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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 14.06.2004
Aktenzeichen: A 12 S 633/04
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO, AsylVfG


Vorschriften:

VwGO § 56 Abs. 2
VwGO § 60 Abs. 1
VwGO § 60 Abs. 2
VwGO § 67 Abs. 3 Satz 3
ZPO § 174 Abs. 1
ZPO § 85 Abs. 2
AsylVfG § 78 Abs. 4 Satz 1
Eine Mandatskündigung oder -niederlegung wird dem Gericht und den anderen Prozessbeteiligten gegenüber erst mit der Anzeige gegenüber dem Gericht wirksam. Hat ein bevollmächtigter Rechtsanwalt die Beendigung des Mandats dem Gericht nicht angezeigt und das Empfangsbekenntnis über das ihm zugestellte Urteil unterzeichnet, hat er dafür Sorge zu tragen, dass innerhalb der in Lauf gesetzten Frist ein etwa beabsichtigtes Rechtsmittel eingelegt wird (wie BVerwG NJW 1980, 2269).
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG

Beschluss

A 12 S 633/04

In der Verwaltungsrechtssache

wegen

Anerkennung als Asylberechtigte und Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG und Abschiebungsandrohung

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 12. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Kuntze, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Pfaundler und den Richter am Verwaltungsgericht Frank am 14. Juni 2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 05. November 2003 - A 7 K 13124/02 - wird abgelehnt.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

Der Antrag ist unzulässig, weil er nicht innerhalb der Frist des § 78 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG beim Verwaltungsgericht gestellt worden ist.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist dem früheren Bevollmächtigten der Kläger ausweislich des in den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses am 07.04.2004 zugestellt worden. Nachdem der Bevollmächtigte eine schriftliche Vollmachtsurkunde vorgelegt hatte, waren - bis zum Bekanntwerden des Erlöschens der Vollmacht - Zustellungen im Verfahren an ihn zu richten (§ 67 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die durchgeführte Zustellung entsprach den gesetzlichen Vorgaben des § 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 174 Abs. 1 ZPO. Die in den Akten enthaltene Telekopie genügt zum Nachweis der Zustellung, da sie mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehen ist (§ 174 Abs. 4 ZPO), wobei die Datumsangabe hier in dem automatischen Datumseindruck durch das Faxgerät zu sehen ist. Selbst wenn man diesen nicht genügen lassen würde, wäre die fehlende Datumsangabe auf dem Empfangsbekenntnis nach § 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 189 ZPO mit der am 07.04.2004 erfolgten Rücksendung als geheilt anzusehen.

Die Zustellung wirkte gegenüber den Klägern, obwohl zu diesem Zeitpunkt das Mandat des früheren Bevollmächtigten bereits gekündigt worden war. Denn eine Mandatsniederlegung wird dem Gericht und den anderen Prozessbeteiligten gegenüber erst wirksam, wenn sie dem Gericht gegenüber angezeigt worden ist (BVerwG, Beschluss vom 29.01.1980, NJW 1980, S. 2269 und Urteil vom 13.12.1982, NJW 1983, S. 2155; Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/ von Albedyll, VwGO, 2. Aufl. RdNr. 42 zu § 67). Das spätere Bekanntwerden der Mandatsniederlegung bzw. der Mandatskündigung und des Erlöschens der Vollmacht führt nicht dazu, dass die bis dahin vorgenommenen Handlungen und auch die bis dahin erfolgten Zustellungen ihre Wirkung verlieren (BVerwG, Urteil vom 13.12.1982, NJW 1983, S. 2155).

Den Klägern kann keine Wiedereinsetzung in die Versäumung der Frist des § 78 Abs. 4 S. 1 AsylVfG gewährt werden. Der am 06.05.2004 beim Verwaltungsgericht eingegangene Antrag ist verspätet. Nach § 60 Abs. 2 VwGO ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in eine versäumte gesetzliche Frist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Nach dem Vortrag der Kläger lag ihnen das Urteil am 16.04.2004 vor. Ab diesem Zeitpunkt war ihnen der Zustellungstag und damit der bereits eingetretene Ablauf der Frist für den Zulassungsantrag bekannt. Der am 06. Mai 2004 beim Verwaltungsgericht eingegangene Wiedereinsetzungsantrag wahrt die Zweiwochenfrist des § 60 Abs. 2 VwGO nicht.

Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen kommt nicht in Betracht, weil die Kläger nicht ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert waren (§ 60 Abs. 1 VwGO). Es kann dahinstehen, ob sie sich das Verhalten ihres früheren Bevollmächtigten zurechnen lassen müssen (so insbes. BVerwG, Beschluss vom 29.01.1980, NJW 1980, S. 2269), weil ein Prozessbevollmächtigter, der seine Mandatsniederlegung bzw. die Beendigung des Mandats dem Gericht nicht angezeigt und das Empfangsbekenntnis über das ihm zugestellte Urteil unterzeichnet hat, dafür Sorge zu tragen hat, dass innerhalb der durch diese Zustellung in Lauf gesetzten Frist ein etwa beabsichtigtes Rechtsmittel eingelegt wird. Denn selbst wenn man diese Verschuldenszurechnung nach § 85 Abs. 2 ZPO mit der (internen) Mandatskündigung enden lässt (so BVerwG, Beschluss vom 05.05.1999, NVwZ 2000, S. 65), wäre es den Klägern zum Zeitpunkt des Erhaltes des Urteils möglich gewesen, noch fristgerecht das Rechtsmittel einlegen zu lassen. Dass sie dies nicht getan, sondern erst sechs Tage später und damit nach Ablauf der Frist ihren jetzigen Bevollmächtigten aufgesucht haben, stellt ein eigenes Verschulden dar.

Seit dem 26.11.2003 war den damals noch mandatierten Rechtsanwälten (und damit auch dem dieser Kanzlei damals noch angehörenden jetzigen Bevollmächtigten) der Tenor der Entscheidung bekannt. Es musste daher jederzeit mit deren Zustellung gerechnet werden. Wenn die Kläger in dieser Situation mit Schreiben vom 17.12.2003 das Mandat kündigen und dies nicht dem Gericht mitteilen und auch nicht für eine anderweitige Vertretung sorgen, ist dies ebenfalls ihnen selbst zuzuschreiben. Das gilt in der hier zu beurteilenden, besonderen Fallkonstellation auch deshalb, weil der jetzige Prozessbevollmächtigte während des erstinstanzlichen Verfahrens der Kanzlei der früheren Bevollmächtigten angehört und die Kläger konkret vertreten hatte. Er war in der mündlichen Verhandlung am 05. November 2003 anwesend gewesen und es war ihm bekannt, dass eine Entscheidung auf deren Grundlage zugestellt werden würde. Die Entscheidung selbst war der Kanzlei am 26.11.2003 telefonisch bekannt gegeben worden. Wenn er in der Folgezeit die Betreuung der Kläger weiter übernimmt, wäre es seine Pflicht gewesen, die Änderung in dem Mandatsverhältnis dem Verwaltungsgericht selbst mitzuteilen. Eine solche Mitteilung ist bis heute nicht erfolgt. Dieses Verschulden müssen sich die Kläger nach dem hier anwendbaren § 85 Abs. 2 VwGO zurechnen lassen.

Im Übrigen wird auf § 78 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 S. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b Abs. 1 AsylVfG).



Ende der Entscheidung

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