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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 12.02.2008
Aktenzeichen: 9 S 2343/07
Rechtsgebiete: GG, FHG, HZG, ZZVO FH 2007/2008


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1
FHG (F. 1995) § 53 Abs. 9
HZG § 5 Abs. 1
HZG § 6a
ZZVO FH 2007/2008 § 1
Die für binationale Studiengänge mit unterschiedlichen Studienorten festgesetzte Zahl der im ersten Fachsemester höchstens aufzunehmenden Bewerber (Zulassungszahl) wird durch vereinbarte Zulassungen beider Partnerhochschulen ausgeschöpft.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

9 S 2343/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Zulassung zum Studiengang International Management; WS 2007/2008

hier: Antrag nach § 123 VwGO

hat der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 12. Februar 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 17. September 2007 - 6 K 1147/07 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige, insbesondere innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO entsprechend den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO begründete Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu Unrecht verpflichtet, den Antragsteller vorläufig zum Studium im deutsch-englischen Studiengang des Europäischen Studienprogramms für Betriebswirtschaft im ersten Fachsemester nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2007/2008 - beschränkt auf den Studienabschnitt am Studienort Reutlingen - zuzulassen.

Nach seinem Zulassungsantrag vom 29.06.2007 und seinem ausdrücklichen Vortrag im Beschwerdeverfahren durch Schriftsatz vom 04.01.2008 ist das Begehren des Antragstellers darauf beschränkt, innerhalb der festgesetzten Zulassungszahl vorläufig zum Studium bei der Antragsgegnerin in diesem Studiengang zugelassen zu werden. Eine vorläufige Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl steht nicht in Streit, sodass auf sich beruhen kann, ob eine solche im Hinblick auf die Besonderheiten dieses binationalen Studiengangs überhaupt in Betracht käme oder ob nicht die vertragliche Festlegung der Zulassungszahl mit der ausländischen Partnerhochschule es ausschließt, die Kapazität der inländischen Hochschule anhand der Maßstäbe des inländischen Kapazitätsermittlungsrechts zu überprüfen (vgl. Beschluss des Senats vom 12.04.1991 - 9 S 2515/90 -, VGHBW-Ls 1991, Beilage 7, B4).

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist aber nach vorläufiger Prüfung davon auszugehen, dass sämtliche Studienplätze innerhalb der durch § 2 Abs. 1 in Verb. mit Anl. 1 der Verordnung des Wissenschaftsministeriums über die Festsetzung von Zulassungszahlen an den Fachhochschulen im Wintersemester 2007/2008 und im Sommersemester 2008 vom 23.06.2007 (GBl. S. 280) - ZZVO-FH 2007/2008 - für diesen Studiengang im Wintersemester 2007/2008 für das erste Fachsemester festgesetzten Zulassungszahl von 20 wirksam vergeben und tatsächlich besetzt sind und insoweit Zulassungen von weiteren Bewerbern wie dem Antragsteller nicht in Betracht kommen.

Nach § 5 Abs. 1 des Gesetzes über die Zulassung zum Hochschulstudium in Baden-Württemberg in der hier nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Föderalismusreform im Hochschulbereich vom 20.11.2007 (GBl. S. 505) noch anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 15.09.2005 (GBl. S. 629; geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 20.11.2007) - HZG - sollen in einem nicht in das Verfahren der Zentralstelle einbezogenen Studiengang Zulassungszahlen festgesetzt werden, wenn zu erwarten ist, dass die Zahl der Einschreibungen die Zahl der Studienplätze an den einzelnen Hochschulen in dem Studiengang erheblich übersteigen wird. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 in Verb. mit § 3 HZG werden die Zulassungszahlen vom Wissenschaftsministerium nach Anhörung der Hochschulen durch Rechtsverordnung - hier der ZZVO-FH 2007/2008 - festgesetzt. Entsprechend zu beachten bei einer kapazitätsrechtlichen Ermittlung der Zulassungszahl sind dabei nach § 1 Abs. 1 HZG in Verb. mit Art. 7 Abs. 6 des derzeit noch geltenden Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen vom 24.06.1999 - StV - die Regelungen in Art. 7 Abs. 1 bis 5 StV (künftig geregelt in § 5 Abs. 2 bis 8 HZG und einer Verordnung nach § 11 Abs. 4 HZG). In Einklang mit diesen Bestimmungen werden nach § 1 ZZVO-FH 2007/2008 für die in Anlage 1 bezeichneten Studiengänge an den dort genannten Hochschulen für das Wintersemester 2007/2008 und das Sommersemester 2008 Zahlen der höchstens aufzunehmenden Bewerber (Zulassungszahlen) festgesetzt. Festgesetzt werden danach nicht die Zahl der Studienplätze an einer Hochschule für einen Studiengang, sondern die - in der Regel zuvor kapazitätsrechtlich ermittelte oder wie hier durch binationale vertragliche Vereinbarungen festgelegte - Zahl der höchstens aufzunehmenden Bewerber für einen Studiengang, denen ein Studienplatz für diesen Studiengang an einer Hochschule zuzuweisen ist.

Ausgehend hiervon ist die Zahl der höchstens im Wintersemesters 2007/2008 aufzunehmenden Bewerber im deutsch-englischen Studiengang des Europäischen Studienprogramms für Betriebswirtschaft mit der unstreitigen Zulassung von insgesamt 20 von der Antragsgegnerin und ihrer englischen Partneruniversität, der Lancaster University, ausgewählten Bewerbern ausgeschöpft, auch wenn entsprechend der zwischen ihnen geschlossenen Vereinbarung (Agreement) vom 13.10.1997 von diesen ausgewählten Bewerbern nur 10 auf einem Studienplatz bei der Antragsgegnerin studieren, während die anderen 10 ausgewählten Bewerber an der Partnerhochschule studieren. Es handelt sich hierbei um einen vollintegrierten binationalen Studiengang, der auf einer Kooperationsvereinbarung mit einer ausländischen Hochschule beruht, also um ein binationales Studienangebot, das eine Auslandsphase als obligatorischen Bestandteil des Studiums vorsieht. Jeder Student in diesem Studienprogramm absolviert im Wechsel die Hälfte seines Studiums an der einen Hochschule und die andere Hälfte an der Partnerhochschule und wird an beiden Hochschulen in diesem Studiengang zugelassen. Jede Partnerhochschule wählt dafür jeweils 10 Bewerber für das 1. Fachsemester aus, wovon jeweils fünf Bewerber in Reutlingen und fünf Bewerber in Lancaster beginnen und alle Studierenden nach zwei Jahren den Studienort wechseln. Die Lehrpläne und Prüfungen der Partnerhochschulen sind aufeinander abgestimmt. Es ist im Rahmen dieses Studiengangs nicht möglich, ausschließlich an einer der beiden Hochschulen zu studieren. Das Studium führt nach der Vereinbarung vom 13.10.1997 zu zwei Hochschulabschlüssen: dem "Diplom-Betriebswirt (FH)" bei der Antragsgegnerin und dem "BBA (Hons) European Management" bei der Partnerhochschule. Diese Aufteilung des Studienangebots auf die 20 zugelassenen Bewerber entsprechend der Vereinbarung vom 13.10.1997 auf verschiedene Studienorte führt nach Vorstehendem aber nicht dazu, dass für diesen Studiengang bei der Antragsgegnerin im Wintersemester 2007/2008 noch weitere 10 Bewerber zugelassen werden müssten, da hierdurch die binational vertraglich festgelegte Zulassungszahl für den Studiengang insgesamt, die durch die Zulassungen beider Hochschulen ausgeschöpft wird, überschritten werden würde.

Offen kann bleiben, ob die Zulassung der von der Antragsgegnerin auszuwählenden Bewerber für das Wintersemester 2007/2008 auf die allein auf der Grundlage des § 53 Abs. 9 in Verb. mit § 61 Abs. 3 FHG beschlossene Satzung der Antragsgegnerin über die Eignungsprüfung und das Zulassungsverfahren zum Studium in den Studiengängen des Europäischen Studienprogramms für Betriebswirtschaft (ESB) vom 26.06.1998 gestützt werden konnte. Nach Art. 27 § 21 Abs. 1 Satz 3 2.HRÄG finden zwar Satzungen, die auf der Grundlage der § 53 Abs. 9 FHG in der am Tag vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung, d.h. in der ab dem 01.01.2003 geltenden Fassung von Art. 3 Nr. 3 b) des Gesetzes zur Änderung auswahlrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich vom 11.12.2002 (GBl. S. 471), beschlossen worden sind, letztmalig für das Sommersemester 2006 Anwendung bzw. gelten Satzungen auf der Grundlage des § 61 Abs. 3 nach Art. 27 § 21 Abs. 2 Satz 2 längstens bis zum 30.09.2006 fort. Bei Anwendung dieser Vorschriften hätte für das Wintersemester 2007/2008 dann weder eine gültige Satzung nach § 58 Abs. 5 LHG noch eine gültige Auswahlsatzung nach dem erst durch Art. 7 des Gesetzes zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften vom 06.12.1999 in das Hochschulzulassungsgesetz eingefügten § 6a Satz 1 HZG für diesen Studiengang, der aufgrund der Ermächtigung nach §§ 6a Satz 2, 11 Abs. 1 Nr. 7 HZG in § 1 Abs. 3 Satz 1 der Hochschulvergabeordnung vom 13.01.2003 (GBl. S. 63; zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes vom 20.11.2007, hier nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes vom 20.11.2007 noch anwendbar in Fassung der Änderung vom 12.05.2005 <GBl. S. 404>) - HVVO - in Verb. mit Anlage 1 zu § 1 Abs. 3 als besonderer Studiengang benannt ist und dessen Anteil der Studienplätze für ausländische und staatenlose Bewerber auf 50% festgelegt ist, zur Verfügung gestanden. Auch wären dann durch § 1 Abs. 3 Satz 2 HVVO erlaubte abweichende Bestimmungen von den Vorschriften der §§ 6 bis 20 HVVO nicht mehr getroffen. Die Satzung der Antragsgegnerin vom 26.06.1998 wurde aber nicht auf der Grundlage von § 53 Abs. 9 des Fachhochschulgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 11.12.2002, sondern auf der Grundlage der bis zum 31.12.2002 unverändert geltenden Fassung vom 10.01.1995 (GBl. S. 73, ber. S. 311) beschlossen, die in § 53 Abs. 9 ausdrücklich für die Europäischen Studiengänge der Betriebswirtschaft die satzungsrechtliche Einführung einer besonderen Eignungsprüfung vorsah. Satzungen, die auf der Grundlage von § 53 Abs. 9 des Fachhochschulgesetzes in dieser Fassung beschlossen worden sind, gelten nach Art. 5 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes zur Änderung auswahlrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich vom 11.12.2002 (a.a.O.), das nicht nach Art. 24 2.HRÄG mit dessen Inkrafttreten außer Kraft getreten ist, fort. Welche Folgerungen daraus zu ziehen sind, bedarf hier aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn auch das Fehlen einer gültigen satzungsrechtlichen Regelung änderte nichts daran, dass die Studienplätze der zugelassenen Bewerber nach auf alle Bewerber gleichmäßig angewandten Auswahlkriterien vergeben und besetzt sind und nicht für weitere Zulassungen innerhalb der festgesetzten Zulassungszahl zur Verfügung stehen. Es geht im vorliegenden Verfahren auch nicht darum, dem Antragsteller überhaupt den Nachweis einer zusätzlich erforderlichen Qualifikation für eine Zulassung in einem Eignungsfeststellungsverfahren zu ermöglichen (vgl. dazu den vom Antragsteller angeführten Beschluss des BayVGH vom 09.05.2007 - 7 CE 07.551, juris) - diesen Nachweis hätte er im Übrigen unstreitig erbracht -, sondern darum, welche der nach den gleichmäßig angewandten Kriterien qualifizierten Bewerber nach ihrer Rangfolge höchstens zugelassen werden können.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war danach abzulehnen. Der Senat geht allerdings davon aus, dass dem Antragsteller nicht zuletzt im Hinblick auf §§ 19 HVVO, 3 ZVO-FH 2007/2008 ermöglicht wird, die Lehrveranstaltungen des schon sehr weit fortgeschrittenen Wintersemesters 2007/ 2008 bis zum Semesterende zu besuchen und etwaige abschließende Prüfungen abzulegen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 29.01.2002 - NC 9 S 24/02 -, WissR 2002, 184 und vom 24.08.2005 - NC 9 S 75/05 -, kmk-hochschulrecht.de).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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