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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 28.07.2009
Aktenzeichen: 9 S 2852/08
Rechtsgebiete: ApoG, AMG, ApBetrO


Vorschriften:

ApoG § 7
ApoG § 8
AMG § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9
AMG § 48
AMG § 50 Abs. 1
AMG § 52 Abs. 1 Nr. 1
ApBetrO § 2 Abs. 2
ApBetrO § 2 Abs. 5
ApBetrO § 3
ApBetrO § 4 Abs. 2
ApBetrO § 4 Abs. 4
ApBetrO § 17 Abs. 1
ApBetrO § 17 Abs. 3
ApBetrO § 17 Abs. 5 Satz 3
ApBetrO § 17 Abs. 6 Satz 1
ApBetrO § 20 Abs. 1
ApBetrO § 23
1. Der Einsatz eines Medi-Terminals zur Ausgabe von Arzneimitteln durch einen mit dem Kunden nur über Bild- und Tonleitung verbundenen Apotheker als Zusatzangebot einer bestehenden und in ihren Öffnungszeiten unveränderten Apotheke stellt neben der Zulassung eines "Autoschalters" und des Versandhandels mit Arzneimitteln eine weitere Modi€fikation des gesetzgeberischen Leitbildes des "Apothekers in seiner Apotheke" dar.

2. Diese Modifikation ist auch ohne gesetzgeberische Maßnahme mit Sinn und Zweck der einschlägigen apothekenrechtlichen Normen insbesondere auch zur Kundenberatung und -Information und dem einzusetzenden Apothekenpersonal vereinbar, soweit die Ausgabe des Arzneimittels nicht auf der Vorlage einer Verschreibung beruht.

3. Die Abgabe von verschreibungspflichtigen oder verschriebenen Arzneimitteln ist dagegen über ein Medi-Terminal, das eine Bild- und Tonübertragung zwischen dem abgebenden Apotheker und dem Kunden herstellt, nicht zulässig. Entgegen § 17 Abs. 5 und Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 ApBetrO fehlt die erforderliche unmittelbare handschriftliche Abzeichnung des für die Ausgabe des Arzneimittels Verantwortlichen auf der Verschreibung.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

9 S 2852/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Apothekenbetriebsordnung

hat der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. September 2008 - 11 K 4331/07 - geändert. Die Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 7. August 2008 wird insoweit aufgehoben, als sie sich auf nichtverschreibungspflichtige und nicht verschriebene Arzneimittel bezieht.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Apotheker und betreibt die H-Apotheke in M.. Seit dem 08.10.2007 ist die Apotheke mit einem sogenannten "Medi-Terminal" ausgestattet. Das XXXXXX-System der Firma XXXX ermöglicht es, innerhalb wie außerhalb der Ladenöffnungszeiten das Angebot der Apotheke einschließlich apotheken- und rezeptpflichtiger Medikamente (mit Ausnahme von Betäubungsmitteln) über den Außenschalter eines Automaten in der Weise zu beziehen, dass der Kunde nicht unmittelbar sondern mittels Mikrophon und Lautsprecher sowie Kamera und Bildschirm in akustischen und optischen Kontakt zu einem Apotheker tritt. Dabei handelt es sich während der Öffnungszeiten um den Kläger selbst, außerhalb dieser Zeiten um eine in einem Servicezentrum tätige Person. Diese berät den Kunden auf dessen Wunsch, kontrolliert das von ihm in einen Schacht des Automaten eingeführte Rezept via Bildschirm und gibt das begehrte Produkt, soweit nicht frei verkäuflich, nach Kontrolle frei. Dieses System wird vom Kläger außer an Sonn- und Feiertagen rund um die Uhr betrieben.

Mit Schreiben vom 15.11.2007 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Kläger auf Zweifel an der Zulässigkeit der Abgabe von Arzneimitteln auf dem dargestellten Weg hin und bat um Stellungnahme.

Der Kläger erwiderte am 23.11.2007, ein Verstoß gegen apothekenrechtliche Vorschriften liege nicht vor. Er sei nicht bereit, den rechtmäßigen Einsatz des Medi-Terminals XXXXXXXXXX einzustellen.

Am 21.12.2007 erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage, zunächst mit dem Antrag festzustellen, dass das Apothekenabgabeterminal XXXXXX, wie es in seiner Apotheke in Übereinstimmung mit seiner ordnungsgemäßen Handhabung betrieben werde, nicht gegen Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung oder des AMG verstoße und der Betrieb auch keine Ordnungswidrigkeit darstelle. Der Kläger führte weiter aus, aus Sicht der XXX-XXXXXX Polizei bestehe kein Risiko der Medikamentenausgabe aufgrund gefälschter Rezepte. Die Haltung des Beklagten stelle einen schweren Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit eines Apothekers dar und bekämpfe jeglichen technischen Fortschritt.

Der Beklagte erwiderte unter dem 22.02.2008 und untersagte dem Kläger das Inverkehrbringen von Arzneimitteln mittels des XXXXXXXXXX-Systems mit Bescheid vom 07.08.2008. Davon ausgenommen wurden lediglich Fertigarzneimittel, die im Reisegewerbe abgegeben werden dürfen, sowie solche, die zum Verkehr außerhalb von Apotheken freigegeben sind, ausschließlich zum äußeren Gebrauch bestimmte Desinfektionsmittel und Sauerstoff.

In der mündlichen Verhandlung am 02.09.2008 stellte der Kläger die Klage um und beantragte die Aufhebung der Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 07.08.2008. Hierzu führte er ergänzend aus, durch den späten Erlass der Verfügung würden Fairnessgebot sowie Willkürverbot verletzt.

Der Beklagte stellte nach Durchführung eines Augenscheins am 02.09.2008 fest, dieser habe einen - jeden Verkaufsvorgang erfassenden - Verstoß gegen § 20 Abs. 1 ApBetrO bestätigt. Eine zuverlässige und vertrauensvolle Kommunikation sei nicht möglich gewesen. Auch sei es nicht möglich gewesen, das Verfallsdatum eines auszugebenden Arzneimittels zu prüfen. Ersteres wurde vom Kläger unter dem 10.09.2008 bestritten. Maßstab könne nicht eine menschenleere sondern nur eine rege frequentierte Offizin sein. Das Verfallsdatum werde in Kürze in digitaler Form zur Verfügung stehen. Zudem sei es aus Gründen der Lagerhaltung auszuschließen, dass Arzneimittel jenseits ihres Verfallsdatums ausgegeben würden.

Mit Urteil vom 02.09.2008 wies das VG Karlsruhe die Klage ab. Hinsichtlich verschreibungspflichtiger oder jedenfalls verschriebener Arzneimittel verstoße deren Bezug über das XXXXX-System gegen § 17 Abs. 6 ApBetrO sowie gegen § 48 AMG mit § 1 AMVV, da das Original der Verschreibung dem Apotheker bei Ausgabe des Arzneimittels nicht körperlich vorliege und deshalb auch die in § 17 Abs. 6 ApBetrO genannten Angaben nicht direkt "auf der Verschreibung" gemacht werden könnten. Eine Nachrüstung des in das System integrierten Druckers sei daher unerheblich. Eine Kopie der Verschreibung sowie ein bloßes Protokoll reichten nicht aus. Nur die Vorlage des Originals und dessen unmittelbare Inaugenscheinnahme durch den verantwortlichen Apotheker erlaubten eine hinreichende Prüfung auf dessen Echtheit. Diese Auslegung sei durch das GKV-Modernisierungsgesetz und die dadurch eröffnete Möglichkeit des Versandhandels verschreibungspflichtiger Arzneimittel - auch unter Assistenz von Drogeriemärkten - nicht verändert worden und werde auch nicht dadurch beeinflusst, dass der Gesetzgeber die Umsetzungsfrist für eine elektronische Gesundheitskarte habe verstreichen lassen. Hinsichtlich lediglich apothekenpflichtiger und auch tatsächlich nicht verschriebener Arzneimittel sei die Untersagungsverfügung des Beklagten deshalb rechtmäßig, weil die Informationspflicht bei Benutzung des Außenschalters und des Automaten nicht erfüllt und daher gegen § 20 Abs. 1 Satz 3 ApBetrO verstoßen werde. Auch wenn diese Pflicht nur bei entsprechendem Wunsch des Kunden bestehe, müsse sie doch für diesen Fall auch erfüllt werden. Entscheidend seien insoweit die Umstände des Einzelfalles. Im konkreten Fall erachtete das Gericht die Ton- und Bildqualität für ausreichend, jedoch sei wegen der Lärmquellen und "sonstigen Faktoren", die auf den Kunden am Schalter einwirken könnten, die Erfüllung der Informationspflicht an diesem Standort nicht gewährleistet. Vielmehr sei aufgrund der örtlichen Gegebenheiten mit einer erheblichen Störung des Informationsgesprächs zu rechnen. Die Apotheke des Klägers befinde sich in der Stadtmitte an einer erheblich befahrenen Straße mit Straßenbahnverkehr. Bei deren Vorbeifahren sei die Stimme des beratenden Apothekers nicht mehr wahrnehmbar gewesen. Besonders bei kranken und verletzten Personen liege es nahe, dass ein dadurch unterbrochenes Gespräch nicht wieder aufgenommen werde. Ähnliches gelte für den nicht unerheblichen Anteil der älteren Bevölkerung mit Hörschwierigkeiten. Dass der zugeschaltete Apotheker eine durch äußere Störungen wie Lärm oder andere Fremdeinwirkungen auftretende eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit des Kunden am Bildschirm feststellen und darauf so angemessen reagieren könne, dass er der Informationspflicht genüge, erscheine zweifelhaft. Zwar sei die Geräuschentwicklung in den Nachstunden zwischen 1 Uhr und 6 Uhr geringer. In dieser Zeit sei aber mit sich realistischerweise einstellenden Ängsten von Kunden vor Störungen oder Überfällen zu rechnen, die sich gleichfalls nachteilig auf ein Informationsgespräch auswirkten. Schon die Möglichkeit solcher Beeinträchtigungen gefährde die im Einzelfall gebotene Information. Schutzvorkehrungen wie eine Einhausung seien zwar geeignet, Lärm und andere Störungen wirksam abzuschirmen, seien aber vom Kläger nicht angeboten worden.

Gegen das am 29.09.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.10.2008 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese - nach gewährter Fristverlängerung - fristgerecht am 15.12.2008 begründet. Ein Verstoß gegen § 20 Abs. 1 Satz 3 ApBetrO liege nicht vor. Vielmehr werde ein ausreichendes Beratungs- und Informationsangebot vorgehalten. Das vom Verwaltungsgericht als störend empfundene Vorbeifahren einer Straßenbahn dauere nur wenige, maximal 30 Sekunden. Es sei den betroffenen Kunden, auch wenn sie an Erkältungssymptomen litten, zumutbar, das Gespräch danach wieder aufzunehmen. Mit vergleichbaren Störungen müsse auch in der Offizin einer Apotheke gerechnet werden. Dass eine Vielzahl von Personen wegen Alter, Gebrechlichkeit oder technischer Unerfahrenheit im Umgang mit Automaten ungeübt sei, treffe zu, sei aber unerheblich. Deshalb könne nicht jeglicher technische Fortschritt dem Rest der Bevölkerung verweigert werden. Dies gelte umso mehr, als es sich bei dem XXXXX-System lediglich um ein die normalen Öffnungszeiten der Apotheke nicht tangierendes Zusatzangebot handele. Auch dass sich ein Kunde von plötzlicher Geräuschentwicklung in seiner Umgebung beeinflussen lasse, sei nicht verständlich. Der heutige Verbraucher sei aufgeklärt, verständig und in der Lage, mit den ihm aus zahlreichen anderen Situationen bekannten widrigen Umständen des Alltagslebens klarzukommen. Zudem könne jeder in dem System eingesetzte Apotheker via Bildschirm erkennen, ob der Kunde noch in der Lage sei, seinen Ausführungen zu folgen. Schließlich seien die Feststellungen, die das Verwaltungsgericht am Vormittag eines Werktages getroffen habe, auf die Nachtzeit nicht übertragbar. Die Annahmen zur Situation zwischen 1 Uhr und 6 Uhr seien daher völlig aus der Luft gegriffen. Die Apotheke des Klägers liege in einem Stadtgebiet XXXXXXXX mit durchschnittlicher Kriminalitätsrate. Zu Recht habe das VG Mainz in seinem Urteil vom 21.11.2008 - 4 K 375/08 - festgestellt, dass das XXXXXX-System nicht gegen § 20 Abs. 1 Satz 3 ApBetrO verstoße. Zu diesem Ergebnis sei das VG Mainz gekommen, obgleich sich das XXXXX-System auch im dort entschiedenen Fall an einer belebten Straße befunden habe. Auch § 17 Abs. 6 ApBetrO sei nicht verletzt. Entgegen der Ansicht des VG Karlsruhe verlange diese Norm nicht die körperliche Übergabe der Verschreibung an eine verantwortliche Person. Aus der Freigabe des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln folge zwingend, dass § 17 ApBetrO nicht mehr die Aushändigung von Arzneimitteln in Form einer körperlichen Übergabe durch den Apotheker fordere. Das bedeute zugleich, dass der Apotheker die Verschreibung auch nicht "in die Hand nehmen" müsse. Es sei, wie auch das VG Mainz in der zitierten Entscheidung zutreffend festgestellt habe, ausreichend, wenn mittels technischer Einrichtungen gewährleistet sei, dass eine Doppelverwendung der Verschreibung ausgeschlossen sei. Seinen Prüfungspflichten gemäß § 17 Abs. 5 ApBetrO im Hinblick auf die "Originalität" einer Verschreibung könne der Kläger auch dann gerecht werden, wenn ihm das Original der Verschreibung in eingescannter Form vorliege. Nach Sinn und Zweck des § 17 Abs. 6 ApBetrO reiche es aus, wenn "Zuordnungsirrtümer" vermieden würden. Dies werde vom XXXXX-System fraglos geleistet. Daher stelle die Forderung, dass jedes Rezept bei Aushändigung des Arzneimittels abgezeichnet werden müsse, eine bloße Förmelei dar. Zudem müsse diese Abzeichnung nicht handschriftlich geschehen. Das in § 17 Abs. 6 ApBetrO genannte "Namenszeichen" setze Handschriftlichkeit nicht voraus.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. September 2008 - 11 K 4331/07 - zu ändern und die Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 7. August 2008 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Durch den Betrieb des XXXXXXX-Systems werde gegen § 7 ApoG i.V.m. § 2 Abs. 2 und Abs. 5 ApBetrO, gegen § 20 Abs. 1 ApBetrO, gegen § 17 Abs. 1 ApBetrO, gegen § 17 Abs. 5, Abs. 6 ApBetrO, § 48 AMG und § 1 AMVV, gegen § 2 Abs. 2 ApBetrO i.V.m. § 8 Abs. 2 AMG, gegen § 4 Abs. 2 ApBetrO, gegen § 4 Abs. 4 ApBetrO, gegen § 3 Abs. 2 ApBetrO, gegen § 23 Abs. 1 ApBetrO und auch gegen § 50 AMG verstoßen.

Durch die Einschaltung eines externen Apothekers, der das XXXXXX-System über Internet betreue und so Beratung und Verkauf der Arzneimittel übernehme, verstoße der Kläger gegen seine Apothekenleitungspflicht nach § 7 ApoG i.V.m. § 2 Abs. 2 und 5 ApBetrO. Hierzu gehörten insbesondere Beratung und Information der Kunden und die Abgabe von Arzneimitteln. Der externe Apotheker sei kein Vertreter des Klägers nach dieser Norm sondern ein Mitarbeiter der XXXXXXXXXX GmbH & Co. KG. Auch könne angesichts der erheblichen Betriebsdauer des XXXXXX-Terminals nicht von einer vorübergehenden Vertretung gesprochen werden. Bei einer Betriebszeit zwischen 18.30 Uhr und 8.30 Uhr stehe sie der regulären Öffnungszeit der Apotheke zumindest gleich. Damit sei die Vertretungsgrenze von drei Monaten pro Jahr überschritten. Zudem fehle es an einer Vertretungsregelung zwischen beratendem Apotheker und Apothekenleiter. Ein Vertreten im Sinne von § 2 Abs. 5 ApBetrO liege auch deshalb nicht vor, weil der externe Apotheker mehrere XXXXXXX-Terminals parallel betreuen könne und solle. Ebenso wie ein Apotheker könne auch ein Dritter als sein Vertreter nicht mehrere Apotheken zugleich leiten. Schließlich sei auch eine Vertretungsregelung unzulässig, bei der die Person des Vertreters tageweise wechsele. Auch seiner Überwachungspflicht als Apotheker könne der Kläger gegenüber dem bei einer Kapitalgesellschaft angestellten Apotheker nicht gerecht werden. Daran ändere auch das im Servicevertrag vom 01.10.2008 dem Kläger eingeräumte Weisungs- und Ablehnungsrecht gegenüber dem Mitarbeiter der GmbH nichts. Schon wegen der räumlichen Distanz könne das Ablehnungsrecht nicht greifen. Allgemein sei eine Überwachungs- und Weisungsmöglichkeit gegenüber einem anderen Apotheker, der einerseits den XXXXXXX-Service nutze und andererseits auch selbst XXXXXX-Serviceleistungen ausführe, nicht gegeben.

Weiter werde die Apotheke faktisch vom Kläger und der XXXXXXXXXXXXXX GmbH & Co. KG gemeinsam betrieben, was unzulässig sei, da die GmbH keine Erlaubnis nach § 8 ApoG besitze und als juristische Person auch nicht erhalte.

Bei Benutzung des XXXXXX-Systems könne der Kunde erwarten, so beraten und informiert zu werden, wie sonst auch, wenn er eine Apotheke besuche. Diesen Service habe nach § 20 Abs. 1 ApBetrO der Apothekenleiter und dessen pharmazeutisches Personal zu erbringen, nicht aber ein externer Apotheker, der nicht zum Personal der Apotheke gehöre. Ein entsprechendes Beratungsbedürfnis sei am Bildschirm nicht in vollem Umfang zu erkennen. Dies hätten bereits das Verwaltungsgericht Frankfurt (Beschluss vom 20.11.2008 - 12 L 2593/08.F (1) -) und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 06.08.2008 - 9 Cs 08.1391 -) zutreffend entschieden. Damit seien auch Inhalt und Umfang einer angemessenen Beratung nicht zu bestimmen. Auch Demonstrationen seien allenfalls eingeschränkt möglich. Durch Inanspruchnahme des XXXXX-Systems finde eine Modifikation der allgemein gebotenen Information und Beratung bei der Ausgabe von Arzneimitteln nicht statt. Bestimmte Personengruppen könnten durch die Gesamtsituation unter Druck geraten und den Beratungsdialog aufgeben, zumal es an der Vertraulichkeit des Gesprächs fehle. Diese könne auch bei einer gut besuchten Offizin im Einzelfall und bei Bedarf hergestellt werden. Auch vorhandene Nebengeräusche seien von Bedeutung.

Entgegen § 17 Abs. 1 ApBetrO erfolge die Abgabe von Medikamenten nicht durch die Apotheke sondern durch ein von der Apotheke damit beauftragtes Drittunternehmen und nicht durch das pharmazeutische Personal der Apotheke (vgl. § 3 Abs. 3 ApBetrO).

Wie vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, müsse nach § 17 Abs. 5 und Abs. 6 ApBetrO aber auch § 48 Abs. 1 AMG mit § 1 AMVV die Verschreibung bei der Abgabe von verschriebenen Arzneimitteln dem Abgebenden physisch vorliegen. Auch für den Versandhandel gelte nichts anderes. Die Unterschrift unter gegebenenfalls erforderlichen Änderungen des Rezepts müsse handschriftlich erfolgen. Die Unterschrift könne allenfalls durch eine elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz ersetzt werden. Zu deren Realisierbarkeit habe der Kläger nichts vorgetragen. Jedenfalls reiche der Einbau eines Druckers oder eines Grafiktabletts nicht aus. Fälschungen, insbesondere die Unterscheidung von Original oder Farbkopie, könnten umfassend nur dann festgestellt werden, wenn der Apotheker die Verschreibung selbst in Händen halte. Auch das Namenszeichen der Person, die die Arzneimittelabgabe durchgeführt habe und dafür verantwortlich sei, müsse handschriftlich auf dem Rezept angebracht werden. Jede Form der "Blockbearbeitung" sei auch bei elektronischer Dokumentation der Abgabevorgänge im Hinblick auf die gebotene Arzneimittelsicherheit unzulässig.

Ein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 ApBetrO i.V.m. § 8 Abs. 2 AMG liege vor, weil es der Kamera im Ausgabefach nicht möglich sei, das Verfallsdatum des auszugebenden Arzneimittels zu überprüfen.

Der Verstoß gegen § 4 Abs. 2 ApBetrO ergebe sich daraus, dass die Vertraulichkeit der Beratung im öffentlichen Straßenraum nicht gewahrt sei.

Aus § 4 Abs. 4 ApBetrO folge, dass der Raum, aus dem die Beratung und Freigabe der Abgabe eines Arzneimittels erfolge, zur Betriebseinheit der Apotheke gehöre. Dies könne bei einem weit entfernt tätigen externen Berater nicht angenommen werden. Die Betriebsräume fielen hier auseinander.

Entgegen § 3 Abs. 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 ApBetrO verrichte der externe Apotheker seine berufliche Tätigkeit nicht in einer Apotheke.

Es bestehe die Gefahr der Verwechslung der im Notdienst geöffneten Apotheke (§ 23 Abs. 1 ApBetrO) mit dem stark eingeschränkten Angebot des auch zu diesen Zeiten einsatzbereiten XXXXX-Terminals (keine Großpackungen, keine Teilmengen, keine Rezepturen). Zudem stelle die Möglichkeit des Einsatzes rund um die Uhr einen Verstoß gegen § 23 Abs. 1 ApBetrO dar.

Schließlich werde das Erfordernis der Anwesenheit einer sachkundigen Person in jeder Betriebsstelle nach § 50 Abs. 1 AMG nicht eingehalten.

Der Kläger repliziert, sämtliche vom Beklagten genannten Normen seien beachtet. Durch den vorgelegten Servicevertrag sei die Apothekenleitungspflicht des Klägers gewahrt. Dies sei vom VG Mainz im bereits vorgelegten Urteil hinsichtlich eines wortgleichen Vertrags bestätigt worden. Das gelte auch hinsichtlich des vorgesehenen Weisungsrechts. Der für den Kläger tätige externe Apotheker übe keine Vertreterfunktion aus. Diese sei auch nicht notwendig, da der Kläger alle für die eigenverantwortliche Leitung seiner Apotheke notwendigen Aufgaben selbst ausführe. Einzelne nächtliche Kundenkontakte machten eine Vertretung nicht erforderlich. Die Beratungs- und Informationspflichten gegenüber dem allein maßgeblichen aufgeklärten und verständigen, durchschnittlich informierten und hinsichtlich der Handhabung des XXXXX-Terminals orientierten Verbraucher seien gewahrt. Es sei kein Fall denkbar, in dem ein Kunde ungewollt vor "geschlossener Apotheke" stehe und nun zwingend auf die Nutzung des Abgabe- und Beratungsterminals XXXXX angewiesen sei, wenn er dies nicht tatsächlich wolle. Auch sei es nicht die Aufgabe eines Apothekers, anstelle eines Arztes umfassende körperliche Untersuchungen vorzunehmen. Im Zweifelsfall werde jeder Apotheker einen Kunden an den ärztlichen Notdienst verweisen. Mögliche "technische Barrieren" seien mit baulichen Hindernissen (Enge, Treppen) vergleichbar und hinzunehmen. Eine "Drucksituation" bestehe nicht. Die Menschen seien es gewohnt, sensible Geschäfte im öffentlichen Raum abzuwickeln. Zudem gestatte auch das Notdienstfenster einer Apotheke keine intimere Atmosphäre. Einnahmemodalitäten könnten problemlos über den Bon-Drucker angegeben werden. Die räumlichen Vorgaben des § 17 Abs. 1 ApBetrO seien eingehalten. Die Arzneimittel würden in der Apotheke in den Verkehr gebracht. Eine Übertragung auf ein Drittunternehmen finde dabei nicht statt. Auch die durch § 17 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 5 ApBetrO geschützte Arzneimittelsicherheit sei uneingeschränkt gewährleistet. Das Problem des Inverkehrbringens von Arzneimitteln jenseits des Verfallsdatums stelle sich für den Kläger nicht. Dies könne er durch eine ordnungsgemäße Verwaltung seines Warenbestandes garantieren. Die Vertraulichkeit der Beratung sei gewahrt und eine ständige körperliche Präsenz von pharmazeutischem Personal in § 4 Abs. 2 ApBetrO nicht gefordert. Die Soll-Vorschrift des § 4 Abs. 4 ApBetrO stehe einer externen Betreuung nicht entgegen. Vorschriften der Dienstbereitschaft seien nicht berührt, da es sich bei dem XXXXXX-System um ein bloßes Zusatzangebot handele. Wenn der Kläger dieses System auch für den Notdienst nutze, sei er selbst anwesend und könne jederzeit zum Notdienstfenster wechseln. Ein Verstoß gegen § 50 AMG sei angesichts der Sachkenntnis der für das XXXXX-System tätigen Apotheker nicht nachvollziehbar.

Dem Gericht liegen die einschlägigen Behördenakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten des VG Karlsruhe zum Verfahren 11 K 4331/07 einschließlich der beim gerichtlichen Augenschein gefertigten CD vor. Sie wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird hierauf sowie auf den Inhalt der im vorliegenden Verfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Verwaltungsgericht zugelassene und den Anforderungen des § 124 a Abs. 3 VwGO entsprechende Berufung hat teilweise Erfolg.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Klage gegen die Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe abgewiesen, soweit sich die Untersagung auf verschreibungspflichtige oder auch nicht verschreibungspflichtige, aber verschriebene Arzneimittel bezieht. Der Verkauf solcher Arzneimittel über das XXXXX-System verstößt gegen § 17 Abs. 5 Satz 3, Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über den Betrieb von Apotheken vom 26.08.1995 (BGBl. I S. 1196, zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 02.12.2008 BGBl. I S. 2338 - ApBetrO -) und ist daher zu Recht untersagt worden (I.) Dagegen steht über die in der Untersagungsverfügung bereits genannten Ausnahmen hinaus der Verkauf jeglicher nicht verschreibungspflichtiger und auch nicht verschriebener Arzneimittel auf diesem Wege mit den Vorgaben der einschlägigen Normen im Einklang. Insoweit ist die Klagabweisung durch das Verwaltungsgericht zu ändern und der Klage stattzugeben (II.)

I.

1. Die Verfügung vom 07.08.2008 ist formal rechtmäßig, insbesondere durch die zuständige Behörde ergangen. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe folgt, wie auf S. 4 seines Bescheids vom RP Karlsruhe zutreffend ausgeführt, aus § 1 Abs. 1 Pharmazie- und Medizinprodukte-Zuständigkeitsverordnung vom 17.10.2000 (GBl. S. 694, zuletzt geändert durch Verordnung vom 21.07.2006, GBl. S. 277) und § 3 Abs. 1 Nr. 2 LVwVfG i.V.m. § 12 Abs. 2 LVG. Demnach sind die Regierungspräsidien für den Bereich ihres Regierungsbezirks im Grundsatz zuständige Behörden für die Durchführung des Arzneimittelgesetzes in seiner jeweils geltenden Fassung.

2. Die Untersagungsverfügung ist auch materiell rechtmäßig, soweit es sich um verschreibungspflichtige bzw. verschriebene Arzneimittel handelt, denn die im Interesse der Arzneimittelsicherheit normativ vorgegebenen Verfahrensschritte bei der Ausgabe von Arzneimitteln sind nicht eingehalten.

a) Zu Recht hat das Regierungspräsidium Karlsruhe seine Entscheidung auf § 69 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.12.2005 (BGBl. I S. 3394, zuletzt geändert durch Art. 9 Abs. 1 des Gesetzes vom 23.11.2007, BGBl. I S. 2631 - AMG -) gestützt. Danach treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen, darunter insbesondere auch die Untersagung des Inverkehrbringens von Arzneimitteln. Diese Ermächtigung bezieht sich nicht allein auf die Vorgaben des AMG selbst, sondern erstreckt sich auch auf die Überwachung des Verkehrs mit Arzneimitteln und ordnungsrechtliche Maßnahmen bei Verstößen gegen das Apothekenrecht (BVerwG, Urteil vom 22.01.1998 - 3 C 6/97 -, BVerwGE 106, 141 [142 f.]; Urteil vom 14.04.2005 - 3 C 9/04 -, NVwZ 2005, 1198 f.; zuletzt Urteil vom 13.03.2008 - 3 C 27/07 -, BVerwGE 131, 1 [juris-Rdnr. 15]).

b) Soweit es um das Inverkehrbringen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder von Arzneimitteln geht, die zwar nicht unter die Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln vom 21.12.2005 (BGBl. I S. 3632, zuletzt geändert durch Art. 1 und Art. 2 der Verordnung vom 19.12.2008, BGBl. I S. 2977 - AMVV -) fallen, jedoch gleichwohl aufgrund einer Verschreibung abgegeben werden sollen, verstößt der Vorgang der Abgabe über das XXXXXX-System in einer Weise gegen § 17 Abs. 5 Satz 3 und Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 ApBetrO, die anders als durch Untersagung des Inverkehrbringens nicht beendet werden kann.

§ 17 Abs. 5 Satz 3 ApBetrO lautet:

Der Apotheker hat jede Änderung auf der Verschreibung zu vermerken und zu unterschreiben oder im Falle der Verschreibung in elektronischer Form der elektronischen Verschreibung hinzuzufügen und das Gesamtdokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen.

§ 17 Abs. 6 Satz 1 ApBetrO gibt vor: Bei der Abgabe der Arzneimittel sind auf der Verschreibung anzugeben oder im Falle der Verschreibung in elektronischer Form der elektronischen Verschreibung hinzuzufügen

1. der Name oder die Firma des Inhabers der Apotheke und deren Anschrift

2. das Namenszeichen des Apothekers, des Apothekerassistenten, des Pharmazieingenieurs oder des Apothekerassistenten, der das Arzneimittel abgegeben, oder des Apothekers, der die Abgabe beaufsichtigt hat; im Falle der Verschreibung in elektronischer Form ist das Namenszeichen durch eine elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz zu ersetzen, wobei der Apothekenleiter die Rückverfolgbarkeit zum jeweiligen Unterzeichner und deren Dokumentation sicherzustellen hat,

3. das Datum der Abgabe,

4. der Preis des Arzneimittels,

5. das in § 300 Abs. 3 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannte bundeseinheitliche Kennzeichen für das abgegebene Fertigarzneimittel, soweit es zur Anwendung bei Menschen bestimmt ist.

Bei der auf einer ärztlichen Verschreibung beruhenden Abgabe von Arzneimitteln ist also in jedem Fall die Verschreibung von der abgebenden oder die Abgabe verantwortenden Person mit ihrem Namenszeichen abzuzeichnen. Sind Änderungen auf der Verschreibung vorzunehmen, sind diese zu unterschreiben. Auf abweichende Regelungen für den Fall der Verschreibung in elektronischer Form kommt es zum maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bei einer Untersagung als Dauerverwaltungsakt BVerwG, Urteile vom 22.01. 1998 - 3 C 6/97 -, BVerwGE 106, 141 [143 f.], und vom 14.04.2005 - 3 C 9/04 -, NVwZ 2005, 1198 f.) nicht an, da diese Form der Verschreibung weiterhin noch nicht eingeführt ist.

Sinn und Zweck dieser Regelung ist die Wahrung der Arzneimittelsicherheit. Ihr dient, wie die gesamte Norm (dazu Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, Kommentar, 4. Aufl., Stand Juni 2007, § 17 Rdnr. 6), der Umstand, dass die Verantwortlichkeit für die Abgabe jedes Arzneimittels und jeder Änderung einer Verschreibung klar bestimmt und fixiert ist. Demnach muss im Moment der Abgabe und nicht etwa nachträglich (Cyran/Rotta, a.a.O., § 17 Rdnr. 559; Pfeil/Pieck, Apothekenbetriebsordnung, Kommentar, 5. Aufl. 7. Ergänzungslieferung 2005, § 17 Rdnr. 211) das individuelle Namenszeichen desjenigen auf der Verschreibung angebracht werden, der die Abgabe verantwortet. Entgegen der Annahme des Klägers reicht hierzu eine Angabe in digitaler Form nicht aus. Es bedarf vielmehr einer handschriftlichen Abzeichnung (Pfeil/Pieck, a.a.O., § 17 Rdnr. 207; Cyran/Rotta, a.a.O., § 17 Rdnr. 561, ebenso Hess. VGH, Beschluss vom 18.02.2009 - 3 B 2545/08 -; a.A. VG Mainz, Urteil vom 21.11.2008 - 4 K 375/08.MZ -), im - seltenen - Fall der inhaltlichen Veränderung der Verschreibung einer förmlichen Unterschrift. Anderes könnte nur für die den entsprechenden Formerfordernissen genügende "elektronische Signatur" nach dem Signaturgesetz gelten, wie sie in § 17 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 ApBetrO für den Fall der elektronischen Verschreibung vorgesehen ist. Ob eine solche elektronische Signatur auf einem zuvor elektronisch erzeugten "zweiten Original" in erweiternder Auslegung des § 17 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 ApBetrO nach dessen Sinn und Zweck auch dann ausreicht, wenn die Verschreibung selbst in Papierform vorgelegt wird, kann dahinstehen, denn das vom Kläger eingesetzte System ist jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nach dessen Angaben zur Beifügung einer "elektronischen Signatur" im dargestellten Sinne nicht in der Lage.

Nicht zu entscheiden ist darüber, ob es entgegen dem Wortlaut nach Sinn und Zweck der Regelung auf eine unmittelbare zeitliche Nähe zwischen Abgabe des Arzneimittels und ihrer Bestätigung durch ein Namenszeichen dann nicht ankommt, wenn eine klare Zuordnung der Verantwortlichkeit für die Abgabe des jeweiligen Arzneimittels auch auf anderem Wege gesichert ist. Letzteres dürfte bei einer Abgabe über das XXXXX-System und die dort digital dokumentierten Vorgänge möglich sein, so dass es zumindest nicht ausgeschlossen erscheint, das körperliche Hinzufügen eines Namenszeichens noch am auf einen nächtlichen Verkaufsvorgang folgenden Tag als noch "bei der Abgabe" erfolgt anzuerkennen (a.A. die bisher hierzu ergangene Rechtsprechung: vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 18.02.2009 - 3 B 2545/08 -, unter Hinweis auf VG Bayreuth, Beschluss vom 23.04.2008 - B 1 S 08.319 -, GewArch 2008, 316; Bay. VGH, Beschluss vom 06.08.2008 - 9 CS 08.1391 -; VG Mainz, Urteil vom 21.11.2008 - 4 K 375/08.MZ -). In jedem Fall muss dieses Hinzufügen des Namenszeichens jedoch durch die Person erfolgen, die für den Abgabevorgang tatsächlich verantwortlich ist. Dies ist bei Einsatz des XXXXXX-Systems nicht der Apotheker, in dessen Apotheke es betrieben wird, sondern der Apotheker, der - per Bild- und Tonleitung aus einem auswärtigen Servicezentrum mit dem System verbunden - mit dem Kunden in Kontakt getreten ist und die Abgabe des entsprechenden Arzneimittels ermöglicht hat. Dass diese Person und nicht etwa der Apothekeninhaber die Verantwortung für die von ihr durchgeführten Abgaben von Arzneimitteln in der Weise übernimmt, dass sie - auch nachträglich - die entsprechenden Verschreibungen in der - jeweiligen - Apotheke handschriftlich abzeichnet, ist in den Beziehungen zwischen Apothekeninhaber und beim Servicezentrum angestelltem Apotheker nicht vorgesehen und ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger vorgelegten und weiterhin maßgeblichen Servicevertrag vom 15.09./01.10.2008.

Bereits aus diesem Grund genügt das XXXXX-System nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abgabe von Arzneimitteln auf der Grundlage entsprechender Verschreibungen. Sein Betrieb ist daher insoweit zu Recht untersagt worden.

c) Ob es zur näheren Überprüfung der Verschreibung und insbesondere zur Ermittlung von Fälschungen der gegenständlichen Übergabe der Verschreibung "in die Hand" des abgebenden Apothekers bedarf (VG Karlsruhe im vorliegenden Verfahren, Pfeil/Pieck a.a.O. § 17 Rdnr. 21), oder ob dessen Kenntnisnahme von der Verschreibung über ein eingescanntes Bild verbunden mit dem Einbehalt der Verschreibung selbst den Erfordernissen an die Arzneimittelsicherheit genügt und auch mit dem Wortlaut des § 17 Abs. 6 ApBetrO wie auch der § 48 Abs. 1 AMG bzw. § 1 AMVV ("Vorliegen einer ärztlichen ... Verschreibung") in Einklang zu bringen ist (so VG Mainz, Urteil vom 21.11.2008 - 4 K 375/08.MZ -), kann daher offen bleiben. Es ist dem Kläger insoweit zuzugeben, dass eine Reihe von Fälschungsmerkmalen auch via Bildschirm zu erkennen ist, zu denen gerade auch die Merkmale gehören, die von der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker im März 2008 als mögliche Indizien für eine Fälschung angegeben worden sind (vgl. auch die Stellungnahme des Polizeipräsidiums Mannheim vom 11.12.2007, auf die sich auch das VG Mainz a.a.O. beruft). Andererseits mutet bereits die Unterscheidung zwischen der "Vorlage" einer Verschreibung (die stets erfolgen muss) und dem "körperlichen Vorliegen" (auf das es nicht ankommen soll) künstlich an und ist mit dem Wortlaut der genannten Normen kaum in Einklang zu bringen. Zudem steht fest, dass das Merkmal der Papierqualität durch den Vorgang des Scannens verloren geht. Auch dürfte eine Unterscheidung von Original und Kopie bei unmittelbarer Anschauung erheblich leichter sein (ebenso VG Bayreuth, Beschluss vom 23.04.2008 - B 1 S 08.319 -, juris-Rdnr. 42). Es trifft auch nicht zu, dass die in § 17 Abs. 6 ApBetrO angenommene unmittelbare Nähe des Abgebenden zur Verschreibung durch die Zulassung des Versandhandels mit Arzneimitteln (§ 11 a des Gesetzes über das Apothekenwesen in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.10.1980, BGBl. I S. 1993, zuletzt geändert durch Art. 16a des Gesetzes vom 28.05.2008, BGBl. I S. 874 - ApoG -, § 17 Abs. 2a ApBetrO) modifiziert worden wäre (ebenso VG Mainz a.a.O.). Auch beim Versandhandel liegt die Verschreibung der Person, die über die Abgabe des begehrten Arzneimittels verantwortlich entscheidet, unmittelbar und körperlich vor.

d) Ebenso kann hier offen bleiben, ob die Person, die für den Apothekeninhaber tätig wird, indem sie das XXXXX-System bedient, dem pharmazeutischen Apothekenpersonal im Sinne von § 17 Abs. 1 i.V.m. § 3 ApBetrO zuzurechnen ist.

II.

Dagegen steht die Ausgabe anderer Arzneimittel über das XXXXX-System als Ergänzung zum "Normalbetrieb" der Apotheke einschließlich des Notdienstes nicht im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben. Insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe daher zu ändern und der Untersagungsbescheid aufzuheben.

Die mit dem Einsatz des XXXXXX-Systems verbundene Modifikation des herkömmlichen Leitbildes des Apothekenrechts, wonach der persönlich in seiner Apotheke anwesende Apotheker der Garant dafür ist, dass der Umgang mit Arzneimitteln den hohen Anforderungen an die Arzneimittelsicherheit genügt, wiegt nach Überzeugung des Senats nicht so schwer, dass sie allein dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben müsste.

1. § 17 Abs. 1 ApBetrO, wonach Arzneimittel, vom Versandhandel abgesehen, nur "in den Apothekenbetriebsräumen" in den Verkehr gebracht werden dürfen, wurde bereits durch die Zulassung der Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel auch über den Außenschalter einer Apotheke hinsichtlich des Abgabeweges modifiziert. Mit der Ermöglichung des Versandhandels auch von Arzneimitteln hat der Gesetzgeber eine Form der Medikamentenabgabe zugelassen, bei der das Arzneimittel zwar aus der Apotheke heraus abgegeben werden muss, der Kunde aber nicht gehalten ist, die Apotheke zu betreten. Dies hat den systematischen Zusammenhang, in den § 17 Abs. 1 ApBetrO gestellt ist, grundlegend geändert (BVerwG, Urteil vom 14.04.2005 - 3 C 9/04 -, NVwZ 2005, 1198 f.). Seither gilt, dass der Kunde zur Entgegennahme von Arzneimitteln eine Apotheke nicht mehr zu betreten braucht, wenn er es nicht will. § 17 Abs. 1 ApBetrO steht damit auch dem XXXXXX-System nicht entgegen (vgl. auch VG Bayreuth, Beschluss vom 23.04.2008 - B 1 S 08.319 - juris-Rdnr. 35).

Diese Modifikation ist auch im Hinblick auf die in § 17 Abs. 1 ApBetrO gleichfalls genannte "Aushändigung" von Arzneimitteln anzunehmen. Es macht keinen normativ erheblichen Unterschied, ob ein Arzneimittel unmittelbar von pharmazeutischem Personal "ausgehändigt" oder - wie beim XXXXX-System - dem Kunden der freie Zugriff auf ein Arzneimittel durch einen Apotheker ermöglicht wird (ebenso VG Mainz, Urteil vom 21.11.2008 - 4 K 375/08.MZ -). Dass sich das besondere Vertrauen, das einem Apotheker beim Handel mit Arzneimitteln vom Kunden - zu Recht - entgegengebracht wird, in einer unmittelbaren Übergabe des Arzneimittels an den Kunden "von Hand zu Hand" manifestiert, vermag der Senat nicht zu erkennen.

2. Gegen die Vorschriften zur räumlichen Ausgestaltung einer Apotheke wird auch nicht dadurch verstoßen, dass sich die das XXXXX-System betreuende Person in erheblicher räumlicher Entfernung von der diese Vertriebsform nutzenden Apotheke befindet. Zwar sollen grundsätzlich die Betriebsräume einer Apotheke so angeordnet sein, dass jeder Raum ohne Verlassen der Apotheke zugänglich ist (§ 4 Abs. 4 Satz 1 ApBetrO). Dies gilt jedoch nicht für Räume, die ausschließlich der Beratung und Information in Verbindung mit dem Versandhandel "einschließlich dem elektronischen Handel" dienen. Solche Räume müssen nur "in angemessener Nähe zu den übrigen Betriebsräumen liegen" (§ 4 Abs. 4 Sätze 2 und 3 ApBetrO). Durch diese Öffnung ist das Leitbild des "Apothekers in seiner Apotheke" und der Grundsatz der räumlichen Einheit der Apotheke bereits durchbrochen. Zudem sind durch die Zulassung des Versandhandels bisher "apothekenbezogene" Vorgänge wie die Abgabe eines Rezepts oder die Aushändigung des - bestellten - Arzneimittels nach außerhalb der Apotheke verlagert worden. Angesichts dieser Änderung des Idealbildes einer Apotheke kann es auch nicht als Verstoß gegen § 4 Abs. 4 ApBetrO angesehen werden, wenn die Steuerung eines XXXXXX-Systems einschließlich der damit einhergehenden Information und Beratung von außerhalb der Apotheke erfolgt, zumal es für den Nutzer keinen Unterschied macht, ob sich sein Gesprächspartner innerhalb der angrenzenden Apotheke oder in größerer räumlicher Entfernung von ihr aufhält. Daher geht auch die Forderung nach "angemessener Nähe" entweder ins Leere oder lässt sich zumindest nicht in der Weise konkretisieren, dass ab einer bestimmten Entfernung und damit zu bestimmten Zeiten die gesetzlichen Vorgaben nicht mehr eingehalten würden (ebenso VG Mainz, Urteil vom 21.11.2008 - 4 K 375/08.MZ -).

Durch die Verlagerung der Information und Beratung eines Kunden nach außen wird auch die besondere Bedeutung einer Apotheke als Verkaufsstätte für Medikamente nicht über die mit der Einführung des Versandhandels verbundenen Lockerungen hinaus in rechtlich erheblicher Weise gemindert. Weiterhin sind die Apotheken der einzige Ort, an dem "apothekenpflichtige" Arzneimittel gelagert und unter Aufsicht eines Apothekers verkauft werden dürfen. Der automatische Zugriff des XXXXX-Systems erfolgt nach der Darstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung auf dasselbe Lager, aus dem er während der gewöhnlichen Öffnungszeiten seiner Apotheke die von ihm in der Offizin veräußerten Arzneimittel nimmt. Das heißt, an der Behandlung der Arzneimittel und ihrem tatsächlichen und rechtlichen Bezug zu einer "normalen" Apotheke ändert sich durch den Einsatz des XXXXX-Systems in der vorliegend zu entscheidenden Form nichts.

3. Auch gegen die Verpflichtung zur persönlichen Leitung einer Apotheke nach § 7 ApoG, § 2 Abs. 2 und 5 ApBetrO verstößt die Inanspruchnahme des XXXXXX-Systems nicht. Die dadurch ermöglichte Übernahme der Verantwortung für einzelne Verkaufsvorgänge beeinträchtigt die "Leitungs"-funktion des Apothekeninhabers nicht (ebenso Hess. VGH, Beschluss vom 18.02.2009 - 3 B 2545/08 - und VG Mainz, Urteil vom 21.11.2008 - 4 K 375/08.MZ -, juris-Rdnr. 44 f.). Auch fungiert der Bedienstete der Service-GmbH, der das XXX-XXX-System im Auftrag des Klägers und Apothekeninhabers bedient, nicht als dessen Vertreter im Sinne dieser Normen. Hierfür reicht das bloße Handeln "im Namen und für Rechnung" eines Dritten nicht aus (Cyran/Rotta, a.a.O., § 2 Rdnr. 36, Pfeil/Pieck, a.a.O., § 2 Rdnr. 19). Die - zeitlich nur begrenzt mögliche - Vertretung eines Apothekers im Sinne des § 2 Abs. 5 ApBetrO findet nur dann statt, wenn der Vertreter die persönliche Leitung der Apotheke insgesamt, also einschließlich der Verantwortung für das Personal, für die Preisgestaltung, für Einkauf und Lagerhaltung etc. übernimmt. Dies ist beim Einsatz des XXXXX-Systems unabhängig davon nicht der Fall, dass Beratung und Information der Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Arzneimittels auch zu den Aufgaben eines Apothekers gehören.

4. Der Einsatz einer von der XXXXXXXXXXX GmbH & Co. KG benannten Person zur Bedienung des XXXXX-Systems des Klägers stellt auch keinen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 und Abs. 3 ApBetrO, auch in Verbindung mit § 17 Abs. 1 ApBetrO und § 20 Abs. 1 ApBetrO, dar.

a) Als Apotheker entspricht diese Person den Anforderungen an pharmazeutisches Personal nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ApBetrO. Sie wird auch gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 ApBetrO ihrer Ausbildung und ihren Kenntnissen entsprechend eingesetzt. Fraglich könnte alleine erscheinen, in welcher Beziehung sie zum Kläger als dem Apothekeninhaber stehen muss.

Es ist dem Beklagten zuzugeben, dass im Regelfall das "Apothekenpersonal" des § 3 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO aus Personen besteht, die zum Inhaber der Apotheke in einem Arbeitsverhältnis stehen (so Pfeil/Pieck, a.a.O. [Stand 1999], § 3 Rdnrn 2 und 3). Entscheidend ist jedoch nicht, ob das "Apothekenpersonal" des § 3 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO vom Apothekenleiter beschäftigt ist, sondern wie groß sein Einfluss auf den Einsatz der betreffenden Personen zur Erfüllung von Aufgaben ist, die dem Betrieb einer Apotheke eigen sind. Um seiner Pflicht zur persönlichen Leitung und der damit verbundenen Verantwortung (s. § 7 Satz 1 ApoG und § 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ApBetrO) genügen zu können, muss der Apothekenleiter gegenüber seinem Personal uneingeschränkt weisungsbefugt sein (ebenso Cyran/Rotta, a.a.O., § 3 Rdnr. 2; s. auch Hess. VGH, Beschluss vom 18.02.2009 - 3 B 2545/08 -, juris-Rdnr. 10). Er darf keine vertraglichen Bindungen eingehen, die die Wahrnehmung dieser Verantwortung behindern oder ausschließen (Pfeil/Pieck, a.a.O. [Stand 2004], § 2 Rdnr. 19; Cyran/Rotta, a.a.O., § 2 Rdnr. 27). Diesen Anforderungen werden die Bestimmungen des aktuellen Servicevertrages, den der Kläger mit der XXXXXXXXXXXXX GmbH Co. KG geschlossen hat, gerecht. Nach dessen § 2 Abs. 2 legt der Kläger selbst fest, wann und wie lange er Service-Leistungen in Anspruch nehmen will. § 3a des Vertrages enthält ein unbeschränktes Weisungsrecht des Klägers gegenüber jedem Apotheker, der im Rahmen dieses Vertrages Leistungen für ihn erbringt (Abs. 1), das bis zur sofortigen Untersagung jeglicher Tätigkeit reicht (Abs. 4). Um Weisungen erteilen zu können, wird die jederzeitige Erreichbarkeit dieses Apothekers durch den Kläger telefonisch oder per Fax garantiert (Abs. 2). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger weiter dargelegt, dass ihm die Personen, die das XXXXXX-System bedienen, tatsächlich, wie im Vertrag vorgesehen (Abs. 3 und Abs. 5) bekannt sind und auf regelmäßigen Treffen Gelegenheit ist, Modalitäten der Service-Tätigkeit zu besprechen, die auch genutzt wird. Damit ist den Anforderungen des § 3 ApBetrO an den Einsatz und die Überwachung von Apothekenpersonal genügt. Einer darüber hinausgehenden (arbeits-)vertraglichen Beziehung zwischen dem Kläger und der das XXXX-System bedienenden Person bedarf es nicht, da einerseits damit keine weiterreichenden Einflussmöglichkeiten auf die tatsächliche Tätigkeit dieser Person für den Kläger und seine Apotheke verbunden wären und andererseits bereits das Weisungsrecht den Verpflichtungen der das XXXXX-System bedienenden Person gegenüber der Servicegesellschaft vorgeht.

b) Der Einsatz eines den Weisungen des Klägers unterworfenen Apothekers am XXXXX-System verstößt auch nicht gegen § 17 Abs. 1 ApBetrO, denn er genügt - wie dargestellt - den darin genannten Anforderungen an pharmazeutisches Personal. Zu den Modalitäten des "In-Verkehrbringens in den Apothekenbetriebsräumen" und der "Aushändigung" der Arzneimittel wird auf die Ausführungen unter Punkt 1 verwiesen.

c) Auch die Anforderungen des § 20 Abs. 1 ApBetrO hinsichtlich der beratenden bzw. informierenden Person sind eingehalten. Bei der dort genannten Informations- und Beratungspflicht handelt es sich entgegen dem missverständlichen Wortlaut nicht um eine höchstpersönliche Pflicht "des Apothekers". Er kann sich vielmehr dazu auch "der in § 3 Abs. 3 genannten ,pharmazeutischen Erfüllungsgehilfen' bedienen" (Cyran/Rotta, a.a.O., § 20 Rdnr. 24).

5. Auch gegen das Verbot der Leitung einer Apotheke durch eine Kapitalgesellschaft oder auch einer Kommanditgesellschaft (KG), wie es sich im Gegenschluss aus § 8 ApoG ergibt, verstößt der Einsatz des XXXXX-Systems nicht. Zwar wird der Servicevertrag über die Nutzung dieses Systems zwischen dem Apothekeninhaber und einer XXXXXX-GmbH & Co. KG geschlossen. Angesichts des dadurch nur erzielbaren überschaubaren Umsatzes - insbesondere wenn die Dienste dieser KG, wie im vorliegenden Fall, nur zu den Zeiten in Anspruch genommen werden, in denen die Apotheke selbst geschlossen hat - kann von einem gemeinsamen Betrieb nicht die Rede sein (ebenso VG Mainz, Urteil vom 21.11. 2008 - 4 K 375/08.MZ -). Auf einen Vergleich der Öffnungs- bzw. Einsatzzeiten nach ihrer zeitlichen Dauer kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

6. Der Einsatz des XXXXXX-Systems verstößt auch nicht deshalb gegen den Apothekenbetrieb näher ausgestaltende Normen, weil gewisse Defizite hinsichtlich Vertraulichkeit und Diskretion, Information und Beratung festzustellen sind.

a) Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 ApBetrO muss die Offizin so eingerichtet sein, dass die Vertraulichkeit der Beratung gewahrt werden kann. Es kann unterstellt werden, dass der Platz vor dem XXXXX-System auf öffentlicher Verkehrsfläche einer solchen Einrichtung nicht in jeder Hinsicht entspricht. Daraus folgt jedoch noch kein Verstoß gegen diese Norm, denn die Einrichtung und Nutzbarkeit der Offizin des Klägers wird durch das zusätzliche Angebot des XXX-XX-Systems im konkreten Fall nicht beeinträchtigt. Während der Öffnungszeiten der Apotheke steht es dem Kunden frei, diese wie gewohnt zu nutzen und ihre Räume zu betreten. Das parallel dazu zugängliche Medi-Terminal ist in seiner Funktion mit dem allgemein zugelassenen "Autoschalter" vergleichbar und weist im Vergleich dazu hinsichtlich der möglichen Wahrung der Diskretion keine Defizite auf. Außerhalb dieser Zeiten ist das System mit einem "Nachtschalter" vergleichbar, für den nichts anderes gilt. Dies ergibt sich im vorliegenden Fall bereits daraus, dass der Nachtschalter der Apotheke nur wenige Meter neben dem Medi-Terminal an derselben Straße liegt.

b) Nach § 20 Abs. 1 Sätze 1 und 3 ApBetrO hat der Apotheker Kunden zu informieren und zu beraten, soweit dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist. Er hat, soweit Arzneimittel ohne Verschreibung abgegeben werden, die zur sachgerechten Anwendung erforderlichen Informationen zu geben. Auch diese Vorgabe hat durch die Zulassung des Versandhandels einen Bedeutungswandel erfahren. Seither bleibt es dem Kunden weitgehend selbst überlassen, in welchem Umfang er das Beratungsangebot des Apothekers in Anspruch nimmt (BVerwG, Urteil vom 14.04.2005 - 3 C 9/04 -, NVwZ 2005, 1198 f.; abweichend VG Bayreuth, Beschluss vom 23.04.2008 - B 1 S 08.319 -, juris-Rdnr. 36 f.). Der Gesetzgeber hat mit Einführung des Versandhandels mit Arzneimitteln die Inanspruchnahme der Beratung durch den Apotheker bewusst in die freie Entscheidung des Patienten gestellt (BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 - 3 C 27/07 -, BVerwGE 131, 1 [juris-Rdnr. 22]). Auch wenn dieser Bedeutungswandel die Vorgaben des § 20 Abs. 1 ApBetrO nicht obsolet werden lässt, so sind sie doch in der Weise zu modifizieren, dass die Frage der "Erforderlichkeit" von Informationen nicht mehr allein aus der Sicht der Arzneimittelsicherheit und des Apothekers sondern auch nach den Vorstellungen des jeweiligen Kunden zu beantworten ist. Damit ist für die Zulässigkeit der Abgabe von Arzneimitteln über das XXXXXX-System nicht maßgebend, ob die dabei mögliche Beratung und Information den Bedingungen in der Apotheke selbst gleichkommt, sondern ob es dem Kunden bewusst ist, dass er mit der Nutzung des XXXXX-Systems gewisse Abstriche hinsichtlich Information und Beratung hinnimmt, die sich schon daraus ergeben, dass die Verbindung zum Gesprächspartner nur über eine Bild- und Tonleitung erfolgt, was das Erkennen von unwillkürlichen körperlichen Reaktionen und ein Eingehen auf die besonderen Bedürfnisse des Ratsuchenden zumindest erschwert, und die durch die konkrete Umgebungssituation (z.B. Geräusche) noch verstärkt werden können. Diese Abstriche sind dann hinzunehmen und stehen nach Überzeugung des Senats noch im Einklang mit den Vorgaben des § 20 Abs. 1 ApBetrO, wenn sie entweder offensichtlich sind oder ein potentieller Kunde hierauf ausdrücklich hingewiesen wird (ebenso mit ausführlicher Begründung VG Mainz, Urteil vom 21.11.2008 - 4 K 375/08.MZ. -; vgl. dazu auch Hess. VGH, Beschluss vom 18.02.2009 - 3 B 2545/08 -; kritischer Bay. VGH, Beschluss vom 06.08.2008 - 9 CS 08.1391 -, juris-Rdnrn 4-9). Im konkreten Fall ist es offensichtlich, dass in der belebten Innenstadt von M. und in unmittelbarer Nachbarschaft einer vielbefahrenen Straße (einschließlich Straßenbahn) mit auch die Kommunikation beeinträchtigenden Nebengeräuschen zu rechnen ist.

7. Auch ein Verstoß gegen das in § 52 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AMG, § 17 Abs. 3 ApBetrO normierte Verbot der Selbstbedienung liegt nicht vor. Beim XXXXXX-System handelt es sich nicht um einen Selbstbedienungsautomaten, denn dem Kunden wird der Zugriff auf das von ihm gewünschte Arzneimittel in jedem Einzelfall gesondert durch einen Apotheker eröffnet (ebenso VG Mainz, Urteil vom 21.11.2008 - 4 K 375/08.MZ - juris-Rdnrn 41 f. und VG Bayreuth, Beschluss vom 23.04.2008 - B 1 S 08.319 - juris-Rdnrn 30-32).

8. Gegen die allgemein geforderte Dienstbereitschaft einer Apotheke nach § 23 ApBetrO verstößt das XXXXX-System jedenfalls im konkreten Fall seines Einsatzes parallel zu den wie auch außerhalb der normalen Öffnungszeiten gleichfalls nicht, da es sich um eine bloße Erweiterung durch ein Zusatzangebot handelt, ohne dass dadurch die "normalen" Öffnungszeiten eingeschränkt worden wären (ebenso Hess. VGH, Beschluss vom 18.02.2009 - 3 B 2545/08 - und VG Mainz, Urteil vom 21.11.2008 - 4 K 375/08.MZ -, juris-Rdnr. 43; a.A. für den dort entschiedenen Fall VG Bayreuth, Beschluss vom 23.04.2008 - B 1 S 08.319 -, juris-Rdnr. 45). Auch die Breite des Angebots oder die Zeiten, in denen Arzneimittelmittel über das XXXXX-System angeboten werden, stellen keinen Verstoß gegen § 23 ApBetrO dar. Der Bezug jedweden Medikaments, selbst auf dem Wege des Versandhandels, steht unter dem Vorbehalt seiner Verfügbarkeit (vgl. § 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 4 ApBetrO). Da das XXXXX-System, von Sondergrößen abgesehen, auf das gesamte Lager in der Apotheke des Klägers zugreifen kann, ist eine mit einem deutlich reduzierten Angebot möglicherweise verbundene Einschränkung der Dienstbereitschaft nicht zu erkennen. Soweit die Gefahr einer Verwechslung von XXXXXX-System einerseits und geöffnetem Notschalter einer Apotheke andererseits besteht, könnte ihr durch geeignete Hinweisschilder begegnet werden. Auch bei einem sich aus dieser Verwechslung ergebendem Verstoß gegen § 23 Abs. 1 ApBetrO wäre daher eine Untersagung keine "notwendige Anordnung" im Sinne des § 69 Abs. 1 AMG.

9. § 50 Abs. 1 AMG verlangt, dass für jede Betriebsstelle eines Unternehmens, das Arzneimittel zum Verkauf anbietet, eine hierzu sachkundige Person vorhanden ist. Damit sollen Gefahren, die daraus erwachsen, dass freiverkäufliche Arzneimittel außerhalb von Apotheken angeboten werden, minimiert werden. Diese Norm fordert nicht, dass sich in einer Apotheke auch dann eine sachkundige Person aufhält, wenn das Angebot allein über das XXXXXX-System zugänglich ist. Außerhalb der Öffnungszeiten der Apotheke bildet das XXXXX-System eine geschlossene Einheit, die ausschließlich und vollständig über das angeschlossene Service-Zentrum bedient werden kann, so dass die Anwesenheit einer Person in der Apotheke für die Nutzung dieses Systems ohne Bedeutung wäre. Selbst wenn das System selbst als "Betriebsstätte" anzusehen sein sollte, reicht es nach Sinn und Zweck des § 50 Abs. 1 AMG aus, wenn jedem dieser Systeme ein im Service-Zentrum tätiger Apotheker als sachkundige Person eindeutig zugeordnet ist. Dabei ist es unerheblich, wenn eine Person mehrere Systeme ("Betriebsstellen") zu betreuen hat, solange die Kundenkontakte, wie im vorliegenden Fall dargestellt, zeitlich aufeinander folgen und keine parallelen Schaltungen eingerichtet sind. So ist jeweils nur ein Kundenkontakt möglich, der dann in jedem Fall durch eine sachkundige Person erfolgt. Damit ist Sinn und Zweck des § 50 Abs. 1 AMG erfüllt.

10. Solange das XXXXX-System, wie im vorliegenden Fall, als bloßes zusätzliches Angebot eingesetzt wird, ist es nicht erforderlich, dass damit das vollständige Angebot der Apotheke abgebildet wird. Auch wenn bestimmte Darreichungsformen (Großpackung, Teilpackung, Rezeptur) nicht angeboten werden können, ist dies unschädlich. Auch eine "normale" geöffnete Apotheke übernimmt keine Garantie für ein umfassendes Arzneimittelangebot (i.E. ebenso VG Mainz, Urteil vom 21.11.2008 - 4 K 375/08.MZ -, juris-Rdnr. 43).

11. Auch dass innerhalb des XXXXX-Systems eine Überprüfung des Verfallsdatums durch direkten oder Kamera-Blick auf die Verpackung nicht möglich ist, rechtfertigt die Untersagung seines Einsatzes nicht. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 AMG dürfen Fertigarzneimittel nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn auf den Behältnissen und den äußeren Umhüllungen u.a. das Verfallsdatum angegeben wird. Ob dies der Fall ist, kann entweder bei jedem einzelnen Verkaufsvorgang oder für das gesamte Lager einer Apotheke sichergestellt werden. Der Kläger hat in überzeugender Weise dargelegt, dass die Verfallsdaten der bei ihm lagernden Fertigarzneimittel periodisch und umfassend geprüft und Packungen frühzeitig aussortiert werden. Seinen Ausführungen hat auch der Beklagte nicht widersprochen. Eine individuelle Überprüfung bei jedem einzelnen Verkaufsvorgang ist darüber hinaus weder gesetzlich ausdrücklich gefordert noch aus allgemeinen Gründen der Arzneimittelsicherheit zwingend geboten.

12. Daraus folgt abschließend, dass der Einsatz des XXXXX-Systems zur Ausgabe von Arzneimitteln, die nicht verschreibungspflichtig und auch nicht verschrieben sind, mit den einschlägigen apothekenrechtlichen Vorschriften in Einklang zu bringen und dessen Untersagung daher insoweit aufzuheben ist.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Revision wird zugelassen, denn die Frage, ob und welche Arzneimittel über das XXXXXX-System zum Kauf angeboten werden dürfen, ist von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Beschluss

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs 2004 der Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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