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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: A 5 S 1251/06
Rechtsgebiete: AufenthG, AsylVfG, GFK, GG, EGRL 04/83


Vorschriften:

AufenthG § 60 Abs. 1
AsylVfG § 73 Abs. 1
GFK Art. 1 C Nr. 5 Satz 1
GG Art. 16 a Abs. 1
EGRL 04/83 Art. 4 Abs. 4
EGRL 04/83 Art. 11
Personen, die sich in Angola für Dritte erkennbar politisch für die UNITA betätigt haben und weiterhin betätigen (hier: als Informationssekretär) sind in Angola ungeachtet der Umsetzung des Waffenstillstandsabkommens vom April 2002 und der inzwischen durchgeführten Parlamentswahlen derzeit und auf absehbare Zeit nicht hinreichend sicher vor erneuter politischer Verfolgung.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

A 5 S 1251/06

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Widerrufs der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung u. a.

hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2006 - A 1 K 10854/05 - geändert.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 07. April 2005 wird mit Ausnahme des in Ziff. 2 ausgesprochenen Widerrufs der Feststellung der Voraussetzungen des § 53 Abs. 4 AuslG 1990 aufgehoben. Im Übrigen wird das Berufungsverfahren eingestellt.

Die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens trägt die Beklagte.

Tatbestand:

Die 1962 in Maquela Do Zambo/Angola bzw. 1966 in Ambriz/Angola geborenen und zuletzt in Luanda/Angola wohnhaft gewesenen Kläger zu 1 und 2 sind miteinander verheiratete angolanische Staatsangehörige. Gemeinsam mit ihren beiden Kindern, dem 1988 in Abidjan/Elfenbeinküste geborenen Sohn und der 1990 ebendort geborenen Klägerin zu 3 verließen sie am 02.01.1993 Angola und reisten am 11.08.1993 auf dem Landwege in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ihre am 19.08.1993 gestellten Asylanträge begründeten sie damit, als Mitglieder der UNITA von der MPLA-Polizei verfolgt worden zu sein. Da der Kläger zu 1 eine führende Position inne gehabt habe, befürchteten sie, bei einer Rückkehr in ihre Heimat ermordet zu werden. Der Kläger zu 1 sei Leiter der Werbungsabteilung der UNITA gewesen; die Klägerin zu 2 habe ihm dabei geholfen.

Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 20.08.1993 gaben die Kläger an, vom 18.05. bis 10.12.1986 in Jamba/Angola gelebt zu haben. Wegen der UNITA-Mitgliedschaft des Klägers zu 1 hätten sie an die Elfenbeinküste fliehen müssen, in deren Hauptstadt Abidjan sie sich fortan bis zum 13.03.1992 legal aufgehalten hätten. Er habe für die dortige UNITA gearbeitet. Dorthin hätten sie gleichwohl nicht zurückkehren können. Bei ihrer Ausreise mit falschen Pässen nach Moskau habe ihnen der Onkel der Klägerin zu 2 geholfen; dieser sei als Oberstleutnant im Verteidigungsministerium tätig und Mitglied der MPLA gewesen und habe sie durch die Flughafenkontrollen begleitet.

Der Kläger zu 1 gab noch an, seinerzeit nach Angola zurückgekehrt zu sein, weil sie gehofft hätten, dass nach den Wahlen Ende September 1992 die Demokratie eingeführt werde. Diese seien jedoch von der Regierung gefälscht worden, sodass nicht Ruhe und Sicherheit eingekehrt, sondern erneut Bürgerkrieg ausgebrochen sei. Als Lehrer habe er an der Elfenbeinküste auf mittlerer Parteiebene für die UNITA gearbeitet. Auf Dauer hätten sie dort jedoch nicht bleiben können. Nachdem am 31.10.1992 ihr Haus in Luanda von der MPLA zerstört, alles gestohlen und sein Auto verbrannt worden sei und diese ihn verfolgt habe, hätten sie Angola erneut verlassen müssen. Ihr Haus hätten sie am gleichen Tage zuvor verlassen und seien zum Onkel der Klägerin zu 2 gezogen. Die Regierung habe gewusst, dass er UNITA-Mitglied gewesen sei, da er vom 13.03. bis 31.10.1992 jeden Tag mit einem Auto der UNITA nach Hause gebracht worden sei. Bis zur Ausreise hätten sie sich im Hause des Onkels versteckt gehalten. Die MPLA-Leute hätten unterdessen seine Schwester aufgesucht und deren Sohn getötet, nachdem sie UNITA-T-Shirts gefunden hätten. Er sei seit Mai 1981 UNITA-Mitglied gewesen und habe als Lehrer auf mittlerer Parteiebene gearbeitet. Jene habe in Luanda jedoch keinen Einfluss gehabt. Da jede Ausfallstraße von MPLA-Leuten kontrolliert werde, habe er Luanda auch nicht verlassen können. Da er prominentes UNITA-Mitglied sei, befürchte er, im Falle einer Rückkehr getötet zu werden. Darüber hinaus sei er Mitglied im Bakongo-Verein gewesen. In Deutschland sei er politisch nicht aktiv. Die Klägerin zu 2 gab noch an, Mitglied bei LIMA - einer Frauenvereinigung der UNITA - gewesen zu sein, wo sie auch mitgearbeitet habe. Geflohen sei sie wegen ihres Ehemannes, aber auch aus eigener Betroffenheit. Die MPLA-Leute hätten sie bei ihren Geschwistern zu finden versucht. Am 01.11.1992 hätten sie ihren Bruder getötet. In der Zeit vom 13.03. bis 31.10.1992 habe sie in Luanda an den UNITA-Versammlungen teilgenommen und T-Shirts, Mützen und Werbeprospekte für die Wahl im September 1992 verteilt. Vor der Wahl seien deswegen schon einmal Steine geworfen worden, eine direkte Behinderung ihrer Wahlwerbung habe es nicht gegeben. Seit dem 31.10.1992 hätten sie sich bis zu ihrer Ausreise im Haus ihres Onkels verstecken müssen. Als UNITA-Mitglieder hätten sie gegen die Wahlfälschung demonstriert und eine Neuwahl verlangt. Während einer Demonstration seien sie von den MPLA-Leuten hin- und hergestoßen worden; Demonstranten seien von der Straße geholt worden; sie selbst sei mit Steinen beworfen worden, weswegen sie eine Woche lang ärztlich habe behandelt werden müssen. Am 25.05.1985 sei sie Mitglied der UNITA geworden. Bei LIMA sei sie nur einfaches Mitglied gewesen und habe keine besondere Funktion gehabt. Bei einer Rückkehr nach Angola würde sie getötet, weil die MPLA keine UNITA-Leute in Luanda haben wolle. In Deutschland sei sie politisch nicht aktiv.

Mit Bescheid vom 28.02.1994 lehnte das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorlägen. Die Kläger wurden daher aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats ggf. nach unanfechtbarem (negativen) Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, widrigenfalls sie nach Angola abgeschoben würden. Eine begründete Furcht vor politischer Verfolgung hätten die Kläger nicht glaubhaft zu machen vermocht. Es sei schon zweifelhaft, ob sie überhaupt gemeinsam aus Angola ausgereist seien. Auch wenn ihre Sachverhaltsschilderung insoweit als wahr unterstellt werde, spreche schon die legale Ausreise gegen eine politische Verfolgung durch die MPLA-Regierung. Wie sich aus ihren Reisepässen ergebe, hätten sie vor ihrer endgültigen Ausreise eine rege Reisetätigkeit in diverse Länder entfaltet. Wäre der Kläger zu 1 tatsächlich bedeutender UNITA-Funktionär gewesen, hätte er Angola nicht mehrfach ungehindert verlassen können. Schließlich müsse den Klägern auch ernsthafte Furcht vor staatlichen Maßnahmen abgesprochen werden, weil sie gewagt hätten, gerade über den internationalen Flughafen Luanda auszureisen, wo die Personenkontrollen außerordentlich streng seien. Dem Vorbringen der Klägerin zu 2 sei schließlich nicht zu entnehmen, dass sie sich in ihrer Heimat oppositionell engagiert habe. Die von den Klägern im Übrigen vorgetragenen Beeinträchtigungen seien hingegen Ausfluss der bürgerkriegsähnlichen Verhältnisse; in diesem Zusammenhang vorkommende Übergriffe stellten in aller Regel keine politische Verfolgung dar.

Im anschließenden Gerichtsverfahren gab der Kläger zu 1 noch im Wesentlichen an: Da es in Luanda kein offizielles Büro der UNITA gegeben habe, sei er als "infiltriertes" Mitglied im Untergrund tätig gewesen. Nachdem er verraten worden wäre und erfahren hätte, gesucht zu werden, habe er 1986 an die Elfenbeinküste fliehen müssen, wo er mit einem Stipendium der UNITA an der Universität in Abidjan Politikwissenschaften studiert habe. Man habe sie darauf vorbereitet, für die UNITA propagandistisch tätig zu werden. Nachdem aufgrund der Vereinbarung von Lissabon am "31.05." ein Mehrparteiensystem in Angola habe eingeführt werden sollen, sei er zurückgekehrt und in Luanda für die UNITA als stellvertretender Beauftragter für Information und Propaganda tätig geworden. Seit 03.07.1995 sei er auch in Deutschland als Mitglied der UNITA akzeptiert; bereits seit 1994 sei er zu deren Versammlungen eingeladen worden; eine besondere Funktion habe er hier nicht. Seine Familienangehörigen hätten Angst, mit ihm Kontakt aufzunehmen, nachdem sein Neffe wegen der zu ihm bestehenden Kontakte getötet worden sei. Die MPLA kontrolliere auch den Briefverkehr. Sobald es freie Wahlen gebe, kehre er nach Angola zurück. Nach Presseberichten würden dort noch jeden Tag UNITA- Mitglieder getötet. Bei einer Rückkehr würde ihm Ähnliches drohen. Sodann gab die Klägerin zu 2 noch an, "LIMA" sei die Liga der angolanischen Frauen. Es handle sich um eine zur UNITA gehörende Organisation. Als LIMA-Mitglied sei man automatisch auch Mitglied der UNITA. Eine Funktion habe sie nicht gehabt. Sie habe eben Propaganda bei den Frauen gemacht und Sachen verteilt. In Deutschland sei sie ebenfalls Mitglied der UNITA. Obwohl ihr Onkel mehr für die MPLA gewesen sei, habe er ihnen aus familiären Gründen geholfen.

Mit Urteil vom 17.10.1995 - A 6 K 16334/94 - gab das Verwaltungsgericht den Klagen statt und verpflichtete die Beklagte, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 4 AuslG hinsichtlich Angola vorlägen. Es glaube dem Kläger zu 1, dass dieser in Angola "in herausgehobener Stellung" für die UNITA tätig gewesen, sein Haus zerstört und geplündert und er von Leuten der MPLA-Regierung gesucht worden sei. Dieser habe auch plausibel dargelegt, wie es ihm und seiner Familie mit Hilfe des Onkels (seiner Frau) - gelungen sei, (mit einem gefälschten Pass) Angola über den Flughafen von Luanda zu verlassen. Für ihn spreche, dass er auch in Deutschland für die UNITA tätig sei. Nach seinem sonach glaubhaften Vorbringen habe er in Angola politische Verfolgung erlitten, da die Repressalien seitens der MPLA-Regierung und ihrer Leute an seine politische Überzeugung anknüpften. Der Kläger zu 1 wäre bei einer Rückkehr nach Angola auch nicht hinreichend sicher vor erneuter Verfolgung. Unter anderem aus dem Bericht von amnesty international vom 15.11.1994, aber auch aus dem Bezirks-Rundbrief Frankfurt von Mai bis Juli 1995 ergebe sich, dass angesichts der weiterhin äußerst angespannten innenpolitischen Lage bereits der geringste Verdacht, mit der UNITA zu sympathisieren oder sie zu unterstützen, Verfolgung auslöse. Die Bandbreite möglicher Verfolgungsmaßnahmen reiche von Inhaftierung ohne Anklage und Gerichtsverfahren über Folterungen bis zu "extralegalen" Hinrichtungen. Nach dem Bericht des Auswärtigen Amts vom 27.03.1995 sei es auch nach der Friedensvereinbarung vom 20.11.1994 weiterhin zu Kampfhandlungen zwischen der angolanischen Regierung und der UNITA gekommen. Aufgrund des Krieges würden von der regierungsamtlichen Meinung abweichende Ansichten leicht als Sympathiekundgebungen für die Sache des militärischen Flügels der UNITA ausgelegt. Dies lege den Schluss nahe, dass die "herausgehobene" Tätigkeit des Klägers zu 1 für die UNITA von Regierungsseite als "feindlicher Akt" angesehen werde, sodass er nicht hinreichend sicher vor weiterer Verfolgung wäre. Angesichts der weiterhin unsicheren Lage in Angola könne trotz der inzwischen erfolgten Annäherung von UNITA und MPLA noch nicht prognostiziert werden, dass dem Kläger zu 1 bei einer Rückkehr nach Angola nichts mehr drohte. Dieser habe zu Recht eingewandt, dass die Auseinandersetzungen zwischen MPLA und UNITA ungeachtet der verschiedenen Friedensvereinbarungen weitergeführt worden seien. Eine inländische Fluchtalternative sei für den Kläger zu 1, der über den Flughafen von Luanda einreisen müsste, ebenso wenig ersichtlich. Abgesehen davon wäre es im Hinblick auf die Kampfhandlungen und Minen gefährlich, aus von der Regierung kontrollierten Teilen in UNITA-Gebiete überzuwechseln.

Die Kläger zu 2 bis 4 hätten nach § 26 Abs. 1 und 2 AsylVfG ebenfalls Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte. Unabhängig davon streite für sie auch die von der Beklagten nicht widerlegte Sippenhaftvermutung. So sei amnesty international eine Reihe von Fällen bekannt geworden, in denen es in der Vergangenheit zu Verhaftungen von Familienangehörigen tatsächlicher oder vermeintlicher Oppositioneller gekommen sei. Oftmals seien Familienangehörige allein deshalb verfolgt worden, um Druck auf den als Regimegegner angesehenen Verwandten auszuüben. In einigen Fällen seien Familienmitglieder eines Oppositionellen auch deshalb verhaftet worden, weil sie aufgrund der Verwandtschaft selbst der Regimegegnerschaft verdächtigt worden seien. Die Kläger zu 2 bis 4 hätten daher ebenfalls Anspruch auf die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.

Alle Kläger hätten auch Anspruch auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 4 AuslG hinsichtlich Angola. Es bestünden aufgrund der obigen Ausführungen ernsthafte Gründe für eine unmittelbare und konkrete Lebensgefahr. Weitere Gefahren ergäben sich aus der aufgrund des langen Bürgerkrieges katastrophalen Versorgungslage. Die Kläger könnten bei einer Rückkehr nach Angola mit erheblicher Wahrscheinlichkeit noch nicht einmal ihr Existenzminimum finden.

Mit Bescheid vom 12.12.1995 erkannte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Kläger daraufhin als Asylberechtigte an (Ziff. 1) stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (Ziff. 2 ) sowie Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 4 AuslG (Ziff. 3) hinsichtlich Angola vorliegen.

Mit Verfügung vom 28.09.2004 leitete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Widerrufsverfahren gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ein, da die Voraussetzungen für die am 12.12.1995 getroffenen Entscheidungen nicht mehr vorlägen. Mit Schreiben vom 16.12.2004 wurden die Kläger zum beabsichtigten Widerruf der Feststellung nach § 53 Abs. 4 AuslG angehört. Mit Abschluss des Friedensabkommens vom 04.04.2002 zwischen der angolanischen Regierung und den Rebellen der UNITA seien die aus dem Bürgerkrieg resultierenden erheblichen Gefahren entfallen. Die nicht gänzlich auszuschließenden Risiken im Zusammenhang mit den allgemein schlechten Lebensbedingungen begründeten jedenfalls keine extreme Gefahr i. S. des § 53 Abs. 6 AuslG. Die Kläger wiesen mit Anwaltsschreiben vom 28.12.2004 demgegenüber daraufhin, dass keine Tatsachen bekannt geworden seien, die es rechtfertigten, einen Widerruf der rechtskräftigen Asylentscheidung zu veranlassen. Auch wenn sich die politische Lage in Angola in den letzten Jahren leicht stabilisiert haben sollte, bestehe noch immer ein Mangel an Nahrungsmitteln, sauberem Wasser und medizinischer Versorgung. Bei einer erzwungenen Rückkehr nach Angola wären sie ohne Wohnung und Arbeit dem Untergang preisgegeben. Dies gelte umso mehr, als sie mittlerweile keinerlei Abwehrkräfte gegen die in Angola drohenden Krankheiten hätten. Eine etwaige medizinische Versorgung könnten sie jedenfalls nicht bezahlen. Schließlich sei das Widerrufsverfahren angesichts der bereits mehrere Jahre alten Fakten nicht "unverzüglich" eingeleitet worden.

Mit Bescheid vom 07.04.2005 widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die mit Bescheid vom 12.12.1995 ausgesprochene Asyl- (Ziff. 1) und Flüchtlingsanerkennung (Ziff. 2) sowie die Feststellung, dass bei den Klägern Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 4 AuslG (Ziff. 2) vorliegen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (Ziff. 3) und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorlägen (Ziff. 4). Inzwischen sei von einer grundlegend geänderten Sach- und Rechtslage auszugehen. Der im Urteil als Anerkennungsvoraussetzung genannte Bürgerkrieg sei inzwischen beendet worden. Eine Gefährdung des Klägers zu 1 wegen dessen einfacher Mitgliedschaft in der UNITA sei nicht ersichtlich. Den vorliegenden Erkenntnisquellen ließen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass Personen, die in Verbindung zur früheren Rebellen-UNITA bzw. zur jetzigen legalen politischen Partei stünden, noch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung drohe. Den Klägern drohe daher heute in Angola mit hinreichender Sicherheit weder aufgrund der Vorfluchtaktivitäten noch aufgrund der exilpolitischen Betätigung politische Verfolgung. So werde das Waffenstillstandsabkommen vom April 2004 ebenso eingehalten wie das Amnestiegesetz, das Straffreiheit für Kriegsverbrechen sowie aller Verbrechen gegen die Staatssicherheit gewähre, die im Rahmen des Bürgerkrieges begangen worden seien. Die UNITA-Kombattanten müssten hierfür lediglich "ihre soziale Integration in die Gesellschaft akzeptieren". Nach der umfassenden Regierungsumbildung vom 05.12.2002 habe die UNITA die ihr im Lusaka-Friedensprotokoll zugestandenen vier Ministerposten behalten können. Insofern ergäben sich keine Anhaltspunkte, dass Angehörigen der nunmehr legalen, von der Regierung anerkannten und auch im Parlament vertretenen UNITA noch politische Verfolgung drohe. Hochrangige ehemalige UNITA-Militärführer spielten heute eine wichtige Rolle als Politiker bzw. Militärs. Lediglich einzelne - oft wirtschaftlich motivierte - Übergriffe von Regierungssoldaten auf Zivilisten/ex-UNITA-Kombattanten könnten nicht ausgeschlossen werden. Auch Angehörigen der Exil-UNITA drohe bei einer Rückkehr keine politische Verfolgung. Inzwischen seien zahlreiche Vertreter der Exil-UNITA unbehelligt nach Angola zurückgekehrt und spielten in der Innenpolitik teilweise eine wichtige Rolle. Auch die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG lägen nicht vor. Bei den in Angola etwa drohenden Gefahren handele es sich um allgemeine Gefahren. Die allgemeinen Existenzbedingungen in Angola, insbesondere in Luanda, seien zwar sehr schlecht, jedoch nicht derart katastrophal, dass die Kläger im Falle ihrer Abschiebung dorthin gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würden. Im Übrigen habe sich die Versorgungslage in Luanda seit 2002 spürbar verbessert; eine kontinuierliche weitere Verbesserung stehe zu erwarten. Die Menschenrechts- und Sicherheitslage sei allerdings kritisch zu beurteilen; so mehrten sich in jüngerer Zeit wieder die Berichte über politisch motivierte Gewalt. Personen, die nach Angola zurückkehrten, gelangten in eine Lebenswelt, die aufgrund Massenarmut, politischer Spannungen, Gewalt und gesundheitsschädlicher Rahmenbedingungen erhebliche Risiken für Leib und Leben berge. Aufgrund dessen bestehe zwar ein nicht unerhebliches Risiko für Leben und körperliche Unversehrtheit der Kläger, jedoch könne noch nicht vom Vorliegen einer extremen Gefahrenlage ausgegangen werden.

Gegen den am 08.04.2005 als Einschreiben zur Post gegebenen Bescheid haben die Kläger am 20.04.2005 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Wenn schon das Bundesamt ein nicht unerhebliches Risiko für Leib und Leben der Kläger annehme, lägen die Voraussetzungen für einen Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung jedenfalls nicht vor. In seiner Heimatregion habe er wohl noch Verwandte. Zum Onkel in Luanda hätten sie keinen Kontakt mehr. Man tausche sich nur über Reisende aus. Er sei Mitglied im UNITA-Komitee Baden-Württemberg und als Informationssekretär Nr. 1 auch für Propaganda zuständig.

Mit Urteil vom 27.07.2006 - A 1 K 10854/05 - hat das Verwaltungsgericht die Klagen abgewiesen. Die Voraussetzungen für einen Widerruf lägen vor. Ob der Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung "unverzüglich" erfolgt sei, könne dahinstehen, da ein etwaiger Verstoß keine Rechte der Kläger verletze. Die maßgeblichen innenpolitischen und sonstigen Verhältnisse in Angola hätten sich nach dem maßgeblichen Zeitpunkt erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert, dass den Klägern bei einer Rückkehr nach Angola keine Verfolgung mehr drohe. Es könne mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass den vorverfolgt ausgereisten Klägern wegen des Vorfluchtgeschehens und/oder des exilpolitischen Engagements des Klägers zu 1 noch politische Verfolgung drohe. Dies gelte selbst dann, wenn die Mitgliedschaft des Klägers zu 1 im UNITA-Komitee Baden-Württemberg und seine exilpolitischen Aktivitäten staatlichen angolanischen Stellen bekannt geworden seien. Insoweit werde auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen. Nach den Lageberichten des Auswärtigen Amts hätten Angehörige und Sympathisanten der UNITA aufgrund der seit 2002 veränderten innenpolitischen Lage allenfalls dann noch mit staatlichen Repressionen zu rechnen, wenn sich dies in nachgewiesenen, langjährigen und besonders kämpferischen Aktivitäten zugunsten Savimbis manifestiert habe, was beim Kläger zu 1 ersichtlich nicht der Fall sei. Selbst ehemalige "einfache" UNITA-Kämpfer müssten heute nicht mehr mit staatlichen Repressionen rechnen. Allerdings hätten auch 2005 verschiedene Oppositionsparteien diverse Akte "politischer Intoleranz" in den ländlichen Gebieten verschiedener Provinzen beklagt. Bereits 2004 habe es in verschiedenen Orten im Landesinneren - insbesondere in Cazombo - Übergriffe seitens der lokalen Bevölkerung auf niederlassungswillige UNITA-Angehörige gegeben. Die Opposition unterstelle, dass diese politisch motiviert gewesen seien. Die Regierung habe jedoch öffentlich die Übergriffe kritisiert. Aufgrund dessen, dass nach verschiedenen glaubhaften Berichten lokale MPLA-Vertreter in derartige Vorkommnisse involviert gewesen seien und die Polizei nicht zum Schutz der Opposition eingeschritten sei, lasse sich jedoch keine generelle landesweite und undifferenzierte staatliche Verfolgung von Angehörigen und Sympathisanten feststellen. Auch Verfolgungen aufgrund exilpolitischer Aktivitäten seien nicht bekannt geworden. Ob dies auch für Führungspersönlichkeiten und exponierte exilpolitische Aktivitäten gelte, könne dahinstehen, da der Kläger zu 1 in keiner Weise dargetan habe, inwieweit er überhaupt öffentlichkeitswirksam regierungskritisch in Erscheinung getreten sei. Dem Kläger zu 1 drohe mit hinreichender Sicherheit auch nicht aus anderen Gründen politische Verfolgung. Insofern seien auch die abgeleiteten Asylanerkennungen der Klägerinnen zu 2 und 3 zu widerrufen gewesen. Auch von einer Sippenhaftvermutung könne nicht mehr ausgegangen werden. Auch der Widerruf der Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 4 AuslG sei - nach § 73 Abs. 3 AsylVfG - rechtmäßig, da nicht mehr die konkrete Gefahr von Menschenrechtsverletzungen bestehe. Die Voraussetzungen, unter denen bei allgemeinen Gefahren ausnahmsweise Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu gewähren sei, lägen nicht vor. Auch im Hinblick auf die unstreitig schwierige Versorgungslage könne von einer "extremen" Gefahr für Leben und Gesundheit nicht gesprochen werden. Auf die Anträge der Kläger vom 29.09.2006 hat der Senat mit Beschluss vom 21.11.2006 - A 5 S 1129/06 - die Berufung gegen das den Klägern am 21.09.2006 zugestellte Urteil wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Am 30.11.2006 haben die Kläger zur Begründung ihrer Berufung in vollem Umfang auf ihre Zulassungsbegründung vom 29.09.2006 Bezug genommen. In dieser haben sie im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Das Verwaltungsgericht habe nicht beachtet, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 01.11.2005 - 1 C 21.04 -, BVerwGE 124, 276) ein Widerruf der Asylanerkennung nur dann zulässig sei, wenn die sich zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert hätten, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen sei und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung drohe. So gehe das Verwaltungsgericht erkennbar davon aus, dass es darauf, ob und inwieweit die Änderung der maßgeblichen Verhältnisse "nicht nur vorübergehend" sei und ob Verfolgungsmaßnahmen "auf absehbare Zeit" ausgeschlossen werden könnten, überhaupt nicht ankomme. So habe es auf den angefochtenen Bescheid verwiesen, in dem lediglich geprüft worden sei, ob eine Wiederholung "derzeit" mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Das Verwaltungsgericht gehe von einer "hinreichenden Sicherheit" bereits dann aus, wenn sich eine generelle landesweite und undifferenzierte Verfolgung nicht feststellen lasse und nicht auf absehbare Zeit aus anderen Gründen Verfolgung drohe. Die indes erforderliche Zukunftsprognose habe es hinsichtlich der hinreichenden Sicherheit nicht vorgenommen. Eine solche wäre auch nicht möglich gewesen, da die Verfolgung begründenden Machtstrukturen auch nach Beendigung der militärischen Kämpfe bestehen geblieben bzw. für die MPLA als derzeit allein herrschende politische Kraft erheblich konsolidiert seien. Zwar erscheine das Ende des Bürgerkriegs zwischen MPLA und UNITA irreversibel und habe die Konsolidierung der Machtverhältnisse dazu geführt, dass Bürgerkriegskämpfer generell nicht mehr verfolgt würden. Die siegreiche MPLA sei aber nun im ganzen Land allein herrschend. Zwar könne deshalb im gegenwärtigen Zeitpunkt davon ausgegangen werden, dass UNITA-Aktivisten generell nicht mehr verfolgt würden. Dass dies nicht nur vorübergehend, sondern auf absehbare Zeit ausgeschlossen sei, könne aufgrund der faktischen Alleinherrschaft der MPLA jedoch derzeit mangels gewaltenteilender, rechtsstaatlicher, demokratischer und menschenrechtsbeachtender Strukturen nicht festgestellt werden. Die Entwicklung sei vielmehr gegenläufig. So beklage die UNITA bei demobilisierten Soldaten sowie bei der Reintegration von UNITA-Lehrern und Gesundheitspersonal in staatliche Institutionen seit 2004 zunehmend Erpressung und Druck, in die MPLA einzutreten. Auch als größte Oppositionspartei sei die UNITA angesichts der Vorherrschaft der MPLA in einer Position der Schwäche. Der militärische Friede habe nur zu einer geringen politischen Öffnung geführt. Seit 2004 sprächen die UNITA und andere Oppositionsparteien landesweit von einem wachsenden Klima der "politischen Intoleranz"'. Symptom dieser Tendenz sei eine Reihe gewalttätiger Angriffe gegen UNITA-Delegationen und andere Parteien. Diese hätten meist in den Provinzen auf Distrikt- und Kommunalebene stattgefunden. Die Vorfälle reichten von symbolischer Gewalt wie der Entfernung von Parteiflaggen über verbale Einschüchterungen und Drohungen bis zum Niederbrennen von Häusern und tätlichen Angriffen auf lokale Parteimitglieder, Sympathisanten und Parteivorsitzende.

Auch das Erfordernis "hinreichender Sicherheit" sei vom Verwaltungsgericht unrichtig interpretiert worden. So lägen die menschenrechtlichen Voraussetzungen für den Wegfall der Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht vor. Wenn die vom UNHCR hierzu herausgegebenen Richtlinien in den Vertragsstaaten auch keine unmittelbare Rechtsverbindlichkeit beanspruchten, enthielten sie doch wichtige Hinweise für die Auslegung der Konvention. Danach müssten die Änderungen im Heimatstaat grundlegend und dauerhaft sein. Ferner müsse im Herkunftsland ein wirksamer Schutz wiederhergestellt und auch verfügbar sein. Auch müssten eine funktionierende Regierung, grundlegende Verwaltungsstrukturen und eine angemessene Infrastruktur vorhanden sein. Der humanitäre Grundgedanke der Schutzgewährung erlaube die Beendigung eines entsprechenden Status im Aufnahmeland erst, wenn im Herkunftsland des Flüchtlings wenigstens im Wesentlichen eine verlässliche neue Ordnung eingekehrt sei und die Regierenden - unter Einhaltung rechtsstaatlicher Mindeststandards - auch tatsächlich in der Lage seien, Ruhe und Ordnung im Land aufrecht zu erhalten. Erforderlich sei danach eine Änderung der Verhältnisse dahin, dass Strukturen geschaffen würden, nach denen der Ausschluss von Verfolgung hinreichend sei. Dass gegen ehemalige Bürgerkriegskombattanten nicht mehr vorgegangen werde, sei noch kein zwingender Beweis für die Änderung der politischen Verfolgungsstruktur. Zwar sei der dritte Todestag von UNITA-Chef Savimbi am 22.02.2005 in Luanda ruhig begangen worden, doch habe die UNITA-Delegation auf ihrer Reise nach Huambo und Bié Ende Februar von diversen tätlichen Attacken und Einschüchterungsversuchen durch MPLA-Sympathisanten berichtet. Weitere gewalttätige Ausschreitungen zwischen MPLA und UNITA-Sympathisanten mit Dutzenden von Verletzen hätten sich ferner in Mavinga/Kuango Kubango am 13.03., dem Jahrestag der Gründung der UNITA, ereignet. MPLA-Vertreter hätten sich zwar wiederholt offiziell von diesen Vorfällen distanziert, aber erklärt, die lokale Bevölkerung wende sich aus Vergeltung für vergangene Kriegsverbrechen gegen die UNITA, insbesondere gegen spezifische UNITA-Vertreter. Die UNITA spreche demgegenüber von gezielter Aufhetzung der Bevölkerung durch die MPLA und lokalen Behörden mit dem Ziel, die landesweite Errichtung oppositioneller Strukturen zu verhindern. Entgegen den Versicherungen von MPLA-Regierungsvertretern, diese "Exzesse von Individuen" seien Sache der Polizei und Justiz, seien bislang keine Strafverfolgungsmaßnahmen bekannt geworden. Hinreichende Sicherheit vor erneuten staatlichen oder staatlich hingenommenen Übergriffen Dritter könne indes nur bei Vorliegen eines Mindestmaßes an demokratischen, rechtsstaatlichen und gewaltenteilenden Strukturen gegeben sein, welche es nach der gegenwärtigen Auskunftslage im Hinblick auf das weiter und gestärkt herrschende MPLA-Regime derzeit nicht gebe. Ungenügende Infrastruktur und Kommunikation, chronischer Mangel an qualifiziertem Personal und mangelnde Gewaltenteilung zeichneten das angolanische Justizsystem nach wie vor aus, weshalb Straflosigkeit und Selbstjustiz noch immer verbreitet seien. Dem entsprechend seien auch Attentate auf oppositionelle Parlamentarier wie gegen den UNITA-Parlamentarier Vicente Tembo, der am 11.11.2004 von Unbekannten angeschossen worden sei, unaufgeklärt geblieben. Insofern könne jedenfalls vor den im September 2006 stattfindenden Wahlen und der danach abzuwartenden Entwicklung eine Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen für die Zukunft nicht dauerhaft ausgeschlossen werden. Auch die Äußerungen des Auswärtigen Amtes seien in diesem Zusammenhang widersprüchlich. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts genüge nicht, dass derzeit nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von einer Verfolgungsgefahr ausgegangen werden könne. Ob Verfolgungshandlungen hinreichend sicher ausgeschlossen werden könnten, beurteile sich schließlich nicht nur nach der weiterhin möglichen Verfolgung durch staatliche Organe, sondern auch nach der etwaigen Gefahr von Übergriffen Dritter. Dass die Repressionen, die bis zu Misshandlungen, Tötungen und Zerstörung reichten, vom angolanischen Staat bzw. den MPLA-Sicherheitskräften verfolgt oder auch nur effektiv bekämpft würden, sei nicht erkennbar. Von einer hinreichenden Sicherheit gehe das Verwaltungsgericht bereits dann aus, wenn sich eine generelle landesweite und undifferenzierte Verfolgung nicht feststellen lasse; eine Veränderung der die Vorverfolgung begründenden Machtstrukturen halte es offenbar nicht für erforderlich.

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die erneute Verfolgung eines wegen Aktivitäten für die UNITA und einfachen exilpolitischen Engagements Vorverfolgten mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen sei, sei schließlich bei der gegenwärtigen Situation unhaltbar. Ungeachtet dessen, dass es eine generelle politische Verfolgung von Mitgliedern der Opposition derzeit nicht gebe, könne doch ein politisch motiviertes asylrelevantes Vorgehen von Teilen der Sicherheitskräfte oder Angehörigen des MPLA-Machtapparates und/oder von den herrschenden Kräften angestacheltes und/oder jedenfalls nicht verhindertes Vorgehen Dritter gegen UNITA-Mitglieder derzeit nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Gegen solche Übergriffe sei auch kein Schutz durch staatliche Autorität zu erwarten. Dies sei auch dem jüngsten Bericht des British Home Office vom 30.01.2006 zu entnehmen. Ungeachtet des Friedensschlusses habe sich die Verfolgungs- und Menschenrechtssituation nach vorübergehender Entlastung wieder verschärft. Die nach wie vor schlechte Menschenrechtslage in Form von Verletzungen bürgerlicher Freiheiten, gesetzeswidriger Tötungen und politischer Gewalt spiegele sich auch in entsprechenden Berichten von Human Rights Watch, der Schweizerischen Flüchtlingshilfe und von amnesty international wieder. Auch das U.S. Department of State berichte allgemein von gesetzeswidrigen Tötungen, Verschwindenlassen, Folter, Schlägen, Missbrauch von Personen, lebensbedrohenden Haftbedingungen, willkürlichen Festnahmen, Mangel an rechtlichen Schutzmöglichkeiten sowie Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen und Kinder. Auch im Jahresbericht von amnesty international werde von politisch motivierter Gewalt gegen UNITA-Anhänger berichtet. Auch im Bericht des Integrated Regional Information Network vom 07.09.2005 sei von Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der MPLA und der UNITA die Rede. Auch in der Presse werde von überall im Lande herrschender Angst berichtet. Die UNITA könne zwar politisch agieren, ihre Mitglieder seien aber vor Repressionen nicht sicher. Dass die bekannt gewordenen Aktivitäten gegen UNITA-Mitglieder staatlicherseits streng verfolgt worden wären, sei nicht erkennbar. Vielmehr sei nach dem Bericht des British Home Office davon auszugehen, dass gegen Übergriffe staatlicher Bediensteter oder der UNITA feindlich gesonnener Gruppen staatlicher Schutz eben nicht zu erlangen sei.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 05.12.2008 weisen die Kläger noch darauf hin, dass die Menschenrechtssituation weiterhin schlecht und rechtsstaatliche Strukturen nicht gegeben seien. Daran hätten auch die am 05.09.2008 abgehaltenen Parlamentswahlen nichts geändert. Auch der Umstand, dass die bekannte Menschenrechtsorganisation "Association for Justice Peace and Democracy (AJPD)" Anfang Oktober 2008 von der Regierung mit einem Verbot bedroht worden sei, sei ein sicheres Indiz dafür, dass die Menschenrechtssituation trotz einer Verbesserung der Gesamtsituation keine sichere Rückkehrsituation begründe. Auch das British Home Office habe unter dem 29.07.2008 festgestellt, das es nach wie vor keinen ausreichenden staatlichen Rechtsschutz gegen etwaige Verfolgung oder Misshandlung gebe. Auch das Verfahren gegen den Journalisten Jose Fernando Lelo zeige, dass die Justiz strukturell nicht in der Lage sei, sicheren und dauerhaften Schutz gegen menschenrechtswidrige Übergriffe zu gewährleisten. Auch die anlässlich der - im Übrigen weder freien noch fairen - Parlamentswahlen bekanntgewordenen Vorkommnisse verdeutlichten das strukturelle Sicherheitsdefizit. So werde von insbesondere von MPLA-Sympathisanten ausgehender politischer Gewalt in ländlichen Gebieten berichtet, gegen die die Polizei nicht einschreite. Die Oppositionsparteien beklagten Einschüchterungsmanöver und Schikanen bei der Vorbereitung und Durchführung ihrer Wahlveranstaltungen. Human Rights Watch berichte von zahlreichen Unregelmäßigkeiten während der Parlamentswahlen und von körperlichen Angriffen gegen UNITA-Mitglieder am 13. und 23.08.2008, gegen die die Polizei zwar eingeschritten sei, die für die Angreifer jedoch letztlich keine Folgen hatten.

Die Kläger beantragen zuletzt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2006 - A 1 K 10854/05 - zu ändern und den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 07. April 2005 aufzuheben mit Ausnahme des in Ziff. 2 ausgesprochenen Widerrufs der Feststellung der Voraussetzungen des § 53 Abs. 4 AuslG 1990.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hierzu lässt sie im Wesentlichen ausführen, dass nach Beendigung des Bürgerkrieges nur noch Kampfhandlungen in der Provinz Cabinda stattfänden. Angehörigen der Rebellen-UNITA - auch militanten Kämpfern und hochrangigen Mitgliedern - drohe keine Verfolgung mehr. Im Übrigen hat sie auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid sowie im angegriffenen Urteil Bezug genommen. Der Senat hat die bereits vom Verwaltungsgericht ins Verfahren eingeführten sowie die in der Anlage zur Sitzungsniederschrift darüber hinaus aufgeführten Erkenntnisquellen über die Verhältnisse in Angola zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

In der Verhandlung vor dem Senat am 11.12.2008 sind die Kläger angehört worden. Hierbei hat der Kläger zu 1 im Wesentlichen noch angegeben: In Angola gebe es noch immer politische Verfolgung. Rückkehrer seien besonders schlecht angesehen. In Stuttgart sei er als Informationssekretär in der Propaganda-Abteilung der UNITA tätig. Die MPLA gehe noch immer nach dem Motto vor, alles zu töten, ob es nun gut oder schlecht sei. Er glaube nicht an das, was die MPLA sage. Nach den Wahlen vom September 2008 sei diese nun fast schon wieder zu einer Einheitspartei geworden. Die MPLA wolle nicht Leute wie ihn, die andere über Demokratie aufklärten. Er könne auch nicht zu dem schweigen, was er in Angola sehe; vielmehr müsse er darüber sprechen. Vor seiner Ausreise sei er in Angola zuletzt als Informationssekretär im Pilot-Komitee der UNITA tätig gewesen, welches mit einem Bezirksrathaus vergleichbar sei.

Der Vertreter der Beklagten hat demgegenüber auf die spürbar verbesserte Versorgungslage sowie auf verschiedene verwaltungsgerichtliche Entscheidungen verwiesen. Auch wegen exilpolitischer Betätigung hätten UNITA-Mitglieder heute nichts mehr zu befürchten, zumal wenn eine solche - wie hier - nicht bedeutsam sei. Dem Senat liegen die Akten des Bundesamts und des Verwaltungsgerichts vor. Auf diese wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands ebenso verwiesen wie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze. Diese waren auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene Berufung der Kläger ist zulässig.

Die Bezugnahme im gesonderten - innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO vorgelegten - Begründungsschriftsatz vom 29.11.2006 auf das Vorbringen im Zulassungsverfahren erfüllt die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung nach den auch in Streitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz anwendbaren Bestimmungen des § 124a Abs. 6 Satz 1 u. 3, Abs. 3 Satz 4 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15.05 -, BVerwGE 126, 243, Urt. v. 30.06.1998 - 9 C 6.98 -, BVerwGE 107, 117; Beschl. v. 01.12.2000 - 9 B 549.00 -). Darin wurde hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass und weshalb das erstinstanzliche Urteil weiterhin angefochten wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2006, a.a.O., Beschl. v. 02.10.2003 - 1 B 33.03 -, DVBl. 2004, 125, Urt. v. 30.06.1998, a.a.O., Urt. v. 08.03.2004 - 4 C 6.03 -, Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 26, Beschl. v. 02.06.2005 - 10 B 4.05 -). In asylrechtlichen Streitigkeiten genügt eine Berufungsbegründung den Anforderungen des § 124a Abs. 6 VwGO regelmäßig dann, wenn sie zu einer entscheidungserheblichen Frage ihre von der Vorinstanz abweichende Beurteilung deutlich macht, was auch durch eine Bezugnahme auf die Begründung des insoweit erfolgreichen Zulassungsantrags und auf den Zulassungsbeschluss geschehen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.10.1999 - 9 B 491.99 -, Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 13, Urt. v. 23.04.2001 - 1 C 33.00 -, BVerwGE 114, 155 <157 ff.> m.w.N.). Dem wird die auf die Begründung des Zulassungsantrags verweisende Berufungsbegründung der Kläger vom 29.11.2006 gerecht, da insofern der vom Verwaltungsgericht angewandte - entscheidungserhebliche - Wahrscheinlichkeitsmaßstab beanstandet wird. Dem steht im Hinblick auf das korrekt angegebene Aktenzeichen des Zulassungsverfahrens und den richtig wiedergegebenen Namen des Klägers zu 1 auch nicht entgegen, dass im Berufungsantrag Datum und Aktenzeichen des angegriffenen Urteils sowie das Datum des angefochtenen Widerrufsbescheids unrichtig bezeichnet sind.

Die Berufung ist mit den zuletzt gestellten Anträgen auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklagen insoweit zu Unrecht abgewiesen. Im Übrigen war das Berufungsverfahren einzustellen (vgl. §§ 126 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO entspr.).

Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 07.04.2005 ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) hinsichtlich seiner Ziffern 1, 2 - hinsichtlich des Widerrufs der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG -, 3 und 4 rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der getroffenen Widerrufsentscheidung und der erstmaligen Entscheidung über das Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten bzw. -hindernissen stand bzw. steht allerdings nicht schon entgegen, dass die Beklagte rechtskräftig dazu verpflichtet worden war, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass bei ihnen hinsichtlich Angola die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sowie Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 4 AuslG vorliegen. Die Rechtskraftwirkung eines Urteils nach § 121 VwGO endet, wenn nach dem für das rechtskräftige Urteil maßgeblichen Zeitpunkt neue für die Streitentscheidung erhebliche Tatsachen eingetreten sind, die sich so wesentlich von den damals gegebenen Umständen unterscheiden, dass auch unter Berücksichtigung des Zwecks der Rechtskraft eine erneute Sachentscheidung gerechtfertigt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.09.2001 - 1 C 7.01 -, BVerwGE 115; hierzu auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.02.2001 - A 9 S 2007/99 -, InfAuslR 2001, 406). Dass dies bei einer nicht nur vorübergehenden Beendigung des Bürgerkriegs der Fall ist, die in der Folge zu einer Beteiligung des Gegners an der Regierung und zur Abhaltung von Parlamentswahlen geführt hat, an denen auch dieser sich beteiligen konnte, liegt auf der Hand (vgl. Senat, Beschl. v. 04.09.2006 - A 5 S 950/06 -, Beschl. v. 31.10.2006 - A 5 S 1173/06 -). Daran ändert auch nichts, sollte eine erneute Sachprüfung ergeben, dass sich die letztlich verfolgungsrelevanten Umstände nicht in jeder Hinsicht wesentlich verändert haben. Der Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennungen sowie die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG sowie Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, finden gleichwohl keine Rechtsgrundlage in § 73 Abs. 1 und 2b AsylVfG in der mangels einschlägiger Übergangsregelung anwendbaren, seit 28.08.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylVfG).

1. Nach der - verfassungsgemäßen (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.11.2005 - 1 C 21.04 -, BVerwGE 124, 276) - Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. die bisherige Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG bzw. § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, - vorbehaltlich des hier nicht einschlägigen Satzes 3 - unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen.

Entgegen der von den Klägern vertretenen Ansicht ist der Widerruf nicht etwa schon deshalb hinsichtlich seiner Ziff. 1 rechtswidrig, weil er nicht "unverzüglich" im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bzw. nicht innerhalb der Jahresfrist nach § 48 Abs. 4, § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG erfolgt sei. Ob der Widerruf, wie in § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG vorgesehen, unverzüglich erfolgt ist, bedarf keiner Entscheidung. Das Gebot des unverzüglichen Widerrufs dient nämlich ausschließlich öffentlichen Interessen, so dass ein Verstoß dagegen keine Rechte des betroffenen Ausländers verletzt (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 18.07.2006, a.a.O., Rn. 13, Urt. v. 01.11.2005 a.a.O. Rn. 40). Ebenso kann offen bleiben, ob die Jahresfrist nach § 49 Abs. 2 Satz 2, § 48 Abs. 4 VwVfG auch bei Widerrufsverfügungen nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG zu beachten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2006, a.a.O., Rn. 13, Urt. v. 01.11.2005, a.a.O. Rn. 43, Urt. v. 08.05.2003 - 1 C 15.02 - BVerwGE 118, 174 <179>). Die Jahresfrist, die frühestens nach einer Anhörung des Betroffenen mit einer angemessenen Frist zur Stellungnahme zu laufen beginnt (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.11.2005, a.a.O. u. v. 08.05.2003, a.a.O.), wäre hier jedenfalls eingehalten, da das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Kläger vor dem Widerruf ihrer Asyl- und Flüchtlingsanerkennung nicht angehört hatte, was freilich für sich genommen ebenso wenig eine Aufhebung von Ziff. 1 und 2 (teilweise) des Widerrufsbescheids rechtfertigte (vgl. § 46 VwVfG). Mit Schreiben vom 16.12.2004 wurden die Kläger nur zum beabsichtigten Widerruf der Feststellung nach § 53 Abs. 4 AuslG angehört. Einer Ermessenentscheidung nach § 73 Abs. 2a Satz 3 AsylVfG bzw. § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG n.F. bedurfte es jedenfalls nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2007 - 1 C 34.06 -, Buchholz 402.242 § 60 Abs 1 AufenthG Nr. 31; nunmehr auch die klarstellende Neuregelung in § 73 Abs. 7 AsylVfG).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entsprach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in seiner bisherigen Fassung seinem Inhalt nach der "Beendigungs-" oder "Wegfall-der-Umstände-Klausel" in Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK -, BGBl II 1953 S. 559/BGBl II 1954 S. 619). Insofern spricht viel dafür, dass § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG n.F., der erkennbar die mit Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK übereinstimmenden Erlöschensgründe in Art. 11 Abs. 1 Buchst. e u. f der Richtlinie (RL) 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 ("Qualifikationsrichtlinie") aufgreift, lediglich klargestellt, dass dies insbesondere dann der Fall ist, wenn der Ausländer nach "Wegfall der Umstände", die zur Anerkennung als Asylberechtigter oder zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den "Schutz" des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt.

Letzteres ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wiederum dann der Fall, wenn sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht. Ändert sich im Nachhinein lediglich die Beurteilung der Verfolgungslage, so rechtfertigt dies den Widerruf nicht, selbst wenn die andere Beurteilung auf erst nachträglich bekannt gewordenen oder neuen Erkenntnismitteln beruht (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.09.2000 - 9 C 12.00 -, BVerwGE 112, 80 u. v. 08.05.2003 - 1 C 15.02 -, BVerwGE 118, 174 <177>).

"Wegfall der Umstände" im Sinne von Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK, auf Grund derer die Anerkennung erfolgte, meint danach - ebenso wie im Rahmen von § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG bzw. Art. 11 Abs. 1 Buchst. e u. f RL 2004/83/EG - eine nachträgliche erhebliche und nicht nur vorübergehende Änderung der für die Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse. Insofern ist den Klägern ohne weiteres Recht zu geben.

Unter "Schutz" ist dabei nach Wortlaut und Zusammenhang der letztlich in Bezug genommenen "Beendigungsklausel" der Schutz vor erneuter (politischer) Verfolgung zu verstehen. In Anbetracht von solchen Veränderungen in dem Verfolgerland ist ein internationaler (Flüchtlings-)Schutz nicht mehr gerechtfertigt, da die Gründe, die dazu führten, dass eine Person zum Flüchtling wurde, nicht mehr bestehen (vgl. UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Neuauflage 2003, Nr. 115) und damit die Gründe für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. nunmehr § 3 Abs. 1 u. 4 AsylVfG) und für den internationalen Schutz nachträglich weggefallen sind. Dagegen werden allgemeine Gefahren (z.B. auf Grund von (Bürger-) Kriegen, Naturkatastrophen oder einer schlechten Wirtschaftslage) von dem Schutz des Art. 1 A Nr. 2 GFK nach Wortlaut und Zweck dieser Bestimmung ebenso wenig umfasst wie von Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK (anders offenbar die UNHCR-Richtlinien zum internationalen Schutz: Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Art. 1 C (5) und (6) des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 10.02.2003, NVwZ Beilage Nr. I 8/2003, S. 57 <59>, wo u.a. eine "angemessene Infrastruktur" verlangt wird, "innerhalb derer die Einwohner ihre Rechte ausüben können"). Insofern käme es entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht entscheidend auf die allgemeine Menschenrechtssituation in Angola an (vgl. demgegenüber den Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Richtlinie des Rates über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen vom 12.09.2001 - KOM(2001) 510 endgültig - S. 27), mag diese auch ein wichtiges Indiz sein (vgl. die UNHCR-Richtlinien zum internationalen Schutz, a.a.O.).

Inwiefern an dieser Rechtsprechung auch nach Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie festzuhalten ist (vgl. hierzu BVerwG, Vorabentscheidungsersuchen v. 07.02.2008 - 10 C 33.07 -, DVBl. 2008, 1255), kann vorliegend dahinstehen, da der angefochtene Widerrufsbescheid jedenfalls schon deshalb rechtswidrig ist, weil die begründete Furcht des Klägers zu 1 vor politischer Verfolgung noch nicht entfallen ist.

a) Zwar droht dem Kläger zu 1 aufgrund seiner früheren "herausgehobenen" Tätigkeit für die UNITA - von einer solchen ist aufgrund der Feststellungen im rechtskräftigen Verpflichtungsurteil auszugehen - und seiner späteren exilpolitischen Betätigung bei einer Rückkehr nach Angola ersichtlich nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung (vgl. insbes. British Home Office, Operational Guidance Note v. 11. bzw. 29.07.2008, 3.8.8 "clearly unfounded"), doch ist er vor einer solchen - derzeit und auf absehbare Zeit - nicht hinreichend sicher. Da der Kläger Angola vorverfolgt verlassen hat, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab und nicht, wie das Bundesamt anzunehmen scheint, der allgemeine Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzuwenden; eine entsprechende Anwendung der Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG dürfte insofern zum gleichen Ergebnis führen (vgl. BVerwG, Vorabentscheidungsersuchen v. 07.02.2008 - 10 C 33.07 -, a.a.O.; UNHCR, Stellungnahme v. August 2008 an den EuGH, Asylmagazin 2008, 30 <33>). An die Wahrscheinlichkeit des Ausschlusses erneuter Verfolgung sind insofern wegen der meist schweren und bleibenden - auch seelischen - Folgen der schon einmal erlittenen Verfolgung hohe Anforderungen zu stellen. Es muss mehr als nur überwiegend wahrscheinlich sein, dass der Asylsuchende im Heimatstaat vor Verfolgungsmaßnahmen sicher ist. Zwar muss die Verfolgungsgefahr nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, so dass jeder auch nur geringe Zweifel an der Sicherheit des Asylsuchenden vor Verfolgung seinem Begehren zum Erfolg verhelfen müsste. Lassen sich aber ernsthafte Bedenken nicht ausräumen, so wirken sie sich nach diesem Maßstab zugunsten des Asylbewerbers aus und führen zur Anerkennung (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.02.1997 - 9 C 9.96 -, BVerwGE 104, 97 <99 ff.> m.w.N.) bzw. stehen deren Widerruf entgegen. Insofern ist hinreichende Sicherheit vor erneuter Verfolgung - entgegen der offenbar vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung - auch nicht gleichbedeutend mit dem hinreichend sicheren Ausschluss der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, dass wegen des Vorfluchtgeschehens noch Verfolgungsmaßnahmen drohten.

Bei seiner Einschätzung geht der Senat aufgrund der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Erkenntnisquellen von folgender Situation in Angola aus:

Nachdem der jahrzehntelange Bürgerkrieg zwischen der Rebellen-UNITA und der MPLA-Regierung im März 2002 sein Ende gefunden und die Verhandlungen zwischen den Bürgerkriegsparteien am 04.04.2002 zu einem Waffenstillstandsabkommen mit einer Wiederaufnahme der Umsetzung des Lusaka-Protokolls vom November 1994 geführt hatten, gibt es seitdem in fast allen Bereichen Fortschritte zu verzeichnen. Die UNITA wurde an der Regierung beteiligt und erhielt daneben auch führende Positionen in den Provinzen. Die Regierung hatte auch zugesagt, die Reorganisation der UNITA zur politischen Partei nicht zu behindern. Die beschlossene Demobilisierung der UNITA-Kämpfer konnte trotz Anlaufschwierigkeiten ohne nennenswerte Zwischenfälle durchgeführt und am 30.07.2002 abgeschlossen werden; die demobilisierten Kämpfer erhielten Hilfen zur Integration in das zivile Leben bzw. wurden zu einem kleinen Teil (ca. 5.000) bis Oktober 2004 in die angolanischen Streitkräfte FAA integriert. Auch das bereits am 02.04.2002 vom Parlament verabschiedete Amnestiegesetz, das Straffreiheit für alle UNITA-Kombattanten vorsieht, die sich innerhalb von 45 Tagen ergeben und ihre soziale Integration in die Gesellschaft akzeptiert haben, wurde umgesetzt. Diese Bestimmungen werden auch auf Personen angewandt, die erst jetzt aus dem Ausland zurückkehren. Ob davon auch lediglich politisch tätige Anhänger der UNITA profitieren konnten, ist allerdings nicht bekannt (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Angola - Die Situation seit dem Friedensabkommen vom 04. April 2002 - Update, Oktober 2002). Am 05.09.2008 haben nunmehr auch die seit 1992 ersten Parlamentswahlen stattgefunden, die zuletzt mehrfach vertagt worden waren. An diesen konnte sich auch die UNITA beteiligen, die sich inzwischen zu einer ihre verschiedenen Fraktionen wieder vereinigenden politischen Partei entwickelt hatte. Auch wenn sich politische Parteien seit 2002 grundsätzlich betätigen können, kann von für alle Parteien gleichen Voraussetzungen nicht die Rede sein. Abgesehen davon, dass die staatlichen Medienanstalten zugunsten der MPLA eingesetzt wurden (vgl. FAS v. 07.09.2008 "Die bösen Jahre sind noch nicht vorbei") und für die Oppositionsparteien außerhalb Luandas kein freier Zugang zu den elektronischen Medien bestand, wurde von staatlich finanzierten Wahlgeschenken (vgl. hierzu auch Africa Yearbook 2006, Angola, S. 409, 2007) durch die MPLA und Einschüchterungen durch deren Sympathisanten gesprochen (vgl. British Home Office, Country of Origin Information Key Documents, 1/2006, S. 7; FR v. 05.09.2008 "Das reichste arme Land der Welt wählt"). Die Wahl wurde von der Regierungspartei MPLA mit knapp 82 % der abgegebenen Stimmen gewonnen, während die UNITA nur etwas mehr als 10 % der Stimmen auf sich vereinigen konnte. Die Grundsätze der Gewaltenteilung, der Unabhängigkeit der Gerichte, der Gewährleistung rechtlichen Gehörs und der Möglichkeit der Verteidigung sind zwar verfassungsrechtlich verankert, auch sind die bestehenden Gesetze an rechtsstaatlichen Prinzipien ausgerichtet, jedoch laufen entsprechende Rechte aufgrund des materiell schlecht ausgestatteten, langsam arbeitenden und korruptionsanfälligen Justizsystems weitgehend leer. Der Justizweg ist insofern allenfalls eingeschränkt gewährleistet (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Angola v. 26.06.2007, Schweizerische Flüchtlingshilfe, Angola Update Juli 2006; Africa Yearbook 2006, Angola, S. 410, 2007). Ermittlungsbehörden und Gerichte sind überlastet, unterbezahlt, ineffektiv und korruptionsanfällig. Straffreiheit für kriminelle Vergehen und Menschenrechtsverletzungen sind insofern keine Seltenheit (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Angola - Update Juli 2006, S. 2; amnesty international, Jahresbericht Angola 2007). Staatliche Repressionsmaßnahmen, die systematisch gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer politischen Überzeugung eingesetzt werden, gibt es - insoweit ist dem Bundesamt und dem Verwaltungsgericht zu folgen - nicht mehr. Allerdings sind solche im Einzelfall weiterhin nicht auszuschließen, zumal der Schutz der Menschenrechte noch immer unzureichend ist und sowohl staatliche als auch nicht staatliche Akteure weiterhin Menschenrechtsverletzungen begehen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Angola Update Juli 2006; British Home Office, Country of Origin Information Key Documents, 1/2006; amnesty international, Report Angola 2008, Jahresbericht Angola 2007).

Zwar müssen selbst ehemalige UNITA-Kämpfer in Angola grundsätzlich nicht mehr mit staatlichen Repressionen rechnen. So spielen hochrangige ehemalige UNITA-Militärführer inzwischen durchaus eine wichtige Rolle als Politiker bzw. sind in den angolanischen Streitkräften FAA weiterhin als solche tätig. Allerdings kam es Mitte Juli 2004 in vier Orten im Landesinnern zu Übergriffen der lokalen Bevölkerung auf ehemalige UNITA-Angehörige, die sich dort niederlassen wollten. Besonders schwer waren die Übergriffe in Cazombo in der Provinz Moxico, bei denen 80 Häuser zerstört worden sein sollen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Angola v. 05.11.2004 bzw. v. 18.04.2006), nachdem ein ehemaliger UNITA-General die Leitung des dortigen UNITA-Büros hatte übernehmen wollen. Zwar wurden entsprechende Übergriffe von Regierungsseite öffentlich kritisiert, doch gibt es verschiedene glaubhafte Berichte, wonach lokale MPLA-Vertreter in derartige Vorkommnisse involviert waren und die Polizei nicht zum Schutz der Opposition einschritt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht v. 26.06.2007).

Für UNITA-Angehörige, die sich in Angola für Dritte erkennbar politisch für die UNITA betätigen, besteht schließlich auch mehr als sechs Jahre nach Ende des Bürgerkriegs noch ein gewisses Risiko, erheblichen Repressionen seitens der Anhänger der Regierungspartei MPLA bzw. ihr zuzurechnenden Gruppierungen ausgesetzt zu sein. So beklagen die verschiedenen Oppositionsparteien - namentlich die UNITA - regelmäßig Akte "politischer Intoleranz" hauptsächlich in den ländlichen Gebieten verschiedener Provinzen, wobei die Verantwortlichen regelmäßig nicht zur Rechenschaft gezogen würden (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht v. 26.06.2007, Schweizerische Flüchtlingshilfe, Angola - Update Juli 2006; Human Rights Watch, Angola: Doubts Over Free an Fair Elections, 12.08.2008). An dem tief verwurzelten Klima der Intoleranz wird sich aufgrund der weiteren Marginalisierung der Zivilgesellschaft und zivilen Oppositionsparteien voraussichtlich auch in absehbarer Zeit nichts ändern, da insofern das bestehende autoritäre politische System und die politische Bipolarität zwischen den Bürgerkriegsparteien MPLA und UNITA unangetastet bleiben dürfte (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Angola - Die Situation seit dem Friedensabkommen vom 04. April 2002 - Update, Oktober 2002). Bereits 2004 wurden von der UNITA zunehmend Fälle von Einschüchterung ihrer Funktionäre beklagt, die u. a. von Angehörigen einer MPLA-nahen Miliz ausgegangen sein sollen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Angola im Übergang - Update März 2005, 31.03.2005, S. 7; British Home Office, Operational Guidance Note Angola, 11. bzw. 29.07.2008). Auch wurde beklagt, dass zunehmend Erpressung und Druck ausgeübt werde, in die MPLA einzutreten (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Angola im Übergang - Update März 2005, S. 1; Africa Yearbook 2004, Angola, S. 388, 2005: Africa Yearbook 2005, S. 399, 2006). Wiederholt wurde 2003/2004 von Verfolgungen, Einschüchterungen und Gewalt gegen Funktionäre in verschiedenen Provinzen und Städten im Landesinneren berichtet (vgl. British Home Office, Operational Guidance Note Angola, 11. bzw. 29.07.2008). Auch 2005 kam es zu mehreren gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern beider Parteien (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Angola - Update Juli 2006; British Home Office, Operational Guidance Note Angola,11. bzw. 29.07.2008). Im März 2005 sollen in der Stadt Mavinga eine Person gar getötet und 28 weitere Personen verletzt worden sein, als UNITA-Mitglieder ihre Parteiflagge zu hissen versuchten (vgl. British Home Office, Operational Guidance Note Angola, 11. bzw. 29.07.2008; amnesty international, Jahresbericht Angola 2006). Die UNITA sprach von gezielter Aufhetzung der Bevölkerung durch die MPLA und die lokalen Behörden mit dem Ziel, die landesweite Errichtung oppositioneller Strukturen zu verhindern. Selbst Angolas Präsident dos Santos soll nach den Vorfällen Ende Februar und Mitte März die Besorgnis der UNITA als "legitim" anerkannt haben (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Angola im Übergang - Update März 2005, 21.03.2005). 2006 berichteten UNITA und MPLA von wechselseitigen körperlichen Angriffen politischer bzw. militanter Aktivisten auf ihre Mitglieder (vgl. U.S. Departement of State, Angola - Country Reports on Human Rights Practices - 2006 v. 06.03.2007, Section 3). Die UNITA sprach gar von 13 getöteten Parteimitgliedern (vgl. Africa Yearbook 2006, Angola, S. 409, 2007). Auch 2007 berichteten die Oppositionsparteien von Belästigungen, Einschüchterungen und Körperverletzungen durch Anhänger der Regierungspartei (vgl. U.S. Departement of State, Angola - Country Reports on Human Rights Practices - 2007 v. 11.03.2008, Section 3). Im März 2007 sollen Unbekannte (vgl. British Home Office, Operational Guidance Note Angola v. 11. bzw. 29.07.2008; U.S. Departement of State, Country Reports on Human Rights Practices - 2007, a.a.O.), möglicherweise gar Polizisten (vgl. amnesty international, Report Angola 2008), in der Provinz Kwanza Norte während einer Sitzung im örtlichen Parteibüro auf den zu Besuch anwesenden Parteivorsitzenden der UNITA - Isaias Samakuva - geschossen haben, der dabei leicht verletzt wurde; über das Ergebnis der deswegen in Gang gesetzten Untersuchung ist - soweit ersichtlich - noch nichts bekannt. Mitglieder der Oppositionsparteien und der Zivilgesellschaft berichteten auch 2007 von zunehmender "politischer Intoleranz". Auch im unmittelbaren Vorfeld der für Herbst 2008 angesetzten Parlamentswahlen wurde von Fällen politischer Gewalt hauptsächlich in den ländlichen Gebieten berichtet. So seien am 02.03.2008 Mitglieder einer kommunalen UNITA-Delegation im Dorf Kafindua in der Provinz Benguela von einer Gruppe örtlicher MPLA-Aktivisten geschlagen worden, als sie ihre Parteiflagge hätten hissen wollen. Die Polizei habe die Angreifer zwar verhört, jedoch wieder laufen lassen; diese hätten anschließend erklärt, "die Polizei gehöre ihnen". Traditionelle Autoritäten seien zunehmend dem Druck der MPLA ausgesetzt, Aktivitäten der UNITA in den verschiedenen Dörfern zu verhindern. Am 30.05.2008 habe eine Gruppe von MPLA-Anhängern den traditionellen Führer im Dorf Bongue Kandala in der Provinz Benguela sowie fünf UNITA-Mitglieder zusammengeschlagen, weil jener zuvor erlaubt hätte, die Parteifahne hochzuhalten (vgl. Human Rights Watch, Angola: Doubts Over Free and Fair Elections, 12.08.2008). Am 13.08.2008 sollen UNITA-Mitglieder während einer öffentlichen Versammlung in Kipeio in der Provinz Huambo von einer Gruppe mit Stöcken und Steinen angegriffen worden sein; eine Frau musste im Krankenhaus behandelt werden, die anderen erlitten weniger ernste Verletzungen. Die Polizei sei zwar eingeschritten, die Angreifer seien jedoch nicht zur Rechenschaft gezogen worden. In der Provinz Benguela sollen UNITA-Mitglieder am 23.08.2008 gesteinigt worden sein. In Chico da Waiti sei eine 40-köpfige Delegation von UNITA-Mitglieder mit Steinen beworfen worden, wobei 8 Personen verletzt worden seien. Die Polizei habe die Delegation eskortiert, jedoch niemanden verhaftet. Der zuständige Gemeindeverwaltungsbeamte habe später erklärt, dass er lediglich die Sicherheit der Wahlbeobachter der UNITA, nicht aber für deren Wahlkampagne garantiere (vgl. Human Rights Watch, Angola: Irregularities Marred Historic Elections, 14.09.2008).

Vor diesem Hintergrund kann indes - derzeit und auf absehbare Zeit - nicht davon ausgegangen werden, dass der ausweislich seiner exilpolitischen Betätigung (zur nicht beachtlich wahrscheinlichen Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung in diesem Zusammenhang VGH Bad.-Württ. Urt. v. 01.02.2002 -A 13 S 1729/97 -) weiterhin für Dritte erkennbar politisch für die UNITA tätige Kläger zu 1 bei einer Rückkehr nach Angola vor erneuter politischer Verfolgung hinreichend sicher wäre. So erscheint keineswegs fernliegend, dass dieser bei weiterer Ausübung seiner Tätigkeit als Informationssekretär der UNITA erneuter Verfolgung von asylerheblicher Intensität seitens gewaltbereiter MLPA-Anhänger ausgesetzt wäre, die der von der MPLA geführten Regierung zumindest als mittelbar staatliche Verfolgung zuzurechnen sein könnte, weil diese eine solche augenscheinlich nicht mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln der Polizei bzw. Justiz zu verhindern sucht. Ungeachtet dessen, dass die meisten Übergriffe in den ländlichen Gebieten stattfanden, kann derzeit und auf absehbare Zeit auch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Kläger zu 1 jedenfalls bei einem Verbleib in seinem letzten Wohnort Luanda hinreichend sicher vor einer solchen Verfolgung wäre. An dieser Beurteilung bzw. den ernsthaften Bedenken hinsichtlich einer hinreichenden Sicherheit änderte auch nichts, sollten nicht sämtliche oben dargestellten Übergriffe genau so stattgefunden haben und tatsächlich als mittelbare staatliche Verfolgung qualifiziert werden können (vgl. auch Art. 14 Abs. 2 RL 2004/83/EG). Hinsichtlich der widerrufenen Flüchtlingseigenschaft kommt hinzu, dass als politische Verfolgung nach § 60 Abs. 1 Satz 4c AufenthG nunmehr auch Verfolgungsmaßnahmen nichtstaatlicher Akteure anzusehen sind, gegen die effektiver Schutz tatsächlich nicht gewährt wird. Zwar wäre dies wohl nicht dieselbe (staatliche) Verfolgung; doch dürfte dem Kläger zu 1 auch insoweit noch der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab bzw. die entsprechend anzuwendende Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG zugute kommen. Verfolgungsmaßnahmen seitens der MPLA-Anhänger, sollten diese nicht ohnehin der MPLA-Regierung zuzurechnen sein, wären aufgrund des inneren Zusammenhangs mit der Vorverfolgung noch keine gänzlich neue und andersartige Verfolgung (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15.05 -, BVerwGE 126, 243).

Den vom Beklagten-Vertreter angeführten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen (vgl. insbes. BayVG Ansbach, Urt. v. 30.11.2004 - AN 2 K 04.30983 -, Urt. v. 18.03.2005 - AN 2 K 04.30549 -, Urt. v. 28.09.2007 - AN 2 K 06.30764 -), denen zufolge angolanische Staatsangehörige bei einer Rückkehr hinreichend sicher vor Verfolgung wären bzw. ihnen eine Rückkehr dorthin zumutbar wäre, lag schließlich kein mit dem vorliegenden Fall vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. So handelte es sich bei den Klägern dieser Verfahren, soweit ersichtlich, schon nicht um Personen, die sich in Angola für Dritte erkennbar politisch für die UNITA betätigt haben u n d weiterhin betätigen.

b) Ausgehend davon bestand auch kein Grund, die bereits aufgrund § 26 Abs. 1 u. 2 AsylVfG i.d.F. vom 27.07.1993 bzw. § 51 Abs. 2 Nr. 1 AuslG i.d.F. v. 26.06.2002 ausgesprochene Asyl- und Flüchtlingsanerkennungen der Kläger zu 2 und 3 zu widerrufen (vgl. § 73 Abs. 2b AsylVfG).

2. Die in Ziff. 2 getroffene Feststellung, dass bei den Klägern die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorlägen, war danach ebenfalls rechtswidrig, da deren Flüchtlingseigenschaft tatsächlich nicht zu widerrufen war.

3. Soweit das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Ziff. 4 seines Bescheides vom 07.04.2005 erstmals die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 - 5 und 7 AufenthG als nicht vorliegend festgestellt hat, war es hierzu - in Rechtsanalogie zu den Regelungen in § 24 Abs. 2, § 31 Abs. 2 Satz 1, § 31 Abs. 3 Satz 1, § 32, § 39 Abs. 2 und § 73 Abs. 1 bis 3 AsylVfG (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.04.1999 - 9 C 29.98 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 18, Urt. v. 27.02.1996 - 9 C 145.95 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 185) - schon deshalb nicht berechtigt, weil die Asylanerkennungen tatsächlich nicht zu widerrufen waren.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 u. Abs. 1 Satz 3 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO entspr. sowie § 83b AsylVfG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Ende der Entscheidung

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