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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 30.11.2009
Aktenzeichen: 9 S 906/08
Rechtsgebiete: KHG, BPflV, Psych-PV


Vorschriften:

KHG § 18 Abs. 4
KHG § 18 Abs. 5
BPflV § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 4
BPflV § 19
Psych-PV § 3 Abs. 3
Psych-PV § 3 Abs. 4 Satz 1
Psych-PV § 5 Abs. 1
Psych-PV Anl. 1
1. In einer Tagesklinik als psychiatrischer Einrichtung für Erwachsene werden regelmäßig psychisch Kranke behandelt, die nicht oder nicht mehr vollstationär behandlungsbedürftig sind.

2. Besondere Verhältnisse im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 Psych-PV, die eine von diesem Regeldienst abweichende Feststellung der Zahl der Personalstellen erlauben, liegen vor, wenn in einer solchen Klinik auch akut psychisch Erkrankte aufgenommen werden.

3. Schiedsstellenentscheidungen, die das Maß der im konkreten Fall gebotenen Abweichung feststellen, sind gerichtlich nur darauf zu überprüfen, ob diese Feststellung auch von den an einer Pflegesatzvereinbarung Beteiligten selbst hätte im Wege der Vereinbarung getroffen werden können.

4. Vereinbarungen können auch im Fall des § 3 Abs. 4 Satz 1 Psych-PV in der Form getroffen werden, dass die vorgesehenen Behandlungszeiten pro Patient und Woche (Minutenwerte) von den für den Regeldienst vorgegebenen Werten abweichen.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss

9 S 906/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Budget und Pflegesätze 2006 für die Psychiatrische Tagesklinik xxxxxxxxxxxx

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 9. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg am 30. November 2009 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 31. Januar 2008 - 4 K 3820/07 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 24.009,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

Das ursprünglich mit Antrag vom 26.03.2008 von den beiden Klägern Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. (vdak, Kläger zu 1) und AEV-Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. (AEV, Kläger zu 2) eingeleitete Zulassungsverfahren wird seit dem 01.01.2009 auf Klägerseite allein durch den Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) als Rechtsnachfolger des vdak betrieben. Der AEV löste sich nach Übertritt des letzten seiner Mitglieder in den vdek zum 31.12.2008 auf.

Die von den - damaligen - Klägern fristgerecht gestellten Anträge auf Berufungszulassung haben keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Richtigkeitszweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dazu im Folgenden unter 1), der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, dazu unter 2) und deren grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, dazu unter 3) liegen nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind nach der Rechtsprechung des Senats dann gegeben, wenn neben den für die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatsachenfragen bewirken und mithin der Erfolg des angestrebten Rechtsmittels zumindest offen ist. Dies ist bereits dann ausreichend dargelegt, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, VBlBW 2000, 392; Beschlüsse des Senats vom 27.01.2004 - 9 S 1343/03 -, NVwZ-RR 2004, 416 und vom 17.03.2004 - 9 S 2492/03 -). Ausgehend hiervon werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung mit dem Antragsvorbringen nicht hervorgerufen.

a) Der Kläger wendet sich gegen die vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsansicht, ein Ausnahmefall im Sinne des § 3 Abs. 4 der Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie vom 18.12.1990 (BGBl. I S. 2930, geändert durch Art. 4 der Verordnung vom 26.09.1994, BGBl. I S. 2750 - Psych-PV -) und damit eine Abweichung von den in § 5 Psych-PV genannten Minutenwerten könne sich daraus ergeben, dass in der von den Beigeladenen betriebenen Psychiatrischen Tagesklinik psychisch Kranke über die Erfüllung der dem jeweiligen Behandlungsbereich zugrunde liegenden Regelaufgaben hinaus behandelt würden. Diese Annahme sei mit den Vorgaben der Psych-PV nicht vereinbar und werde auch von der vom Verwaltungsgericht zitierten Kommentar-Stelle nicht gestützt. Insbesondere könnten allein wegen einer besonderen Patientenstruktur keine "besonderen örtlichen Verhältnisse" angenommen werden, die eine abweichende Vereinbarung nach § 3 Abs. 4 PsychPV erfordere. Auf die Frage, ob es aus ärztlicher Sicht zweckmäßig sei, einen akut psychisch Erkrankten in einer Tagesklinik zu behandeln, könne es nicht ankommen, denn die normativen Vorgaben der - insoweit als statisch anzusehenden - Psychiatrie-Personalverordnung dürften nicht unterlaufen werden.

Mit diesem Vorbringen ist die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.

Unstreitig erfolgt die Personalbemessung für den Regeldienst der psychiatrischen Einrichtungen nach dem in § 3 Abs. 1 Psych-PV genannten Verfahren, indem die behandlungsbedürftigen Patienten bestimmten Behandlungsbereichen nach §§ 4 und 8 Psych-PV zugeordnet werden (Nr. 1), für jeden Behandlungsbereich und jede Berufsgruppe eine Arbeitszeit in Minuten je Patient und Woche (Minutenwert) vorgegeben ist (§§ 5 Abs. 1 bzw. 9 Abs. 1 Psych-PV), die je nach Versorgungsverpflichtung "angemessen zu verringern" ist (Nr. 2), diese Minutenwerte in Personalstellen umgerechnet werden (vgl. §§ 6 und 9 Abs. 3, Nr. 3) und schließlich aus der Zahl der Stellen für Ärzte und Diplom-Psychologen die Zahl der Personalstellen für Leitungskräfte errechnet wird (vgl. §§ 7 und 9 Abs. 3, Nr. 4). Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 Psych-PV kann die Zahl der Personalstellen nach Abs. 1 Nr. 3 von den Vertragsparteien abweichend vereinbart werden, wenn dies auf Grund besonderer Verhältnisse einer Einrichtung zur Sicherung ihrer Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit erforderlich oder ausreichend ist.

Aus dem Verweis in § 3 Abs. 4 Satz 1 Psych-PV auf dessen Abs. 1 Nr. 3 folgt, dass diese Abweichung nicht erst bei der Festlegung der Personalstellenzahl sondern schon in der Weise erfolgen kann, dass die Minutenwerte selbst geändert werden. Eine Abweichung von den Minutenwerten der §§ 5 und 9 Abs. 1 Psych-PV ist - für einen besonderen Fall - in § 3 Abs. 1 Nr. 2 Psych-PV ausdrücklich vorgesehen und erlaubt ein präziseres Erfassen der "besonderen Verhältnisse" der jeweiligen Einrichtung, als dies bei alleiniger Heranziehung der demgegenüber deutlich gröberen Einteilung in Zahl von Personalstellen der Fall wäre. Diese Auslegung wird sowohl durch die amtliche Begründung der Verordnung als auch die einschlägigen Kommentare bestätigt. Nach ersterer haben die Vertragsparteien die Möglichkeit "von den Vorgaben der Verordnung abzuweichen" (BR-Drs. 666/90 S. 36 zu § 3 Abs. 4) und bezieht sich damit auf die in der Verordnung vorgegebenen Bemessungsfaktoren. Davon ausgehend erachten sowohl Dietz (in: Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Bundespflegesatzverordnung und Folgerecht, Kommentare Band 2, Loseblatt, Psych-PV, Stand: Feb. 1991, Anm. V.2. zu § 3) als auch Kunze/Kaltenbach (Herausgeber der Psychiatrie-Personalverordnung, Textausgabe mit Materialien und Erläuterungen für die Praxis, 5. Aufl. 2005, S. 171 f. Erl. zu § 5 Ziff. 1.8, 1.9 und 1.12) eine Abweichung von den Minutenwerten des § 5 Psych-PV für zulässig.

Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 Psych-PV können sich solche Abweichungen "auf Grund besonderer Verhältnisse einer Einrichtung" ergeben. Es ist dem Kläger zuzugestehen, dass es dabei nicht auf rein äußere Verhältnisse wie die örtliche Lage einer Einrichtung ankommen kann, sondern dass die inneren Verhältnisse einer Einrichtung gemeint sind. Zu diesen gehört etwa die Zusammensetzung der Patienten. Im vorliegenden Fall haben die Beigeladenen vorgetragen, dass es sich bei 25 % der Patienten um akut Erkrankte handelt, die dem Behandlungsbereich A 1 nach Anlage 1 zur Psych-PV zuzuordnen sind. Diese Einordnung der Patienten in bestimmte Behandlungsbereiche obliegt der Einrichtung und kann von den Krankenkassen bzw. deren Medizinischem Dienst überprüft werden (amtl. Begründung A.IV.8, BR-Drs. 666/90 S. 28). Die Patientenstruktur (Zuordnung von 75 % zur Behandlungsgruppe A 6 und von 25 % zur Behandlungsgruppe A 1) wird vom Kläger ebenso wenig bestritten wie der Umstand, dass akut Erkrankte der Behandlungsgruppe A 1 zuzuordnen sind. Diese Zuordnung führt nun zu "besonderen Verhältnissen" an der in Rede stehenden Einrichtung, die nur insoweit mit ihrer örtlichen Lage zusammenhängen, als der Grund für die Zuweisung der akut Erkrankten darin zu sehen ist, dass die nächste vollstationäre Einrichtung weit entfernt ist und es zugleich nach dem unbestrittenen Vortrag der Beigeladenen bereits im Schiedsstellenverfahren wegen des vorhandenen familiären Rückhalts und der örtlichen Gegebenheiten möglich ist, auch diese akut Erkrankten in eine - bloße - Tagesklinik aufzunehmen und adäquat zu behandeln.

Damit ist sowohl nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 4 Satz 1 Psych-PV als auch - entgegen dem Vortrag des Klägers - nach einhelliger Ansicht der Kommentare die Möglichkeit einer abweichenden Vereinbarung eröffnet. Es werden weder die in § 5 Abs. 1 Psych-PV für die einzelnen Behandlungsbereiche festgelegten Minutenwerte für sich noch die in § 3 Abs. 1 Psych-PV niedergelegten Grundsätze der Personalbemessung für den Regeldienst insgesamt in Frage gestellt. Vielmehr wird diese Werte anerkennend und davon ausgehend für den Sonderfall der Behandlung akut Erkrankter in einer psychiatrischen Tagesklinik der entsprechende personelle Bedarf der Einrichtung berechnet. Dies entspricht sowohl dem Sinn und Zweck wie dem Wortlaut der Psychiatrie-Personalverordnung: Ziel des Verordnungsgebers ist es ausdrücklich, "die im stationären Bereich behandelten Patienten soweit wie möglich" zu befähigen, "außerhalb der Klinik zu leben; das ist der Kernpunkt einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen stationären Behandlung. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, die psychiatrischen Einrichtungen personell so auszustatten, dass es ihnen möglich wird, über ein ,qualifiziertes Enthospitalisierungsprogramm' eine große Zahl von Patienten, die heute noch als Krankenhausbehandlungsbedürftig angesehen werden, aus dem Krankenhaus zu entlassen" (BR-Drs. 666/90 Begründung A.IV.1. S. 23).

Auf dieser Linie liegt - wie vom Verwaltungsgericht bereits ausgeführt - der psychiatriepolitische Akzent des Landes Baden-Württemberg: "Ausbau teilstationärer (tagesklinischer) Versorgungsangebote" als "Bindeglied zwischen vollstationärer und ambulanter Behandlung", das es ermöglicht, "nicht zwingend erforderliche vollstationäre Behandlungen zu vermeiden und das soziale Umfeld des Patienten in den Behandlungsprozess einzubeziehen" (Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales zur psychiatrischen Versorgung in Baden-Württemberg vom 19.04.2005, LT-Drs. 13/4261 S. 6). Entsprechend ist nicht nur für Kunze/Kaltenbach die Personalbemessung für besondere Formen der Tagesklinik, nämlich soweit sie akut erkrankte erwachsene Patienten aufnehmen oder nicht mit einer psychiatrischen Einrichtung verbunden sind (a.a.O. Erläuterungen zu § 5 Ziff. 1.8, 1.9, S. 171 f, ebenso Erläuterungen zu § 3 Ziff. 5.4, S. 151, und Erläuterungen zu Anl. 1 Ziff. 1.1 und bes. 1.6, S. 203 und 205), vom Regeldienst abweichend vorzunehmen, sondern auch für Dietz liegt hier eine Ausnahme im Sinne von § 3 Abs. 4 Satz 1 Psych-PV vor. Auch er nimmt besondere Verhältnisse dann an, wenn ein Krankenhaus über die in der Psychiatrie-Personalverordnung oder ihren Anlagen zugrunde gelegten Regelaufgaben hinausgeht oder hinter ihnen zurückbleibt (Kommentar zu § 3 Psych-PV, a.a.O. Nr. 3 S. 24). Dies ist nach Anlage 1 zur Psych-PV dann der Fall, wenn eine Tagesklinik nicht nur "psychisch Kranke, die nicht oder nicht mehr vollstationär behandlungsbedürftig sind" (A 6) sondern auch "akut psychisch Kranke" (A 1) deswegen aufnimmt, weil sie nach Angaben der Beigeladenen nicht wegen der Schwere ihrer Erkrankung sondern aufgrund ihrer besonderen persönlichen und örtlichen Umstände einer vollstationären Aufnahme nicht bedürfen.

Dass eine entsprechende Behandlung in Tageskliniken generell "nicht leistbar" sei, hat der Kläger in dieser Deutlichkeit erst im Zulassungsantrag behauptet, jedoch nicht näher ausgeführt und sich auch nicht mit der Begründung des Urteils des Verwaltungsgerichts auseinandergesetzt, wonach die - als gegeben festgestellte - Aufnahme einer nicht unerheblichen Anzahl akut psychisch Kranker in der Tagesklinik allein eine Frage der jeweiligen ärztlichen Indikation für den betroffenen Patienten und nicht nach den Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung zu beurteilen ist. Damit ist den Darlegungserfordernissen des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO insoweit nicht genügt.

b) Weiter wird vom Kläger die konkrete Anwendung des § 3 Abs. 4 Psych-PV auf die Situation an der Psychiatrischen Tagesklinik der Beigeladenen (Orientierung der Einstufung von 25% der Patienten an der Stufe A 1 unter Berücksichtigung der Öffnungszeiten, Frage der Berücksichtigung der Wochenfeiertage) angegriffen.

Insoweit ist angesichts des den Gerichten nur eingeschränkt eröffneten Prüfungsumfangs der vom Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 25.05.2007 genehmigten Schiedsstellenentscheidung die Erheblichkeit des Vortrags des Klägers für die angegriffene gerichtliche Entscheidung schon nicht dargetan. Im Übrigen führt auch diese Argumentation nicht zu ernstlichen Richtigkeitszweifeln.

Die auf der Grundlage von § 18 Abs. 4 KHG und § 19 BPflV angerufene und tätig gewordene Schiedsstelle ist - allein - an die für die Vertragsparteien - hier den Kläger und die Beigeladenen - im Falle der Regelung durch Vereinbarung geltenden Rechtsvorschriften gebunden (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BPflV), hat aber innerhalb dieser Grenzen die ansonsten den Vertragsparteien zukommenden Gestaltungsmöglichkeiten (BVerwG, Urteil vom 08.09.2005 - 3 C 41/04 -, BVerwGE 124, 209 [211]). Für die Schiedsstelle gilt dabei nicht das Amtsermittlungsprinzip, sondern der Beibringungsgrundsatz (BVerwG a.a.O. S. 212).

Im vorliegenden Fall stellt § 3 Abs. 4 Satz 4 Psych-PV den von der Schiedsstelle zu beachtenden rechtlichen Rahmen dar, der dementsprechend auch von den Gerichten zu kontrollieren ist. Danach kann die Zahl der Personalstellen "von den Vertragsparteien abweichend vereinbart werden, wenn dies auf Grund besonderer Verhältnisse einer Einrichtung zur Sicherung ihrer Leistungsfähigkeit oder Wirtschaftlichkeit erforderlich ... ist." Es wurde bereits ausgeführt, dass die besonderen Verhältnisse in der Patientenstruktur begründet sind. Die Annahme eines Anteils von 25 % akut psychisch Erkrankter beruht zwar auf den Angaben der Beigeladenen, wurde aber von der Seite der Krankenkassen im Schiedsstellenverfahren nicht substantiiert bestritten. Sie hält sich im Rahmen dessen, was einer Vereinbarung zwischen den Parteien zugänglich ist, und ist damit einer gerichtlichen Prüfung auf inhaltliche Plausibilität entzogen. Ob vom Gericht selbst willkürliche und völlig unhaltbare Entscheidungen nicht für rechtswidrig erklärt werden könnten (vom Bundesverwaltungsgericht in seinem genannten Urteil vom 08.09.2005, a.a.O. S. 214 ausdrücklich offen gelassen), braucht nicht entscheiden zu werden, denn von dieser Qualität ist die in Rede stehende Annahme der Schiedsstelle eindeutig nicht.

Gleiches gilt für die Berücksichtigung von Wochenfeiertagen bei der Berechnung der Minutenwerte und der sich daraus ergebenden Personalstellen. Ausweislich des Protokolls der Sitzung der Schiedsstelle am 28.03.2007 hat sie sich für eine Berechnungsmethode entschieden, die der gängigen Praxis entspricht. Dies wurde weder in dieser Sitzung noch im gerichtlichen Verfahren bestritten. Nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 3 Satz 2 Psych-PV sind die Minutenwerte auf Wochen zu je fünf Wochentagen bezogen. Wie in diese fünf Tage fallende Feiertage zu berücksichtigen sind, geht daraus nicht hervor. Ein Ansatz von 52 Wochen/Jahr ist daher zumindest möglich und gleichfalls einer Vereinbarung zwischen den Parteien zugänglich. Ob diese Form der Berechnung angesichts der "besonderen Verhältnisse" - auch im Hinblick auf die Frage, ob für die Minutenwerte nach § 5 Abs. 2 Psych-PV 50 oder 52 Wochen pro Jahr anzusetzen sind - zwingend ist, kann dabei offen bleiben.

2. Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommen. Dieser Zulassungsgrund liegt vielmehr nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfällen abhebt. Dies ist darzulegen. Hierzu gehört, dass in fallbezogener Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts die besonderen Schwierigkeiten ausdrücklich bezeichnet werden und ausgeführt wird, inwieweit sich diese von Verwaltungsstreitigkeiten durchschnittlicher Schwierigkeiten abheben (vgl. Beschluss des Senats vom 23.02.2004 - 9 S 175/04 -). Abgesehen von der Frage, ob diese Voraussetzungen mit dem Antrag ausreichend dargelegt werden, bestehen solche besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im vorliegenden Fall nach Vorstehendem nicht.

Die bloße Offenheit des Ergebnisses dann, wenn ein Sachverhalt in vertretbarer Weise auch anders beurteilt werden könnte, reicht zur Annahme besonderer Schwierigkeiten nicht aus. Die vom Kläger zur Diskussion gestellte Rechtsfrage, ob ein Abweichen von den in Anlage 1 zur Psych-PV genannten Behandlungsbereichen und den diesen Bereichen zugeordneten Minutenwerten zulässig sei, etwa weil in einer Tagesklinik behandelte akut Erkrankte einer erhöhten Behandlungsintensität bedürfen, ist wie ausgeführt anhand des Normtextes und der anerkannten Auslegungsregeln zu beantworten. Die Auseinandersetzung mit Kommentierungen der einschlägigen Normen sind Teil der rechtlichen Diskussion und machen eine Rechtssache noch nicht in besonderer Weise "schwierig". Entgegen dem Vortrag des Klägers sind die Kommentierungen zu dem hier einschlägigen § 3 Abs. 4 Psych-PV wie ausgeführt auch nicht widersprüchlich.

3. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der Tatsachenfragen nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höhergerichtlicher Klärung bedürfen. Die Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt vom Kläger, dass er unter Durchdringung des Streitstoffes eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund gibt, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.08.1997 - 7 B 261/97 -, NJW 1997, 3328).

Zwar stellt der Kläger die Reichweite des § 3 Abs. 4 Satz 1 Psych-PV zur Diskussion und wirft damit eine Rechtsfrage auf. Auch wenn diese Frage höchstrichterlich noch nicht behandelt worden ist, so ergibt sich die Antwort doch, wie ausgeführt, unmittelbar aus dem Gesetz und wird zudem von den einschlägigen Kommentatoren - wie gleichfalls ausgeführt - nicht divergierend sondern vielmehr einheitlich behandelt. Einer höhergerichtlichen Klärung bedarf es daher nicht. Zudem ist die Frage nach dem tatsächlich gebotenen Personalbedarf von der individuellen Situation in der jeweils betroffenen Einrichtung abhängig und damit einer generellen Aussage nicht zugänglich. Damit liegt auch der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht vor.

4. Da für ein Krankenhaus nur eine einheitliche Pflegesatzvereinbarung geschlossen werden kann, ist sicherzustellen, dass Pflegesatzvereinbarungen für und gegen alle Betroffenen in gleicher Weise gelten (vgl. BVerwG, Urteil vom. 26.02.2009 - 3 C 7/08 -, NVwZ-RR 2009, 1043 ff). Gleichwohl bedurfte es noch keiner Beiladung der weiteren am Schiedsstellenverfahren Beteiligten bereits im Berufungszulassungsverfahren, da erst das Berufungsverfahren selbst zu einer Änderung des Schiedsstellenbeschlusses vom 28.03.2007 führen könnte und die in jenem dann notwendig Beizuladenden in ihren Vortragsmöglichkeiten durch die Nichtteilnahme am Berufungszulassungsverfahren in keiner Weise beschränkt sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 VwGO, da sich die Beigeladenen durch eigene Antragstellung am Kostenrisiko beteiligt haben. Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz1 und § 52 Abs. 1 GKG (Differenz zwischen dem festgesetzten und dem vom Kläger zugestandenen Budget).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).



Ende der Entscheidung

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