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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 10.04.2006
Aktenzeichen: 9 S 360/06
Rechtsgebiete: AGGVG
Vorschriften:
AGGVG § 14 Abs. 7 | |
AGGVG § 15 Abs. 5 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Löschung aus dem Dolmetscherverzeichnis
hier: Antrag auf Zulassung der Berufung
hat der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg
am 10. April 2006
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. November 2005 - 3 K 422/05 - zuzulassen, wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe:
Der zulässige Antrag des Klägers auf Berufungszulassung hat keinen Erfolg. Die von ihm genannten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen aus den mit dem Antrag angeführten Gründen die Zulassung der Berufung nicht.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind nach der Rechtsprechung des Senats dann gegeben, wenn neben den für die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatsachenfragen bewirken und mithin der Erfolg des angestrebten Rechtsmittels zumindest offen ist. Dies ist bereits dann ausreichend dargelegt, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, VBlBW 2000, 392; Beschlüsse des Senats vom 27.01.2004 - 9 S 1343/03 -, NVwZ-RR 2004, 416 und vom 17.03.2004 - 9 S 2492/03 -). Ausgehend hiervon werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung mit dem Antragsvorbringen nicht hervorgerufen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage des 1960 geborenen, mit Verfügung des Präsidenten des Landgerichts Karlsruhe vom 16.03.1990 zum allgemein beeidigten Verhandlungsdolmetscher und Urkundenübersetzer der türkischen Sprache bestellten Klägers gegen die Verfügung des Landgerichtspräsidenten vom 23.09.2004, mit der die Löschung des Klägers in dem Verzeichnis der Dolmetscher und Übersetzer angeordnet wird, abgewiesen. Das Verwaltungsgericht begründet seine Entscheidung damit, die (nachträgliche) Ungeeignetheit des Klägers als Verhandlungsdolmetscher bzw. Urkundenübersetzer ergebe sich aus dem Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 15.06.2004 (- 1 Ls (AK 271/00) 56 Js 14300/98 -), durch das der Kläger wegen Betrugs in zwölf Fällen, falschen Angaben zur Beschaffung einer Aufenthaltsgenehmigung in sechs Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, Beihilfe zu falschen Angaben zur Beschaffung einer Aufenthaltsgenehmigung in vier Fällen, Missbrauchs von Titeln in zwölf Fällen, Strafvereitelung und uneidlicher Falschaussage zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt wurde. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begegnet nicht nur keinen ernstlichen Zweifeln. Sie ist vielmehr unzweifelhaft zutreffend.
Nach § 14 Abs. 7 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit (AGGVG) vom 16.12.1975 (GBl. S. 868), zuletzt geändert durch Art. 2 LFGG-, AGGVG- und LJKG-ÄndG vom 12.12.2002 (GBl. S. 477), ist die Eintragung in dem Verzeichnis der Verhandlungsdolmetscher - entsprechendes gilt gemäß § 15 Abs. 5 Satz 2 AGGVG für Urkundenübersetzer - zwingend zu löschen, wenn bekannt wird, dass eine Eintragungsvoraussetzung nach Abs. 2 des § 14 AGGVG nicht vorgelegen hatte oder später entfallen ist. Der Antrag auf allgemeine Beeidigung ist nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 AGGVG abzulehnen, wenn gegen den Antragsteller eine Strafe oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung verhängt worden ist, aus der sich seine Ungeeignetheit als Verhandlungsdolmetscher ergibt.
Der Begriff der Ungeeignetheit in diesem Sinne lässt sich nicht auf das Fehlen der fachlichen Eignung reduzieren (vgl. § 14 Abs. 3 Nr. 4 AGGVG). Er umfasst vielmehr eine Gesamtwürdigung der Person des Dolmetschers, aus der seine persönliche, auch charakterliche Nichteignung in Bezug auf die besondere Tätigkeit als Gerichtsdolmetscher (§ 185 GVG) folgt, wobei sich die Ungeeignetheit im Sinne des absoluten Versagungsgrundes (vgl. zum Regelversagungsgrund der persönlichen Unzuverlässigkeit: § 14 Abs. 3 Nr. 3 AGGVG) aus einer verhängten Strafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung ergeben muss. Hieraus folgt zugleich, dass nicht jede strafrechtliche Verurteilung die Löschung aus der Liste der Dolmetscher bzw. Übersetzer nach sich ziehen muss. Es ist zu prüfen, ob die verurteilte Tat befürchten lässt, der allgemein vereidigte Verhandlungsdolmetscher bzw. Urkundenübersetzer werde dem Vertrauen nicht nur in die fehlerfreie und richtige Übersetzung, sondern auch in seine allgemeine Lauterkeit und Korrektheit bei seiner Tätigkeit im Zusammenhang mit gerichtlichen Verfahren nicht gerecht. Auch darf nicht gänzlich aus dem Blick verloren werden, dass außerhalb gerichtlicher Verfahren einem Dolmetscher bzw. Urkundenübersetzer, der allgemein beeidigt ist, - und worauf er im allgemeinen auch werbend hin- weist - ein gegenüber anderen Sprachmittlern erhöhtes Vertrauen entgegengebracht wird.
Die vom Kläger begangenen Straftaten wurzeln in seiner Tätigkeit als Dolmetscher und Urkundenübersetzer. Ein Dolmetscher und Urkundenübersetzer, der für Landsleute falsche Angaben zur Beschaffung von Aufenthaltsgenehmigungen macht, Urkunden fälscht, falsch aussagt, Strafvereitelung begeht und auch Landsleute im Zusammenhang mit der Einbürgerung betrügt, indem er überhöhte Gebühren fordert, ist schlechthin ungeeignet, zum Dolmetscher und Urkundenübersetzer bestellt zu werden. Darauf, dass die mit Urteil des Amtsgerichts vom 15.06.2004 abgeurteilten Straftaten zwischen 1996 und 1999 begangen wurden und daher bereits einige Jahre zurückliegen, kommt es nicht an. Auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers erkennt, dass "im Ausführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz eine Regelung über die Dauer der Wohlverhaltensphase fehlt", meint aber, es müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger seit der letzten Tatbegehung nicht mehr auffällig geworden ist und entsprechend § 34c Abs. 2 Nr. 1 GewO nach Ablauf von fünf Jahren wieder von seiner Zuverlässigkeit ausgegangen werden müsse. Eine solche Regelung enthält das AGGVG nicht. Für eine analoge Anwendung fehlt jede Voraussetzung. Im Übrigen knüpft § 34c Abs. 2 Nr. 1 GewO an die Rechtskraft des Urteils, nicht aber an die Begehung der Straftat an, was im Übrigen auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers bemerkt.
Besondere rechtliche Schwierigkeiten, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen könnte, bestehen nicht. Die rechtlichen Voraussetzungen der Löschung des Klägers aus dem Dolmetscher- und Übersetzerverzeichnis liegen eindeutig und zweifelsfrei vor. Ob dem Kläger darüber hinaus die Ausübung des Dolmetscher- und Übersetzergewerbes durch die zuständige Behörde hätte untersagt werden können (vgl. § 35 GewO), worauf manches hindeutet, verleiht jedenfalls dem vorliegenden Verfahren keine besonderen Schwierigkeiten.
Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu. In einem Berufungsverfahren wäre die vom Kläger aufgeworfene Frage "der Dauer und des Beginns der Wohlverhaltensphase" nach oben Ausgeführtem nicht grundsätzlich zu klären.
Für eine Aussetzung des Verfahrens auf Zulassung der Berufung im Hinblick auf die vom Kläger beabsichtigte Wiederaufnahme seines Strafverfahrens ist kein Raum. Die Voraussetzung des § 94 VwGO liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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