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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 05.07.2001
Aktenzeichen: A 14 S 2181/00
Rechtsgebiete: AsylVfG, AuslG


Vorschriften:

AsylVfG § 34
AsylVfG § 71
AuslG § 50 Abs. 5
1. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ist nicht befugt, einem erfolglosen Asylbewerber die Abschiebung für den Fall einer erneuten unerlaubten Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland anzudrohen (Unzulässigkeit einer Abschiebungsandrohung "auf Vorrat"; vgl. OVG NRW , Beschluss vom 23.03.2000 - 10 A 1284/00.A -).

2. Zur Frage, ob die Mitteilung an einen in Haft befindlichen Asylbewerber, er werde nach Ablauf einer Woche nach Bekanntgabe des Ablehnungsbescheids aus der Haft heraus in sein Heimatland abgeschoben, als Abschiebungsandrohung oder als Abschiebungsanordnung zu verstehen ist.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

A 14 S 2181/00

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Abschiebungsandrohung

hat der 14. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schnebelt und die Richter am Verwaltungsgerichtshof Noé und Brandt auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist, wird das Verfahren eingestellt.

Insoweit ist der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. August 2000 - A 7 K 11264/00 - unwirksam.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten gegen diesen Gerichtsbescheid zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 1/4, die Beklagte trägt 3/4 Viertel der Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung des verwaltungsgerichtlichen Gerichtsbescheids wird wie folgt neu gefasst: Der Kläger trägt 29/32, die Beklagte 3/32 der Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsregelung.

Der 1981 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger und stammt aus dem Kosovo. Einen ersten Asylantrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 8.10.1991 ab; dieser Bescheid ist ebenso wie die im Anschluss hieran erlassene Abschiebungsandrohung nach Abweisung der hiergegen erhobenen Klage seit dem Jahre 1993 rechtskräftig. Am 21.5.1999 beantragte der Kläger unter Berufung auf eine Gruppenverfolgung ethnischer Albaner wiederum seine Anerkennung als Asylberechtigter; im Laufe des Verfahrens machte er ergänzend geltend, als Albaner dunkler Hautfarbe in gleicher Weise wie die Roma auch von den Albanern verfolgt zu werden. Seit dem 21.1.2000 verbüßte der Kläger eine Jugendstrafe.

Mit Bescheid vom 16.3.2000 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Des Weiteren verfügte das Bundesamt, dass der Kläger nach Ablauf einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung aus der Haft heraus nach Jugoslawien (Kosovo) abgeschoben werde; der Kläger könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (Ziff. 3 Abs. 1 der Verfügung). Für den Fall der Haftentlassung wurde der Kläger zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids aufgefordert; zugleich wurde ihm, falls er die Ausreisefrist nicht einhalte, die Abschiebung nach Jugoslawien (Kosovo) angedroht (Ziff. 3 Abs. 2 der Verfügung). Ferner wurde dem Kläger die Abschiebung für den Fall einer erneuten unerlaubten Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland angedroht (Ziff. 3 Abs. 3 der Verfügung).

Auf die hiergegen zum Verwaltungsgericht Sigmaringen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Gerichtsbescheid vom 16.8.2000 - A 7 K 11264/00 - Ziff. 3 Abs. 1 und Abs. 3 des angefochtenen Bescheids aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es, soweit die Klage erfolgreich war, im Wesentlichen ausgeführt: Die Verfügung sei in Ziff. 3 Abs. 1 rechtswidrig, weil nach (§§ 71 Abs. 4, 34 Abs. 1 AsylVfG i.V.m.) § 50 Abs. 5 Satz 1 AuslG in Haftfällen nicht von der Androhung, sondern nur von der Setzung einer Ausreisefrist abgesehen werden könne. Ziff. 3 Abs. 1 der Verfügung lasse sich nach ihrem objektiven Erklärungswert aber nicht in eine allgemeine Androhung der Verwaltungsvollstreckung in Form der Abschiebung umdeuten; sie stelle vielmehr eine Abschiebungsanordnung, nämlich die Festsetzung des Zwangsmittels, dar. Für die Abschiebungsanordnung sei das Bundesamt aber nicht zuständig; was sich insbesondere auch im Gegenschluss aus § 34 a Abs. 2 AsylVfG ergebe, denn nur in dieser Spezialvorschrift werde dem Bundesamt die Kompetenz für den Erlass einer Abschiebungsanordnung zugesprochen. Für die Abschiebungsandrohung auf Vorrat in Ziff. 3 Abs. 3 des Bescheids fehle es gleichfalls an einer Ermächtigungsgrundlage für das Bundesamt; insbesondere komme § 34 Abs. 1 AsylVfG hierfür nicht in Betracht; denn diese Vorschrift setze einen Zusammenhang zwischen dem Asylverfahren und der Aufenthaltsbeendigung voraus, der jedenfalls dann fraglich sei, wenn der Kläger aus asylfremden Gründen wieder in das Bundesgebiet einreise.

Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 5.12.2000 - A 14 S 1870/00 - zugelassenen Berufung trägt die Beklagte unter Bezugnahme auf ihren Zulassungsantrag vor: Bei der Formulierung in Ziff. 3 Abs. 1 des angefochtenen Bescheids handele es sich um eine Abschiebungsandrohung; dies ergebe sich jedenfalls bei Beachtung der Begründung des Bescheids; dort werde als Rechtsgrundlage § 34 Abs. 1 AsylVfG genannt und ausgeführt, dass in Haftfällen gemäß § 50 Abs. 5 Satz 1 AuslG von einer Fristsetzung abgesehen werden könne. Aus der Ankündigung der Abschiebung könne nicht der Rückschluss gezogen werden, dass die Abschiebung angeordnet werde. Jedenfalls sei das Bundesamt aber nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG i.V.m. § 50 Abs. 5 AuslG für die Ankündigung der Abschiebung zuständig. Die Abschiebungsandrohung für den Fall der unerlaubten Wiedereinreise in Ziff. 3 Abs. 3 des angefochtenen Bescheids sei rechtmäßig. Ihrer bedürfe es, da aus der Gesamtsystematik des Asylverfahrensgesetzes, insbesondere der Regelungen des § 71 Abs. 5 und Abs. 6 AsylVfG, folge, dass die vom Bundesamt zu erlassende Abschiebungsandrohung möglichst umfassend sein solle. Die vorsorglich ausgesprochene Abschiebungsandrohung sei im Hinblick auf § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG erforderlich, da im Falle der Abschiebung aus der Haft heraus gemäß Ziff. 3 Abs. 1 die für den Fall der Haftentlassung vorgesehene Regelung in Ziff. 3 Abs. 2 des Bescheids nicht zum Tragen komme. Der aus der Haft heraus abgeschobene Antragsteller dürfe indessen im Vergleich zu einem nach Fristsetzung abgeschobenen Antragsteller nicht besser gestellt werden; deswegen sei die Regelung nach Ziff. 3 Abs. 3 zu treffen gewesen, um gegebenenfalls später nach § 71 Abs. 5 AsylVfG vorgehen und ohne Erlass einer weiteren Abschiebungsandrohung eine Abschiebung durchführen zu können.

Im Hinblick auf die am 9.1.2001 erfolgte Entlassung des Klägers aus der Haft haben die Beklagte und der Kläger die Hauptsache hinsichtlich der Regelung in Ziff. 3 Abs. 1 des angefochtenen Bescheids für erledigt erklärt.

Die Beklagte beantragt nunmehr,

unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. August 2000 - A 7 K 11264/00 - die Klage, soweit das Verfahren in der Hauptsache nicht für erledigt erklärt worden ist, insgesamt abzuweisen.

Der Kläger hat sich in der Sache nicht geäußert. Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat keine Stellungnahme abgegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Dem Senat liegen die einschlägigen Behördenakten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in der Sache verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger und der Beteiligte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten waren; denn auf diese Möglichkeit ist in der ordnungsgemäß bewirkten Ladung hingewiesen worden (§§ 125 Abs. 1, 102 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Ziff. 3 Abs. 3 des angefochtenen Bescheids zu Recht aufgehoben. Die darin ausgesprochene Abschiebungsandrohung "auf Vorrat" ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Eine vorsorgliche, auf den Fall einer zukünftigen Einreise bezogene Abschiebungsandrohung sieht das Gesetz ausdrücklich nur in § 18 a Abs. 2 AsylVfG für das sogenannte Flughafenverfahren vor. Von dieser nicht verallgemeinerungsfähigen Sondervorschrift abgesehen, fehlt es im Asylverfahrensgesetz an einer Ermächtigungsgrundlage für die von der Beklagten verfügte Abschiebungsandrohung "auf Vorrat". Der in §§ 71 Abs. 4, 34 Abs. 1 AsylVfG vorgeschriebene Erlass einer Abschiebungsandrohung knüpft - in gleicher Weise wie die Regelungen in §§ 35, 39 Abs. 1 AsylVfG - an eine Ausreisepflicht an, die sich aus der Erfolglosigkeit eines Asylantrags ergibt; sie setzt dabei einen gegenwärtigen Aufenthalt in Deutschland voraus, den es gegebenenfalls im Wege der Verwaltungsvollstreckung zu beenden gilt. Hieran fehlt es, wenn die Ausreisepflicht erst durch eine erneute unerlaubte Einreise begründet werden soll (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 23.3.2000 - 10 A 1284/00.A -; Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 34 RdNr. 10). Die Berufung der Beklagten auf eine durch die Zielsetzung des Asylverfahrensgesetzes gebotene weite Auslegung der einschlägigen Vorschriften vermag ein abweichendes Ergebnis nicht zu rechtfertigen. Zwar ist bei der Auslegung asylverfahrensrechtlicher Vorschriften insbesondere dem mit ihnen verfolgten Beschleunigungszweck Rechnung zu tragen (siehe hierzu zuletzt BVerwG, Urt. v. 3.4.2001 - 9 C 22.00 -). Die von der Beklagten angeführten Erfordernisse der Praxis können jedoch nur im Rahmen der durch die bestehenden gesetzlichen Regelungen eröffneten Möglichkeiten Bedeutung gewinnen. Im Übrigen ist die Auffassung der Beklagten auch in sich nicht überzeugend. Das Argument, es bedürfe im Hinblick auf einen eventuellen weiteren Folgeantrag der im angefochtenen Bescheid verfügten Abschiebungsandrohung, um - bei einer vorherigen Abschiebung aus der Haft heraus - in den Genuss der Regelung des § 71 Abs. 5 Satz 1, Abs. 6 AsylVfG zu kommen, verfängt nicht. Denn nach dieser Bestimmung ist eine erneute Abschiebungsandrohung nur dann entbehrlich, wenn die vorangegangene Abschiebungsandrohung im Zusammenhang mit dem früheren Asylantrag ergangen und wegen dessen Erfolglosigkeit vollziehbar geworden ist; dies trifft indessen bei einer Ausreisepflicht, die erst nach einer künftigen Wiedereinreise vollziehbar werden soll, nicht zu (vgl. hierzu OVG NRW, Beschl. v. 23.3.200, a.a.O.). Im Übrigen erscheint auch zweifelhaft, ob die von der Beklagten aufgezeigten Schwierigkeiten zwingende Folge einer Abschiebung aus der Haft sind, oder ob nicht auch in dieser Situation eine Abschiebungsandrohung mit Fristsetzung, an die die Vorschrift des § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG anknüpft, in Betracht kommt.

Bezüglich der Abschiebungsregelung in Ziff. 3 Abs. 1 der angefochtenen Verfügung ist das Verfahren in der Hauptsache durch die übereinstimmenden Erklärungen des Klägers und der Beklagten erledigt; es ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO einzustellen. Der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts ist insoweit unwirksam (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 154 Abs. 2, 161 Abs. 2 VwGO.

Soweit das Verfahren die Abschiebungsandrohung "auf Vorrat" betrifft, hat die Beklagte nach § 154 Abs. 2 VwGO als unterlegene Rechtsmittelführerin die Kosten zu tragen.

Bezüglich des in der Hauptsache erledigten Teils des Verfahrens findet die Kostenfolge ihre Grundlage in § 161 Abs. 2 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist über die Kosten eines in der Hauptsache erledigten Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hier entspricht insoweit die hälftige Kostenteilung der Billigkeit, da keine verlässlichen Aussagen über die Erfolgsaussichten der Berufung getroffen werden können. Die rechtliche Qualifizierung der in Ziff. 3 Abs. 1 der angefochtenen Verfügung getroffenen Abschiebungsregelung ist nicht eindeutig; nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen besteht in- dessen kein Anlass mehr zu einer abschließenden Erörterung der aufge- worfenen Rechtsfragen.

Das Bundesamt ist gemäß §§ 71 Abs. 4, 34 Abs. 1 AsylVfG, 50 AuslG für den Erlass einer Abschiebungsandrohung zuständig; diese ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylVfG ausnahmslos zu erlassen (vgl. hierzu Roth in: Hailbronner, AuslR, § 34 AsylVfG RdNr. 20; Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 34 RdNr. 18). Damit und mit der nachfolgenden Benachrichtigung der Ausländerbehörde (§ 40 Abs. 1 AsylVfG) endet - von der Sonderregelung des § 34 a Abs. 2 AsylVfG abgesehen - die Zuständigkeit des Bundesamts (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.9.1997 - 1 C 6.97 -, NVwZ 1998, 299 <300>). Mangels einer ausdrücklichen Kompetenzzuweisung, derer es gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG bedarf, sind die weiteren Stufen des Vollstreckungsverfahrens der Ausländerbehörde vorbehalten; hierzu zählt nicht nur die Durchführung der Abschiebung, d.h. die Anwendung des unmittelbaren Zwangs, sondern ebenso - als zweite Stufe des gestreckten Vollstreckungsverfahrens - die Anordnung bzw. Festsetzung des Zwangsmittels; auch soweit diese - anders als in § 14 Abs. 1 BVwVG - in den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften nicht vorgeschrieben ist (siehe hierzu Sadler, VwVG, VwZG, 4. Aufl. 2000, § 14 VwVG RdNr. 15), so ist sie gleichwohl als den Rechtsschutz verstärkendes Element zulässig (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.7.1989 - 8 C 79.89 -, BVerwGE 82, 243 <245 f.>; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.5.1981 - 3 S 2320/80 -, VBlBW 1981, 352).

Dieser vollstreckungsrechtlich eindeutigen Begrifflichkeit hat sich die Beklagte nicht bedient, insbesondere ist nicht ausdrücklich von einer Androhung des Zwangsmittels, das damit erst in Aussicht gestellt wird, die Rede, obwohl dies zur Vermeidung von Missverständnissen und Unklarheiten, die immer zu Lasten der Behörde gehen, angezeigt erscheint (siehe Sadler, a.a.O., § 13 RdNr. 6). Vielmehr wird die (bevorstehende) Tatsache einer Abschiebung aus der Haft heraus als feststehende Entscheidung der Behörde mitgeteilt; dies legt das vom Verwaltungsgericht vertretene Verständnis als Abschiebungsanordnung nahe, weil damit, wie für die Festsetzung kennzeichnend, die Anwendung des Zwangsmittels, insbesondere in zeitlicher Hinsicht, näher bestimmt wird (vgl. Sadler, a.a.O., § 14 RdNr. 5; Pietzner, VerwArch 84 <1993> 261 (270>). Ungeachtet dieses am Wortlaut der Verfügung orientierten Verständnisses erscheinen indessen auch bei Beachtung des Empfängerhorizonts Auslegungsspielräume nicht ausgeschlossen, die zur Verdeutlichung des Regelungsgehalts des Bescheids einen Rückgriff auf dessen Begründung zulassen.

Im hier vorliegenden Fall, dass die Abschiebung des Ausländers wegen dessen Inhaftierung überwachungsbedürftig ist (§ 49 Abs. 2 AuslG), erlaubt nämlich § 50 Abs. 5 Satz 1 AuslG den Verzicht auf die Fristsetzung, schließt diese jedoch - selbst wenn sie während der Inhaftierung läuft und abläuft - nicht schlechthin aus (vgl. hierzu Renner, AuslR in Deutschland, 1998, § 41 RdNr. 357; siehe auch Funke-Kaiser in: GK-AuslG, § 50 RdNrn. 98 f.). Ob im allgemeinen Ausländerrecht auch die Abschiebungsandrohung als solche in der Regel entbehrlich ist (vgl. hierzu Funke-Kaiser in: GK-AuslG, § 50 RdNr. 102 m. umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen), kann hier auf Grund der Bestimmung des § 34 Abs. 1 AsylVfG, die den Erlass der Abschiebungsandrohung ausdrücklich vorschreibt, dahinstehen. Nach § 50 Abs. 5 Satz 2 AuslG soll die Abschiebung mindestens eine Woche vorher angekündigt werden. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Fristsetzung in dieser Situation ihren Zweck insoweit verfehlt, als der Ausländer die Vollstreckung nicht binnen einer ihm gesetzten Frist abwenden kann; denn die freiwillige Ausreise wird ihm gerade verwehrt. Die Androhung als solche verliert ebenfalls einen Teil des sie kennzeichnenden Sinngehalts; denn bei deren Erlass deutet mangels Abwendungsmöglichkeit des Vollstreckungsschuldners bereits alles darauf hin, dass das Zwangsmittel auch angewendet werden wird. Sie erfüllt allerdings weiterhin eine Funktion, indem nämlich der Ausländer zum einen angehalten wird, die angesichts der bevorstehenden Aufenthaltsbeendigung anstehenden persönlichen Angelegenheiten zu regeln und ihm zum anderen die Möglichkeit gegeben wird, um Rechtsschutz nachzusuchen. Der Androhung kommt so der Charakter einer bloßen Ankündigung zu (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 22.8.1986 - 1 C 34.85 -, Buchholz 402.24 § 13 AuslG Nr. 8; im Anschluss hieran VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.5.1987 - 11 S 2665/85 -, ESVGH 37, 228 <230>; OVG Hamburg, Beschl. v. 15.11.1989 - Bs IV 503, 508/88 -, NVwZ-RR 1990, 374; Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG § 34 RdNr. 7; Renner, a.a.O., § 42 RdNr. 419). Vor diesem Hintergrund mag auch die von der Beklagten gewählte Formulierung nicht von vornherein gegen den - von der Beklagten ausweislich der Begründung des Bescheids wohl beabsichtigten - Erlass einer Abschiebungsandrohung sprechen.

Fraglich wird eine solche rechtliche Einordnung allerdings deswegen, weil die in § 50 Abs. 5 Satz 2 AuslG ausdrücklich geregelte Ankündigung der Abschiebung, die kein eigenständiges vollstreckungsrechtliches Rechtsinstitut darstellt und für die - entgegen der Auffassung der Beklagten - eine Zu-ständigkeit des Bundesamts in § 34 Abs. 1 AsylVfG nicht begründet wird, als Festsetzung des Zwangsmittels und folglich als Abschiebungsanordnung eingestuft wird (vgl. hierzu Renner, a.a.O., § 42 RdNr. 440; Hailbronner, AuslR, § 50 AuslG RdNr. 20 a.E.; siehe auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.10.1993 - 13 S 2244/93 -, VBlBW 1994, 288 <289>).

Entsprechend dem Ergebnis des Berufungsverfahrens war die Kostenent- scheidung des Verwaltungsgerichts neu zu fassen.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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