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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 19.04.2006
Aktenzeichen: 9 S 2317/05
Rechtsgebiete: GG, BApO


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1 Satz 1
BApO § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
BApO § 6 Abs. 2
1. Die in § 6 Abs. 2 BApO i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BApO bestimmte Anordnung des Widerrufs der Approbation bei Unwürdigkeit zur Ausübung des Apothekerberufs ist mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG vereinbar.

2. Ein wegen Mordes rechtskräftig verurteilter Apotheker ist zur Ausübung des Apothekerberufs unwürdig.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

9 S 2317/05

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Widerrufs der Approbation als Apotheker

hier: Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz

hat der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg am 19. April 2006

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 02. November 2005 - 1 K 1596/05 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat mit ausführlicher und zutreffender Begründung den Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.06.2005 abgelehnt, mit dem u.a. die dem Antragsteller erteilte Approbation als Apotheker widerrufen wurde. Die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Rechtsgrundlage des Widerrufs ist § 6 Abs. 2 Bundes-Apothekerordnung (BApO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juli 1989 (BGBl. I, S. 1478), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Juni 2005 (BGBl. I, S. 1645). Danach ist die Approbation zu widerrufen, wenn nachträglich eine der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BApO weggefallen ist. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BApO setzt die Erteilung der Approbation voraus, dass der Antragsteller sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Apothekerberufs ergibt.

Die Widerrufsregelung ist mit Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG vereinbar, insbesondere eine verhältnismäßige Beschränkung der Freiheit der Berufswahl (1.), sie ist auch hinreichend bestimmt (2.) und vom Antragsgegner fehlerfrei angewendet worden (3.).

1. Die genannten Bestimmungen begegnen als solche entgegen der Auffassung des Antragstellers keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der in der Bundes-Apothekerordnung vorgesehene Widerrufstatbestand der Unwürdigkeit ist insbesondere mit Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG vereinbar (wie hier ausdrücklich BayVGH, Urt. v. 29.10.1991 - 21 B 91.1337 -, juris).

Beim Widerruf der Approbation handelt es sich um einen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG gewährleistete Freiheit der Berufswahl, die auch die Entscheidung umfasst, wie lange ein Beruf ausgeübt werden soll (BVerfG, Beschl. v. 02.03.1977 - 1 BvR 124/76 -, BVerfGE 44, 105).

Die somit als subjektive Berufszulassungsvoraussetzung wirkende Unwürdigkeitsklausel ist dabei nur unter strengen Voraussetzungen zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft (grundlegend BVerfG, Urt. v. 11.06.1958 - 1 BvR 596/56 -, BVerfGE 7, 377 (405 f.)).

Nach § 1 BApO ist der Apotheker berufen, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen. Er dient nach dieser Regelung der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes.

Schutzziel (auch) der Unwürdigkeitsklausel ist damit das besonders wichtige Gemeinschaftsgut "Gesundheitsversorgung" des einzelnen Patienten und der Bevölkerung. Teil des wichtigen Gemeinschaftsgutes Gesundheitsversorgung ist wiederum das Ansehen des Apothekerberufs und das Vertrauen der Bevölkerung in den Apothekerberuf (wie hier BayVGH, Urt. v. 15.02.2000 - 21 B 96.1637 -, juris; inzident auch BVerfG, Beschl. v. 24.10.2003 - 1 BvR 1594/03 -, NJW 2003, 3618; zur "Volksgesundheit" als wichtigem Gemeinschaftsgut BVerfG, Urt. v. 11.06.1958, a.a.O.; zum Versagungsgrund der Unwürdigkeit bei Rechtsanwälten BVerfG, Beschl. v. 08.03.1983 - 1 BvR 1078/80 -, BVerfGE 63, 266). Dieses Teilschutzziel ist im Bereich der Abgabe von Arzneimitteln an Endverbraucher jedenfalls gegenwärtig nicht deshalb in Wegfall gekommen, weil Arzneimittel auch auf anonymen Vertriebswegen, z.B. im Weg der Internetbestellung, bezogen werden können. Es geht um das Vertrauen in den Apothekerberuf, ungeachtet des Umstands, ob der einzelne handelnde Apotheker persönlich bekannt ist und etwa deshalb Vertrauen genießt. Soweit der Antragsteller mit diesem Einwand möglicherweise darauf abheben will, dass ein Bezug von Arzneimitteln auf diesem Weg von ausländischen Apothekern möglich ist, die für die Ausübung ihres Berufs nicht einer der Würdigkeit vergleichbaren Anforderung unterliegen, hat er dies bereits ebenso wenig dargelegt wie den Umstand, dass von solchen Apothekern bereits in einem Umfang Arzneimittel bezogen werden, dass das Festhalten am Würdigkeitserfordernis in Frage gestellt ist.

Der Schutz des wichtigen Gemeinschaftsgutes der Gesundheitsversorgung rechtfertigt es, die Betätigung eines Apothekers zu unterbinden, der sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit zur Ausübung des Berufs des Apothekers ergibt. Die Unwürdigkeitsklausel ist zur Erreichung dieses Schutzziels bzw. des Teilschutzziels "Ansehen des Apothekerberufs und Vertrauen der Bevölkerung in den Apothekerberuf" generell geeignet, erforderlich und i.e.S. verhältnismäßig.

Ein Apotheker ist zur Ausübung seines Berufes unwürdig, wenn er infolge seines Verhaltens nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen der Öffentlichkeit genießt, die für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig sind (BayVGH, Urt. v. 29.10.1991, a.a.O.).

Das Ansehen des Apothekerberufs und das Vertrauen der Bevölkerung in diesen Beruf lassen sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht allein durch die Zulassungsvoraussetzung der "Zuverlässigkeit" i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BApO sicherstellen, durch welche die zukünftige Erfüllung der berufsspezifischen Vorschriften und Pflichten, also die ordnungsgemäße Ausübung des Berufs erreicht werden soll (zum Begriff der Zuverlässigkeit etwa BayVGH a.a.O.). Dem Schutz der Gesundheitsversorgung ist nicht bereits dann genüge getan, wenn Apotheker keinen Anlass bieten, an der objektiven Richtigkeit ihrer Tätigkeit zu zweifeln. Vielmehr geht gerade wegen der besonders vertrauensgeprägten Beziehung zwischen Apotheker und Patient das Gemeinschaftsgut "Gesundheitsversorgung" über den eigentlich medizinisch-fachlichen Bereich deutlich hinaus. Denn die Grundlagen des spezifischen Vertrauensverhältnisses zu Apothekern finden sich auch jenseits der bloßen Erfüllung der Berufspflichten, nämlich in der charakterlichen Integrität der Apotheker.

Gegen den Widerrufstatbestand der Unwürdigkeit als solchen sind auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit keine durchgreifenden Bedenken erkennbar; unverhältnismäßige Entscheidungen lassen sich durch verfassungskonforme Anwendung der Unwürdigkeitsklausel im Einzelfall vermeiden (so bereits Urteil des Senats vom 29.09.1981 - IX 2309/79 -, MedR 1983, 36; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 08.03.1983, a.a.O.).

Die gesetzliche Regelung trägt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit weiter dadurch Rechnung, dass die Möglichkeit besteht, nach Abschluss des Widerrufsverfahrens einen Antrag auf Wiedererteilung der Approbation zu stellen und gegebenenfalls die Erteilung einer Erlaubnis nach §§ 2 Abs. 2, 11 BApO zu beantragen (s. dazu Haage, Erl. zu § 6 BApO, in: Das Deutsche Bundesrecht, I K 31; vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 08.03.1983, a.a.O; BVerwG, Urt. v. 16.09.1997 - 3 C 12/95 -, BVerwGE 105, 214 ). Der Vertreter des Antragsgegners hat weiter in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht über die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die Widerrufsverfügung auf die Möglichkeit der Erteilung einer sog. "Bewährungserlaubnis" nach Entlassung aus der Strafhaft bzw. nach Strafaussetzung zur Bewährung hingewiesen (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.11.2005 im Verfahren 1 K 1441/05).

Die Regelungen zur Unwürdigkeit begegnen auch nicht deshalb verfassungsrechtlichen Bedenken, weil sie, wie aus § 1 Abs. 3 BApO folgt, unabhängig davon Geltung beanspruchen, ob die pharmazeutische Tätigkeit durch Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgeben von Arzneimitteln ausgeübt wird und die Unwürdigkeit auch der Erteilung bzw. dem Fortbestand der Approbation bei denjenigen Apothekern entgegensteht, die nicht im Rahmen der Abgabe von Arzneimitteln an Endverbraucher tätig sind. Der Schutz der Gesundheitsversorgung setzt gerade auch das Ansehen der Apotheker und das Vertrauen der Bevölkerung in die Tätigkeit der Apotheker voraus, die etwa in der Herstellung und Entwicklung von Arzneimitteln tätig sind. Im Übrigen darf ein approbierter Apotheker aufgrund der nicht teil- oder einschränkbaren Approbation (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 16.09.1997, a.a.O.) immer auch im Bereich der Abgabe von Arzneimitteln an den Endverbraucher tätig sein.

2. Die angeführten Regelungen sind entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht deshalb verfassungswidrig, weil der Begriff der "Unwürdigkeit" gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstieße. Dass ein Gesetz unbestimmte, der Auslegung und Konkretisierung bedürftige Begriffe verwendet, verstößt noch nicht gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz der Normenklarheit und Justiziabilität; allerdings muss das Gesetz so bestimmt sein, wie dies nach Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist; unvermeidbare Auslegungsschwierigkeiten in Randbereichen sind dann von Verfassungs wegen hinzunehmen (vgl. BVerfG, Beschl. vom 07.05.2001 - 2 BVK 1/00 -, BVerfGE 103, 332). Danach begegnet der Begriff der Unwürdigkeit keinen Bedenken. Gleiche oder vergleichbare Formulierungen findet sich in zahlreichen anderen Gesetzen (z.B. §§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 4 Abs. 2 ZHG für Zahnärzte; §§ 3, Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 5 Abs. 2 S. 2 BÄO für Ärzte; §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 3 Abs. 2 S. 1 PsychThG für psychologische Psychotherapeuten). Es ist Aufgabe der Rechtsprechung, unbestimmte Rechtsbegriffe auszuformen. Dementsprechend ist der unbestimmte Rechtsbegriff der Unwürdigkeit auch - worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat - in der Rechtsprechung zum Berufsrecht der Apotheker und zum Berufsrecht der Ärzte, worauf ergänzend zurückgegriffen werden kann, ausgeformt worden.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Begriff der Unwürdigkeit weder im Rahmen der Entscheidung über den Widerruf der Approbation noch im Rahmen der Entscheidung über die (Wieder-)Erteilung der Approbation deshalb zu unbestimmt, weil die Bundes-Apothekerordnung keine Regelungen dazu enthält, welche (außerberuflichen) Straftaten die Unwürdigkeit begründen können. Denn insoweit ist es aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderlich, die Umstände des Einzelfalles zu betrachten. Dies gilt erst Recht im Rahmen der Entscheidung über die Wiedererteilung der Approbation, wenn beispielsweise auch der zeitliche Abstand seit Begehung der Tat, die zur Entziehung der Approbation geführt hat, oder seit der deswegen erfolgten Verurteilung und eine ggf. zwischenzeitlich verbüßte Strafhaft gesehen werden müssen.

3. Regierungspräsidium und Verwaltungsgericht sind auch zu Recht von der Unwürdigkeit des Antragstellers ausgegangen.

Ein Apotheker ist - wie bereits ausgeführt - zur Ausübung seines Berufes unwürdig, wenn er infolge seines Verhaltens nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen der Öffentlichkeit genießt, die für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig sind. Das ihm zur Last fallende Fehlverhalten muss dabei - auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit - so schwerwiegend sein, dass bei Würdigung aller Umstände seine weitere Berufsausübung als untragbar erscheint (BayVGH a.a.O.; Senat, Urt. vom 29.09.1981, a.a.O.)

Von einem Apotheker, der in einem der Kernbereiche des Gesundheitswesens tätig ist, erwartet man dabei entsprechend dem weit gesteckten Schutzziel wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses, das zwischen ihm und vor allem den Patienten vorhanden sein muss, nicht nur eine sorgfältige und ordnungsgemäße und in jeder Hinsicht integere Berufsausübung (BayVGH, Urt. vom 15.02.2000, a.a.O.; vom 29.10.1991, a.a.O.). Unwürdigkeit ist vielmehr immer auch dann zu bejahen, wenn der Apotheker vorsätzlich eine schwere, gemeingefährliche oder gemeinschädliche oder gegen die Person gerichtete, von der Allgemeinheit besonders missbilligte, ehrenrührige Straftat begangen hat, die ein die Durchschnittsstraftat übersteigendes Unwerturteil enthält und zu einer tiefgreifenden Abwertung seiner Persönlichkeit führt (vgl. Senat, Urt. vom 29.09.1981, a.a.O.). Hierbei müssen die Straftaten nicht unmittelbar im Verhältnis Apotheker-Patient angesiedelt sein. Erfasst werden vielmehr darüber hinaus alle berufsbezogenen, d.h. mit der eigentlichen Tätigkeit in nahem Zusammenhang stehenden Handlungen und ferner, abhängig von der Schwere des Delikts, auch Straftaten außerhalb des beruflichen Wirkungskreises (vgl. aus der Rechtsprechung insbesondere auch zum ärztlichen Berufsrecht Senat, Beschl. vom 27.10.1994 - 9 S 1102/92 -, NJW 1995, 804 = BWVPr 1995, 41; vom 16.04.2003 - 9 S 1138/03 -; vom 24.09.1993 - 9 S 1386/91 -; Sächsisches OVG, Beschl. vom 30.03.2005 - 4 B 710/04 -, juris; OVG Münster, Urt. vom 12.11.2002 - 13 A 683/00 -, NVBl 2003, 233 und Urt. vom 15.01.2003 - 13 A 2774/01 -, NJW 2003, 1888; Hess. VGH, Beschl. v. 04.03.1985 - 11 TH 2782/84 -, NJW 1986, 2390), vorausgesetzt, es handelt sich um ein Fehlverhalten, das gerade in Bezug auf die Ausübung des Apothekerberufs von Bedeutung ist und den Betroffenen hierfür ungeeignet erscheinen lässt (Haage, Erl. zu § 4 BApO, a.a.O.).

Bei Tötungsdelikten ist dies dann der Fall, wenn diese von solchem Gewicht sind, dass das Vertrauen auch in die berufliche Tätigkeit beschädigt wird (vgl. Braun/Gründel, MedR 2001, 396 (399)). Diese Voraussetzung ist bei Apothekern, die einen Heilberuf ausüben (vgl. Haage, Erl. zu § 1BApO, a.a.O.) und deren Berufsethos damit Heilung und Linderung verlangt, jedenfalls bei vorsätzlichen Tötungsdelikten gegeben.

Unter Zugrundelegung der Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts Wiesbaden vom 07.03.2003 (Az. 2250 Js 8931/00 - 16 Ks -), die der Senat zur Grundlage seiner Entscheidung machen konnte (vgl. BVerwG, Beschl. vom 06.03.2003 - 3 B 10/93 -, juris), hat sich der Antragsteller des Mordes schuldig gemacht und wurde deswegen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Das Landgericht hat weiter festgestellt, dass der Antragsteller zur Verdeckung einer Straftat oder aus sonstigen niedrigen Beweggründen gehandelt hat. Der Umstand, dass der Antragsteller die Wiederaufnahme seines Verfahrens anstrebt und hierzu ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte führt und Verfassungsbeschwerde erhoben hat, steht der Rechtskraft und ihren Wirkungen nicht entgegen.

Diese Tat hat Außenwirkung gegenüber der weiteren Öffentlichkeit, die den Antragsteller für den Beruf des Apothekers als auf absehbare Zeit untragbar erscheinen lässt. Das Vertrauen in die Seriosität der Apothekerschaft wäre in hohem Maß beeinträchtigt, wenn ein Angehöriger dieser Berufsgruppe trotz der angeführten schwerwiegenden Verfehlung und einer Verurteilung zur höchstmöglichen Freiheitsstrafe weiter als Apotheker tätig sein könnte. Die Bevölkerung erwartet von einem Apotheker, dass er einer anderen Person nicht willentlich erheblichen Schaden zufügt. Der Umstand, dass eine Berufsausübung durch den Antragsteller während der Verbüßung der Strafhaft nicht in Betracht kommt, steht dem nicht entgegen. Denn Schutzziel ist im vorliegenden Zusammenhang das Ansehen des Apothekerberufs und das Vertrauen der Bevölkerung in den Apothekerberuf, nicht die Vermeidung einer Gefährdung der Bevölkerung durch unsachgemäße Berufsausübung.

Die Entscheidung des Antragsgegners ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die Entziehung der Approbation im Hinblick auf das Alter des Antragstellers möglicherweise einem endgültigen Berufsverbot nach Verbüßung der Strafhaft gleichkommt und eine Abmilderung durch spätere Wiedererteilung der Approbation möglicherweise faktisch nicht in Betracht kommt. Denn bei der Beurteilung der Unwürdigkeit eines Apothekers für die weitere Berufsausübung bei älteren Apothekern kann kein anderer Maßstab angelegt werden als bei jüngeren (Senat, Beschl. vom 28.07.2003 - 9 S 1138/03 -, NJW 2003, 3647). Im Übrigen ist für die Berücksichtigung individueller Gesichtspunkte dann kein Raum, wenn die Berufsunwürdigkeit im maßgeblichen Zeitpunkt vorlag, d.h. wenn der Apotheker durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besaß, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig war (vgl. BVerwG, Beschl. vom 14.04.1998 - 3 B 95.97 -, NJW 1999, 3425 ff.; Senat, a.a.O.; OVG Bremen, Urt. vom 18.06.2002 - 1 A 216/01 -, NJW 2003, 1887; OVG Münster, Beschl. vom 12.11.2002 - 13 A 683/00 -, a.a.O.). Der angeordnete Widerruf der Approbation ist schließlich auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil das Regierungspräsidium auch das Ruhen der Approbation angeordnet hat, worauf bereits das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG, wobei sich der Senat am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (dort Ziff. 16.1, 1.5) orientiert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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