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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 28.01.2003
Aktenzeichen: 9 S 872/02
Rechtsgebiete: GG, SGB VI, RAVG, RAVwS


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
SGB VI § 6 Abs. 1
RAVG § 8 Abs. 3
RAVG § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
RAVwS § 5 Abs. 2
RAVwS § 12 Abs. 1
RAVwS § 12 Abs. 7
Die Entscheidung eines Altanwalts, an der vom Versorgungswerk gebotenen Versorgung mit Blick auf eine bereits anderweit getroffene private Vorsorge nur teilweise oder überhaupt nicht teilnehmen zu wollen, ist nach Ablauf der in der Satzung bestimmten Fristen nicht revidierbar. Eine spätere Rückkehr zur vollen Teilnahme sieht die Satzung nicht vor. Das steht mit höherrangigem Recht in Einklang.
9 S 872/02

VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Beitragspflicht

hat der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Schwan, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Prof. Dr. Rennert und den Richter am Verwaltungsgericht Reimann auf Grund der mündlichen Verhandlung am 28. Januar 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. Oktober 2001 - 4 K 1364/01 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich des Berufungszulassungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Mitglied des beklagten Versorgungswerks. Er ist von der Beitragspflicht befreit. Mit der Klage erstrebt er die Veranlagung zum vollen Beitragssatz.

Der am 27.11.1955 geborene Kläger ist seit 1983 als Rechtsanwalt zugelassen und seit 01.06.1985 Mitglied des Beklagten. Auf seinen Antrag hin wurde er mit Bescheid vom 23.10.1985 von der Beitragspflicht befreit, weil er das Bestehen einer ausreichenden anderweitigen Altersvorsorge aus einer Lebensversicherung nachgewiesen hatte.

Zum 01.11.1999 trat der Kläger als Angestellter bei einer Rechtsanwalts-GmbH ein. Am 23.11.2000 beantragte er beim Beklagten die Wiederbegründung der Mitgliedschaft. Der Beklagte antwortete, dass der Kläger nie von der Mitgliedschaft befreit war. Daraufhin machte der Kläger mit Schreiben vom 04.01.2001 geltend, dass die erwähnte Lebensversicherung nicht länger unterhalten werde. Er habe sie gekündigt und zum Rückkaufwert eingelöst. Die Voraussetzungen für die Befreiung von der Mitgliedschaft seien damit entfallen. Er sei daher zur vollen Beitragsleistung heranzuziehen.

Das lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 22.02.2001 ab. Zur Begründung hieß es: Der Kläger habe seinerzeit selbst die Befreiung von der Beitragspflicht gewählt. Diese Möglichkeit habe die Satzung im Wege der Übergangsregelung für Rechtsanwälte vorgesehen, die im Zeitpunkt der Gründung des Versorgungswerks - am 01.01.1985 - bereits anderweitig Vorsorge für ihr Alter getroffen hätten. Eine Rückkehr zum vollen Regelbeitrag sehe die Satzung nur in engen Fristen vor, die hier abgelaufen seien. Ein weitergehendes Wahlrecht bestehe nicht und könne auch mit Rücksicht auf das Finanzierungssystem des Versorgungswerks nicht eingeräumt werden. Der Bescheid, über den der Vorstand des Beklagten beschlossen hatte, wurde in der Rechtsmittelbelehrung als Widerspruchsbescheid bezeichnet; gegen ihn sei Klage möglich.

Der Kläger hat am 23.03.2001 Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er vorgebracht: Die Befreiungsmöglichkeit setze voraus, dass eine Lebensversicherung unterhalten werde. Sei das nicht länger der Fall, so lebe die Beitragspflicht wieder auf. Das ergebe sich schon aus dem Wortlaut der Satzung des Beklagten. Der Hinweis auf die nur befristete Rückkehrmöglichkeit zum vollen Regelpflichtbeitrag gehe fehl; diese Bestimmung gelte nur für die Beitragsermäßigung um höchstens 5/10, nicht aber für die Beitragsbefreiung. Wollte man anders entscheiden, so werde die gesetzliche Rentenversicherungspflicht ausgelöst. Das aber widerspreche der Grundidee sowohl des Rentenversicherungsrechts als auch des berufsständischen Versorgungsrechts, dass die berufsständische Versorgung vorgehe.

Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten, weil sie unbegründet sei.

Mit Urteil vom 12.10.2001 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage abgewiesen. Die Klage sei ohne Vorverfahren zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger sei von der Beitragspflicht mit Rücksicht auf seine private Altersvorsorge befreit worden. Damit obliege ihm allein, diese Altersvorsorge aufrechtzuerhalten. Eine Wiederbegründung der Beitragspflicht im Falle der Aufgabe oder Verschlechterung der privaten Altersvorsorge sehe die Satzung nicht vor. Namentlich ergebe sich aus ihr nicht, dass die Beitragsbefreiung nur gelte, solange eine private Altersvorsorge unterhalten werde. Zudem habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass er seine Lebensversicherung tatsächlich gekündigt habe.

Mit Zulassung durch den Senat hat der Kläger Berufung eingelegt. Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen und weist ergänzend darauf hin, dass angestellte Rechtsanwälte sich konkurrierenden Pflichtmitgliedschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der berufsständischen Versorgung gegenübersähen. Bundesrecht habe diese Konkurrenz zugunsten der berufsständischen Versorgung gelöst, jedoch die Entrichtung einkommensbezogener Beiträge zum Versorgungswerk zur Voraussetzung gemacht. Damit müsse das Satzungsrecht des jeweiligen Versorgungswerks harmonieren. Daher müsse der Beklagte angestellten Mitgliedern die Entrichtung des vollen Regelpflichtbeitrags, gegebenenfalls die Rückkehr hierzu ermöglichen. Dem werde die Auffassung des Beklagten hinsichtlich der sog. Altanwälte nicht gerecht. Diesen werde durch die Satzung richtigerweise eine Beitragsreduzierung oder eine Beitragsbefreiung ermöglicht, wenn sie vor Begründung der Pflichtmitgliedschaft bereits anderweitig Vorsorge für ihr Alter getroffen hätten. Es sei aber nicht zu rechtfertigen, sie lebenslang an einer solchen Entscheidung festzuhalten, auch wenn sie später ein Angestelltenverhältnis eingingen. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Rückkehr zum vollen Regelpflichtbeitrag vor Vollendung des 45. Lebensjahres beantragt werde; denn bis zu diesem Zeitpunkt könnten auch neu zugelassene Rechtsanwälte noch die volle Versorgung beim Beklagten finden. Die Satzung sei daher dahin auszulegen, dass sie eine Rückkehr zur vollen Beitragspflicht zulasse. Das sei im Falle der Freistellung von der Beitragspflicht auch ohne weiteres möglich, wenn nämlich - wie hier - die zur anderweitigen Altersvorsorge dienende Lebensversicherung nicht länger unterhalten werde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.10.2001 - 4 K 1364/01 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 22.02.2001 zu verpflichten, die Befreiung von der Beitragspflicht ab 01.12.2000 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und seine Bescheide. Ergänzend trägt er vor: Die Satzung habe den Fall der gleichzeitigen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung durchaus bedacht und hierfür einen 3/10-Beitrag vorgesehen. Die berufsständische Versorgung erhalte in diesen Fällen den Charakter einer Zusatzversorgung. Um diese Konkurrenz gehe es hier aber nicht. Vielmehr stehe allein die Übergangsregelung für sog. Altanwälte im Streit. Diese habe eine Befreiung von der Beitragspflicht für den Fall einer ausreichenden privaten Altersvorsorge gewährt. Diese Befreiung sei endgültig; der Altanwalt behalte die auch zuvor bestehende eigene Verantwortung für seine Altersvorsorge. Daher bedürfe auch nicht der laufenden Überwachung, ob diese private Altersvorsorge aufrecht erhalten werde. Dementsprechend fehlten in der Satzung die hierzu ansonsten nötigen umfangreichen Regelungen. Sollte der Kläger hingegen nachträglich in die Beitragspflicht zurückkehren können, so würde er sich unbillig Vorteile zu Lasten anderer Mitglieder verschaffen, die zeitlebens den vollen Regelpflichtbeitrag zahlten. Zudem wären die kalkulatorischen Grundlagen des Versorgungssystems gefährdet.

Mit Ablauf des Jahres 2002 endete das Angestelltenverhältnis des Klägers. Seit 01.01.2003 ist er wieder selbständig tätig.

Der Senat hat über die Berufung mündlich verhandelt; auf die Niederschrift vom 28.01.2003 wird verwiesen. Dabei haben die einschlägigen Akten des Beklagten und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch ansonsten zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht der behauptete Anspruch auf Rückkehr zur vollen Beitragspflicht nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat die Klage daher mit Recht abgewiesen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. In der Satzung des Beklagten (Rechtsanwaltsversorgungswerksatzung - RAVwS -) vom 22.04.1985 (Die Justiz 1985, S. 187 = Die Justiz 1994, S. 1), zuletzt geändert durch Satzung vom 22.06.1995 (Die Justiz 1995, S. 465), findet das Begehren des Klägers keine Grundlage.

a) Die Pflichtmitglieder des Beklagten haben grundsätzlich den monatlichen Regelpflichtbeitrag zu leisten, der dem jeweils geltenden Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten entspricht (§ 11 Abs. 1 RAVwS). Von diesem Grundsatz kann in besonderen Fällen abgewichen werden. So sieht die Satzung Beitragsermäßigungen vor, etwa bei Berufsanfängern (§ 12 Abs. 4 RAVwS), bei geringem Einkommen (persönlicher Pflichtbeitrag nach § 11 Abs. 2 RAVwS) oder bei miteinander verheirateten Pflichtmitgliedern (§ 12 Abs. 3 RAVwS). Umgekehrt kommt die Entrichtung zusätzlicher Beiträge in Betracht (§ 14 RAVwS). Jeweils handelt es sich um Variationen des Regelpflichtbeitrags, denen die volle Teilnahme des Mitglieds am Versorgungswerk zugrunde liegt.

Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle des ermäßigten Beitrags oder der Befreiung von der Beitragspflicht nach § 12 Abs. 1 RAVwS. Hierbei handelt es sich um Übergangsrecht, welches sog. Altanwälten, die bereits vor der Gründung des Beklagten anderweit Vorsorge für Berufsunfähigkeit, Alter und Tod getroffen hatten, die Entscheidung darüber frei stellte, ob und in welchem Umfang sie an der durch den Beklagten gebotenen Versorgung teilnehmen wollten. Das gilt, wie der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, sowohl für die Fälle des § 12 Abs. 1 Sätze 2 und 3 RAVwS (Senat, Beschluss vom 25.05.1987 - 9 S 2459/86 -; Urt. vom 14.10.1987 - 9 S 866/87 -) als auch für den Fall des § 12 Abs. 1 Satz 1 RAVwS (Senat, Normenkontrollbeschluss vom 27.01.1987 - 9 S 2504/85 -, NJW 1987, S. 1350 = VBlBW 1987, S. 306; Urt. vom 14.10.87 - 9 S 1074/87 -; Urt. vom 15.10.1987 - 9 S 1635/87 -; vgl. auch BVerwG, Urt. vom 29.01.1991 - 1 C 11.89 -, BVerwGE 87, 324).

b) Die Entscheidung eines Altanwalts, an der vom Beklagten gebotenen Versorgung mit Blick auf eine bereits anderweit getroffene private Vorsorge nur teilweise oder überhaupt nicht teilnehmen zu wollen, musste innerhalb bestimmter Fristen getroffen werden (vgl. § 12 Abs. 5 Satz 1 RAVwS) und war hernach nur in bestimmten Fällen und wiederum innerhalb bestimmter Fristen revidierbar (§ 12 Abs. 7 RAVwS). Danach sollten über den Umfang der Pflichtteilnahme klare Verhältnisse herrschen (Senat, Urt. vom 14.10.1987 - 9 S 1074/87 -; Urt. vom 19.10.1993 - 9 S 51/91 -). Daher sieht die Satzung einen späteren Wechsel der Beitragsart - und damit einen späteren Wechsel von der nur teilweisen Teilnahme zur vollen Teilnahme an der vom Beklagten gebotenen Versorgung - nicht vor. Der Altanwalt wird vielmehr an seiner einmal getroffenen Entscheidung festgehalten.

Allerdings hat der Senat entschieden, dass einem Altanwalt, der von der Beitragsermäßigung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 RAVwS Gebrauch gemacht hatte, ohne Bindung an die Voraussetzungen des § 12 Abs. 7 RAVwS der spätere Wechsel zum persönlichen Pflichtbeitrag nach § 11 Abs. 2 RAVwS zu ge-statten ist, wenn dies zu einer geringeren Beitragsbelastung führt. Die Veranlagung zum persönlichen Pflichtbeitrag nach § 11 Abs. 2 RAVwS solle einkommensschwächeren Pflichtmitgliedern eine konkret einkommensbezogene und damit weniger belastende Beitragszahlung ermöglichen; es sei nicht zu erkennen, dass der Satzunggeber mit der prinzipiellen Trennung der beiden Beitragsarten diese Möglichkeit für den einkommensschwachen Altanwalt habe ausschließen wollen (Senat, Urt. vom 14.10.1987 - 9 S 1074/87 -; Urt. vom 19.10.1993 - 9 S 51/91 -). Diese Möglichkeit des späteren Wechsels ist jedoch auf derartige Ausnahmefälle zu begrenzen. Sie hebt den Grundsatz, dass die einmal getroffene Entscheidung des Altanwalts über den Umfang seiner Teilnahme am Versorgungswerk unabänderlich ist, als solchen nicht auf. Eine dahingehende Auslegung wäre mit der vom Satzunggeber getroffenen Entscheidung unvereinbar. So hat denn der Senat gerade in den beiden genannten Entscheidungen hervorgehoben, dass die Satzung ein freies Wahlrecht zwischen beiden Beitragsarten nicht vorsehe.

c) Der Kläger meint freilich, die Befreiung von der Beitragspflicht ende, wenn die anderweitige Vorsorge entfalle. Er beruft sich hierzu auf den Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 RAVwS. Hiernach liegt eine anderweitiger Vorsorge, die zur Ermäßigung des Beitrags auf vier oder drei Zehntel des Regelpflichtbeitrags oder zu einer Befreiung von der Beitragspflicht führt, regelmäßig vor, wenn vor dem 01.01.1985 eine Kapital- oder Rentenversicherung auf den Erlebens- und Todesfall mindestens auf das 60. Lebensjahr und höchstens auf das 68. Lebensjahr des Mitgliedes und mit einer monatlichen Beitragspflicht in Höhe von mindestens fünf Zehnteln des Regelpflichtbeitrages abgeschlossen wurde und frei von Rechten Dritter unterhalten wird. Die Wendung "und frei von Rechten Dritter unterhalten wird" zeige, dass die Befreiung nur wirke, solange die Lebensversicherung frei von Rechten Dritter unterhalten werde; sie ende, wenn die Lebensversicherung nicht länger unbelastet sei oder nicht mehr unterhalten werde.

Dem kann nicht gefolgt werden. Es ist mit dem Charakter der Vorschrift als Übergangsrecht unvereinbar. Aber auch schon der Wortlaut gibt die vom Kläger vertretene Auslegung nicht her. Der Befreiungstatbestand findet sich nicht in § 12 Abs. 1 Satz 3 RAVwS, sondern allein in § 12 Abs. 1 Satz 2 RAVwS. Befreiung kann hiernach nur beantragen, wer vor dem 01.01.1985 anderweitige Vorsorge getroffen hat. Das ist zweifelsfrei eine Stichtagsregelung, die nichts über einen künftigen Wegfall der Befreiung besagt. Dieser Tatbestand wird durch § 12 Abs. 1 Satz 3 RAVwS lediglich präzisiert, wie dessen Eingangswendung zeigt ("Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ..."). Es wird normiert, wann eine anderweitige Vorsorge in ausreichender Weise getroffen ist. Auch dies ist allein für den Stichtag zu beurteilen. Eine Aussage für die künftige Entwicklung - die dann über § 12 Abs. 1 Satz 2 RAVwS hinausginge -enthält § 12 Abs. 1 Satz 3 RAVwS nicht.

2. Das Klagebegehren findet auch im höherrangigen Recht keine Grundlage.

a) Dass die Satzung des Beklagten dem Kläger die Rückkehr zur vollen Regelbeitragspflicht außerhalb der engen Voraussetzungen des § 12 Abs. 7 RAVwS nicht gestattet, ist mit Gesetzes- und Verfassungsrecht vereinbar.

Ein Freiheitsrecht des Altanwalts wird nicht berührt. Im Gegenteil wahrt die Satzung, indem sie ihm eine nur teilweise Teilnahme am Versorgungswerk ermöglicht, seine Freiheit, für Berufsunfähigkeit, Alter und Tod selbst und eigenverantwortlich Vorsorge zu treffen.

Aber auch der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt. Beitragsermäßigungen und -befreiungen stellen Ausnahmetatbestände dar. Dem Satzunggeber steht für deren Definition, Abgrenzung und nähere Ausgestaltung ein weiteres Regelungsermessen zu. Art. 3 Abs. 1 GG ist erst verletzt, wenn für die getroffene Regelung kein sachlich einleuchtender Grund vorhanden und die Regelung daher willkürlich ist (vgl. BVerwG, Urt. vom 25.11.1982 - 5 C 69.79 -, NJW 1983, S. 2650 = Buchholz 430.04 Versorgungsrecht Nr. 11). Dafür ist nichts erkennbar. Altanwälten, die anlässlich der Gründung des Beklagten mit Blick auf eine bereits bestehende private Vorsorge von der Möglichkeit der Beitragsermäßigung oder -befreiung Gebrauch gemacht hatten, den späteren Wechsel zur vollen Teilnahme am Versorgungswerk zu verwehren, besitzt vielmehr einen sachlich zureichenden Grund. Das Versorgungskonzept des Beklagten würde nämlich in Frage gestellt, würde älteren Anwälten noch nachträglich die volle Teilnahme am Versorgungswerk ermöglicht.

Zu den Eigentümlichkeiten dieses Versorgungskonzepts gehört, dass die Höhe der späteren Alters- oder Berufsunfähigkeitsrente sich nach einem persönlichen durchschnittlichen Beitragsquotienten richtet, der für die Beitragszeit des jeweiligen Mitglieds linear ermittelt wird (§ 22 Abs. 4 RAVwS). Die Rentenhöhe wird mithin nicht dadurch beeinflusst, wie lange ein gezahlter Beitrag bis zum Eintritt des Versorgungsfalls dem Beklagten zur Verfügung stand. Der Zinsvorteil aus einer langen Verweildauer eines Beitrags kommt damit nicht dem jeweiligen Rechtsanwalt selbst, sondern vermittels des jährlich neu festgesetzten Rentensteigerungsbetrages (§ 22 Abs. 2 RAVwS) allen Mitgliedern des Beklagten gleichermaßen zu. Dies führt dazu, dass Anwälte mit ihren in jüngeren Berufsjahren geleisteten Beiträgen überproportional, mit den in späteren Berufsjahren geleisteten Beiträgen hingegen nur unterdurchschnittlich zu den Versorgungsleistungen beitragen. Hieraus erklärt sich das Interesse des Beklagten, eine Teilnahme am Versorgungswerk, die erst in späteren Berufsjahren beginnt oder erheblich ausgeweitet wird, möglichst zu verhindern.

Dieser Grund ist rechtlich anzuerkennen. Namentlich kann nicht eingewendet werden, der Beklagte habe ein anderes Versorgungssystem ohne diese Eigentümlichkeit wählen müssen, nur um Altanwälten, die sich gegen eine (volle) Teilnahme am Versorgungswerk entschieden hatten, die spätere Revision der einmal getroffenen Entscheidung zu ermöglichen. Der Kläger dringt auch mit seiner Behauptung nicht durch, es handele sich allenfalls um wenige Einzelfälle, welche die kalkulatorischen Grundlagen des Versorgungssystems des Beklagten nicht in Frage stellten. Im Geschäftsjahr 1986 hatten von 3.707 beitragszahlenden Mitgliedern 1.323 von der Möglichkeit der Beitragsermäßigung oder -befreiung nach § 12 Abs. 1 RAVwS Gebrauch gemacht (Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg, info 2, Juni 1987, S. 8), im Geschäftsjahr 1990 - nach dem Ende der Rückkehrmöglichkeit des § 12 Abs. 7 RAVwS - waren es von 5.254 beitragszahlenden Mitgliedern noch 1.222 (info 6, Juli 1991, S. 8). Das ist auch bezogen auf den heutigen Mitgliederbestand (11.314 Mitglieder am 31.12.2001; info 16, April 2002, S. 17) keine zu vernachlässigende Größe.

b) Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte neu zugelassene Rechtsanwälte zur Vollversorgung zulässt, sofern sie im Zeitpunkt der Zulassung das 45. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 5 Abs. 2 RAVwS), Altanwälte im gleichen Lebensalter, die 1985 von der Möglichkeit des § 12 Abs. 1 RAVwS Gebrauch gemacht haben, jedoch nicht. Zwischen beiden Sachverhalten bestehen vielmehr erhebliche Unterschiede, die der Beklagte zum Anknüpfungspunkt für seine unterschiedliche Regelung machen durfte.

Die Satzung des Beklagten geht durchweg davon aus, dass Mitglied des Beklagten nicht mehr werden kann, wer das 45. Lebensjahr vollendet hat. Das gilt für die reguläre Begründung der Mitgliedschaft durch Zulassung als Rechtsanwalt (§ 5 Abs. 2 RAVwS), die Aufhebung einer Befreiung von der Mitgliedschaft (§ 8 RAVwS) sowie die Mitgliedschaft von Patentanwälten und Notaren auf Antrag (§ 9 Abs. 2 RAVwS; vgl. allgemein § 10 Abs. 1 RAVwS). Diese Altersgrenze soll einerseits Personen, die erst in mittleren Lebensjahren erstmals als Rechtsanwälte zugelassen werden oder sonst die Voraussetzungen für die Pflichtmitgliedschaft erfüllen, noch den Zugang zum Versorgungswerk ermöglichen, andererseits aber ältere Rechtsanwälte, die das Versorgungswerk überproportional belasten würden, fernhalten. Hiergegen lässt sich nichts erinnern.

Daraus lässt sich indes nicht herleiten, dass der Beklagte von Rechts wegen gezwungen wäre, auch Altanwälten, die 1985 von der Möglichkeit des § 12 Abs. 1 RAVwS Gebrauch gemacht haben, noch bis zur Vollendung ihres jeweiligen 45. Lebensjahres die Rückkehr in die (volle) Teilnahme am Beklagten zu ermöglichen. Richtig ist zwar, dass sie - für sich genommen - das Versorgungssystem des Beklagten in gleicher Weise belasten würden. Aufs Ganze gesehen würde das Versorgungssystem durch eine solche Regelung aber ungleich stärker belastet. Während nämlich die Begründung der Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs. 2 RAVwS lediglich die Folge einer typischerweise aus ganz anderen Gründen getroffenen Berufsentscheidung ist, stünde bei der vom Kläger gewünschten Rückkehrmöglichkeit allein die Versorgungsentscheidung im Mittelpunkt. Erst zur Lebensmitte hin begründete Teilnahmen am Versorgungswerk wären dann nicht länger die Ausnahme, sondern stünden in großer Zahl zu erwarten; zudem wären sie nicht mehr die eher zufällige Folge einer anders motivierten Berufsentscheidung, sondern würden gezielt - und wahrscheinlich vornehmlich von den aus Sicht des Beklagten "schlechten Risiken" - begründet. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen die getroffene Satzungsregelung.

c) Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, einen Wechsel von der ermäßigten oder entfallenen Beitragspflicht nach § 12 Abs. 1 RAVwS zum Regelpflichtbeitrag nach § 11 Abs. 1 RAVwS zu erlauben, um dem Rechtsanwalt, der ein Angestelltenverhältnis begründet, die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 SGB VI zu ermöglichen.

Der angestellte Rechtsanwalt unterliegt grundsätzlich der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. § 6 Abs. 1 SGB VI ermöglicht ihm die Befreiung, wenn er Pflichtmitglied in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung ist und - neben weiteren Voraussetzungen - zu dieser einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze leistet. Die Vorschrift verlangt mithin im Grundsatz eine Vollversorgung durch eine berufsständische Versorgungseinrichtung; dabei mag gestritten werden, ob "einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze" auch bei ermäßigten Beiträgen zur berufsständischen Versorgungseinrichtung vorliegen und zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht führen können. Jedenfalls aber ermöglicht das Sozialgesetzbuch Sechstes Buch keine Befreiung für angestellte Rechtsanwälte mit Rücksicht auf eine anderweitige private Vorsorge. Darin unterscheidet sich das Bundesrecht vom Satzungsrecht des Beklagten.

Hieraus lassen sich rechtliche Folgerungen für das Satzungsrecht des Beklagten nicht herleiten. Zwar spricht viel für die Annahme, dass der Beklagte die Beitragspflicht seiner Pflichtmitglieder für den Regelfall so ausgestalten muss, dass die vom Bundesrecht vorgesehene Befreiungsmöglichkeit von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht auch in Anspruch genommen werden kann. Dem genügt der Beklagte mit der regulären Beitragspflicht nach § 11 Abs. 1 RAVwS. Es ist aber nicht erkennbar, dass der Beklagte auch Altanwälten, die mit Blick auf eine anderweitige private Vorsorge an der berufsständischen Versorgung nicht oder nur teilweise teilnehmen wollten, noch den späteren Wechsel zur vollständigen Teilnahme ermöglichen müsste. Derartige Altanwälte haben sich für eine Vorsorge entschieden, die ganz oder teilweise eigenverantwortlich aufgebaut ist. Wenn der Bundesgesetzgeber eine solche Vorsorge nicht genügen lassen will, um von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht freizustellen, so werden damit allein Fragen des Bundesrechts aufgeworfen, die den Beklagten unberührt lassen. Weder überschreitet der Landesrechtsgeber seine Kompetenzgrenzen, noch ist eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes erkennbar. Der Landesrechtsgeber ist zur Wahrung des Gleichheitssatzes nur in seinem Herrschaftsbereich verpflichtet. Er ist daher durch den Gleichheitssatz nicht gehindert, bei seiner Rechtsetzung von Vorschriften des Bundes abzuweichen, die dieser für entsprechende Sachverhalte in seinem Gesetzgebungsbereich erlassen hat (BVerwG, Beschluss vom 21.02.1994 - 1 B 19.93 -, Buchholz 430.4 Versorgungsrecht Nr. 25; Senat, Urt. vom 05.02.1990 - 9 S 1324/88 -, Umdruck S. 13).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Grund, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), besteht nicht.

Beschluss vom 28. Januar 2003

Der Streitwert für den zweiten Rechtszug wird auf 4.000 EUR festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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