung bewegen (z. B. Urt. v. 8.2.1993 - 8 S 515/92 - VBlBW 1993, 298; Beschl. v. 30.8.1990 - 8 S 1740/90 - NVwZ 1991, 491; Urt. v. 10.5.1990 - 5 S 1842/89 - NVwZ-RR 1991, 24). Die Klägerin übersieht im Übrigen mit ihrem Einwand, dass der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch auch dann hinter einer besonderen gesetzlichen Regelung zurück tritt, wenn die dort genannten tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Ersatzanspruch im konkreten Fall nicht erfüllt sind. Denn, wie das Verwaltungsgericht zu Recht bemerkt, dürfen durch einen Rückgriff auf diesen Anspruch weder die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen noch die materiellrechtlichen Voraussetzungen staatlichen Handelns umgangen werden. Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch wäre daher selbst dann nicht gegeben, wenn es im vorliegenden Fall sowohl an einer Gefahr als an einem Gefahrenverdacht gefehlt haben sollte und es der Klägerin deshalb nicht möglich gewesen wäre, die Beklagte aufgrund polizeirechtlicher Vorschriften zu den genannten Untersuchungen zu verpflichten.

3. Die Klägerin kann jedoch nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung von der Beklagten verlangen, dass diese die durch die Untersuchung der entnommenen Schlamm- und Abwasserproben entstandenen Kosten ersetzt, da die Beklagte durch die für diese Untersuchungen ursächliche Einleitung von Holzabfälle enthaltendem Schlamm schuldhaft eine der Pflichten verletzt hat, die sich aus dem zwischen ihr und der Klägerin bestehenden Kanalbenutzungsverhältnis ergeben.

a) Zwischen den Beteiligten besteht ein nichtvertragliches öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis, auf das nach ständiger Rechtsprechung die zivilrechtlichen Vorschriften über Leistungsstörungen entsprechende Anwendung finden. Dies gilt auch für die - bisher nur richterrechtlich anerkannten und inzwischen mit dem am 1.1.2002 in Kraft getretenen Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts in das BGB aufgenommenen - Grundsätze der positiven Vertragsverletzung, nach denen der Benutzer einer öffentlichen Einrichtung zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der dem Träger der Einrichtung durch eine schuldhafte Verletzung der aus dem Benutzungsverhältnis sich ergebenden Pflichten entsteht (vgl. u. a. BVerwG, Urt. v. 1.3.1995 - 8 C 36.92 - NJW 1995, 2303; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 9.5.1994 - 8 S 1101/93 - NVwZ 1996, 201; Urt. v. 15.6.1992 - 8 S 2728/91 - VGHBW-Ls 1992, Beilage 9, B6; Beschl. v. 29.12.1989 - 10 S 225/89 - VBlBW 1990, 225).

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts tritt dieser Anspruch nicht ebenfalls hinter den §§ 1, 3 PolG in Verbindung mit § 31 LVwVG zurück. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts beruht auf der Annahme, dass eine Haftung der Beklagten für die der Klägerin entstandenen Kosten nach den Regeln der positiven Vertragsverletzung nicht in Betracht komme, da auch auf diese Regeln nicht zurück gegriffen werden dürfe, wenn die Möglichkeit einer hoheitlichen Inanspruchnahme bestehe. Das ist unzutreffend, da es, wie die Klägerin zu Recht bemerkt, keinen Grund gibt, dem Träger einer öffentlichen Einrichtung den aus dem Benutzungsverhältnis folgenden Schadensersatzanspruch in den Fällen abzuschneiden, in denen er auch als Polizeibehörde hätte tätig werden können.

Die Grundsätze über die Haftung für positive Vertragsverletzungen wurden entwickelt, um eine dem BGB in seiner bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts zum 1.1.2002 geltenden Fassung anhaftende Lücke zu schließen, die sich daraus ergab, dass die in diesem Gesetz enthaltenen Vorschriften über Unmöglichkeit und Verzug sowie die Gewährleistung bei Kauf, Miete und Werkvertrag nicht alle denkbaren Arten von Leistungsstörungen erfassen. Die - nach Maßgabe der allgemeinen Überleitungsvorschrift in Art. 2 des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes auf Schuldverhältnisse, die vor dem 1.1.2002 entstanden sind, weiterhin anwendbaren - Grundsätze greifen dementsprechend nur ein, soweit die bisherige gesetzliche Regelung des BGB Lücken enthält, und gelten daher gegenüber anderen schuldrechtlichen Ansprüchen nur subsidiär. Eine weitergehende Subsidiarität auch im Verhältnis zu gesetzlich geregelten Ansprüchen aus anderen Regelungsbereichen, insbesondere zu Ansprüchen deliktischer Art ist dagegen nicht gegeben. Nicht anders ist die Rechtslage, soweit die Regeln der positiven Vertragsverletzung auf öffentlich-rechtliche Schuldverhältnisse entsprechende Anwendung finden und es um das Verhältnis eines sich hieraus ergebenden öffentlich-rechtlichen Schadensersatzanspruchs zu ausdrücklich normierten Ersatzansprüchen öffentlich-rechtlicher Art geht, die sich - wie die hier zur Stützung der Forderung der Klägerin in Betracht zu ziehenden, wenn auch von ihrem Tatbestand her nicht erfüllten §§ 31 LVwVG und 8 Abs. 2 PolG - auf einer ganz anderen Ebene bewegen. Etwas anderes kann auch dem vom Verwaltungsgericht für seine Ansicht in Anspruch genommenen Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 11.12.1981 - II 1716/79 - (VBlBW 1982, 369) nicht entnommen werden. Soweit es in diesem Urteil heißt, dass der Benutzer einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung der Gemeinde auch im Rahmen öffentlich-rechtlicher Benutzungsverhältnisse für Leistungsstörungen nach vertragsähnlichen Grundsätzen dort einzustehen habe, wo ein besonders enges Verhältnis zur Verwaltung begründet worden sei und mangels ausdrücklicher Regelung ein Bedürfnis für eine angemessene Verteilung der Verantwortung innerhalb des öffentlichen Rechts vorliege, ist ersichtlich nicht gemeint, dass eine solche Haftung ausscheide, wenn die Gemeinde die Möglichkeit einer hoheitlichen Inanspruchnahme des Benutzers habe. Zum Ausdruck gebracht werden sollte damit lediglich, dass erst das Fehlen von Regelungen über die Rechtsfolgen von Leistungsstörungen im Rahmen öffentlich-rechtlicher Benutzungsverhältnisse es notwendig macht, zur Schließung dieser Lücke auf die entsprechenden Regeln des BGB zurück zu greifen.

Davon, dass ein sich aus den Grundsätzen über die positive Vertragsverletzung ergebender Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht im Verhältnis zu den vom Verwaltungsgericht genannten Vorschriften subsidiär ist, geht im Übrigen nunmehr auch die Beklagte aus.

b) Ein solcher Anspruch setzt tatbestandlich voraus, dass die im Kanal festgestellten Schlammablagerungen von der Beklagten verursacht worden sind und diese dadurch die sich aus dem Benutzungsverhältnis zwischen ihr und der Klägerin ergebenden Pflichten schuldhaft verletzt hat. Diese Voraussetzungen sind sämtlich erfüllt.

aa) Die von der Klägerin aufgeführten verschiedenen Indizien lassen keinen Zweifel daran, dass die Schlammablagerungen von der Beklagten verursacht worden sind, auch wenn es dafür keinen direkten Beweis gibt.

Die Klägerin stützt ihre entsprechende Behauptung in erster Linie darauf, dass der Kanal, in dem die Schlammablagerungen festgestellt worden sind, im Bereich des Grundstücks der Beklagten seinen Anfang nehme, da der andere Teil des Kanals, der ursprünglich das Baugebiet oberhalb des Betriebsgeländes der Beklagten mit erschlossen habe, 1968/69 im Zuge des Baus der sogenannten Nordspange abgetrennt worden sei. Zur Untermauerung dieser Darstellung hat sie zwei Kanalbestandspläne vorgelegt, nach denen der hier interessierende Kanal in der Tat erst im Bereich des Grundstücks der Beklagten beginnt. In dem neueren dieser Pläne ist auch der im Trassenbereich der Nordspange verlegte neue Kanal eingezeichnet, in den der Rest des abgetrennten Kanalstrangs einmündet. Die Abtrennung des Kanals wird von der Beklagten nicht bestritten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat jedoch einer der Inhaber der Beklagten behauptet, dass unterhalb der Trennstelle ein weiterer Kanal in den hier in Rede stehenden Kanal einmünde, was er bei einer eigenen Baumaßnahme selbst festgestellt haben will. Dem Senat erscheint das Vorhandensein ein solchen Einmündung höchst unwahrscheinlich, da in den von der Klägerin vorgelegten Kanalbestandsplänen in dem betreffenden Bereich kein Kanal eingezeichnet ist und bei der Lage der übrigen, in diesen Plänen eingetragenen Kanäle auch nicht ersichtlich ist, welchen Sinn ein dort verlaufender weiterer Kanal haben sollte. Hinzukommt, dass sich der betreffende Kanalabschnitt auf dem Grundstück der Beklagten befindet, so dass auch ein in diesen Kanal einmündender Kanal durch das Betriebsgelände der Beklagten führen müsste. Sollte ein solcher Kanal existieren, müsste deshalb erwartet werden, dass die Beklagte hierüber nähere Kenntnis hat. Dazu hat sie jedoch nichts vorgetragen.

Die Frage, ob in den betreffenden Kanalabschnitt außer der Beklagten noch andere Personen Abwasser einleiten, kann jedoch letztlich dahinstehen, da unabhängig davon nichts dafür spricht, dass die von der Klägerin festgestellten Schlammablagerungen von einem Dritten verursacht worden sein könnten. Wie der Bürgermeister der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, bestanden die inzwischen aus dem Kanal entfernten Schlammablagerungen zum größten Teil aus Sägemehl und Holzresten. Dieser Darstellung ist die Beklagte nicht entgegen getreten. Nach dieser Zusammensetzung des Schlamms kommt nur die Beklagte als Verursacher in Betracht, da es in der näheren Umgebung keinen anderen Holz be- oder verarbeitenden Betrieb gibt, von dem Ablagerungen dieser Art stammen könnten. Die von der Beklagten als möglicher Verursacher genannte Firma V. mag zwar mit ähnlichen Stoffen arbeiten, wie sie auch in den aus dem Schlamm entnommenen Proben festgestellt worden sind. Diese Firma ist jedoch auf einem ganz anderen Sektor tätig und scheidet daher als Verursacher der hauptsächlich aus Holzbestandteilen gebildeten Ablagerungen von vornherein aus. Für die von der Beklagten ferner ins Spiel gebrachte Firma G. gilt im Ergebnis das Gleiche, da diese Firma, wie der Bürgermeister der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - von der Beklagten ebenfalls unwidersprochen - erklärt hat, schon vor ca. 30 Jahren ihren Betrieb eingestellt hat.

Die bereits durch die Zusammensetzung des Schlamms zumindest naheliegende Vermutung, dass die Ablagerungen von der Beklagten verursacht worden sind, wird weiter dadurch erhärtet, dass bei den aus den Schächten S 1360, S 1362 und S 1363 entnommenen Schlammproben u. a. hohe Konzentrationen an Chrom und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen sowie eine erhebliche Konzentrationen an Kupfer festgestellt worden sind, ausnahmslos Stoffe, die die von der Beklagten verwendeten Imprägnierungsmittel enthalten. Der dagegen gerichtete Einwand der Beklagten, dass die in den Proben festgestellten Kontaminationen mit Chrom und Kupfer im Verhältnis von etwa 5 : 1 stünden, das von ihr eingesetzte Imprägnierungsmittel "CFK" diese Stoffe aber in einem völlig anderen Verhältnis enthalte, kann schon deshalb nicht überzeugen, weil die Beklagte außer dem von ihr genannten Imprägnierungsmittel, dessen richtige Bezeichnung im Übrigen Korasit CKF lautet, noch ein zweites ebenfalls Kupfer enthaltendes Imprägnierungsmittel - Korasit KS - einsetzt. Von der Klägerin wird im Übrigen zu Recht darauf hingewiesen, dass aufgrund von Anreicherungsprozessen das Verhältnis der im Schlamm vorgefundenen Schadstoffe nicht notwendigerweise dem Verhältnis der in den verwendeten Mitteln vorhandenen Stoffe entsprechen muss.

Auch der weitere Einwand der Beklagten, dass die unter der Position KW-IR festgestellten Kohlenwasserstoffe nur von Mineralöl stammen könnten, sie aber nicht mit Mineralöl arbeite, ist nicht geeignet, den sich aus dem Ergebnis der Untersuchungen der Schlammproben ergebenden Hinweis auf eine Verursachung der Ablagerungen durch sie zu entkräften, da sich auf dem Grundstück der Beklagten seit mindestens 1989 eine Betriebstankstelle befindet, die jedenfalls in der Vergangenheit nicht den aus wasserwirtschaftlicher Sicht erforderlichen Anforderungen genügt hat. Das von der Klägerin vorgelegte Schreiben des Landratsamts Ostalbkreis vom 16.11.1998, in dem u. a. beanstandet wird, dass die Lagerung der Kraftstoffe in einem sich im Freien auf unbefestigten Boden befindlichen Tank erfolge und der Wirkbereich der Tankstelle nicht flüssigkeitsdicht sei, ist dafür ein deutliches Zeichen. Die Klägerin bezeichnet daher einen Eintrag von übergelaufenem oder verschüttetem Kraftstoff in die Kanalisation zu Recht als sehr wahrscheinlich.

Die Annahme, dass die Schlammablagerungen von der Beklagten verursacht worden sind, erfährt eine weitere Bestätigung dadurch, dass die Beklagte in der Vergangenheit äußerst nachlässig mit den von ihr verwendeten wassergefährdenden Stoffen umgegangen ist. Das wird durch die diversen von der Klägerin vorgelegten Berichte und Schreiben der zuständigen Behörden zweifelsfrei belegt. So wird vom Landratsamt Ostalbkreis in einem Aktenvermerk über eine Besichtigung des Betriebs der Beklagten am 2.11.1998 der desolate Gesamtzustand beklagt, in dem sich die Firma präsentiere, und beanstandet, dass die ungeordnete Holzlagerung teilweise über einem Meter in die öffentliche Straße hinein reiche. Auch seien in der Vergangenheit des Öfteren Fälle aufgetreten, bei welchen das behandelte Holz ausgeblutet sei und sich daher die Chemikalien auf dem Boden gesammelt hätten und vermutlich in die öffentliche Kanalisation geschwemmt worden seien. Festgestellt wurde ferner, dass sich vor der Chromimprägnieranlage ein Bodenabfluss befindet, der zu einem Tank zur Rückgewinnung des Chromimprägnierungsmittels führt. Bei der Besichtigung sei dieser Tank bis kurz unter die Geländeoberfläche gefüllt gewesen. Da sich ca. 4 bis 5 m von der Chromimprägnieranlage entfernt ein Kanalisationsschacht befinde, der genau zwischen der Anlage und den zum Abtropfen lagernden Hölzern liege, meinte das Landratsamt außerdem, dass eine direkte Eintragung der Chromsalze in die öffentliche Kanalisation möglich sei. Festgestellt wurde weiter, dass in einem der auf dem Grundstück der Beklagten befindlichen Kanalschächte der Flüssigkeitspegel direkt unter dem Deckel stand, was nach der Auffassung des Landratsamts auf eine Verstopfung durch Schlammeintrag schließen ließ.

Aus dem Bericht des Wirtschaftskontrolldienstes vom 22.10.1998 ergibt sich das gleiche Bild. Danach wurde am 16.10.1998 festgestellt, dass auf dem Gelände der Beklagten auf einer betonierten Fläche ca. 25 m3 Holzstangen gelagert wurden, die im vorderen Bereich frisch imprägniert worden waren. Auf dem Betonboden habe sich dadurch eine Abtropflache von ca. 40 x 40 cm gebildet, die von dem Fahrbahnrand 30 cm entfernt gewesen sei. Ferner habe sich am Fahrbahnrand der Bahnhofstraße eine weitere, etwa 4 m lange und 1,5 m breite Wasserlache angesammelt. Auf der Wasserlache seien Schlieren, die offensichtlich von dem Imprägnierungsmittel stammten, erkennbar gewesen, die von der Abtropfstelle noch ca. 20 m Richtung Einlaufschacht hätten verfolgt werden können.

Es ist angesichts dieser Verhältnisse nicht verwunderlich, dass der Boden und das Erdreich im Bereich des Betriebsgeländes der Beklagten unstreitig stark mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen verunreinigt sind. Die Ergebnisse der verschiedenen Gutachten zum Ausmaß der Verunreinigungen werden vom Landratsamt Ostalbkreis in seinem Schreiben vom 26.6.2000 wie folgt zusammen gefasst:

"Durch den langjährigen Betrieb einer Teerölimprägnieranlage durch die Firma M. sowie durch Überfüllschäden an den Tankanlagen wurde Karbolineum (Teeröl) in den Boden und das Grundwasser eingebracht. ... Auf dem Grundstück im Bereich der heutigen Imprägnieranlagen, des frühren Kesselhauses und der älteren Lagerbehälter liegt daraus resultierend eine erhebliche Kontamination des Bodens bis in eine Tiefe von ca. 6 m vor. Bereichsweise wurden Belastungen bis weit über die Residualsättigung des Bodens festgestellt ("In Phase"). ... Des Weiteren liegt auch eine erhebliche Kontamination des Grundwassers vor. Diese Belastung ist auch bereits außerhalb des Firmengeländes (westlich der Eintragstellen zwischen Bahnhofstraße und Bahndamm) nachgewiesen. ... Sanierungsbedürftige Kontamination des Grundwassers oder des Bodens durch die Chromatimprägnierung wurden nicht festgestellt. Die Belastung beschränkt sich ausschließlich auf Teeröl (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe).

Die verschiedenen Umstände zusammengenommen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die im Kanal festgestellten Ablagerungen aus dem Betrieb der Beklagten herrühren, mithin von der Beklagten verursacht worden sind.

bb) Mit dem Einbringen der zu diesen Ablagerungen führenden, Sägemehl und andere Holzteile enthaltenden Schlamm hat die Beklagte ihre aus dem Benutzungsverhältnis zwischen ihr und der Klägerin folgenden Pflichten verletzt, da nach § 6 Abs. 1 der - diese Pflichten bestimmenden - Abwassersatzung der Klägerin vom 18.11.1993 sämtliche Stoffe von der öffentlichen Abwasserbeseitigung ausgeschlossen sind, die die Reinigungswirkung der Klärwerke, den Betrieb der Schlammbehandlungsanlagen, die Schlammbeseitigung oder Schlammverwertung beeinträchtigen, die öffentlichen Abwasseranlagen angreifen, ihre Funktionsfähigkeit oder Unterhaltung behindern, erschweren oder gefährden können, oder die den in öffentlichen Abwasseranlagen arbeitenden Personen oder dem Vorfluter schaden können. Nach Abs. 2 gilt dies insbesondere für Stoffe - auch in zerkleinertem Zustand -, die zu Ablagerungen oder Verstopfungen in den öffentlichen Abwasseranlagen führen können (z.B. Schlamm). Die Pflichtverletzung war auch schuldhaft, da die Beklagte zumindest hätte wissen müssen, dass der von ihr in die Kanalisation eingebrachte Schlamm zu einer Verstopfung des Kanals führen kann, und sie somit durch ihr Verhalten gegen ihre Pflichten aus dem Kanalbenutzungsverhältnis verstößt.

cc) Der der Klägerin dadurch entstandene Schaden besteht in der Belastung mit den Kosten, die durch die von ihr in Auftrag gegebene Untersuchung der Schlamm- und Abwasserproben entstanden sind. Die Klägerin hat die Untersuchungen veranlasst, um Klarheit darüber zu bekommen, ob die bei der Kamerabefahrung des Kanals festgestellten Ablagerungen auf eine Hausmülldeponie gebracht werden können oder als Sondermüll entsorgt werden müssen. An der Erforderlichkeit dieser Untersuchungen gibt es keinen Zweifel. Die Klägerin hätte zwar, wie die Beklagte einwendet, den festgestellten Schlamm auch gleich als Sondermüll entsorgen können. Das wäre jedoch offensichtlich unsinnig gewesen und hätte unnötige Kosten verursacht, wenn der Schlamm tatsächlich nicht oder nur geringfügig kontaminiert gewesen wäre. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Klägerin vor dem Ergreifen weiterer Maßnahmen zunächst eine Untersuchung des Schlamms veranlasst hat.

dd) Für ein Mitverschulden der Klägerin am Entstehen dieser Kosten sieht der Senat keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat zwar zugestanden, dass der Kanal, in dem sich die Ablagerungen gebildet haben, nur über ein geringes Gefälle verfügt. Von der Beklagten wird außerdem vermutet, dass der Kanal nach Abtrennung des östlichen Strangs überdimensioniert und die Strömungsgeschwindigkeit des Abwassers deshalb zu gering sei. Beide Umstände mögen die Schlammablagerungen begünstigt haben. Das ändert jedoch nichts daran, dass die entscheidende Ursache für die Ablagerungen in dem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten zu sehen ist. Die Klägerin kann daher beanspruchen, dass die Beklagte für den gesamten entstandenen Schaden aufkommt.

4. Die Zinsforderung der Klägerin ist ebenfalls begründet. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerwG ist § 291 BGB auf öffentlich-rechtliche Klagen entsprechend anwendbar, sofern diese unmittelbar auf Leistung einer fälligen Geldforderung gerichtet sind, es sei denn, dass wesensmäßige Unterschiede der geregelten Materie oder gegenteilige Bestimmungen des Fachrechts dem entgegenstehen (vgl. Urteile vom 9.11.1976 - III C 56.75 - BVerwGE 51, 287, 288 und vom 28.6.1995 - 11 C 22.94 - NJW 1995, 3135). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Die Klägerin kann daher von der Beklagten für die Zeit ab Rechtshängigkeit ihrer Klage Zinsen in der von ihr beanspruchten Höhe verlangen.

Die Kostentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahrens wird gemäß § 13 Abs. 2 GKG auf 2.450,83 EUR festgesetzt

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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