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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 22.03.2002
Aktenzeichen: 9 S 1057/01
Rechtsgebiete: PsychThG
Vorschriften:
PsychThG § 12 | |
PsychThG § 12 Abs. 4 |
9 S 1057/01
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil
In der Verwaltungsrechtssache
wegen
Approbation als psychologischer Psychotherapeut
hat der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Schwan, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Gerstner-Heck und der Richter am Verwaltungsgerichtshof Prof. Dr. Rennert ohne mündliche Verhandlung
am 22. März 2002
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. Februar 2001 - 12 K 760/00 - wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt seine Approbation als Psychologischer Psychotherapeut.
Der 1952 geborene Kläger absolvierte nach Abschluss einer Augenoptikerlehre und anschließender entsprechender Tätigkeit von 1975 bis 1978 eine berufsbegleitende Ausbildung zum Erzieher mit anschließender Berufspraxis; er studierte von 1981 bis 1985 an der Fachhochschule für Sozialwesen in Mannheim und erreichte im Januar 1986 den Abschluss als Diplom-Sozialarbeiter (FH). In der Folgezeit war er mit kurzen Unterbrechungen als Sozialarbeiter tätig, zuletzt bei der Stadt Karlsruhe, wo er ab Mai 1995 unter Wegfall der Bezüge beurlaubt war. Von März 1991 bis November 1994 absolvierte er berufsbegleitend eine Ausbildung zum Einzel-, Paar- und Familientherapeuten. Seit 01.09.1994 ist er bei Pro Familia teilzeitbeschäftigter Angestellter und daneben seit 1995 in eigener Praxis therapeutisch tätig. Von November 1992 bis September 1998 studierte er an der Universität Koblenz-Landau, Abteilung Landau, Psychologie und schloss dieses Studium erfolgreich mit der Diplomprüfung am 29.09.1998 ab, womit ihm der akademische Grad eines Diplom-Psychologen verliehen wurde. Am 07.12.1998 erhielt er von der Stadt Karlsruhe die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde im Gebiet der Psychotherapie gemäß § 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes.
Am 26.12.1998 beantragte der Kläger unter Verwendung eines entsprechenden Formulars und der Beigabe der geforderten Bescheinigungen beim Regierungspräsidium Stuttgart die Erteilung der Approbation als Psychologischer Psychotherapeut.
Nach Anhörung des Klägers lehnte das Regierungspräsidium mit Bescheid vom 11.02.2000 den Antrag ab. In der Begründung heißt es u.a.: Der Kläger habe zwar die gemäß § 12 Abs. 4 Satz 3 PsychThG geforderten Nachweise über mindestens 30 dokumentierte abgeschlossene Behandlungsfälle, mindestens fünf abgeschlossene Behandlungsfälle unter Supervision mit insgesamt mindestens 250 Behandlungsstunden sowie 280 Stunden theoretische Ausbildung im Beschäftigungsgebiet erbracht, seine Approbation könne jedoch deshalb nicht erfolgen, weil er das Psychologiestudium erst am 29.09.1998 beendet habe. Die Übergangsregelung des § 12 Abs. 4 PsychThG erfordere jedoch, dass spätestens zum 24.06.1997 das Psychologiestudium erfolgreich abgeschlossen worden sei.
Am 13.03.2000 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 11.02.2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm die beantragte Approbation als Psychologischer Psychotherapeut - hilfsweise: eine vorläufige Approbation als Psychologischer Psychotherapeut - zu erteilen. Er ist der Ansicht, die Übergangsregelung des § 12 Abs. 4 PsychThG verlange nicht, dass die Berufspraxis erst nach abgeschlossenem Psychologiestudium absolviert werde. Auch müsse berücksichtigt werden, dass er sich von November 1993 bis September 1995 um die Erziehung seines Kindes gekümmert habe und deshalb sein Studium nicht habe früher beenden können.
Das beklagte Land ist unter Hinweis auf die Begründung des angegriffenen Bescheides der Klage entgegen getreten und hat noch ausgeführt, die behördliche Praxis verstehe bundesweit die Übergangsregelung des § 12 Abs. 4 PsychThG dahin, dass das Psychologiestudium vor dem 24.06.1997 erfolgreich abgeschlossen sein müsse. Eine Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten sehe das Gesetz nicht vor. Dies sei auch angesichts des vorgegebenen langen Zeitraumes, in dem die praktische Tätigkeit hat absolviert werden können, nicht erforderlich.
Mit Urteil vom 12.02.2001 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe dem Klagebegehren entsprochen, indem es den Beklagten unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart verpflichtete, dem Kläger die beantragte Approbation als Psychologischer Psychotherapeut zu erteilen. Zur Begründung führt das Verwaltungsgericht u.a. aus: Der Kläger erfülle zwar nicht die mit dem Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten geschaffenen Regelvoraussetzungen eines abgeschlossenen Psychologiestudiums mit daran anschließender mindestens dreijähriger Voll- bzw. fünfjähriger Teilzeitausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten. Es lägen jedoch die Voraussetzungen vor, unter denen die Approbation aufgrund der Übergangsregelung des § 12 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Satz 3 PsychThG vorzunehmen sei. Insbesondere sei hierzu ausreichend, dass der Kläger seine Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie vor dem Inkrafttreten des genannten Gesetzes zum 01.01.1999 abgeschlossen habe. Der Übergangsregelung sei entgegen der Ansicht des Beklagten nicht zu entnehmen, dass der für die Aufnahme der berufspraktischen Tätigkeit geltende Stichtag des 24.06.1997 auch für den Abschluss des Studiums maßgebend sei.
Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Beklagte vor: Der Gesetzgeber habe mit Erlass des Psychotherapeutengesetzes in § 12 PsychThG abgestufte Übergangsregelungen in Kraft gesetzt. Sie berücksichtigten die Interessen jener Personen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes bereits Tätigkeiten ausgeübt hätten, die mit den neugeschaffenen Berufsprofilen übereinstimmten. Es sei somit der in der Vergangenheit erworbene Besitzstand abgesichert worden. Die Erteilung der Approbation als Rechtsfolge dieses Besitzstandes werde bei der Überleitung in das Recht zur Ausübung des Berufes unter der Bezeichnung Psychologischer Psychotherapeut an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Sie zeigten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers durch die Anwendung des § 12 PsychThG im Vergleich zu den späteren Approbationsverfahren auf der Grundlage des neuen Rechts ab 01.01.1999 keine qualitativen Unterschiede durch den Vollzug bei § 12 PsychThG eintreten sollten. Grundvoraussetzung der Approbation sei der erfolgreiche Abschluss eines Psychologiestudiums und darauf aufbauend der Nachweis der weiter geforderten psychotherapeutischen Berufstätigkeit. Die Ansicht des Verwaltungsgerichts hätte zur Folge, dass selbst solche psychotherapeutischen Behandlungen - als Berufspraxis - berücksichtigt werden müssten, die nicht nur während, sondern gar vor Beginn des Studiums durchgeführt worden seien. Dies widerspräche dem gesetzgeberischen Ziel, keine qualitativen Unterschiede durch den Vollzug des § 12 PsychThG im Vergleich zu der Ausbildung auf der Grundlage des neuen Rechts eintreten zu lassen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12. Februar 2001 - 12 K 760/00 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und führt noch aus: § 12 PsychThG schreibe keine zwingende zeitliche Reihenfolge vor, wonach zunächst das Psychologiestudium abzuschließen und danach die praktische psychotherapeutische Tätigkeit zu erbringen sei. Die Psychotherapie sei keine derart geheimnisvolle Wissenschaft, dass ohne vorherigen Abschluss einer theoretischen Prüfung keine praktischen Qualifikationen erworben werden könnten bzw. dass diese mangels theoretischer Grundlage wertlos seien. Das Psychotherapeutengesetz berücksichtige Kindererziehungszeiten nicht. Er habe wegen der zweijährigen Erziehungszeit für seinen im Jahre 1992 geborenen Sohn sein Studium nicht vor dem 24.06.1997 abschließen können. Dies müsse berücksichtigt werden.
Dem Senat liegen die einschlägigen Behörden- und Gerichtsakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die im Berufungszulassungs- und Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Beklagten unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart verpflichtet, dem Kläger die Approbation als Psychologischer Psychotherapeut zu erteilen, weil er hierauf einen gesetzlichen Anspruch hat.
Der Gesetzgeber hat nach langem Ringen um eine gesetzliche Regelung (vgl. Nachweise bei BVerfG, 1. Senat, 2. Kammer, Beschluss vom 16.03.2000 - 1 BvR 1453/99 - DVBl. 2000, 978) der bereits Anfang der siebziger Jahre erhobenen Forderung, einen eigenständigen Heilberuf für die Psychotherapie gesetzlich zu regeln (vgl. Salzl/Steege, Psychotherapeutengesetz S. 17), mit dem am 01.01.1999 in Kraft getretenen Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendpsychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz - PsychThG) vom 16.06.1998 (BGBl. I S. 1311) entsprochen und einen neuen staatlich anerkannten Heilberuf geschaffen mit den Berufsbildern des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten (§ 1 Abs. 1 PsychThG). Die genannten Berufsbezeichnungen darf nur führen, wer zur Ausübung der Berufe befugt ist, wobei die Bezeichnung "Psychotherapeut" oder "Psychotherapeutin" von anderen Personen als Ärzten, Psychologischen Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten nicht geführt werden darf (§ 1 Abs. 1 Sätze 3 und 4 PsychThG). Die Ausübung der heilkundlichen Psychotherapie unter den genannten Berufsbezeichnungen bedarf der Approbation (§ 1 Abs. 1 PsychThG); diese ist auf Antrag zu erteilen, wenn u.a. der Antragsteller die vorgeschriebene Ausbildung abgeleistet und die staatliche Prüfung bestanden hat (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 PsychThG). Die in der Bundesrepublik geforderte Ausbildung (vgl. zur Gleichwertigkeit auch § 2 Abs. 2 PsychThG) dauert in Vollzeitform jeweils drei und in Teilzeitform jeweils fünf Jahre und besteht aus einer praktischen Tätigkeit, die von theoretischer und praktischer Ausbildung begleitet wird; sie schließt mit dem Bestehen der staatlichen Prüfung ab (§ 5 Abs. 1 PsychThG). Voraussetzung für diese Ausbildung selbst ist für das Berufsbild des Psychologischen Psychotherapeuten eine im Inland an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule bestandene Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie, die das Fach Klinische Psychologie einschließt und gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 des Hochschulrahmengesetzes der Feststellung dient, ob der Student das Ziel des Studiums erreicht hat (§ 5 Abs. 2 Nr. 1a PsychThG). Der Gesetzgeber ließ sich davon leiten, dass an die Ausübung für den neuen Heilberuf des Psychologischen Psychotherapeuten hohe Anforderungen zu stellen sind, so dass diesen Beruf nur Diplompsychologen mit einem Universitäts- oder diesem gleichstehenden Abschluss ergreifen können (BTDrucks 13/8035 II Nr. 11). Im Hinblick auf die - nach der gesetzlichen Regelung - nachfolgende praktische Tätigkeit in den Ausbildungseinrichtungen soll ein möglichst breites Spektrum von Einrichtungen, in denen psychotherapeutische Behandlungen durchgeführt werden können, zur Verfügung stehen, wobei der Ausbildungsteilnehmer unter Aufsicht und Anleitung am Patienten praktisch tätig werden soll (BTDrucks 13/8035 II Nr. 12). Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat und auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, erfüllt der Kläger die Voraussetzungen für die Approbation als Psychologischer Psychotherapeut gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 1a, § 6 PsychThG nicht, da er nicht nach Abschluss seines Psychologiestudiums die dreijährige bzw. fünfjährige Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten durchlaufen hat.
Der Kläger kann jedoch seinen Anspruch auf Approbation aus § 12 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Satz 3 PsychThG herleiten. Nach dieser Übergangsvorschrift erhalten Personen mit einer bestandenen Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie an einer Universität oder einer gleichstehenden Hochschule bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1, 3 und 4 PsychThG (die beim Kläger unstreitig gegeben sind) auf Antrag eine Approbation zur Ausübung des Berufs des Psychologischen Psychotherapeuten, wenn sie nachweisen, dass sie - in abhängiger Beschäftigung als Angestellter oder Beamter (vgl. hierzu: Beschluss des Senats vom 14.06.2000 - 9 S 718/00 -) - bis zum 31. Dezember 1998 mindesten 2.000 Stunden psychotherapeutische Berufstätigkeit abgeleistet oder 30 dokumentierte Behandlungsfälle abgeschlossen (§ 12 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 PsychThG), mindestens fünf Behandlungsfälle unter Supervision mit insgesamt mindestens 250 Behandlungsstunden abgeschlossen (§ 12 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 PsychThG), mindestens 280 Stunden theoretischer Ausbildung in dem Gebiet, in dem sie beschäftigt sind, abgeleistet (§ 12 Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 PsychThG) und spätestens am 24.06.1997 ihre psychotherapeutische Beschäftigung aufgenommen haben (§ 12 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 PsychThG). All diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Der Kläger hat sein Psychologiestudium am 29.09.1998 erfolgreich abgeschlossen. Dies genügt dem Erfordernis einer bestandenen Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie im Sinne des § 12 Abs. 4 PsychThG.
Entgegen der Ansicht des Beklagten erfordert die Übergangsregelung den Studienabschluss nicht vor dem 26.06.1997 oder gar vor dem Erbringen der in § 12 Abs. 4 Satz 3 Nrn. 1 bis 4 geforderten Betätigungen. Die Übergangsregelung enthält nach ihrem Wortlaut ausschließlich für die Frage, wann die psychotherapeutische Beschäftigung aufgenommen worden sein muss, einen Stichtag, nämlich den 24.06.1997 (§ 12 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 PsychThG). Für die übrigen drei Merkmale der berufspraktischen Tätigkeit (Nrn. 1, 2 und 3 der genannten Regelung) wird (lediglich) die Forderung aufgestellt, dass diese bis zum 31.12.1998 nachgewiesen werden. Hiervon geht auch die Begründung des Gesetzes aus, wenn es heißt, dass "vor Inkrafttreten des Gesetzes abgeleistete Stunden theoretischer Ausbildung ebenso wie die geforderten Behandlungsfälle unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Ableistung anzurechnen sind" (BTDrucks 13/8035 B zu § 12). Dass diese Tätigkeiten nach dem Studienabschluss liegen müssen, besagt das Gesetz nicht.
Die von dem Beklagten angenommene Verknüpfung, dass die angesprochene berufspraktische Tätigkeit selbst nur dann anerkennungsfähig sei, wenn sie von einem diplomierten Psychologen durchgeführt worden ist, findet im Gesetz keinen Anhalt. Das Erfordernis, mindestens 200 Stunden psychotherapeutische Berufstätigkeit abgeleistet oder 30 dokumentierte Behandlungsfälle abgeschossen sowie mindestens fünf Behandlungsfälle unter Supervision mit insgesamt mindestens 250 Behandlungsstunden abgeschlossen und mindestens 280 Stunden theoretischer Ausbildung in dem Gebiet, in dem der Approbationsbewerber beschäftigt ist, abgeleistet zu haben (§ 12 Abs. 4 Satz 3 Nrn. 1, 2 und 3 PsychThG), weist weder nach Wortlaut, noch nach Sinn und Zweck der Regelung darauf hin, dass es nur nach erfolgreichem Abschluss eines Psychologiestudiums erfüllt wäre. Richtig ist vielmehr, dass vor Schaffung des Psychotherapeutengesetzes psychotherapeutische Behandlungen von Lehrern, Diplomsoziologen, Erziehern, Theologen und auch Angehörigen anderer Berufsgruppen durchgeführt wurden und die Kosten vielfach im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung bei der sogenannten "Erstattungspsychotherapie" übernommen wurden, da der Behandlungsbedarf durch Ärzte oder auch durch Diplompsychologen unter ärztlicher Aufsicht im sogenannten Delegationsverfahren nicht gedeckt werden konnte (vgl. Spellbrink, Approbation als Psychologischer Psychotherapeut nach § 12 PsychThG ohne universitären Abschluss im Studiengang Psychologie?, NVwZ 2000, 141; vgl. insoweit auch die Übergangsregelung des § 12 Abs. 1 und Abs. 2 PsychThG). Auch wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass mögliche Defizite hinsichtlich der Prüfung der Wirtschaftlichkeit und der Qualität der Behandlung dadurch entstanden sind, dass - in der Vergangenheit - nicht am Delegationsverfahren beteiligte Psychotherapeuten zur psychotherapeutischen Leistungserbringung berechtigt waren (vgl. BTDrucks 13/1206, S. 1, 12), so rechtfertigt dies nicht, die vom Kläger erbrachten Leistungen nicht als solche im Sinne des § 12 Abs. 4 Satz 3 Nrn. 1 bis 3 PsychThG anzusehen.
Der Gesetzgeber hat durch das Psychotherapeutengesetz einen hohen Qualitätsstandard bei der psychotherapeutischen Behandlung sichern wollen. Er hat deshalb als subjektive Zulassungsvoraussetzung ein erfolgreiches Psychologiestudium vorgeschrieben und dies auch zur Voraussetzung der Anwendung der Übergangsregelung des § 12 PsychThG gemacht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.03.2000 a.a.O.). Besondere Anforderungen an die formale wissenschaftliche Qualifikation des Approbationsbewerbers, die bei Erbringung der praktischen psychotherapeutische Tätigkeit im Sinne des § 12 Abs. 4 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 PsychThG vorliegen müssen, wurden nicht aufgestellt. Zwar hat der Gesetzgeber für die Zukunft ein erfolgreich abgeschlossenes Studium der Psychologie zur Voraussetzung der Berufsausbildung erhoben (§ 5 Abs. 1, 2 PsychThG) und diesen Studienabschluss auch für die Anwendung der Übergangsvorschrift gefordert (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 16.03.2000 a.a.O.). Den parallel aufgebauten Regelungen des § 12 Abs. 3 und des § 12 Abs. 4 PsychThG ist eine solche zeitliche Abfolge jedoch nicht zu entnehmen. Dass der Kläger die geforderten berufspraktischen Tätigkeiten und die theoretische Ausbildung in dem Gebiet, in dem er beschäftigt ist, abgeleistet hat und diese auch grundsätzlich anerkennungsfähig sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die Rechtsansicht des Beklagten, der bestandene Abschluss im Studiengang Psychologie an einer Universität oder einer gleichstehenden Hochschule müsse spätestens zum 24.06.1997 erfolgt sein, findet im Gesetz keine Stütze. Der genannte Stichtag bezieht sich allein darauf, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt die psychotherapeutische Beschäftigung aufgenommen worden sein muss (§ 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 PsychThG). Der Wortlaut ist eindeutig; eine Verknüpfung zwischen dem spätest möglichen Beginn der psychotherapeutischen Beschäftigung und einem spätest möglichen Zeitpunkt, in dem die formalwissenschaftliche Qualifikation vorliegen muss, wird nicht hergestellt. Auch Sinn und Zweck der Regelung fordert dies nicht. Richtig ist, dass der Gesetzgeber bei der Konzeption der Übergangsregelungen das Ziel hatte, nur für solche Personen den Verbleib im Beruf unter der neugeschaffenen Berufsbezeichnung zu garantieren, die eine hohe Qualifikation für die Berufsausübung besitzen (vgl. BTDrucks 13/1206 S. 14 Nr. 9). Er hat hierbei auf ein erfolgreich abgeschlossenes Studium der Psychologie abgestellt, da dies - nach den Regelungen des neu geschaffenen Psychotherapeutengesetzes - subjektive Zulassungsvoraussetzung für die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten ist, deren erfolgreicher Abschluss zur Approbation führt. Die Qualitätssicherung der psychotherapeutischen Behandlung, die das Gesetz anstrebt, ist aber auch dann erreicht, wenn nach seinem Inkrafttreten die Tätigkeit als Psychologischer Psychotherapeut nur ausführen darf, wer ein erfolgreich abgeschlossenes Psychologiestudium absolviert und anerkennungsfähige Tätigkeiten nachgewiesen hat. Wann das Psychologiestudium abgeschlossen wurde, ist hierbei ohne Belang, sofern es vor dem 01.01.1999 der Fall war.
Der Hinweis des Beklagten, alle Bundesländer forderten für die genannte Übergangsregelung, dass das Psychologiestudium vor dem 24.06.1997 abgeschlossen worden sei, und würden nur in diesen Fällen die Approbation erteilen, ändert nichts an der Erkenntnis, dass § 12 Abs. 4 Satz 2 PsychThG eine dahingehende Einschränkung nicht enthält.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Ein Grund nach § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Beschluss
vom 22. März 2002
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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