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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 22.09.2004
Aktenzeichen: 9 S 1976/04
Rechtsgebiete: GG, JAPrO 1993


Vorschriften:

GG Art. 12
JAPrO 1993 § 39 Abs. 4
Aus einer landesrechtlich vorgeschriebenen Verpflichtung zur "verdeckten" Korrektur von Prüfungsarbeiten ergibt sich kein Verbot der Kenntnisnahme eines Gutachtens des Mitprüfers im anschließenden Verfahren des "Überdenkens". Vielmehr kann es nach Sinn und Zweck des Überdenkungsverfahrens geboten sein, den Prüfern auch die im ursprünglichen Bewertungsverfahren erstellten Gutachten zuzuleiten.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

9 S 1976/04

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Zweiter juristischer Staatsprüfung

hier: Antrag nach § 123 VwGO

hat der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch die Richter am Verwaltungsgerichtshof Wiegand und Gaber und die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Neu

am 22. September 2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 02. August 2004 - 8 K 924/04 - geändert. Der Antrag wird insgesamt abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller hat als Wiederholer an der Zweiten juristischen Staatsprüfung Frühjahr 2004 teilgenommen. Mit Prüfungsbescheid vom 18.03.2004 teilte ihm der Antragsgegner die Bewertung der Aufsichtsarbeiten im Zivilrecht (Nr. 1: 4,0, Nr. 2: 3,5, Nr. 3: 3,0, Nr. 4: 3,0 Punkte), im Strafrecht (Nr. 5: 3,5, Nr. 6: 4,0 Punkte) und im Öffentlichen Recht (Nr. 7: 4,5 und Nr. 8: 3,5 Punkte) mit und wies ihn darauf hin, dass er gemäß § 41 JAPrO die Prüfung nicht bestanden habe, da er in der schriftlichen Prüfung nicht in mindestens vier Arbeiten 4,0 oder mehr Punkte erzielt habe. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein und erhob Einwendungen gegen die Bewertung der Aufsichtsarbeit Nr. 2 im Zivilrecht durch den Zweitprüfer, der Aufsichtsarbeit Nr. 5 im Strafrecht durch den Erstprüfer und der Aufsichtsarbeit Nr. 8 im Öffentlichen Recht durch den Zweitprüfer, welche die Arbeiten jeweils mit 3 Punkten bewertet hatten. Der Antragsgegner gab diesen Prüfern Gelegenheit, die Einwendungen zu überprüfen und die Bewertung der Arbeit zu überdenken. Im Überdenkungsverfahren erhielten die Prüfer sowohl die Einwendungen des Antragstellers als auch die Bewertungen der Erst- bzw. Zweitprüfer. Nachdem alle drei Prüfer die erteilten Noten bestätigt und eine Notenanhebung abgelehnt hatten, wurde der Widerspruch des Antragstellers mit Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 20.04.2004 zurückgewiesen. Die hiergegen vom Antragsteller erhobene Klage ist beim Verwaltungsgericht Sigmaringen unter dem Aktenzeichen - 8 K 911/04 - anhängig.

Mit dem zugleich gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrte der Antragsteller seine vorläufige Zulassung zur mündlichen Prüfung unter Neubewertung der drei von ihm angegriffenen Aufsichtsarbeiten. Diesem Antrag hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen mit Beschluss vom 02.08.2004 teilweise stattgegeben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die vom Antragsteller bearbeiteten Aufsichtsarbeiten Nr. 2 (Zivilrecht), Nr. 5 (Strafrecht) und Nr. 8 (öffentliches Recht) der Zweiten juristischen Staatsprüfung Frühjahr 2004 jeweils von einem Prüfer, der solche Arbeiten in dieser Prüfungskampagne korrigiert hat, bisher mit den Aufgaben des Antragstellers aber noch nicht befasst war, erneut gemäß § 39 Abs. 4 JAPrO bewerten zu lassen. Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde des Antragsgegners.

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig; sie ist aus den von ihm dargelegten Gründen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht einen Anspruch des Antragstellers auf Neubewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten Nrn. 2, 5 und 8 angenommen. Der Antragsteller hat weder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), dass die angefochtenen Prüfungsentscheidungen fehlerhaft sind und sein Prüfungsanspruch daher - ganz oder in Teilen - noch fortbesteht.

1. Die Bewertung der vom Antragsteller beanstandeten Aufsichtsarbeiten erfolgte frei von Verfahrensfehlern. Die Arbeiten wurden jeweils von zwei Prüfern persönlich und unabhängig voneinander begutachtet und bewertet. Diese verdeckte Korrektur entsprach den Anforderungen des § 39 Abs. 4 Satz 1 JAPrO in der zutreffend auch vom Verwaltungsgericht angenommenen Fassung vom 07.05.1993 (vgl. § 62 Abs. 2 JAPrO i.d.F. vom 08.10.2002, GBl. S. 391) - JAPrO 1993 -. Hierbei erhielt der Antragsteller für die Aufsichtsarbeit Nr. 2 im Zivilrecht vom Erstprüfer 4 Punkte und vom Zweitprüfer 3 Punkte, für die Aufsichtsarbeit Nr. 5 im Strafrecht vom Erstprüfer 3 Punkte und vom Zweitprüfer 4 Punkte und für die Aufsichtsarbeit Nr. 8 im öffentlichen Recht vom Erstprüfer 4 Punkte und vom Zweitprüfer 3 Punkte. Den Durchschnitt dieser Bewertungen ermittelte der Antragsgegner im Prüfungsbescheid vom 18.03.2004 daher zutreffend mit jeweils 3,5 Punkten.

Die Bewertung dieser Arbeiten ist - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht deshalb verfahrensfehlerhaft, weil den Prüfern der jeweils mit 3 Punkten bewerteten Aufsichtsarbeiten im Verfahren des Überdenkens der Prüfungsentscheidung nicht nur die Einwände des Antragstellers gegen die jeweils eigene Begutachtung, sondern auch das Gutachten des jeweiligen anderen Prüfers zugeleitet wurden. Denn ein Verbot einer - eigenverantwortlich vorzunehmenden - Bewertung durch einen Prüfer im Rahmen des Überdenkungsverfahrens in Kenntnis der jeweiligen Erst- und Zweitbewertung der verdeckten Korrektur, ergibt sich weder aus dem baden-württembergischen Landesrecht noch aus Bundesverfassungsrecht.

Das verfassungsrechtlich gebotene Verfahren des "Überdenkens" ist in Baden-Württemberg nicht näher geregelt und findet - wie vorliegend geschehen - im Rahmen des Widerspruchsverfahrens statt. Unmittelbar anwendbare Verfahrensvorschriften ergeben sich für das Überdenkungsverfahren - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch nicht aus § 39 Abs. 4 Satz 1 JAPrO 1993. Diese Regelung gilt bereits nach ihrem Wortlaut nur für die erstmalige Begutachtung und Bewertung einer schriftlichen Aufsichtsarbeit im Zweiten juristischen Staatsexamen. Da das Überdenkungsverfahren nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, ein eigenständiges verwaltungsinternes Kontrollverfahren darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1993 - 6 C 35/92 -, BVerwGE 92, 132 bis 146 = NVwZ 1993, 681 bis 686 = DVBl. 1993, 842 bis 848 und Senat, Beschluss vom 20.06.1997 - 9 S 386/97 -), scheidet eine unmittelbare Anwendung des § 39 Abs. 4 JAPrO 1993 aus. Ein Verbot, die im ursprünglichen Bewertungsverfahren erstellten Gutachten den Prüfern im Überdenkungsverfahren zur Verfügung zu stellen, ergibt sich mangels einer Regelungslücke auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift. Denn der Antragsgegner weist zutreffend darauf hin, dass die verdeckte Zweitkorrektur nach dem Willen des Landesverordnungsgebers nur für die erstmalige Begutachtung und Bewertung und gerade nicht für deren nachträgliche Überprüfung gilt, wie der Verweis in § 39 Abs. 4 Satz 2 JAPrO 1993 auf das Angleichungsverfahren nach § 13 Abs. 2 JAPrO 1993 zeigt. Weshalb die im Angleichungsverfahren ausdrücklich zugelassene Kenntnis der Begutachtung des anderen Prüfers im Verfahren des Überdenkens ausgeschlossen sein soll, ist dem Senat aufgrund der Vergleichbarkeit beider Verfahren nicht ersichtlich. In beiden Fällen hat - wie in § 39 Abs. 4 Satz 1 JAPrO 1993 vorgesehen - eine persönliche und unabhängige Begutachtung durch zwei Prüfer stattgefunden, die im Fall des Angleichungsverfahrens aufgrund der großen Punktedifferenz - objektiv - Bedenken begegnet, im anderen Fall werden vom Prüfling - subjektiv - Bedenken gegen die eine oder beide Bewertungen geltend gemacht. Diese vergleichbaren besonderen Umstände rechtfertigen in beiden Fällen, den Prüfern die Möglichkeit zu geben, in Kenntnis des Gutachtens des Mitprüfers entweder ihre Entscheidung an die Entscheidung des anderen Prüfers anzugleichen oder an der Entscheidung trotz der geltend gemachten Einwendungen festzuhalten. Soweit das Verwaltungsgericht hiergegen einwendet, es handle sich bei der Regelung in § 39 Abs. 4 Satz 2 JAPrO 1993 um einen auf das Angleichungsverfahren beschränkten Ausnahmefall, der eine entsprechende Anwendung im Überdenkungsverfahren ausschließe, da der Verordnungsgeber hier bewusst keine vergleichbare Regelung vorgesehen habe, wird übersehen, dass das Überdenkungsverfahren in der JAPrO 1993 überhaupt nicht geregelt ist.

Das Verwaltungsgericht kann sich zur Unterstützung seiner Auffassung auch nicht auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.12.1997 - 6 B 69/97 - berufen. In diesem Beschluss hatte das Bundesverwaltungsgericht einen Antrag auf Zulassung der Revision gegen einen Beschluss des Senats vom 20.06.1997 (- 9 S 386/97 -) mit der Begründung abgelehnt, die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob im Verfahren des Überdenkens der Prüfungsentscheidung die sogenannte offene Zweitkorrektur zulässig ist, sei in der Rechtsprechung des Senats bereits in bejahendem Sinne geklärt. Das eigenständige verwaltungsinterne Kontrollverfahren stelle einen unerlässlichen Ausgleich für die unvollkommene Kontrolle von Prüfungsentscheidungen durch die Verwaltungsgerichte dar und erfülle damit zugleich - in Ergänzung des gerichtlichen Rechtschutzes - eine Komplementärfunktion für die Durchsetzung des Grundrechts der Berufsfreiheit. Seinen so beschriebenen Sinn und Zweck verliere das verwaltungsinterne Kontrollverfahren nicht dadurch, dass der Zweitkorrektor seine Bewertung in Kenntnis der Stellungnahme des Erstkorrektors überdenke. Soweit der Landesgesetzgeber die offene Zweitkorrektur zulasse, bringe er damit die Erwartung zum Ausdruck, dass der Zweitkorrektor auch in Kenntnis der Bewertung des Erstkorrektors zu einer eigenverantwortlichen Bewertung fähig und bereit sei. Das Verwaltungsgericht meint, diese Formulierung deute darauf hin, dass auch im Verfahren des Überdenkens eine offene Zweitkorrektur nur dann zulässig sei, wenn sie nach den einschlägigen Prüfungsvorschriften vorgesehen sei. Dieser Auffassung folgt der Senat nicht.

Die dem vorliegenden Verfahren und die der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Sachverhalte sind bereits nicht vergleichbar, worauf der Antragsgegner zutreffend hinweist. In dem vom Bundesverwaltungsgericht zu entscheidenden Verfahren ging es um die Frage, ob ein Zweitprüfer im Rahmen des Überdenkungsverfahrens sein Bewertungsergebnis eigenständig begründen muss oder ob er inhaltlich voll auf die Erstbewertung verweisen darf. Letzteres hat das Bundesverwaltungsgericht für zulässig erachtet, wenn der Landesgesetzgeber im ursprünglichen Bewertungsverfahren eine Zweitkorrektur in Kenntnis der Bewertung des Erstkorrektors zugelassen hat. Denn der Sinn und Zweck des verwaltungsgerichtlichen Kontrollverfahrens erfordert nicht die Beachtung strengerer Verfahrensvorschriften als die im ursprünglichen Bewertungsverfahren (vgl. Senat, Beschluss vom 20.06.1997 - 9 S 386/97 -). Ob im eigenständigen Überdenkungsverfahren die selben - strengen - Verfahrensvorschriften des ursprünglichen Bewertungsverfahrens anzuwenden sind, ist im vorliegenden Verfahren nicht im Streit und kann daher dahingestellt bleiben. Denn der Antragsgegner hat im verwaltungsinternen Kontrollverfahren keine "offene Zweitkorrektur" in dem Sinne durchgeführt, wie er Gegenstand des dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.12.1997 zugrunde liegenden Verfahrens war. Dem Prüfer des vorliegenden Überdenkungsverfahrens lag bei seiner eigenständig durchgeführten Bewertung nämlich keine im Überdenkungsverfahren eingeholte Begutachtung des anderen Prüfers vor, die unter Berücksichtigung der Einwendungen des Prüflings ergangen war. Der Prüfer hatte mithin im verwaltungsinternen Kontrollverfahren keine Möglichkeit, sein im Überdenkungsverfahren gewonnenes Bewertungsergebnis durch einen bloßen Verweis auf das Erstgutachten zu erbringen, sondern musste dieses eigenständig begründen, was in allen drei vom Antragsteller beanstandeten Gutachten auch geschah. Dass den Prüfern hierbei auch die im ursprünglichen Bewertungsverfahren erstellten Gutachten des jeweils anderen Prüfers zugeleitet wurden, ist hingegen rechtlich nicht zu beanstanden. Diese Verfahrensweise war nach dem Sinn und Zweck des Überdenkungsverfahrens vielmehr geboten. Denn die Einwendungen des Antragstellers wurden in allen drei Fällen mit einem Vergleich der Begutachtung und Bewertung des jeweiligen Mitprüfers begründet. Bei dieser Sachlage kann ein Prüfer seine Entscheidung sachgerecht und umfassend zugunsten des Prüflings nur überdenken, wenn er weiß, aus welchen Gründen der andere Prüfer zu einer anderen Begutachtung und Bewertung gekommen ist. Nur auf diese Weise wird eine ausreichende Auseinandersetzung mit den Einwänden des Prüflings im Überdenkungsverfahren ermöglicht und die vom Bundesverfassungsgericht zum unerlässlichen Ausgleich für die unvollkommene Kontrolle von Prüfungsentscheidungen durch die Verwaltungsgerichte geforderte Komplementärfunktion des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens in ausreichendem Maße erfüllt.

2. Der Antragsteller hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Bewertung der Aufsichtsarbeiten Nrn. 2, 5 und 8 materiell rechtsfehlerhaft sind. Da die Bewertungen der Prüfer dieser Arbeiten voneinander abweichen, hat der Antragsgegner zutreffend den Durchschnitt der jeweiligen Bewertungen als Note festgesetzt (vgl. § 13 Abs. 2, § 39 Abs. 4 Satz 2 JAPrO 1993). Diese Verfahrensweise ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar (vgl. Senat, Beschluss vom 17.09.2002 - 9 S 1524/02 - m.w.N.).

Der Antragsteller hat weder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren dargelegt, dass die von ihm angegriffenen Bewertungen (Zweitbewertung der Aufsichtsarbeit Nr. 2, Erstbewertung der Aufsichtsarbeit Nr. 5 und Zweitbewertung der Aufsichtsarbeit Nr. 8) Bewertungsfehler aufweisen, die der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung unterliegen. Soweit der Antragsteller meint, die Prüfungsergebnisse der jeweils mit 3 Punkten bewerteten Prüfungsarbeiten seien "falsch", zeigt er nicht auf, weshalb die nur geringfügig vom Mitprüfer abweichenden Beurteilungen nicht mehr vom Bewertungsspielraum des jeweiligen Prüfers gedeckt sein sollen. Die einzelnen Prüfer haben sich im Rahmen des Überdenkungsverfahrens jeweils ausführlich mit den Einwendungen des Antragstellers auseinandergesetzt und im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen sie ihre Bewertung auch unter Berücksichtigung der Einwendungen des Antragstellers aufrecht erhalten. Weshalb diese Bewertungen vom Bewertungsspielraum der einzelnen Prüfer nicht mehr gedeckt sein sollen, ist dem Senat nicht ersichtlich. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Prüfer anzuwendendes Recht verkannt oder allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt hätten, oder wenn sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wären, oder sich von sachfremden Erwägungen hätten leiten lassen. Hierfür gibt es jedoch keine Anhaltspunkte.

a) Der Zweitprüfer der Aufsichtsarbeit Nr. 2 (Zivilrecht) ging weder von einem unrichtigen Sachverhalt aus noch ist ersichtlich, dass die Bewertung allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt haben könnte. Der Zweitprüfer hat auf die Einwendungen des Antragstellers im Überdenkungsverfahren darauf hingewiesen, dass er für die Erörterung der Probleme bei § 771 ZPO insgesamt 1,25 Wertungspunkte vergeben habe, da diese Norm zwar im Ansatz richtig erkannt, jedoch ohne ausreichende Subsumtion abgehandelt worden sei. Denn der Antragsteller habe eine Übersicherung ohne jede dazu passende Begründung angenommen. Bei der Prüfung von § 826 BGB sah der Zweitprüfer ebenfalls keine Möglichkeit einer besseren Bewertung. Eine vertretbare Prüfung der Norm allein reiche hierfür nicht aus, es müssten schon die wichtigsten Grundsätze referiert werden, die die Rechtsprechung für eine Anwendung fordere. Weshalb diese Begründung außerhalb des Bewertungsspielraums liegen soll, ist nicht ersichtlich, zumal auch der Erstprüfer im Gutachten vom 02.01.2004 darauf hingewiesen hat, dass § 826 vom Antragsteller zwar untersucht worden sei, dieser aber zuwenig kritisch eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung angenommen habe.

b) Bezüglich der Bewertungen der Aufsichtsarbeit Nr. 5 (Strafrecht) vermag der Senat dem vom Antragsteller behaupteten unauflösbaren Widerspruch zwischen den Bewertungen des Erst- und des Zweitprüfers ebenfalls nicht zu erkennen. Der Erstprüfer hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 05.04.2004 ausdrücklich klargestellt, dass die Verneinung des § 263 StGB bei der Prüfung der Strafbarkeit zum Nachteil der Geldanleger zwar richtig sei, was aber keine erhebliche Leistung darstelle, die unbedingt der Erwähnung bedürfe. Der Antragsteller habe § 266 StGB nicht ordentlich subsumiert, sondern zur Begründung lediglich eine vertragliche Pflichtverletzung und einen Nachteil der Gesellschafter durch Verbrauch des Geldes festgestellt. Welche der beiden Alternativen des § 266 StGB erfüllt seien, werde überhaupt nicht erwähnt. Dies entspricht den Tatsachen und wird vom Antragsteller auch nicht bestritten. Die Feststellung des Zweitprüfers, der Treubruchtatbestand sei immerhin "im Ergebnis" vertretbar angenommen worden, widerspricht diesen Feststellungen des Erstprüfers nicht. Hinsichtlich der Strafbarkeit zum Nachteil Richmann wird § 266 StGB vom Erstprüfer in dessen Gutachten vom 16.12.2003 zwar nicht erwähnt. Im Überdenkungsverfahren hat dieser Prüfer jedoch ausdrücklich klargestellt, dass insoweit nur ein offensichtliches Schreibversehen vorliege, da es richtigerweise heißen müsse: "Bezüglich des ebenfalls bejahten § 266 wird die Straflosigkeit als Nachtat verkannt".

c) Auch bei der Aufsichtsarbeit Nr. 8 (öffentliches Recht) sind Bewertungsfehler, die außerhalb des Bewertungsspielraums des Prüfers liegen nicht ersichtlich. Die Feststellungen des Zweitprüfers, der Antragsteller habe beim Eilrechtsschutz unzutreffend auf § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO abgestellt und überdies mit der Bezugnahme auf die Eilbedürftigkeit die Prüfkriterien des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO verkannt, stehen nicht in Widerspruch zu den Ausführen des Erstprüfers, der lediglich annimmt, dass die Ausführungen zur Statthaftigkeit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO "im Ergebnis richtig" sind. Soweit der Zweitgutachter feststellt, die Arbeit komme in keinem der relevanten Klausurprobleme auch nur im Ansatz zu einem überzeugenden Lösungsweg, sind Bewertungsfehler ebenfalls nicht ersichtlich. Diese Auffassung wird sowohl im Gutachten als auch in der ergänzenden Stellungnahme vom 15.04.2004 ausführlich begründet. Dass diese Begründung nicht mehr vom Bewertungsspielraum gedeckt sein könnte, ergibt sich auch nicht aus den Feststellungen des Erstprüfers, der ebenfalls attestiert, dass die Arbeit "gravierende Fehler" aufweist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Der Senat legt hierbei die Empfehlungen des Streitwertskatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der am 07./0807.2004 in Leipzig beschlossenen Fassung zugrunde und ermäßigt den in Nr. 36.2 bzw. 36.3 empfohlenen Betrag in Höhe von 15.000,-- EUR im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf die Hälfte.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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