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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 20.05.2008
Aktenzeichen: A 10 S 3032/07
Rechtsgebiete: AsylVfG, VwVfG, EGRL


Vorschriften:

AsylVfG § 71 Abs. 1
VwVfG § 51 Abs. 1 Nr. 1
EGRL 04/83
1. Die Qualifikationsrichtlinie misst sich keine Geltung für alle die Fälle bei, die zum Zeitpunkt des Ablaufs der Umsetzungsfrist unanfechtbar abgeschlossen waren. Etwas anderes gilt dann, wenn der alte, der unanfechtbaren Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt noch über den Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit bis in die Gegenwart hineinreicht, also heute noch aktuell ist. Dann ist dieser Sachverhalt einer neuen rechtlichen Prüfung am Maßstab der Qualifikationsrichtlinie zu unterziehen.

2. Ein weiteres Asylverfahren ist mit Rücksicht auf eine geänderte Rechtslage bereits dann durchzuführen wenn nach der geänderten Rechtslage eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung möglich erscheint. Ist dies der Fall, so findet die abschließende Entscheidung im eigentlichen Asylverfahren statt.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG

Im Namen des Volkes

Urteil

A 10 S 3032/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft

hat der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. September 2007 - A 6 K 258/07 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der im Jahre 1977 geborene Kläger ist pakistanischer Staatsangehöriger. Er ist Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya. Er hat im Verwaltungsverfahren zum Nachweis eine Bescheinigung der Ahmadiyya Muslim Jamaat Frankfurt vom 10.07.1998 vorgelegt.

Nach seinen Angaben reiste er am 26.04.1998 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 08.05.1998 einen Asylantrag. Zur Begründung seines Asylbegehrens trug er im Wesentlichen vor: Er sei von Geburt an Ahmadi. Seine Familie sei die einzige Ahmadi-Familie im Dorf gewesen. Sie seien daran gehindert worden, ihre Religion auszuüben. Er sei des Öfteren von sunnitischen Priestern und deren Anhängern beschimpft worden. Ein öffentliches Beten sei wegen der Gefahr einer Inhaftierung zu gefährlich gewesen. Die Familie sei regelrecht ausgegrenzt gewesen. Etwa 10 bis 15 Tage vor seiner Ausreise sei er bei einer Auseinandersetzung von zwei sunnitischen Priestern und zwei Anhängern dieser Priester angegriffen worden. Er sei auf dem Heimweg von den Feldern gewesen und sei von diesen Personen angehalten worden. Man habe ihn beschimpft und aufgefordert, seinen Glauben aufzugeben. Auf seine Weigerung hin habe er zunächst Ohrfeigen erhalten, später habe man ihn mit Füßen traktiert. Er habe diesen Vorfall der Polizei gemeldet. Die Polizei habe aber jegliche Hilfe abgelehnt mit der Begründung, Ahmadis hätten keinen Anspruch auf polizeiliche Unterstützung. Etwa 10 Tage nach diesem Vorfall sei zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr das Haus beschossen worden. Verletzte habe es keine gegeben. Er sei durch die Schüsse aufgeweckt worden und habe erkennen können, dass es sich bei den Tätern um Anhänger dieser sunnitischen Priester gehandelt habe. Wegen dieses Überfalls hätten ihn seine Eltern aufgefordert, die Heimat zu verlassen. Er habe noch weitere Geschwister, nämlich eine jüngere Schwester und einen jüngeren Bruder. Diese seien von den Eltern nicht aufgefordert worden, das Land zu verlassen, und zwar deshalb, weil beide noch relativ jung gewesen seien und nur Leute in seinem Alter Verfolgung zu erleiden hätten. Im Falle der Rückkehr werde er wahrscheinlich von den sunnitischen Priestern bzw. ihren Anhängern getötet werden.

Mit Bescheid vom 19.06.1998 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Abs. 1 AuslG und auch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorlägen. Zugleich wurde dem Kläger die Abschiebung nach Pakistan angedroht.

Der Kläger erhob daraufhin Klage zum Verwaltungsgericht Sigmaringen. Nachdem der Kläger im Laufe des Jahres 1999 längere Zeit unbekannten Aufenthalts war, stellte das Verwaltungsgericht Sigmaringen nach erfolgloser Betreibensaufforderung durch Beschluss vom 01.02.2000 (A 9 K 10011/00) das Verfahren ein.

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 08.01.2007 - beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingegangen am 11.01.2007 - stellte der Kläger einen Folgeantrag und trug zur Begründung vor: Durch die Richtlinie 2004/83/EG habe sich die Rechtslage zu seinen Gunsten verändert. Nunmehr sei von einer Gruppenverfolgung der Ahmadis in Pakistan auszugehen. Art. 10 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG - Qualifikationsrichtlinie (QRL) - präzisiere den Verfolgungsgrund der Religion dahingehend, dass nunmehr auch Glaubensausübungen im öffentlichen Bereich mitumfasst seien. Damit sei u.a. auch das aktive Missionieren vom Schutzbereich umfasst. Die bisherige Rechtsprechung zum religiösen Existenzminimum könne nicht aufrechterhalten werden.

Mit Bescheid vom 16.05.2007 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und auf Abänderung des Bescheids vom 19.06.1998 hinsichtlich der Feststellung zu § 53 AuslG ab.

Am 23.05.2007 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben mit dem Ziel einer Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG sowie weiter der Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG. Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen Bezug genommen. Die Beklagte ist der Klage aus den Gründen des angegriffenen Bescheids entgegengetreten.

Durch Urteil vom 28.09.2007 - A 6 K 258/07 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Eine staatliche oder nichtstaatliche Gruppenverfolgung von Ahmadis in Pakistan könne derzeit nicht angenommen werden und drohe auch nicht in absehbarer Zukunft. Das Gericht folge insoweit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg und der obergerichtlichen Rechtsprechung. Insoweit habe sich an der Sachlage bis zum heutigen Zeitpunkt nichts Relevantes geändert. Auch das Inkrafttreten des § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i. d. F. des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union rechtfertige keine abweichende Beurteilung der Sachlage aus Rechtsgründen. Die Neubestimmung des Flüchtlingsbegriffs in Anwendung der Genfer Konvention führe nicht zur Annahme einer Gruppenverfolgung der Ahmadis in Pakistan. Weder die Qualifikationsrichtlinie noch die Genfer Flüchtlingskonvention forderten inhaltlich eine wesentlich andere Betrachtungsweise, insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob nach Inkrafttreten der neuen Rechtslage die bisherige Rechtsprechung zum "forum internum" und zur Gewährleistung des asylrechtlich erforderlichen sog. religiösen Existenzminimums weiter fortbestehen könne und inwieweit dies Folgen für die Annahme einer Gruppenverfolgung von Ahmadis habe. Jedenfalls erreichten die im Hinblick auf Ahmadis in Pakistan dokumentierten Verfolgungsfälle, selbst wenn man den Kreis der einbeziehenden Referenzfälle erweitere, weiterhin nicht die zur Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte. Nach Art. 9 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie könnten nur schwerwiegende Verletzungen der Menschenrechte die Flüchtlingseigenschaft begründen. Deshalb seien nicht sämtliche Beeinträchtigungen der Religionsfreiheit bei der Auswahl der zu berücksichtigenden Referenzfälle einzubeziehen. Unter Beachtung der Rechtsanwendungspraxis in Pakistan sei weiter darauf abzustellen, welche Referenzfälle zu Gefahren für Leib, Leben oder die physische Freiheit führten. Was die Frage der öffentlichen Religionsausübung betreffe, sei darauf hinzuweisen, dass den Ahmadis eine öffentliche Religionsausübung nicht völlig unmöglich sei. Das Auswärtige Amt weise im Lagebericht vom 18.05.2007 insoweit beispielhaft darauf hin, dass es Gotteshäuser gebe, in denen Ahmadis trotz der bestehenden Strafvorschriften öffentlich ihren Glauben ausüben könnten. Ahmadis sei es auch nicht untersagt, sich öffentlich zum Quadianismus oder Ahmadiismus als ihrer Religion zu bekennen.

Das Urteil wurde dem Kläger am 24.10.2007 zugestellt.

Am 24.11.2007 hat der Kläger die Zulassung der Berufung beantragt.

Mit Beschluss vom 11.12.2007 - dem Kläger am 24.12.2007 zugestellt - hat der Senat die Berufung zugelassen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt. Im Übrigen blieb der Antrag bezogen auf die Verpflichtung zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG ohne Erfolg.

Am 23.01.2008 hat der Kläger die Berufung unter Stellung eines förmlichen Antrags und unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Zulassungsantrag begründet.

In der Begründung wird im Einzelnen ausgeführt: Als Verfolgung i. S. des Art. 9 Abs. 2 Abs. 1 Buchst. a QRL gälten nunmehr Handlungen, die sich nach ihrer Art oder Wiederholung als eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellten. Als Verfolgung seien aber nach Buchst. b auch Maßnahmen anzusehen, die so gravierend seien, dass eine Person auf eine ähnliche Weise wie nach Buchst. a betroffen sei. Die Religionsfreiheit sei ein Menschenrecht im Sinne dieser Vorschrift, was sich insbesondere aus Art. 18 Abs. 1 und 27 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte sowie aus Art. 9 Abs. 1 EMRK ergebe. Vor diesem Hintergrund sei ein Rückgriff auf die Rechsprechung zum Begriff der politischen Verfolgung im Sinne des Art. 16a GG nicht zulässig. Einschränkungen der Religionsfreiheit dürften nur unter Beachtung des Art. 18 Abs. 3 des internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte sowie Art. 9 Abs. 2 EMRK vorgenommen werden. Die hiernach erforderlichen Gesetze müssten allgemeiner Natur sein, d.h. für alle Staatsbürger, egal welcher religiösen Ausrichtung sie angehörten, gelten. Bezogen auf die Ahmadis in Pakistan bedeute dies, dass sämtliche gegen die Ahmadis gerichteten Strafgesetze offensichtlich nicht diesen Anforderungen genügten. Bereits diese Regelungen seien für sich genommen daher geeignet, als schwerwiegende Verletzung eines Menschenrechts zu gelten. Mit einzubeziehen seien aber auch die staatlichen Regelungen, wonach Ahmadis, um einen Nationalpass ausgestellt zu bekommen, ihre Glaubensgrundsätze dadurch verleugnen müssten, dass sie sich schriftlich auf einem Sonderformular als Nicht-Moslems bezeichnen müssten. Weiter seien die diskriminierenden Regelungen des Wahlrechts zu berücksichtigen, die es Ahmadis seit längerem unmöglich machten, sich auf normalen Wahllisten als Kandidat aufstellen zu lassen oder die normalen Kandidaten zu wählen, was bewirke, dass Ahmadis an den Parlamentswahlen nicht mehr teilnähmen und daher im Parlament nicht mehr vertreten seien. Es werde insoweit auf den sog. Präsidentenerlass Nr. 15 vom 17.06.2002 zur Ergänzung des Erlasses über die allgemeinen Wahlen 2002 verwiesen. Nach dieser Regelung bleibe der Status von Ahmadis unverändert, nach Ziff. 7c der Regelung müssten aber Personen, die sich als Wähler registrieren lassen wollten, für den Fall, dass Einspruch eingelegt werde, innerhalb von 15 Tagen bei der Aufsichtsbehörde erscheinen und ein Formular mit einer Erklärung über die Finalität des Propheten unterzeichnen. Falls der Betreffende sich weigere, werde er als Nicht-Muslim betrachtet und sein Name werde aus dem allgemeinen Wahlverzeichnis gestrichen und der Zusatzliste für Nicht-Muslime zugeteilt. Damit werde sowohl das aktive wie auch das passive Wahlrecht deutlich eingeschränkt. Weiter müssten auch die Regelungen bei der Registrierung von Geburten in Betracht gezogen werden, weil bei den öffentlichen Registrierungsstellen die Religion des Kindes bzw. der Eltern angegeben werden müsse. Ahmadis müssten dort "Ahmadi" angeben und dürften nicht entsprechend ihrem Selbstverständnis "Moslem" eintragen lassen. Dies führe in Pakistan faktisch zu einer stigmatisierenden Ausgrenzung. Weiter seien die faktischen Beeinträchtigungen im Schul-, Hochschul- und Ausbildungsbereich sowie die Benachteiligungen bei der Einstellung bzw. Beförderung im öffentlichen Dienst zu berücksichtigen. In Bezug auf das Bildungswesen sei darauf zu verweisen, dass die Studenten auf den Antragsformularen ihre Religionszugehörigkeit angeben müssten. Bezeichneten die Ahmadis sich auf diesem Formular als Moslem riskierten sie eine Freiheitsstrafe. Bezeichneten sie sich als Ahmadi müssten sie damit rechnen, dass ihnen der Zugang verwehrt werde. Würden sie dennoch zugelassen, dürften sie in der Regel nicht am Pflichtfach "Islamyyat" teilnehmen, was zur Benachteiligung beim Schulabschluss führe. Weiter sei zu verweisen auf die weit verbreiteten Entweihungen der ahmadischen Grab- und Gebetsstätten, der Ausschluss von der Beerdigung auf den meisten Friedhöfen, die Beschränkung der Rede- und Versammlungsfreiheit sowie die Beschränkungen im Bereich der Publizistik. Betrachte man dieses Bündel von diskriminierenden und ausgrenzenden Maßnahmen unterschiedlichen Charakters einerseits sowie andererseits die Tatsache, dass bei einer Gesamtzahl von ca. 2 bis 4 Millionen Ahmadis in Pakistan nur noch ca. 500.000 sog. bekennende Ahmadis lebten, so liege es nahe, dass die weit überwiegende Anzahl der Ahmadis sich nur deshalb nicht traue, sich in der Öffentlichkeit zu ihrem Glauben zu bekennen, um dem auf ihnen lastenden Ausgrenzungsdruck zu entgehen, wobei auch die Existenz und der Vollzug der religiösen Strafgesetze berücksichtigt werden müsse. Auch die Anzahl der tätlichen Angriffe von privaten Dritten in Bezug auf religiöses Verhalten der Ahmadis müsse einbezogen werden.

Was die Einhaltung der Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG betreffen, so sei er erstmals am 04.01.2007 anlässlich einer Vorsprache im Büro seines Prozessbevollmächtigten von diesem über die rechtlichen Änderungen informiert worden. Entgegen mancher Vermutungen habe die Ahmadiyya-Gemeinde ihre Mitglieder nicht über die Qualifikationsrichtlinie unterrichtet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28.09.2007 - A 6 K 2558/07 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 16.05.2007 zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

§ 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 Buchst. b QRL führe zu keiner grundsätzlich abweichenden Bewertung. Ob Eingriffe in die Religion hinreichend schwerwiegende Rechtsgutsverletzungen darstellten, bestimme sich nach Art. 9 QRL. Einschränkungen der religiösen Betätigung als solche stellten nur dann hinreichend schwerwiegende Eingriffe dar, wenn die Religionsausübung gänzlich unterbunden werde oder sie zu einer Beeinträchtigung eines unabdingbaren Teils des religiösen Selbstverständnisses des Gläubigen führen würde und daher ein Verzicht nicht zugemutet werden könne. Der Folgeantrag sei am 11.01.2007 eingegangen.

Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung ergänzend angehört.

Auf Frage, ob in seinem Wohnort Maselheim noch andere Ahmadis lebten: Nein.

Auf Frage, ob er Kontakte zu anderen Ahmadis in Deutschland habe: Am Anfang als er nach Deutschland gekommen sei, habe er Kontakte gehabt.

Auf Frage, zu wem und wohin er solche Kontakte gehabt habe: Nach Weingarten, dort lebten Ahmadis.

Auf Frage, ob er somit jetzt keinen Kontakt mehr habe: Vor 2 bis 3 Monaten sei er dort gewesen, er habe keine Erlaubnis, den Kreis zu verlassen.

Auf Frage, ob er damals eine Genehmigung gehabt habe: Damals sei sein Gerichtstermin gewesen, er habe das miteinander verbunden.

Auf Vorhalt, dass der Termin beim Verwaltungsgericht Sigmaringen im September letzten Jahres gewesen sei: Damals sei er auch in Weingarten gewesen.

Auf Frage, warum er nach Weingarten gegangen sei: Um ein bisschen Kontakt zu halten.

Auf Frage, was er damals konkret gemacht habe: Das Freitagsgebet.

Auf wiederholte Frage, wie lange er dort gewesen sei: Er sei 1 Stunde oder auch 1 1/2 Stunden oder auch 2 Stunden dort gewesen sei:

Auf Frage, ob er vor 2 oder 3 Monaten eine Genehmigung der Ausländerbehörde gehabt habe: Ja, ihm sei eine Genehmigung erteilt worden.

Auf Frage, ob er in den 8 Jahren, die er nunmehr in Maselheim wohne, früher schon einmal in Weingarten gewesen sei: Ja, 3 oder 4 Mal.

Auf Frage, ob dies mit Genehmigung der Ausländerbehörde geschehen sei: Ja, immer mit Genehmigung.

Auf Frage, was der Glaube für ihn bedeute und wie er ihn konkret ausübe bzw. praktiziere: Die Gemeinde sei eine sehr wichtige Sache für ihn, deshalb habe er auch sein Heimatland verlassen.

Auf nochmalige Frage und Bitte, Konkretes zu berichten: Beten, keine Sachen machen, die die Religion verbiete.

Auf nochmalige Frage, was der Glaube konkret für sein Leben bedeute: Das Gebet zeige dem Menschen, was richtig sei.

Auf Frage, wie oft er bete: Er bete nicht fünf Mal am Tag, mal 2 Mal, auch 3 Mal.

Auf Frage, was ihn hindere, den Gebetspflichten nachzukommen: Mal ein Termin, mal ein wichtiger Besuch.

Auf Frage, was für Termine er meine: Mal ein Arzttermin, ein Termin bei der Ausländerbehörde.

Auf Frage, wie oft er auf die Ausländerbehörde gehe: Ein Mal im Monat oder auch alle drei Monate.

Auf Frage, warum er ausgereist sei: Er könne sich nicht so genau erinnern. Aber in ihrem Dorf sei nur ein Ahmadi-Haus gewesen. Es habe ständig Probleme gegeben. Sie hätten immer wieder verschiedene Fragen gestellt. Die Lehrer hätten sie nicht gemocht. 2 oder 3 Mal habe es mündliche Auseinandersetzungen mit den Mullahs gegeben. Im Jahre 1998 sei er auf dem Weg nach Hause gewesen. Er sei geschlagen worden. Einmal sei nachts ihr Haus angegriffen worden. Aus Angst sei er zu einem Freund gegangen, dessen Onkel habe dann bei der Ausreise geholfen.

Auf Frage, was seinen Glauben von dem der Mehrheit der Muslime in Pakistan unterscheide: Was wir glauben, glauben die andern nicht, und was wir nicht glauben, glauben die andern.

Auf nochmalige Frage nach konkreten Einzelheiten: Wir glauben an Quadiani.

Auf wiederholte Frage: Es bestehen große Unterschiede. Wir glauben, dass der Messias schon gekommen ist.

Auf Frage: Seine Eltern seien fromme Menschen gewesen, sie hätten 5 Mal gebetet.

Auf Frage nach weiteren Einzelheiten: Eine Moschee habe es im Dorf nicht gegeben. Der Vater sei in ein Nachbardorf gegangen, um dort in der Moschee zu beten. Er habe ihn begleitet.

Auf Frage: Der Vater sei immer freitags in das Dorf gegangen.

Auf Frage, wie alt er gewesen sei: 10 bis 11 Jahre bis zu seiner Ausreise.

Auf Frage, ob sie auf dem Weg dorthin Probleme gehabt hätten bzw. belästigt worden seien: In der Moschee seien nur Ahmadis gewesen.

Auf Frage, ob sie also nicht behelligt worden seien: Sie hätten keinen Gebetsruf machen dürfen.

Auf Frage des Prozessbevollmächtigten, ob er sich vorstellen könne, seinen Glauben zu ändern: Nein, seine Religion sei ihm wichtig, er wisse nicht, warum er sie wechseln solle.

Auf dessen Frage, dass seine Heirat mit einer Christin ein Grund sein könne und er vielleicht deshalb dem Glauben wechseln wolle: Er habe seine Religion, sie habe ihre Religion.

Auf dessen Frage, warum es so wichtig sei, dass der Quadiani ein Prophet sei: So stehe es im Koran, dass der Messias komme, deshalb glaubten sie daran.

Auf dessen Frage, ob er etwas von ihm gelesen habe: Das sei schon lange her.

Auf dessen Frage, um welches Buch es sich gehandelt habe: Er könne sich nicht so genau mehr erinnern, es sei nicht in Deutschland, sondern in Pakistan gewesen.

Auf dessen Frage, ob er den Koran lese: Er könne dies nicht richtig, weil er nicht arabisch verstehe, aber in einer Übersetzung lese er.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart jeweils das Erst- und Folgeverfahren betreffend vor.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere rechtzeitig unter Stellung eines Antrags und unter Bezugnahme auf die ausführliche Begründung des Zulassungsantrags begründete Berufung (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 18.07.2006 - 1 C 15.05 - NVwZ 2006, 1420 m.w.N.) hat keinen Erfolg. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen (§ 3 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG).

Der Kläger ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG) kein Flüchtling im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. Art. 2 lit. c der zu dessen Auslegung heranzuziehenden Richtlinie 2004/83/EG vom 29.04.2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie - QRL). In diesem Zusammenhang kann der Senat auch offen lassen, ob § 60 Abs. 1 AufenthG die Qualifikationsrichtlinie vollständig und ordnungsgemäß umsetzt. Denn mit Ablauf der Umsetzungsfrist zum 10.10.2006 (vgl. Art. 38 Abs. 1 QRL) ist diese ohnehin in weitem Umfang unmittelbar anzuwenden.

I. Der Senat geht davon aus, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gem. § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen.

1. Entgegen der von der Beklagten im Bescheid vom 16.05.2007 vertretenen Auffassung ist allerdings mit Rücksicht auf die Qualifikationsrichtlinie in Bezug auf die Beurteilung der heutigen Lage der Ahmadis in Pakistan eine relevante Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs.1 2. Alt. VwVfG eingetreten. Das Bundesamt geht zu Unrecht davon aus, dass dies nur dann der Fall ist, wenn die Änderung auch unmittelbar zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen muss, was sich daraus ergibt, dass es eine Vollprüfung am Maßstab der Richtlinie vorgenommen, das Vorliegen deren Voraussetzungen verneint, aber gleichwohl kein weiteres Asylverfahren durchgeführt hat. Generell ist jedoch eine abschließende Prüfung der Erheblichkeit der Änderung (nicht anders als im Falle der Änderung der Sachlage oder des neuen Beweismittels) auf einer zweiten Stufe erst dem weiteren Asylverfahren vorbehalten, sofern eine günstige Entscheidung aufgrund der geänderten Rechtslage jedenfalls möglich erscheint (vgl. GK-AsylVfG, § 71 Rdn. 136, 153, 188), was hier jedoch der Fall ist.

Was die unanfechtbare negative Entscheidung des Erstverfahrens und die dort gewürdigten individuelle Vorfluchtgründe betrifft, ist jedoch eine erneute Überprüfung und Neubewertung im weiteren Asylverfahren nicht eröffnet. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Qualifikationsrichtlinie sich Geltung auch für alle die Sachverhalte beimisst, über die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens oder bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist unanfechtbar entschieden war. Andernfalls müsste eine unüberschaubare Zahl von Verfahren in der gesamten Gemeinschaft einer erneuten Überprüfung und ggf. Revision unterzogen werden. Etwas anderes wird man nur dann anzunehmen haben, wenn der Sachverhalt noch über den Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit bis in die Gegenwart hineinreicht, also heute noch aktuell ist. Dann wird dieser Sachverhalt einer neuen rechtlichen Prüfung am Maßstab der Qualifikationsrichtlinie zu unterziehen sein. Die vom Kläger im Erstverfahren vorgetragenen Übergriffe nicht-staatlicher Akteure, so sie denn überhaupt glaubhaft dargestellt worden sein sollten, was vom Bundesamt nicht im Einzelnen hinterfragt worden war, weil es von einer Schutzfähigkeit und Schutzbereitschaft des pakistanischen Staats ausgegangen war, lagen jedoch zum Zeitpunkt der Folgeantragstellung mindestens 9 Jahre zurück und hatten ihren Entstehungsgrund in den örtlichen Verhältnissen des Heimatortes, in den zurückzukehren der erwachsene Kläger nach so langer Abwesenheit nicht gezwungen ist. Dass aber heute landesweit eine so hohe Zahl von Übergriffen stattfinden könnte, dass jeder Angehörige der Religionsgemeinschaft der Ahmadiyya nach Maßgabe des Prüfprogramms des Art. 4 Abs. 3 QRL begründete Furcht vor Verfolgung haben müsste, wird, wie in der Vergangenheit, auch in den verwerteten Erkenntnismitteln nicht im Ansatz zum Ausdruck gebracht. Abgesehen davon ist der Senat aufgrund der völlig vagen Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu diesem gesamten Komplex auch nicht davon überzeugt, dass die behaupteten Ereignisse so geschehen sind und den Kläger zur Flucht veranlasst haben könnten (vgl. hierzu im Einzelnen unter VI).

2. Der Senat geht auch davon aus, dass der Kläger die Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG eingehalten hat. Nachdem die hier maßgebliche Änderung der Rechtslage (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. VwVfG) mit Ablauf des 10.10.2006 (Ablauf der Umsetzungsfrist der Qualifikationsrichtlinie und Eintritt deren unmittelbarer Anwendbarkeit; vgl. Art. 38 Abs. 1 QRL) eingetreten ist, wäre die Antragsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG nur dann am 10.01.2007 - und damit vor Eingang des Antrags beim Bundesamt am 11.01.2007 - abgelaufen gewesen, wenn der Kläger oder ein Bevollmächtigter (vgl. zur Zurechnung NiedersOVG, B.v. 18.11.1998 - 11 L 4371/98 - juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 51 Rdn. 47; vgl. auch BGH, B.v. 30.03.1993 - X ZR 51/92 - NJW 1993, 1596; U.v. 16.12.1959 - IV ZR 206/59 - NJW 1960, 818; Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl., § 586 Rdn. 2 jeweils zu § 586 Abs. 2 ZPO) bereits am 10.10.2006 positive Kenntnis von der Rechtsänderung gehabt hätten. Dass dies bei dem jetzigen Prozessbevollmächtigten der Fall war, kann sicherlich angenommen werden (vgl. Senatsurteil vom 20.11.2007 - A 10 S 679/05). Selbst wenn beim früheren Bevollmächtigten des Klägers eine vergleichbare Kenntnis vorgelegen hätte, so wäre eine Zurechnung aber nur dann möglich, wenn er zu diesem Zeitpunkt ein Mandat gehabt hätte. Dafür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte. Das im früheren Verfahren erteilte Mandat war mit dessen rechtskräftigen Abschluss beendet gewesen sein. Für das vorliegende Verfahren wurden das Mandat aber erst Anfang Januar 2007 erteilt und die Vollmacht am 08.01.2007 unterzeichnet. Was die eigene Kenntnis des Klägers betrifft, so wurde vorgetragen, er habe am 04.01.2007 mit seiner jetzigen Ehefrau im Büro des Prozessbevollmächtigten vorgesprochen und erst durch diesen Kenntnis vom den rechtlichen Änderungen erlangt, und es insbesondere nicht zutreffe, dass der Umstand, dass sich infolge der Qualifikationsrichtlinie die Rechtslage geändert habe bzw. ändern werde, bereits früher allgemein bekannt gewesen sei. Auch die Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung hat keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er bereits vorher zuverlässige Kenntnis von den Neuregelungen der Qualifikationsrichtlinie gehabt haben könnte.

3. Da das Erstverfahren nicht durch ein Gerichtsurteil rechtskräftig abgeschlossen worden war, wäre das Bundesamt allerdings nicht gehindert gewesen, auch erneut in der Sache zu entscheiden, auch wenn die Voraussetzungen des § 71 AsylVfG i.V.m. § 51 VwVfG nicht vorlagen, und - im Falle einer erneut negativen Entscheidung - damit ggf. eine erneute gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit zu eröffnen (vgl. BVerwG, U. v. 15.12.1987 - 9 C 285/86 - NVwZ 1988, 737). Eine neue Entscheidung zu den Vorfluchtgründen hat das Bundesamt jedoch gerade nicht getroffen. Es hat nach dem Tenor eindeutig die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt, somit auch keinen Zweitbescheid erlassen. Dem steht nicht entgegen, dass es in den Gründen seiner Entscheidung die allgemeine Situation der Ahmadis heute am Maßstab der Qualifikationsrichtlinie beurteilt und zudem ausgeführt hat, dass auch heute in Bezug auf Übergriffe nicht-staatlicher Akteure nicht von der erforderlichen Verfolgungsdichte ausgegangen werden könne, womit nur zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass auch keine Änderung der Sachlage im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. VwVfG vorliegt.

II. Nach Auffassung des Senats sprechen gewichtige Gesichtspunkte für folgendes Verständnis der hier maßgeblichen Bestimmungen der Qualifikationsrichtlinie

1. Art. 10 QRL definiert in Anknüpfung an Art. 2 lit. c QRL die flüchtlingsschutzrelevanten Verfolgungsgründe. Im vorliegenden Zusammenhang ist Art. 10 Abs. 1 lit. b QRL maßgeblich. Hiernach umfasst der Begriff der Religion insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme beziehungsweise Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind.

Art. 10 Abs. 1 lit. b QRL gewährleistet für den Einzelnen einen sehr weitgehenden Schutz, wenn er sowohl die Entscheidung, aus innerer Überzeugung religiös zu leben, wie auch die Entscheidung, aufgrund religiösen Desinteresses jegliche religiöse Betätigung zu unterlassen, schützt und dem Einzelnen zubilligt, dass er sich zu seiner religiösen Grundentscheidung auch nach außen bekennen darf, insbesondere auch die Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen erfasst wird. Die Vorschrift geht damit ihrem eindeutigen Wortlaut nach über den Schutz hinaus, der nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Art. 16a Abs. 1 GG unter dem Aspekt der religiösen Verfolgungsgründe eingeräumt wurde (vgl. grundlegend BVerfG, B.v. 01.07.1987 - 2 BvR 478/86 - BVerfGE 76, 143 <158>; BVerwG, U.v. 25.01.1995 - 9 C 279.94 - NVwZ 1996, 82).

Damit zeichnet der supranationale Normgeber auch für den Bereich des vergemeinschafteten Flüchtlingsschutzes die universelle menschenrechtliche Anerkennung gerade auch der öffentlichen Glaubensausübung bzw. -betätigung nach und bekennt sich zu dieser (vgl. auch die 10. Begründungserwägung, in der sich die Gemeinschaft zur Achtung der Grundrechte bekennt). So gewährleistet Art. 18 des Internationalen Paktes vom 19.12.1966 über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) die private und die öffentliche Glaubenspraxis, das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, die Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung eigener Wahl zu haben oder anzunehmen, und die Freiheit, seine Religion oder eine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Beachtung religiöser Bräuche, Ausübung und Unterricht zu bekunden. Des Weiteren wird die Ausübung der Religionsfreiheit auch in der Öffentlichkeit durch Art. 9 EMRK gewährleistet, wenn hiernach die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht oder Praktizieren von Bräuchen und Riten zu bekennen, geschützt wird. Schließlich ist auch auf Art. 1 der Erklärung Nr. 36/55 der Generalversammlung der Vereinten Nationen über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion und der Überzeugung vom 25.11.1981 hinzuweisen, in der gleichfalls zum Ausdruck kommt, dass das Recht auch auf öffentliche Religionsausübung und religiöse Praxis als fundamentales Menschenrecht allgemein anerkannt ist.

Zur Glaubensfreiheit gehört somit nicht nur die Freiheit, einen Glauben zu haben, sondern auch die Freiheit, nach den eigenen Glaubensinhalten und Glaubensüberzeugungen zu leben und zu handeln. Teil der Religionsausübung sind nicht nur alle kultischen Handlungen und die Ausübung sowie Beachtung religiöser Gebräuche, wie Gottesdienst, Sammlung kirchlicher Kollekten, Gebete, Empfang der Sakramente, Prozessionen, Zeigen von Kirchenfahnen, Glockengeläute, der öffentliche Ruf zum Gebet, sondern auch religiöse Erziehung, Feiern und alle Äußerungen des religiösen und weltanschaulichen Lebens. Umfasst wird schließlich auch das Recht, den Glauben werbend zu verbreiten und andere von diesem zu überzeugen (in diesem Sinne auch BayVGH, U.v. 23.10.2007 - 14 B 06.30315 - InfAuslR 2008, 101; vgl. zum Schutzbereich des Art. 18 IPbpR Nowack, UN-Pakt über bürgerliche und politische Rechte und Fakultativprotokoll, 1989, Art. 18 Rdn. 25; vgl. zu den verschiedenen Formen öffentlicher religiöser Praktiken auch Marx, Handbuch für die Flüchtlingsanerkennung, § 17 Rdn. 12).

Ist hiernach der Schutzbereich der Religion weit zu verstehen, so bietet die Vorschrift keinen Anhalt für ein von vornherein einengendes Verständnis, wonach nicht jede Form der öffentlichen Glaubensbetätigung geschützt sei, sondern nur die aus dem jeweiligen religiösen Verständnis glaubensprägenden beziehungsweise unverzichtbar gebotenen und existentiellen Betätigungen gemeint sein könnten. Dies folgt insbesondere nicht aus dem den Art. 10 Abs. 1 lit. b QRL abschließenden Satzteil "...die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind." Das Gegenteil folgt schon aus der Weite des Begriffs "sich auf eine religiöse Überzeugung stützen", der - insoweit nahe liegend - verlangt, dass die jeweils zu beurteilende Betätigung auf einer religiösen Überzeugung beruhen muss bzw. auf diese zurückgeführt werden kann, ohne aber zwingenden Charakter derart haben zu müssen, dass der oder die Betreffende im Falle des Unterlassens Gewissensnot erleiden oder sündig werden würde. Die Frage nach dem Gewicht und der Bedeutung eines Unterlassens stellt sich erst bei der Beurteilung der Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 QRL (vgl. unten 2). Darüber hinaus ist zu bedenken, dass Art. 10 Abs. 1 lit. b QRL ausdrücklich etwa auch die Nichtteilnahme an religiösen Riten schützt, somit die Entscheidung, sich religiöser Betätigungen gerade zu enthalten, indem Handlungen, die die Religion als Verhaltensweise zu bestimmten Anlässen vorgibt, gerade unterlassen werden (in diesem Sinne auch SaarlOVG, U.v. 26.06.2007 - 1 A 222/07 - juris).

Allerdings sind die vorgenannten menschenrechtlichen Gewährleistungen nicht schrankenlos eingeräumt. Sowohl Art. 18 IPbpR als auch Art. 9 EMRK differenzieren zwischen der grundsätzlich nicht beschränkbaren Freiheit, eine Religion eigener Wahl zu haben oder anzunehmen einerseits, sowie der Beschränkbarkeit der freien Religionsausübung (d.h. des Bekenntnisses) andererseits. Nach Art. 18 Abs. 3 IPbpR (wie auch vergleichbar nach Art. 9 Abs. 2 EMRK) darf die religiöse Betätigung Einzelner oder der Gemeinschaft allerdings nur zum Schutz der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, der Gesundheit, der Sittlichkeit und der Grundrechte und Grundfreiheiten anderer verboten oder reglementiert werden, sofern dieses gesetzlich vorgesehen und zur Erreichung der genannten Zwecke notwendig ist und v.a. das einschränkende Gesetz einen angemessenen und verhältnismäßigen Ausgleich herbeiführt. Den jeweiligen Staaten wird dabei aber regelmäßig ein nicht unerheblicher Beurteilungsspielraum zugebilligt (vgl. ausführlich zu den Schrankenvorbehalten Nowack, UN-Pakt über bürgerliche und politische Rechte und Fakultativprotokoll, 1989, Art. 18 Rdn. 31 ff; UNHCR, "Richtlinien zum Internationalen Schutz, Anträge auf Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund religiöser Verfolgung", Ziffer 15 f.; vgl. auch Grabenwarter, EMRK, 3. Aufl., S. 246 ff.; Meyer-Ladewig, EMRK, 2. Aufl., Art. 9 Rdn. 8 m.w.N.). Dabei muss das verbietende bzw. einschränkende Gesetz allgemeiner Natur sein, d.h. es muss für alle Staatsbürger - welcher religiösen Ausrichtung sie auch angehören mögen - gleichermaßen Geltung beanspruchen, darf daher nicht auf bestimmte religiöse Gruppen zielen und ausschließlich für diese Einschränkungen vorsehen (vgl. Marx, Handbuch für die Flüchtlingsanerkennung, § 17 Rdn. 23). Dieser Aspekt findet seinen Niederschlag auch in den Bestimmungen der Qualifikationsrichtlinie selbst, wenn diese zur Definition der verfolgungsrelevanten Verfolgungshandlung in Art. 9 Abs. 2 lit. b, c, d und f maßgeblich auf das Kriterium der Diskriminierung abstellt. Vor diesem Hintergrund werden einschränkende Maßnahme, die nicht den genannten Schrankenvorbehalten genügen, insbesondere nicht dem Postulat des allgemeinen Gesetzes genügen, in der Regel indiziell auf eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung hindeuten.

Ausgehend hiervon können diese universal anerkannten Grenzen der Religionsausübungsfreiheit auch zur Konkretisierung des Art. 10 lit. b QRL und seiner Grenzen sinngemäß herangezogen werden.

2. Die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes setzt darüber hinaus voraus, dass eine flüchtlingsschutzrelevante Verfolgungshandlung des maßgeblichen Verfolgers (vgl. hierzu Art. 6 f. QRL) festgestellt wird, die allein oder in der Gesamtheit mit anderen Verfolgungshandlungen eine schwerwiegende Verletzung eines grundlegenden Menschenrechts ausmacht (vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. a oder b QRL), wobei in Art. 9 Abs. 2 QRL beispielhaft verschiedene in Betracht zu ziehende Verfolgungshandlungen benannt werden. Erst an dieser Stelle erweist sich im jeweils konkreten Einzelfall, sofern auch die nach Art. 9 Abs. 3 QRL erforderliche Verknüpfung zwischen Verfolgungshandlung und Verfolgungsgrund festgestellt werden kann, ob der oder die Betreffende die Flüchtlingseigenschaft besitzt.

Der in Art. 9 Abs. 2 QRL entfaltete beispielhafte Katalog (insbesondere lit. b und d) möglicher Verfolgungshandlungen macht deutlich, dass eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung nicht nur dann gegeben ist, wenn durch die Verfolgungshandlung - von Eingriffen in Leib oder Leben abgesehen - in die physische Bewegungsfreiheit eingegriffen wird und der in § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG verwendete Begriff der Freiheit nicht in diesem engen Sinne verstanden werden kann.

Auch wenn hiernach formal betrachtet gewissermaßen eine "bloße" oder "einfache" Beeinträchtigung eines Menschenrechts nicht schutzbegründend sein kann, so darf andererseits, wie dargelegt, nicht aus dem Auge verloren werden, dass Art. 10 Abs. 1 lit. a QRL Ausdruck einer Anerkennung bzw. eines Bekenntnisses zu dem grundlegenden Menschenrecht einer gerade auch öffentlichen Glaubensbetätigung ist. Deshalb wäre es nach Auffassung des Senats verfehlt, von einer flüchtlingsschutzrelevanten Verfolgungshandlung nur dann auszugehen, wenn die bisher im asylrechtlichen Kontext relevanten Kriterien eines asylerheblichen Eingriffs in das religiöse Existenzminimum erfüllt sind mit der Folge, dass sich durch die Qualifikationsrichtlinie im Ergebnis keine Änderung der Rechtslage ergeben hätte. Bei dieser Sichtweise würde sich die gemeinschaftsrechtliche Anerkennung dieses Menschenrechts für das Gebiet des Asyl- und Flüchtlingsrechts in der Rechtswirklichkeit nicht durchsetzen und bliebe wirkungs- und folgenlos. Der gemeinschaftsrechtliche Auslegungsgrundsatz des "éffet utile" gebietet aber, Normen des Gemeinschaftsrechts und somit auch Richtlinien so auszulegen, dass ihre praktische Wirksamkeit gewährleistet ist (vgl. Pechstein/Drechsler, in: Reisenhuber, Europäische Methodenlehre, Handbuch für Ausbildung und Praxis, 2006, S. 160, Rn. 69 f.).

Daraus folgt, dass jedenfalls Beschneidungen bzw. Verbote öffentlicher Glaubensbetätigungen bzw. Praktiken, die nach dem Verständnis der jeweiligen Religion bzw. Weltanschauung, aber auch nach dem - nicht notwendigerweise völlig identischen - glaubhaft dargelegten Verständnisses des einzelnen Flüchtlings von grundlegender Bedeutung sind, zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen können, sofern sie nicht in völkerrechtskonformer Ausübung der jeweiligen Schrankenregelungen erfolgen. Insbesondere kann hiernach den Betroffenen nicht angesonnen werden, diese zu unterlassen, um keine entsprechend vorgesehenen Sanktionen herauszufordern. Die Beschränkung auf lediglich grundlegende Betätigungen bzw. Äußerungen hat - gewissermaßen als Kehrseite - ihren Grund darin, dass, wie ausgeführt, nicht jede Beeinträchtigung des Menschenrechts die Qualität einer flüchtlingsschutzrelevanten Verfolgungshandlung erlangt, sondern nur eine solche schwerwiegender Art (a.A. wohl Marx, Handbuch für die Flüchtlingsanerkennung, § 17 Rdn. 28 f.).

3. Zur Beantwortung der Frage, welcher Prognosemaßstab für die festzustellende Verfolgungswahrscheinlichkeit nach der Qualifikationsrichtlinie anzuwenden ist, ist zunächst auf Art. 4 Abs. 3 QRL hinzuweisen, der - bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung (vgl. lit. a) - eine strikt einzelfallbezogene Betrachtung vorgibt. Einzelfallbezogenheit schließt allerdings nicht aus, dass der darlegungs- und beweiserleichternde Gesichtspunkt der Gruppenverfolgung weiterhin Relevanz bzw. Berechtigung hat (vgl. BVerfG, B.v. 02.07.1980 - 1 BvR 147/80 - BVerfGE 54, 341 <358 f.>; B.v. 21.01.1991 - 2 BvR 902/85 - BVerfGE 83, 216 <233>; Kammerb. v. 02.02.1996 - 2 BvR 1576/94 - NVwZ-Beil. 1996, 25; vgl. auch zum Sonderfall eines staatlichen Verfolgungsprogramms BVerwG, U. 05.07.1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <203>). Denn selbstverständlich kann auch nach der Qualifikationsrichtlinie vom Schicksal von Personen, die in einer in wesentlichen Punkten vergleichbaren Situation bereits Verfolgung erlitten haben, bei unverändert gebliebener Sachlage auch prognoserechtlich auf das (künftige) Schicksal anderer Personen geschlossen werden.

Soweit nach der bisherigen Rechtsprechung für die Beurteilung der Frage, ob einem Flüchtling nach den Maßstäben des § 60 Abs. 1 AufenthG Schutz zu gewähren ist, unterschiedliche Maßstäbe anzulegen waren, je nach dem, ob dieser seinen Heimatstaat auf der Flucht vor bereits eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86 - BVerfGE 80, 315 <344 ff.>), trifft die Qualifikationsrichtlinie eine entsprechende Unterscheidung zwar ebenfalls.

Nach den bisher richterrechtlich entwickelten Maßgaben durfte aber ein (landesweit) vorverfolgt ausgereister Flüchtling grundsätzlich nur dann in sein Heimatland zurückgeschickt werden, wenn er dort hinreichend sicher vor erneuter politischer Verfolgung war (sog. herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab), wobei hinreichende Sicherheit in diesem Zusammenhang bedeutete, dass aufgrund der bereits einmal erlittenen Verfolgung hohe Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Ausschlusses erneuter Verfolgung zu stellen waren. Es musste mehr als überwiegend wahrscheinlich sein, dass keine erneute Verfolgung droht, ohne dass allerdings ein mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellter Ausschluss zu verlangen gewesen wäre. Demgegenüber konnte ein unverfolgt Ausgereister bei zu berücksichtigenden objektiven Nachfluchtgründen auf sein Heimatland verwiesen werden, wenn ihm dort nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung drohte, was anzunehmen war, wenn er in absehbarer Zeit dort nicht mit Verfolgungsmaßnahmen ernsthaft zu rechnen hatte (vgl. BVerfG, B.v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86 - BVerfGE 80, 315 <344 ff.>; vgl. zusammenfassend BVerwG, U.v. 18.02,1997 - 9 C 9.96 - BVerwGE 104, 97).

Auch die Qualifikationsrichtlinie nimmt bei der anzustellenden Verfolgungsprognose eine Differenzierung vor, indem sie in Art. 4 Abs. 4, auf den § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG ausdrücklich Bezug nimmt, ausführt, dass die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf ist, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Im Übrigen aber verbleibt es bei der Prüfung, ob der Flüchtling zum Zeitpunkt der Entscheidung bei Rückkehr in sein Heimatland erwartbar Verfolgungsmaßnahmen oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erleiden wird oder hiervon unmittelbar bedroht ist. Insoweit kann auch auf die Begriffsbestimmung des Art. 2 lit. c QRL zurückgegriffen werden, wonach "Flüchtling" im Sinne der Qualifikationsrichtlinie einen Drittstaatsangehörigen bezeichnet, der aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder einen Staatenlosen, der sich aus denselben vorgenannten Gründen außerhalb des Landes seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts befindet und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht dorthin zurückkehren will. Der letztgenannte Maßstab entspricht dabei dem in der Rechtsprechung entwickelten Maßstab der "beachtlichen Wahrscheinlichkeit" in Anlehnung an die britische Rechtsprechung des "real risk", wobei auch ein Verfolgungsrisiko von unter 50% als beachtlich wahrscheinliches Risiko angesehen werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 05.11.1991 - 9 C 118.90 - NVwZ 1992, 582 m.w.N.).

Der von der Rechtsprechung entwickelte Maßstab der "hinreichenden Sicherheit" bei vorverfolgt ausgereisten Flüchtlingen wird somit durch die in Art. 4 Abs. 4 QRL enthaltene Rückausnahme modifiziert. Bei der Auslegung des Art. 4 Abs. 4 QRL können zwar die in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien der "hinreichenden Sicherheit vor Verfolgung" mit herangezogen werden, da auch der Richtliniengeber davon ausgeht, dass der bereits einmal verfolgte Flüchtling einen erhöhten Schutzstandard genießt, stellt doch die Vorverfolgung einen ernsthaften Hinweis auf eine auch bei Rückkehr zu befürchtende Verfolgung dar, es sei denn es greift die Rückausnahme des Art. 4 Abs. 4 a.E. QRL. Allerdings werden die unterschiedlichen Maßstäbe bzw. Ansätze in der praktischen Anwendung sicherlich häufig keine unterschiedlichen Ergebnisse zur Folge haben (weitergehend BayVGH, U. v. 31.08.2007 - 11 B 02.31774 - juris, der auch in Anwendung der Qualifikationsrichtlinie von den bisher entwickelten Prognosemaßstäben ausgeht).

III. Nicht anders als im Falle des Asylgrundrechts (vgl. BVerfG, B.v. 01.07.1987 - 2 BvR 478/86 - BVerfGE 76, 143 <160>) - gilt auch im vorliegenden Kontext, dass eine pauschale und rein formale Betrachtung aller Angehörigen einer Religionsgemeinschaft nicht sachgerecht sein kann und daher ausscheiden muss. Es leuchtet unmittelbar ein, dass nach Maßgabe der jeweiligen religiösen Bindungen des einzelnen Asylsuchenden und abhängig von den Verhältnissen im Herkunftsland die Betroffenheit in dem Menschenrecht und daher dessen Beeinträchtigung überhaupt, jedenfalls aber deren Schwere völlig unterschiedliches Gewicht haben können, weshalb insoweit auch keine Frage grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen ist (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

IV. Nach Auswertung der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismittel stellt sich vermutlich die Lage der Ahmadis in Pakistan für den Senat, wie folgt, dar:

1. Zur Religionsgemeinschaft der Ahmadiyya und ihrer Entstehung hat der HessVGH im Urteil vom 31.08.1999 (10 UE 864/98.A - juris) u.a. das Folgende ausgeführt, von dem auch der Senat ausgeht:

".Die Ahmadiyya-Gemeinschaft wurde 1889 durch Mirza Ghulam Ahmad (1835 - 1908) in der Stadt Qadian (im heutigen indischen Bundesstaat Punjab) gegründet und versteht sich als eine innerislamische Erneuerungsbewegung. Ihr Gründer behauptete von sich, göttliche Offenbarungen empfangen zu haben, nach denen er der den Muslimen verheißene Messias und Mahdi, der herabgestiegene Krishna, der wiedergekehrte Jesus und der wiedererschienene Mohammed sei. An der Frage seiner Propheteneigenschaft spaltete sich die Bewegung im Jahre 1914. Die Minderheitengruppe der Lahoris (Ahmadiyya-Anjuman Lahore), die ihren Hauptsitz nach Lahore/Pakistan verlegte und die Rechtmäßigkeit der Kalifen als Nachfolger des Religionsgründers nicht mehr anerkannte, sieht in Ahmad lediglich einen Reformer im Sinne eines "wieder neubelebten" Mohammed, während die Hauptgruppe der Quadianis (Ahmadiyya Muslim Jamaat) ihn als einen neuen Propheten nach Mohammed verehrt, allerdings mit der Einschränkung, dass er nicht ermächtigt sei, ein neues Glaubensgesetz zu verkünden, denn Mohammed sei der letzte "gesetzgebende" Prophet gewesen. Die Bewegung betrachtet sich als die einzig wahre Verkörperung des Islam, den ihr Gründer wiederbelebt und neu offenbart habe. Während die orthodoxen Muslime aus der Sicht der Ahmadis zur Glaubens- und Welterneuerung hingeführt werden müssen, sind die Ahmadis aus der Sicht der orthodoxen Muslime Apostaten, die nach der Ideologie des Islam ihr Leben verwirkt haben.

Im Zuge der Teilung des indischen Subkontinents und der Gründung eines islamischen Staates Pakistan am 13. August 1947 siedelten viele Ahmadis dorthin über, vor allem in den pakistanischen Teil des Punjab. Mitglieder der Hauptgruppe des Qadianis erwarben dort Land und gründeten die Stadt Rabwah im Punjab, die sich zum Zentrum der Bewegung entwickelte. Mehr als 95 % der Bevölkerung gehören der Ahmadiyya-Glaubens-gemeinschaft an und die Stadt ist der Hauptsitz der Gemeinschaft (Ahmadiyya Verfolgungsbulletin Mai 1996, S. 28). Heute heißt die Stadt nach einem Beschluss des Parlaments von Punjab gegen den Willen der Bevölkerung Tschinab Nagar (Ahmadiyya Rundschreiben vom 30.04.1999).

Die Angaben über die Zahl der Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre in Pakistan lebenden Mitglieder der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft gehen weit auseinander und reichen etwa von 103.000 bis 4 Millionen (vgl. Gutachten Dr. Wohlgemuth an Hamb. OVG vom 22.02.1988, S. 454 f.), wobei die Minderheitengruppe der Lahoris mit ca. 5.000 Mitgliedern (AA an Hess. VGH vom 20.07.1994) hier unberücksichtigt bleiben kann. Nach Angaben der Ahmadiyya Muslim Jamaat selbst lag deren Mitgliederzahl im Jahr 1994 bei etwa 2 bis 3 Millionen (vgl. AA an Hess. VGH vom 20.07.1994, S. 1); weltweit sollen es 12 Millionen Mitglieder in über 140 Staaten sein (Ahmadiyya Mitteilung vom 04.09.1996), nach Stanek etwa 1 bis 3 Millionen (Referat vom 15.12.1997, S. 4). Nach Schätzung des der Ahmadiyya-Bewegung zugehörigen Gutachters Prof. Chaudhry lag die Zahl der Ahmadis in Pakistan in diesem Zeitraum dagegen nur bei ein bis zwei Millionen (vgl. Gutachten an Hess. VGH vom 22.05.1994, S. 6). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ahmadis möglicherweise stärker noch als andere muslimische Glaubensgemeinschaften in Pakistan dazu neigen, ihre Anhängerschaft verdoppelt und verdreifacht anzugeben, und dass ihre Stärke deshalb und aufgrund ihrer früher regen Missionstätigkeit überschätzt worden sein kann (vgl. Ende/Steinbach, Der Islam in der Gegenwart, 1991, S. 295 f.). Die bisweilen genannte Mitgliederzahl von 4 Millionen (vgl. Ahmadiyya an Bundesamt vom 14.07.1991) dürfte deshalb zu hoch (vgl. Gutachten Dr. Conrad an Hess. VGH vom 31.10.1994, S. 4) und eine Schätzung auf 1 bis 2 Millionen - auch für den Zeitpunkt der Ausreise der Klägerin - eher realistisch sein (vgl. Ende/Steinbach, S. 295 für 1983; Dr. Khalid vor dem Bayer. VGH am 22.01.1985, S. 7).

Auch für den Zeitpunkt der Entscheidung des erkennenden Senats sind verlässliche Zahlen über die Entwicklung der Zahl der Ahmadis in Pakistan aus öffentlich zugänglichen Quellen nicht feststellbar; die Ergebnisse der letzten Volkszählung in Pakistan im März 1998 (UNHCR Report vom 01.05.1998, S. 8) sind bis heute nicht veröffentlicht worden. Dass die bereits dem Urteil des erkennenden Senats vom 5. Dezember 1994 (10 UE 77/94) zugrunde gelegte Mitgliederzahl von ca. 1 bis 2 Millionen aber auch heute noch zutreffen dürfte, lässt sich trotz des allgemeinen Bevölkerungswachstums Pakistans von jährlich 2,9 % bei rund 133 Millionen Einwohnern (Fischer Weltalmanach 1999, "Pakistan") oder 136 Millionen (Statistisches Jahrbuch 1995 für das Ausland, S. 210; Microsoft Encarta Enzyklopädie 1999, "Pakistan") oder 126 Millionen Einwohnern (Encyclopaedia Universalis, Chiffres du Monde 1998, "Pakistan") damit erklären, dass die Ahmadiyya-Bewegung seit 1974 und insbesondere seit 1984 so gut wie keine Missionserfolge in Pakistan mehr verzeichnen konnte und durch die gegen sie gerichteten Repressalien Hunderttausende ihrer Mitglieder durch Austritt und Auswanderung verloren haben dürfte (vgl. bereits Gutachten Dr. Ahmed an VG Ansbach vom 05.06.1978, S. 23) Dem steht eine Gesamtbevölkerung Pakistans gegenüber, die zu etwa 75 bis 77 % aus sunnitischen und zu 15 bis 20 % aus schiitischen Muslimen besteht und in unterschiedlichste Glaubensrichtungen zerfällt (vgl. Ende/Steinbach, S. 281; AA an VG Schleswig vom 26.08.1993)."

Auch die aktuellen Zahlen sind nach wie vor nicht eindeutig und weitgehend ungesichert, was nicht zuletzt darin begründet ist, dass die Ahmadis bedingt durch die noch darzustellenden Verbote, sich als Moslems zu bekennen und zu bezeichnen, seit 1974 in großem Umfang die Teilnahme an Volkszählungen verweigern und diese boykottieren (vgl. Home Office, Country of Origin Information Report Pakistan, 07.02.2008, Ziff. 19.41). Das Auswärtige Amt teilt im jüngsten Lagebericht (vom 18.05.2007, S. 16) nur mit, dass nach eigenen Angaben die Ahmadis etwa vier Millionen Mitglieder zählen sollen, wobei allerdings allenfalls 500.000 bis 600.000 bekennende Mitglieder seien.

2. Die Lage der Ahmadis wird maßgeblich durch die folgenden rechtlichen Rahmenbedingungen bestimmt:

a) Der Islam wird in Pakistan durch die Verfassung von 1973 zur Staatsreligion erklärt. Die Freiheit der Religionsausübung ist allerdings von Verfassungs wegen garantiert (U.S. Department of State, Pakistan, International Religious Freedom Report, 10.09.2007, S. 2). Durch eine Verfassungsänderung von 1974 wurden die Ahmadis allerdings ausdrücklich zu Nicht-Muslimen erklärt und in der Verfassung als religiöse Minderheit bezeichnet und geführt. Nach der Verfassung ist hiernach kein Muslim im Sinne der gesamten pakistanischen Rechtsordnung, wer nicht an die absolute und uneingeschränkte Finalität des Prophetenamtes Mohammeds glaubt bzw. auch andere Propheten als Mohammed anerkennt.

Dieses hat unmittelbare Konsequenzen für den Bereich des Wahlrechts insofern, als Ahmadis nur auf besonderen Minderheitenlisten kandidieren können und nur solche wählen können. Um ohne Einschränkungen als Muslim kandidieren bzw. wählen zu können, muss eine eidesähnliche Erklärung zur Finalität des Prophetenamtes Mohammeds abgegeben sowie ausdrücklich beteuert werden, dass der Gründer der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft ein falscher Prophet ist. Aufgrund dessen werden seitdem die Wahlen durch die Ahmadis regelmäßig und in erheblichem Umfang boykottiert (vgl. (U.S. Department of State, Pakistan, International Religious Freedom Report, 10.09.2007, S. 2; Home Office, Country of Origin Information Report Pakistan, 07.02.2008, Ziff. 19.34 ff.). In den Pässen werden die Ahmadis ausdrücklich (wieder) als "non-muslim" geführt (vgl. AA Lagebericht vom 18.05.2007, S. 16).

b) Seit 1984 bzw.1986 gelten namentlich drei Vorschriften des pakistanischen Strafgesetzbuches, die sich speziell mit den Ahmadis befassen und diese gewissermaßen zur Absicherung und Unterfütterung ihrer verfassungsrechtlichen Behandlung in den Blick nehmen.

Sec. 298 B lautet (vgl. BVerfG, B.v. 01.07.1987 - 2 BvR 478/86 - BVerfGE 76, 143 <146>):

"(1) Wer als Angehöriger der Qadani-Gruppe oder der Lahorj-Gruppe (die sich 'Ahmadis' oder anders nennen) durch Worte, seien sie gesprochen oder geschrieben, oder durch sichtbare Darstellung

a) eine Person, ausgenommen einen Kalifen oder Begleiter des heiligen Propheten Mohammed (Friede sei mit ihm) als 'Ameerui Mumineen', 'Khalifar-ul-Mimineem', 'Shaabi' oder 'Razi-Allah-Anho' bezeichnet oder anredet;

b) eine Person, ausgenommen eine Ehefrau des heiligen Propheten Mohammed (Friede sei mit ihm) als 'Ummul-Mumineen' bezeichnet oder anredet;

c) eine Person, ausgenommen ein Mitglied der Familie des heiligen Propheten Mohammed (Friede sei mit ihm) als 'Ahle-bait' bezeichnet oder anredet;

d) sein Gotteshaus als 'Masjid' bezeichnet, es so nennt oder benennt, wird mit Freiheitsstrafe einer der beiden Arten bis zu drei Jahren und mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer als Angehöriger der Qadani-Gruppe oder der Lahorj-Gruppe (die sich 'Ahmadis' oder anders nennen) durch Worte, seien sie gesprochen oder geschrieben, oder durch sichtbare Darstellung die Art oder Form des von seiner Glaubensgemeinschaft befolgten Gebetsrufs als 'Azan' bezeichnet oder den 'Azan' so rezitiert wie die Muslime es tun, wird mit Freiheitsstrafe der beiden Arten und mit Geldstrafe bestraft."

Sec. 298 C lautet:

"Wer als Angehöriger der Qadani-Gruppe oder der Lahorj-Gruppe (die sich 'Ahmadis' oder anders nennen) durch Worte, seien sie gesprochen oder geschrieben, oder durch sichtbare Darstellung mittelbar oder unmittelbar den Anspruch erhebt, Muslim zu sein, oder seinen Glauben als Islam bezeichnet oder ihn so nennt oder seinen Glauben predigt oder propagiert oder andere auffordert, seinen Glauben anzunehmen, oder wer in irgendeiner anderen Weise die religiösen Gefühle der Muslime verletzt, wird mit Freiheitsstrafe einer der beiden Arten bis zu drei Jahren und Geldstrafe bestraft."

Sec. 295 C schließlich hat folgenden Wortlaut:

"Wer in Worten, schriftlich oder mündlich oder durch sichtbare Übung, oder durch Beschuldigungen, Andeutungen oder Beleidigungen jeder Art, unmittelbar oder mittelbar den geheiligten Namen des heiligen Propheten Mohammed (Friede sei mit ihm) verunglimpft, wird mit dem Tode oder lebenslanger Freiheitsstrafe und Geldstrafe bestraft."

Die genannten Vorschriften, die nach ihrem eindeutigen Wortlaut im Übrigen nicht nur die öffentliche Sphäre der Religionsausübung betreffen (in diesem Sinne auch ausführlich HessVGH, U.v. 31.08.1999 - 10 UE 864/98.A - juris - Tz. 92 ff.; vgl. auch BVerfG, Kammerb. v. 21.12.1992 - 2 BvR 1263/92 - juris m.w.N.; BVerwG, U.v. 26.10.1993 - 9 C 50.92 - NVwZ 1994, 500; v. 25.01.1995 - 9 C 279.94 - NVwZ 1996, 82, insbesondere auch zur Abgrenzung zwischen forum internum und zur Glaubensbetätigung mit Öffentlichkeitsbezug), stellen diskriminierenden, nicht mit Art. 18 Abs. 3 IPbpR zu vereinbarende Strafbestimmungen dar, die zugleich die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 2 lit. c QRL erfüllen (vgl. auch etwa EGMR, U.v. 24.02.1998 - 140/1996/759/958-960 - Larissis - http://www.echr.coe.int/echr/ -, wonach ein Verbot des Missionierens, sofern keine besonderen Umstände gegeben sind, eine unzulässige Beschränkung der Religionsfreiheit darstellt). Es handelt sich nicht um staatliche Maßnahmen, "die der Durchsetzung des öffentlichen Friedens und der verschiedenen, in ihrem Verhältnis zueinander möglicherweise aggressiv-intoleranten Glaubensrichtungen dienen, und zu diesem Zweck etwa einer religiösen Minderheit mit Rücksicht auf eine religiöse Mehrheit untersagt wird, gewisse Bezeichnungen, Merkmale, Symbole oder Bekenntnisformen in der Öffentlichkeit zu verwenden, obschon sie nicht nur für die Mehrheit, sondern auch für die Minderheit identitätsbestimmend sind" (so BVerfG, B.v. 01.07.1987 - 2 BvR 478/86 - BVerfGE 76, 143 im Kontext des Asylgrundrechts). Dies gilt nicht nur mit Rücksicht auf die fehlende Beschränkung auf die öffentliche Sphäre, sondern auch deshalb, weil hier der pakistanische Staat, auch wenn er stark durch Glaubensüberzeugungen der Mehrheitsbevölkerung geprägt sein mag, nicht die Rolle eines um Neutralität bemühten Staatswesens einnimmt. Vielmehr werden hier einseitig die Angehörigen der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft in Haftung genommen und in ihren Freiheitsrechten und in ihrer religiösen Selbstbestimmung beeinträchtigt, obwohl von einem aggressiven Auftreten gegenüber anderen Religionen, namentlich auch anderen Strömungen des Islam nichts bekannt geworden ist und den inneren Frieden störende Handlungen nicht von ihnen ausgehen, sondern weitgehend allein von zunehmend aggressiv agierenden orthodoxen Teilen der Mehrheitsbevölkerung sowie auch direkt und unmittelbar von staatlichen Behörden (vgl. hierzu AA Lagebericht vom 18.05.2007, S. 14 ff.; U.S. Department of State, Pakistan, International Religious Freedom Report, 10.09.2007, S. 6 und 10; vgl. auch HessVGH, U.v. 31.08.1999 - 10 UE 864/98.A - juris - Tz. 34).

Seit Einführung der spezifisch auf die Ahmadis zugeschnittenen Blasphemiebestimmung von sec. 295 C, die neben weiteren ähnlichen Bestimmungen steht, die bis in die Kolonialzeit zurückreichen, sollen etwa 2000 Strafverfahren gegen Ahmadis eingeleitet worden sein (vgl. Home Office, Country of Origin Information Report Pakistan, 07.02.2008, Ziff. 19.56; vgl. aber auch Ziffer 19.55 mit etwas niedrigeren Zahlen von ausdrücklich und im Einzelnen von der Glaubensgemeinschaft selbst dokumentierten Fällen); allein im Jahre 2006 soll es zu 21 Anklagen gegen Ahmadis gekommen sein (vgl. AA Lagebericht vom 18.05.2007, S. 15, das im Übrigen ausdrücklich die steigende Tendenz als besorgniserregend qualifiziert, vgl. dort S. 5; vgl. auch Freedom House 2007, mit dem Hinweis auf eine Zunahme in den jüngsten Jahren; vgl. auch zu ähnlichen Zahlen Home Office, Country of Origin Information Report Pakistan, 07.02.2008, Ziff. 19.51; Human Rights Commission of Pakistan, 01.02.2006, S. 123 ff., wonach seit 1988 von 647 Fällen allein in den Medien berichtet worden sei). Allerdings ist es bislang zu keinen Todesurteilen gekommen, die auch in letzter Instanz bestätigt worden wären. Weitere Informationen über die Zahl rechtskräftiger Verurteilungen liegen dem Senat nicht vor. Faire Gerichtsverfahren sind, v.a. in erster Instanz häufig nicht garantiert, weil den Gerichtsorganen die erforderliche Neutralität fehlt, wobei dies nicht zuletzt darauf beruht, dass sie zum Teil durch örtliche Machthaber oder islamistische Extremisten unter Druck gesetzt werden oder aber in hohem Maße korrupt sind (vgl. AA a.a.O., S. 17; U.S. Department of State, Pakistan, Country Reports on Human Rights Practices, 11.03.2008, S. 9 f.). In der Regel werden die Betroffenen bis zum Abschluss des Verfahrens nicht gegen Kaution freigelassen (U.S. Department of State, a.a.O., S. 10). Anwälte von Betroffenen werden gleichfalls häufig von privater Seite eingeschüchtert und unter Druck gesetzt (vgl. U.S. Department of State, a.a.O., S. 16 f.). Die Bestimmung der sec. 295 C wird nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Pakistan auch keineswegs restriktiv verstanden und ausgelegt. Nach dem Urteil des Lahore High Court vom 17.09.1991 (bestätigt durch Urteil des Supreme Court vom 03.07.1993), mit dem ein Verbot der 100-Jahr-Feiern der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft gebilligt wurde, stellt das Rezitieren der Glaubensformel "Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet" durch einen Ahmadi nicht nur ein strafbares "Sich-Ausgeben" als Muslim im Sinne von sec. 298 C dar, sondern eine Lästerung des Namens des Propheten (vgl. hierzu im Einzelnen HessVGH, U. v. 31.08.1999 - 10 UE 864/98.A - juris - Tz. 46 und 69).

Was die Strafbestimmungen der sec. 298 B und C betrifft, sollen gegenwärtig etwa 1000 Verfahren anhängig sein (vgl. AA Lagebericht vom 18.05.2007, S. 16; vgl. auch zu Zahlen der insgesamt durchgeführten Verfahren Home Office, Country of Origin Information Report Pakistan, 07.02.2008, Ziff. 19.55 f.), wobei hier die Angeklagten sich zumeist auf freiem Fuß befinden (vgl. zu den Hintergründen und Motiven für die Einleitung von Verfahren auch AA a.a.O., S. 17; U.S. Department of State, Pakistan, International Religious Freedom Report, 10.09.2007, S. 6; Home Office, Country of Origin Information Report Pakistan, 07.02.2008, Ziff. 19.57).

Demgegenüber werden Strafbestimmungen, die den Schutz der religiösen Gefühle aller Religionen, somit auch der Minderheitsreligionen, gewährleisten sollen, in der Rechtswirklichkeit nicht oder selten angewandt, wenn deren Gefühle durch Angehörige der Mehrheitsreligion verletzt worden sind (vgl. (U.S. Department of State, Pakistan, International Religious Freedom Report, 10.09.2007, S. 2).

Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser rechtliche Rahmen in der Metropole der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft Rabwah keine Gültigkeit haben sollte. Abgesehen davon ist nichts dafür ersichtlich, dass alle im Geltungsbereich der Qualifikationsrichtlinie schutzsuchenden gläubigen Ahmadis dort einen zumutbaren internen Schutz im Sinne von Art. 8 QRL finden könnte, zumal auch dort keine Sicherheit vor Übergriffen durch radikale Muslime bestehen dürfte (vgl. hierzu im Einzelnen unten d).

c) Den Ahmadis ist es seit 1983 oder 1984 untersagt, öffentliche Versammlungen bzw. religiöse Treffen und Konferenzen abzuhalten, namentlich auch solche Veranstaltungen, auf den öffentlich gebetet wird (vgl. (U.S. Department of State, Pakistan, International Religious Freedom Report, 10.09.2007, S. 4; Home Office, Country of Origin Information Report Pakistan, 07.02.2008, Ziff. 19.53). Hingegen wird es Ahmadis nicht generell unmöglich gemacht, sich in ihren Gebetshäusern zu versammeln, selbst wenn dies durch die Öffentlichkeit wahrgenommen werden kann und wird (AA Lagebericht vom 18.05.2007, S. 16), jedenfalls wird dies im Grundsatz faktisch hingenommen. Allerdings wird die gemeinsame Ausübung des Glaubens immer wieder dadurch behindert, dass Gebetshäuser aus willkürlichen Gründen geschlossen werden bzw. deren Errichtung verhindert wird, während gleichzeitig orthodoxe Sunniten ungehindert an der gleichen Stelle ohne jede Genehmigung eine Moschee errichten können, sowie Gebetshäuser oder Versammlungsstätten immer wieder von Extremisten überfallen werden (vgl. (U.S. Department of State, Pakistan, International Religious Freedom Report, 10.09.2007, S. 5, 7 und 10 f.).

Im Gegensatz zu anderen Minderheitsreligionen ist den Ahmadis jedes Werben für ihren Glauben mit dem Ziel andere zum Beitritt in die eigene Glaubensgemeinschaft zu bewegen, strikt untersagt und wird auch regelmäßig strafrechtlich verfolgt (vgl. (U.S. Department of State, Pakistan, International Religious Freedom Report, 10.09.2007, S. 4).

Den Ahmadis ist die Teilnahme an der Pilgerfahrt nach Mekka verboten, wenn sie dabei als Ahmadis auftreten bzw. sich zu erkennen geben (U.S. Department of State, Pakistan, International Religious Freedom Report, 10.09.2007, S. 4).

Literatur und andere Veröffentlichungen mit Glaubensinhalten im weitesten Sinn sind verboten; allerdings finden Publikationen in internen Kreisen durchaus größere Verbreitung (U.S. Department of State, Pakistan, International Religious Freedom Report, 10.09.2007, S. 3 und 4).

d) Ahmadis sind seit Jahren und in besonders auffälligen Maße Opfer religiös motivierter Gewalttaten, die aus der Mitte der Mehrheitsbevölkerung von religiösen Extremisten begangen werden, ohne dass die Polizeiorgane hiergegen effektiven Schutz gewähren würden; in nicht wenigen Fällen haben auch Angehörige der Polizei unmittelbar derartige Aktionen mit unterstützt, zumindest aber diesen untätig zugesehen und diese geschehen lassen (vgl. U.S. Department of State, Pakistan, Country Reports on Human Rights Practices, 11.03.2008, S. 17 f.; U.S. Department of State, Pakistan, International Religious Freedom Report, 10.09.2007, S. 6 f. und 10 f.; Human Rights Commission of Pakistan, 01.02.2006, 119; Human Rights Commission of Pakistan, 01.02.2006, S. 124 mit Beispielen). Dies gilt selbst für ihre "Metropole" Rabwah, jetzt Chenab Nagar (vgl. Home Office, Country of Origin Information Report Pakistan, 07.02.2008, Ziff. 19.59; ai, Jahresbericht 2006). Zu in den 70-er Jahre vorgefallenen pogromartigen Ausschreitungen vergleichbaren Aktionen ist es jedoch nicht mehr gekommen.

e) Nur der Vollständigkeit halber soll noch auf folgenden Umstand hingewiesen werden, der allerdings das vom Senat für richtig gehaltene Ergebnis nicht entscheidend beeinflusst, sondern allenfalls zur Abrundung des Bildes beiträgt und geeignet ist: Die frühere überdurchschnittliche Repräsentanz von Ahmadis im öffentlichen Dienst sinkt seit Jahren bedingt durch eine zunehmende Diskriminierung bei Einstellungen und Beförderungen (vgl. AA Lagebericht vom 18.05.2007, S. 17; Home Office, Country of Origin Information Report Pakistan, 07.02.2008, Ziff. 19.62; Human Rights Commission of Pakistan, 01.02.2006, S. 114; U.S. Department of State, Pakistan, International Religious Freedom Report, 10.09.2007, S. 3 und 16 f.). Desgleichen wird von weit verbreiteten Diskriminierungen beim Zugang zum öffentlichen Bildungswesen und in demselben berichtet (Human Rights Commission of Pakistan, 01.02.2006, S. 119; Home Office, Country of Origin Information Report Pakistan, 07.02.2008, Ziff. 19.65).

3. Die so beschriebene Situation der Ahmadis in Pakistan, die von der "Fédération Internationale des Droits Humaines" (FIDH) im Januar 2005 in der Weise zusammenfassend charakterisiert wurde, dass "die Ahmadis wohl die einzige der am meisten betroffenen Gruppen sei, bei der die Verweigerung des Rechts auf öffentliche Meinungsäußerung, Religionsausübung und Versammlungsfreiheit nahezu umfassend sei" (zitiert nach Home Office, Country of Origin Information Report Pakistan, 07.02.2008, Ziff. 19.56), stellt für einen dem Glauben eng und verpflichtend verbundenen und in diesem verwurzelten Ahmadi, zu dessen Glaubensüberzeugung es auch gehört, den Glauben in der Öffentlichkeit zu leben und in diese zu tragen, eine schwerwiegende Menschrechtsverletzung jedenfalls im Sinne einer kumulierenden Betrachtung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL darstellen. Der Präsident von amnesty international Pakistan wird dahingehend zitiert, die Ahmadis seien die am meisten unterdrückte Gruppe in Pakistan, was er nicht zuletzt darauf zurückführt, dass es - anders als bei Christen - niemanden gebe, der sich für diese wirkungsvoll einsetze und den erforderlichen Druck ausübe (zitiert nach Home Office, Country of Origin Information Report Pakistan, 07.02.2008, Ziff. 19.63 a. E.)

Von zentraler Bedeutung für diese Schlussfolgerung des Senats ist dabei das gegen die Ahmadis gerichtete verfassungsunmittelbare Verbot sich als Muslime zu begreifen bzw. zu verstehen und dieses Verständnis insoweit auch in die Öffentlichkeit zu tragen (vgl. Art. 9 Abs. 2 lit. b QRL). Denn hieraus leiten sich letztlich alle oben beschriebenen Verbote, insbesondere soweit sie auch strafbewehrt sind (vgl. Art. 9 Abs. 2 lit. c QRL), ab. Dieses Verbot und seine Folgeumsetzungen müssen das Selbstverständnis der Ahmadis im Kern treffen, wenn jegliches Agieren in der Öffentlichkeit, insbesondere auch ein Werben für den Glauben und ein friedliches Missionieren nicht zugelassen werden und nur unter dem Risiko einer erheblichen Bestrafung möglich sind.

Bei diesem Ausgangspunkt kann nicht die Frage im Vordergrund stehen, ob die bislang bzw. gegenwärtig festgestellten Verurteilungen bzw. Strafverfahren unter dem Gesichtspunkt der Verfolgungsdichte die Annahme einer flüchtlingsrechtlich relevanten Gruppenverfolgung rechtfertigen würden. Denn es kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass angesichts der angedrohten erheblichen, ja drakonischen Strafen sowie der zahlreichen nicht enden wollenden ungehinderten Übergriffe extremistischer Gruppen es der gesunde Menschenverstand nahe legen, wenn nicht gar gebieten wird, alle öffentlichkeitswirksamen Glaubensbetätigungen zu unterlassen bzw. äußerst zu beschränken, insbesondere jedes öffentliche werbende Verbreiten des eigenen Glaubens. Diese seit nunmehr weit über 20 Jahre währenden rechtlichen und sozialen Gesamtumstände und -bedingungen der Glaubenspraxis werden auch einen nicht unwesentlichen Faktor für die bereits eingangs festgestellte Stagnation der gesamten Ahmadiyya-Bewegung ausmachen. Insoweit muss die absolute Zahl der Strafverfahren und ihr Verhältnis zu der Zahl der gläubigen Ahmadis daher isoliert betrachtet notwendigerweise ein unzutreffendes Bild abgeben. Würden die gläubigen Ahmadis ihr selbstverständliches Menschenrecht aktiv wahrnehmen, so müssten sie bei realistischer Betrachtungsweise mit erheblichen und nach Art und Zahl zunehmenden Reaktionen von staatlicher Seite bzw. auch von Dritten rechnen. Da die öffentliche Glaubensbetätigung für die Ahmadis (nach ihrem Selbstverständnis gerade auch als Teil der Muslime) als unverzichtbarer Teil des Menschenrechts auf freie Religionsausübung verstanden werden muss, kann auch nicht eingewandt werden, dass das gegenwärtige festzustellende weitgehende Schweigen in der Öffentlichkeit nur Ausdruck eines latenten flüchtlingsrechtlich irrelevanten und daher hinzunehmenden Anpassungsdrucks ist.

V. Dafür, dass generell jeder pakistanischer Staatsangehöriger allein wegen seiner bloßen Zugehörigkeit zur Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft hingegen Verfolgung zu gewärtigen hätte, bestehen nach den obigen Ausführungen unter II 2 und den dort verwerteten Erkenntnismitteln keine hinreichenden Anhaltspunkte. Soweit eine innere und verpflichtende Verbundenheit nicht festgestellt werden kann, sind die Betreffenden, selbst wenn man die vorgenannten rechtlichen und tatsächlichen Vorgaben zur Auslegung der Qualifikationsrichtlinie und deren Anwendung auf die Lage der Ahmadis in Pakistan (vgl. II. und IV.) zu ihren Gunsten unterstellt, nicht in dem erforderlichen Maße von den im Einzelnen festgestellten Verfolgungshandlungen betroffen. Insbesondere stellt es nach Überzeugung des Senats keine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung dar, wenn dieser Personenkreis sich in der Öffentlichkeit nicht als Muslim bezeichnen kann und darf. Insoweit stellt sich die Sachlage nicht anders dar, als sie bislang der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs und der anderer Oberverwaltungsgerichte zu dem Aspekt der asylerheblichen Gruppenverfolgung entsprach (vgl. VGH Baden-Württemberg, B.v. 24.11.2000 - A 6 S 672/99 - juris; HessVGH, U.v. 31.08.1999 - 10 UE 864/98.A - juris; OVG Mecklenburg-Vorpommern, B.v. 29.06.1005 - 2 L 208/01 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, B.v. 21.07.2004 - 19 A 2599/04.A - juris m.w.N.; OVG Saarland, B.v. 15.03.2002 - 9 Q 59/01 m.w.N. - juris; BayVGH, U.v. 24.07.1995 - 21 B 91.30329 - juris; NiedersOVG, U.v. 29.02.1996 - 12 L 6696/95 - juris; ThürOVG, U.v. 30.09.1998 - 3 KO 864/98 - juris; HambOVG, B.v. 02.03.1999 - OVG Bf 13/95 - juris). Hieran ist auch nach dem aktuellen Erkenntnisstand festzuhalten. Die vom Senat verwerteten aktuellen Erkenntnismittel zeichnen, v.a. was den hier in erster Linie in den Blick zu nehmenden Aspekt der Verfolgungsdichte betrifft, kein grundlegend anderes Bild als dies bislang der Fall war. Nachdem nach wie vor die Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya in Pakistan selbst davon ausgeht, dass sie insgesamt etwa vier Millionen Angehörige zählt, darunter etwa 500.000 bis 600.000 bekennende Mitglieder (vgl. AA Lagebericht vom 30.05.2007, S. 16), sieht der Senat gegenwärtig keine ausreichende Grundlage dafür, dass die aktuelle Zahl in einem so signifikanten Maße darunter liegen könnte, dass eine vollständige Neubewertung des Bedrohungsszenarios erfolgen müsste.

VI. Der Senat konnte, insbesondere aufgrund der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Anhörung des Klägers, nicht die erforderliche Überzeugung gewinnen, dass er seinem Glauben überhaupt eng verbunden ist, diesen auch in der Vergangenheit regelmäßig ausgeübt hat und auch gegenwärtig in einer Weise praktiziert, dass er im Falle einer Rückkehr nach Pakistan auch unmittelbar von der vorbeschriebenen Situation betroffen wäre.

Dies ergibt sich aus folgendem: Wäre der Kläger seinem Glauben wirklich innerlich verbunden, so ist es für den Senat nicht verständlich, dass er in den acht Jahren, die er sich nunmehr in Maselheim aufhält, allenfalls fünf oder sechs Mal in Weingarten war, um sich dort mit anderen Angehörigen der dortigen Ahmadiyya-Gemeinde zu treffen, zumal vor dem Hintergrund, dass er an seinem Wohnort der einzige Ahmadi ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Ausländerbehörde insoweit offenbar keinerlei Schwierigkeiten gemacht hatte. Abgesehen davon hat der Senat auch nicht ausgeräumte Zweifel, ob die behaupteten Besuche in Weingarten überhaupt, jedenfalls in dieser Zahl stattgefunden haben. Befragt nach der Dauer des letzten Aufenthalts in Weingarten vor immerhin nur 2 oder 3 Monaten, konnte der Kläger unverständlicherweise zunächst überhaupt keine näheren Angaben machen und lachte nur völlig unvermittelt. Vielmehr musste der Senat mehrfach nachfragen und erhielt schließlich eine völlig vage Zeitangabe. Der Senat nimmt dem Kläger nicht ab, dass er sich nach so kurzer Zeit nicht genauer an die Dauer seines Aufenthalts in Weingarten erinnern kann. Seine Angaben dazu, wie er seine Gebetspflichten erfüllt, lassen gleichfalls nicht auf eine enge Bindung an den Glauben schließen. Wenn bereits ein Besuch, auch wenn er bedeutend sein sollte, dazu führt, dass er seinen diesbezüglichen Pflichten nicht nachkommt, so lässt dies auf eine gewisse Beliebigkeit schließen, zumal sich der Kläger ohnehin nicht sehr strikt an diese Pflichten gebunden fühlt, wenn er es als typisch darstellt, nur 2 oder 3 Mal am Tag zu beten. Schließlich waren seine Angaben zu den maßgeblichen Glaubensinhalten und deren Bedeutung für sein Leben in hohem Maße undifferenziert, wenn nicht gar oberflächlich, wenn er etwa auf die Frage nach den wesentlichen Unterschieden zum Glauben der Mehrheit der Muslime zunächst nur ausführen konnte, dass das, was sie glaubten, die anderen nicht glaubten, und das, was sie nicht glaubten, die anderen glaubten, und es erst mehrerer weiterer Fragen bedurfte, um den Kläger zu der völlig vagen Aussage zu veranlassen, dass sie an den Quadiani glaubten und dass der Messias schon gekommen sei. Aus alledem vermochte der Senat nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass der Kläger in einer wirklich engen und verpflichtenden Beziehung zum Glauben der Ahmadis steht und es insbesondere als für sich verpflichtend ansieht, in irgendeiner Weise auch für diesen Glauben öffentlich einzutreten. VII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 83b AsylVfG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein gesetzlicher Zulassungsgrund vorliegt (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.

Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.



Ende der Entscheidung

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