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Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 24.11.2000
Aktenzeichen: A 6 S 672/99
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 16a Abs. 1 |
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
wegen
Anerkennung als Asylberechtigter u.a.
hat der 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schwäble und die Richterinnen am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schmitt-Siebert und Fricke
am 24. November 2000
beschlossen:
Tenor:
Auf die Berufung des Beteiligten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. Februar 1999 - A 5 K 10544/97 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen; der Beteiligte trägt seine außergerichtlichen Kosten im Verfahren erster Instanz selbst.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss, weil er sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 130 a VwGO).
Die Berufung des Beteiligten ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.
Streitgegenstand im vorliegenden Berufungsverfahren ist das Begehren, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 11.12.1996 zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1, hilfsweise des § 53 AuslG vorliegen. Hierauf und nicht lediglich auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens war die Klage bei sachdienlicher Auslegung von Anfang an gerichtet, weil das Gericht die Streitsache nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 10.2.1998 - 9 C 28.97 - und vom 6.7.1998 - 9 C 45.97 -, NVwZ 1999, 65), der sich der Senat anschließt, auch im asylrechtlichen Folgeantragsverfahren in vollem Umfang spruchreif zu machen hat.
Mit dem so umschriebenen Inhalt ist die Klage nicht begründet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts liegen schon die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vor (unten I.); im Übrigen hätte der Kläger auch in der Sache keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter und Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (unten II.). Feststellung von Abschiebungshindernissen gemäß § 53 AuslG kommt im Ergebnis gleichfalls nicht in Betracht (unten III.).
I. Die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gemäß § 71 AsylVfG liegen nicht vor.
Der Kläger hat nicht dargelegt, dass er bzw. sein Prozessbevollmächtigter, dessen Wissen er sich zurechnen lassen muss, erst innerhalb von drei Monaten vor Stellung seines Folgeantrages vom Mai 1996 (§ 51 Abs. 3 VwVfG) von der im Info-Schnelldienst AuAs 1995, S. 176 f. veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3.5.1995 - 2 BvR 2236/94 - und der Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz vom 30.8.1994 - 6 A 10598/92.OVG - Kenntnis erhalten hat oder ohne grobes Verschulden außerstande war, sie in seinem durch Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 21.2.1996 abgeschlossenen früheren Asylverfahren geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG). Im Übrigen konnten diese vor Abschluss des früheren Verfahrens ergangenen Entscheidungen die Rechtslage ohnehin nicht nachträglich zugunsten des Klägers ändern. Außerdem führt allenfalls ein durch die Änderung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hervorgerufener Wandel des Bedeutungsinhalts des Asylrechts zu einer Änderung der Rechtslage (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 8.10.1990 - 2 BvR 643/90 -, NVwZ 1991, 258, 259). Gerichtliche Entscheidungsfindung bleibt grundsätzlich rechtliche Würdigung des Sachverhalts am Maßstab der vorgegebenen Rechtsordnung, ändert sie aber nicht (vgl. statt aller BVerwG, Urteil vom 27.1.1994 - 2 C 12.92 -, BVerwGE 95, 80, 89). Der vom Kläger geltend gemachte Wandel der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur hinreichenden Verfolgungssicherheit vorverfolgter Ahmadis durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3.5.1998 (a.a.O.) kann sich aber schon deshalb nicht zugunsten des Klägers auswirken, weil dessen Vorverfolgung in seinem früheren Asylverfahren gerade nicht festgestellt wurde.
Auch eine Änderung der Sachlage hat der Kläger nicht in berücksichtigungsfähiger Weise dargelegt. Wird die Änderung der Sachlage - wie hier - mit neuen Erkenntnisquellen begründet, muss nämlich dargelegt werden, inwiefern sich diese Erkenntnisquellen von der dem früheren Asylverfahren zugrundeliegenden Erkenntnislage unterscheiden, wenn dies nicht offenkundig ist. Dabei sind die Anforderungen an die Darlegungslast um so höher, je breiter die Erkenntnisbasis im früheren Verfahren war; beruht die damalige Entscheidung auf dem Inbegriff einer Vielzahl von Erkenntnisquellen, wird Mitteilung einzelner neuer Erkenntnisquellen typischerweise kaum hinreichen, eine asylrechtlich erhebliche neue Sachlage darzutun. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Folgeantragsteller - wie der Kläger - eine Änderung der allgemeinen Verhältnisse im Herkunftsland geltend macht. Denn der Begriff der "Änderung der Sachlage" kann nur unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks in Abwägung zwischen Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit bestimmt werden und muss auf den Korrekturfall beschränkt bleiben, dass sich die tatsächliche Basis des Verfahrens nunmehr als unzutreffend erweist. Demgemäss genügt das Geltendmachen veränderter Einzelumstände dann nicht, wenn nicht zugleich dargelegt wird, inwiefern sich hieraus Zweifel an der dem abgeschlossenen Asylverfahren zugrundeliegenden Würdigung der Gesamtheit der tatsächlichen Verhältnisse im Herkunftsland ergeben sollen. Vollends nicht dargelegt ist eine Änderung der Sachlage dann, wenn die geltend gemachten Einzeltatsachen - wie hier - letztlich die Richtigkeit der früheren Würdigung bestätigen. Ist etwa im abgeschlossenen Asylverfahren eine kollektive Verfolgungssituation im Herkunftsland mangels hinreichender Dichte der festgestellten Verfolgungshandlungen verneint worden, bedarf es im Folgeverfahren der Darlegung, dass und inwiefern Art und Zahl der inzwischen vorgekommenen Verfolgungshandlungen Zweifel an der weiteren Berechtigung jener generellen Feststellung begründen sollen (vgl. zu alledem Urteil des Senats vom 15.6.1999, a.a.O.).
Daran fehlt es hier. Der Kläger hat zwar eine Vielzahl von Erkenntnismitteln angegeben, aber nicht im Einzelnen substantiiert aufgezeigt, dass und in welchem Umfang sich die Zahl der Strafverfahren gegen Ahmadis in Pakistan wegen Verstößen gegen sec. 295 C, 298 B und C PPC seit der Bundesamtsentscheidung über seine Asylgründe erhöht haben, welche Verfahren davon das "forum internum" betrafen und dass und weshalb nach diesen Erkenntnissen nunmehr nicht mehr nur ein verschwindender Bruchteil der Ahmadis in Pakistan wegen ihres Glaubens von strafrechtlicher Verfolgung betroffen sein soll. Das Gleiche gilt für die Übergriffe Privater auf Ahmadis. Der Kläger hat die in diesem Zusammenhang mitgeteilten Erkenntnismittel und Ereignisse nicht entsprechend den umschriebenen Anforderungen aufgearbeitet. Es fehlt schließlich auch an der Angabe einer hinreichend großen Zahl belegter Einzelfälle, in denen abgeschobene Ahmadis bei der Einreise ihres Glaubens wegen in asylerheblicher Weise verfolgt wurden.
Derartige Angaben waren auch nicht im Hinblick auf die Behauptung des Klägers entbehrlich, die seit dem letzten Umsturz in Pakistan bestehende Militärdiktatur führe zu einer verstärkten Islamisierung der pakistanischen Gesellschaft und damit dazu, dass er nunmehr aufgrund seiner Religionszugehörigkeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer dem pakistanischen Staat zurechenbaren Verfolgung zu rechnen habe. Denn die allgemeinkundige Tatsache, dass in Pakistan im Oktober 1999 ein Militärputsch stattgefunden hat, impliziert weder zwingend eine verstärkte Islamisierung Pakistans noch eine - gegenüber der Zeit davor - deutliche Verstärkung der Verfolgung der Ahmadis durch den pakistanischen Staat oder Dritte. Tatsachen, die eine derartige Entwicklung wenigstens wahrscheinlich erscheinen lassen können, hat der Kläger weder benannt noch unter Beweis gestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter II. verwiesen. Die als Voraussetzung für die Durchführung eines Folgeverfahrens notwendige Darlegung von eine Änderung der Sachlage begründenden Tatsachen konnte der Kläger weder durch den Antrag, die seine - wie zu zeigen sein wird, hinreichender tatsächlicher Grundlagen entbehrende - Prognose etwa stützenden Tatsachen mit Hilfe eines Sachverständigen ermitteln zu lassen, noch durch das Begehren ersetzen, das Gericht möge hierzu von Amts wegen ermitteln.
II. Im Übrigen hat der Kläger auch in der Sache keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16 a Abs. 1 GG) und Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG. Der Kläger, der aus Pakistan unverfolgt ausgereist ist, hat auch im vorliegenden Asylfolgeverfahren nicht glaubhaft gemacht, dass und inwiefern er bei Rückkehr dorthin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrechtlich erheblicher Individualverfolgung oder Gruppenverfolgung als Angehöriger der Religionsgemeinschaft der Ahmadiyya zu befürchten hat. Dass Ahmadis in Pakistan keiner derartigen Verfolgung ausgesetzt sind, hat der Senat zuletzt in seinem - den Beteiligten bekannten - Beschluss vom 29.2.2000 -A 6 S 675/99 - entschieden. An dieser Einschätzung hat sich seitdem nichts Entscheidendes geändert. Es liegen weder Erkenntnismittel vor, die begründete Zweifel an der Einschätzung im Beschluss vom 29.2.2000, a.a.O., begründen könnten, noch ergibt sich aus den dem Senat vorliegenden Erkenntnismitteln, dass zwischenzeitlich eine Änderung eingetreten ist, die zu einer anderen Beurteilung der Lage der Ahmadis insgesamt oder einer etwaigen Untergruppe aktiver, d.h. bekennender Ahmadis führen könnte. Vielmehr ist weiterhin davon auszugehen, dass Ahmadis in Pakistan keiner - mittelbaren oder unmittelbaren - gruppengerichteten Verfolgung unterliegen.
1. Auch unter Berücksichtigung der neueren Erkenntnisquellen bestehen nach wie vor keine Anhaltspunkte für eine unmittelbare Verfolgung der Ahmadis in Pakistan insgesamt.
In seinem Beschluss vom 29.2.2000 (a.a.O.) ging der Senat aufgrund gutachtlicher Schätzungen davon aus, dass in Pakistan insgesamt etwa 2 bis 3 Mio. Ahmadis leben (vgl. etwa AA, Lagebericht vom 11.9.1996; AMJ, Pressebericht vom 5.11.1997; Stanek, Referat vom 15.12.1997). Der von dem Journalisten Engelmann damals vorgenommenen "neueren" Schätzung der Zahl der Ahmadis in Pakistan auf nur 1,5 bis 2 Mio. vermochte er nicht zu folgen, weil sie durch nichts belegt war und insbesondere die "unabhängigen Organisationen", die diese Zahl bestätigen sollten, nicht benannt worden waren (vgl. Presseinformation und Mitteilung der AMJ vom April 1999, S. 25). Dr. Munir Ahmed (Deutsches Orient-Institut) hatte in seinem dem Senat bereits im Februar 2000 vorliegenden Gutachten (an das Verwaltungsgericht Meiningen) vom Juni 1999 die Recherchen, die weltweit eine Anzahl von nur etwa einer Million Ahmadis ergeben sollten, gleichfalls nicht im Einzelnen benannt; auch sonst war nicht erkennbar, auf welche Umstände er die geschätzte Zahl von kaum mehr als einer halben Million aktiver Ahmadis in Pakistan stützte. Die Einholung weiterer Gutachten zur Zahl der Ahmadis in Pakistan hatte sich dem Senat nicht aufgedrängt, weil auch Dr. Munir Ahmed davon ausgegangen war, es gebe keine zuverlässige Quelle für die Feststellung der zahlenmäßigen Stärke der Ahmadis in Pakistan. Lediglich ihre Vertretung in Pakistan könne ihren Anteil an der pakistanischen Bevölkerung jedenfalls näherungsweise angeben. Die Richtigkeit dieser Auffassung war durch Dr. Conrad (Gutachten vom 31.10.1994 für den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zu Az.: 10 UE 2414/90) bestätigt worden, der berichtete, eine formelle Zuschreibung von Anhängern der Ahmadiyya-Bewegung, im Unterschied zu orthodoxen Muslims, habe früher nicht bestanden. Versuche des pakistanischen Staats, eine solche gesonderte Zuschreibung in Wählerlisten und Personalausweisen zu erreichen, stießen auf den Widerstand der Ahmadiyya-Muslim-Gemeinschaft, welche die Trennung von der Muslim-Gemeinde nicht anerkenne, sich ihr vielmehr zurechne. Es sei die offizielle Linie der Ahmadiyya-Bewegung, die staatsrechtliche Exkommunikation von der Muslim-Bevölkerung durch die Verfassungsänderung 1974, die Trennung der Wählerschaften seit 1979 und die aufgrund dieser getrennten Wählerlisten abgehaltenen Wahlen nicht anzuerkennen und zu boykottieren.
Wenn der Journalist Engelmann demgegenüber geltend macht, die Zahl der in Pakistan lebenden Ahmadis sei "öffentlich zugänglichen" Quellen zu entnehmen, fällt schon auf, dass er diese Quellen in keinem seiner zahlreichen Schreiben benannt hat und dass die von ihm jeweils genannten Zahlen differieren, ohne dass dies je auch nur plausibel gemacht worden wäre. Seine Darlegungen hierzu sind im Gegenteil in jeder Hinsicht unschlüssig. So hat er in einem Schreiben vom 14.2.1999 zunächst angegeben, in nicht näher bezeichneten "öffentlich zugänglichen Quellen" würden 1,5 bis 2 Mio. in Pakistan lebende Ahmadis genannt (AMJ, Presseinformation und Mitteilung, April 1999). In seinem "Kettenfax" vom 6.7.2000 hat er dagegen - wiederum auf nicht benannte "öffentliche Quellen" gestützt - mitgeteilt, 3 % der pakistanischen Bevölkerung (d.i. 4,14 Mio.) seien Nicht-Muslime, davon 50 % Christen; der verbleibende Anteil entfalle derart auf die übrigen religiösen Minderheiten, dass sich die Zahl der Ahmadis grob geschätzt auf maximal 500.000 Aktive belaufe. Weitere Anhaltspunkte für diese Schätzung hat Engelmann nicht benannt. Er hat auch nicht begründet, warum er die Zahl der aktiven Ahmadis an anderer Stelle in demselben "Kettenfax" auf 400.000 bzw. sogar auf gegen 300.000 tendierend geschätzt hat. All dies begründet nach Einschätzung des Senats schon ernstliche Zweifel an der Fähigkeit oder am Willen des Journalisten Engelmann, die Tatsachen, die politische Verfolgung der Ahmadis stützten sollen, korrekt und fundiert mitzuteilen. Jedenfalls spricht nichts dafür, dass Engelmann die Zahl der in Pakistan lebenden Ahmadis zuverlässiger als die Vertreter der Ahmadiyya-Religionsgemeinschaft in Rabwah angeben kann. Diese haben der Deutschen Botschaft in Islamabad die Zahl ihrer Angehörigen noch bis zur Mitte des Jahres 2000 mit 4 Mio. angegeben (Dr. Conrad, a.a.O.; Dr. Ludwig Vollmer an MdL Johannes Buchter vom 6.6.2000), und dies nach dem aktualisierten Lagebericht vom 17.8.2000 neuerdings lediglich dahin präzisiert, dass auf diese Gesamtzahl ihrer Angehörigen (nur) etwa 500.000 bis 600.000 aktive, d.h. bekennende Ahmadis kämen. Diese Angaben legt auch der Senat zugrunde.
Ist danach von einer Gesamtzahl von 4 Mio. Ahmadis auszugehen, verringert sich die Dichte der staatlichen Zugriffe und privaten Übergriffe auf Ahmadis, die der Senat zuletzt in seiner Entscheidung vom 29.2.2000 (a.a.O.) für die Annahme einer Gruppenverfolgung nicht als ausreichend angesehen hat, in einer Weise, die die in den neueren Erkenntnisquellen dokumentierten Vorfälle nicht entfernt auszugleichen vermögen.
In seiner Entscheidung vom 29.2.2000 (a.a.O.) war der Senat davon ausgegangen, dass höchstens etwa 1,5 %o aller in Pakistan lebenden (2 bis 3 Mio.) Ahmadis von religionsbezogenen Strafverfahren gemäß sec. 298 C PPC überhaupt und nur 200, d.h. 0,5%o von ihnen, von Verfahren überzogen worden seien, die an die Religionsausübung im "forum internum" angeknüpft hätten. Die AMJ hat in ihrer Presseinformation vom März 2000 von weiteren 19 Verfahren berichtet, ohne indessen solche wegen Religionsausübung im "forum internum" zu erwähnen. Im Beschluss vom 29.2.2000 (a.a.O.) war weiter von 230 Strafverfahren gemäß sec. 295 C PPC ausgegangen worden. Sie haben sich nach der Presseinformation der AMJ vom März 2000 um 125 erhöht. Der Deutschen Botschaft in Islamabad berichtete die Ahmadiyya-Vertretung vor Ort laut Lagebericht vom 17.8.2000 von 22 neuen Verfahren mit insgesamt 80 Beschuldigten im Jahr 1999 aufgrund vermeintlicher Verstöße gegen sec. 295 C und 298 C PPC. Insgesamt bedeutet all dies bei Zugrundelegung einer Zahl von 4 Mio. Ahmadis weiterhin eine allenfalls theoretische Verfolgungswahrscheinlichkeit.
Auch die Einschätzung, das Shariah-Gesetz vom 5.6.1991 und der im August 1998 in die Nationalversammlung eingebrachte 15. Verfassungszusatz zur Einführung der Shariah begründeten für sich genommen keine Gefahr asylrechtlich erheblicher staatlicher Übergriffe für die Ahmadis, gilt unverändert fort, zumal da die Militärregierung bisher nicht zu erkennen gegeben hat, dass sie überhaupt an dem Gesetzesvorhaben festhalten wird.
Soweit in der Presseinformation der AMJ vom März 2000 von 30 Verfahren gegen Ahmadis nach dem Anti-Terrorismus-Gesetz (im folgenden: ATA; vgl. dazu die Auskunft des AA vom 15.6.1998 des AA an das VG Chemnitz, welcher der Originaltext nebst Übersetzung beigefügt ist) berichtet wurde, begründet diese im Verhältnis zur Gesamtzahl der in Pakistan lebenden Ahmadis verschwindend geringe Zahl ebenfalls weiterhin nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer auf dieses Gesetz gestützten asylrechtlich erheblichen staatlichen (Gruppen-)Verfolgung der Ahmadis. Im Übrigen legt die Presseinformation der AMJ vom März 2000, wonach wegen Verstößen gegen sec. 295 C PPC anhängige Verfahren - etwa gegen M. Bashir-ul-Haq und Mobashir Javed aus Pattoki wegen Anbringens der Kalima in ihren Geschäftsräumen - erst im gerichtlichen Verfahren an ein Antiterrorismusgericht verwiesen wurden, die Vermutung nahe, die zuständigen Richter hätten versucht, den mit dem Verfahren verbundenen Druck von Seiten der Orthodoxen auf eine andere - wenn auch unzuständige - Gerichtsbarkeit zu verlagern. Jedenfalls sind die wenigen neuen Verfahren gegen Ahmadis nach dem ATA von ihrer Zahl her auch hier nicht geeignet, entgegen der bisherigen Einschätzung (staatliche) Gruppenverfolgung zu begründen.
Auch sonst bestehen nach wie vor keine Anhaltspunkte, wonach die Angehörigen der Ahmadiyya mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit staatliche Übergriffe befürchten müssten. Soweit sie sich schon früher auf Pläne berufen haben, wonach ihnen das Lesen und Zitieren des Koran sowie das Aufbewahren des Koran in ihren Häusern und Moscheen verboten werden sollte, wurde auch weiterhin nicht (auch nicht von der AMJ) berichtet, dass und inwiefern sich derartige Pläne seit der Machtübernahme durch das Militär konkretisiert hätten. Insbesondere fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass die Militärregierung ein insoweit etwa bestehendes Gesetzgebungsvorhaben früherer Regierungen übernommen hätte. Soweit von Verleumdung von Ahmadiyya-Beamten berichtet wurde (AMJ, Presseinformation März 2000), ist nicht ersichtlich, inwiefern derlei nach Art und Intensität die Schwelle des asylrechtlich Erheblichen erreicht hätte. Das Gleiche gilt für die Ablehnung der Anstellung eines Ahmadi im sicherheitsrelevanten Bereich (AMJ, Presseinformation März 2000).
Die Darstellung des Journalisten Engelmann schließlich, wonach zurückkehrende Ahmadis von Sicherheitskräften beschimpft, misshandelt und zur Zahlung von Lösegeld erpresst würden, konnte weiterhin nicht verifiziert werden (vgl. AA, Auskunft vom 12.3.1998 an das VG Köln); so konnten etwa anlässlich der unangemeldeten Überprüfung der Einreise eines abgeschobenen Asylbewerbers durch das Generalkonsulat Karachi am 4.11.1999 keine Unregelmäßigkeiten festgestellt werden (AA Lagebericht vom 17.8.2000).
Der Senat hat bei prognostischer Betrachtung auch weiterhin keine Hinweise, wonach sich die oben umschriebene Lage der Ahmadis auf absehbare Zeit in asylrechtlich erheblicher Weise zu deren Lasten ändern könnte. Keiner der zahlreichen Presseartikel aus dem In- und Ausland, die dem Senat seit Herbst 1999 bekannt geworden sind, enthält auch nur entfernt Hinweise, dass sich die Lage der Ahmadis aufgrund des Militärputsches vom 12.10.1999 nachteilig geändert hätte oder in absehbarer Zeit ändern könnte; auch die AMJ, die nach den Erfahrungen des Senats organisatorisch und technisch in der Lage ist, relevante Geschehnisse in Pakistan zu erfassen und binnen Kurzem mitzuteilen, vermochte keine konkreten Tatsachen zu benennen, die in diese Richtung deuten könnten (vgl. zuletzt Presseinformation März 2000). Dementsprechend enthält auch der Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 17.8.2000 im Abschnitt über die Ahmadis (S. 5 f.) keinerlei Andeutung, wonach sich deren Lage verschlechtert hätte oder in absehbarer Zeit verschlechtern könnte. Im Gegenteil heißt es im Zusammenhang des Putsches von General Musharraf ausdrücklich, dieser habe sich selbst verpflichtet, die Regierungsgeschäfte weitestgehend in Übereinstimmung mit der (suspendierten) Verfassung auszuüben; dies führe in Verbindung mit der Nichtaußerkraftsetzung der Grundrechte "bis dato" zu dem Ergebnis, dass sich die Menschenrechtslage in Pakistan durch den Putsch de facto nicht verschlechtert habe (S. 3).
Zwar ist nach achtmonatiger Amtszeit der Regierung Musharraf offenbar vor allem bei den liberal und säkular eingestellten Gesellschaftskreisen sowie den religiösen Minderheiten "Ernüchterung" eingetreten (AA, Lagebericht vom 17.8.2000). Während das Programm zur Einführung der Demokratie auf Gemeinde- und Distriktsebene grundsätzlich auf Zustimmung stößt, wird gleichzeitig beklagt, dass die Regierung die bereits angekündigte Entschärfung des Blasphemieparagraphen auf Druck islamischer Gruppen wieder rückgängig machte. Von Minderheitsvertretern wird ferner kritisiert, dass die Regierung nicht gewillt scheine, das getrennte Wahlrecht abzuschaffen und damit die Chance verspiele, der zunehmenden gesellschaftlichen Marginalisierung dieser Gruppen Einhalt zu gebieten (AA, Lagebericht vom 17.8.2000). Das - der Rücksicht auf die islamische Mehrheit geschuldete - Unterlassen der schon eingeleiteten Verbesserung der Lage dieser Gruppen ist indessen nicht gleichbedeutend mit einer Verschlechterung. Ferner ist eine Aufforderung zur Verfolgung der Ahmadis noch nicht darin zu sehen, dass der Chefsekretär des Punjab einen Kommissar (pflichtgemäß) anwies in allen Angelegenheiten der Glaubensausübung, des Predigens, der Einsetzung von Beamten aus nichtmuslimischen Minderheiten das Gesetz und die Politik des Landes nach Buchstaben und Geist zu befolgen (AMJ, Presseinformation März 2000). Schließlich entsprechen die Belassung des Präsidenten Rafiq Tarar im Amt und die Berufung des ehemaligen Mitglieds des Federal Shariat Court, Dr. Mahmood Ahmad Ghazi, in den Nationalen Sicherheitsrat als Zugeständnisse an die muslimische Mehrheit lediglich dem status quo ante und sind - ebenso wenig wie entsprechende Maßnahmen früherer Regierungen - als Anzeichen einer gegen die Ahmadis gerichteten regierungsamtlichen Absicht anzusehen, zumal da bisher weder ersichtlich noch dargetan ist, dass und inwiefern das Zurückweichen der Militärs vor den Fundamentalisten die Lage der Ahmadis gegenüber der Zeit vor dem Machtwechsel nachteilig verändert hat.
Dem Antrag des Klägers, zum Beweis "der Tatsache, dass aufgrund der jetzt regierenden Militärdiktatur und der infolge der Militärdiktatur stattfindenden verstärkten Islamisierung der pakistanischen Gesellschaft nunmehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer staatlich zurechenbaren Verfolgung des Klägers aufgrund seiner Religionszugehörigkeit zu rechnen ist", ein Gutachten des Deutschen Orient-Instituts und eine Auskunft des Auswärtigen Amtes einzuholen, war nicht nachzugehen. Zum einen handelt es sich hierbei um einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag. Wie soeben dargelegt, ist keiner der dem Senat bekannten Erkenntnisquellen - über die allgemeinkundige Tatsache des Putsches vom Herbst 1999 hinaus - ein tatsächlicher Hinweis zu entnehmen, der die vom Kläger aufgestellte Beweisbehauptung auch nur entfernt stützen könnte; selbst die AMJ, die von ihr für wesentlich gehaltene Vorfälle erfahrungsgemäß alsbald bekannt zu machen pflegt, vermochte insoweit bis heute keine konkreten Tatsachen anzugeben. Auch der Kläger selbst hat hierzu keinerlei Erkenntnisquellen benannt; insoweit unterscheidet sich die vorliegende Sache wesentlich von der Fallgestaltung, die dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.3.2000 - 9 B 518.99 - zugrunde lag (vgl. dort S. 4 des Abdrucks). Die unter Beweis gestellte Behauptung wurde nach allem "aufs Geratewohl" und "ins Blaue hinein" aufgestellt; von der erforderlichen Mindestwahrscheinlichkeit für ihr Vorliegen kann nicht die Rede sein (BVerwG, ebd.). Zum zweiten ist der Senat aufgrund der ins Verfahren eingeführten und soeben eingehend erörterten Erkenntnisquellen insoweit selbst sachkundig; er ist aufgrund dieser Erkenntnismittel in der Lage, die Entwicklung in Pakistan, soweit sie im vorliegenden Zusammenhang asylrechtlich erheblich sein kann, aus eigener Sachkunde prognostisch einzuschätzen.
2. Den Angehörigen der Religionsgemeinschaft der Ahmadiyya drohte auch unter Berücksichtigung der dem Senat vorliegenden jüngsten Erkenntnisse nach wie vor nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mittelbar staatliche Verfolgung.
Zwar wird weiterhin von Übergriffen Dritter berichtet, die über bloße Benachteiligungen hinausgehen. So kidnappte die Sipah Sahab im September 1999 den kurz zuvor zur Ahmadiyya konvertierten Muhammad Akbar und zwang ihn zur schriftlichen Rücknahme seiner Konversion. Auch der Lehrer Ghulam Rasul Alavi, der der Ahmadiyya 1994 beigetreten war, wurde misshandelt und unter Morddrohungen zum Widerruf seiner Konversion gezwungen. In Hawaili Lakha zerstörte der Mob den Rohbau einer Ahmadi-Moschee und zusätzlich die örtliche Klinik, die dem Distriktsvorsitzenden der Ahmadis gehörte (AMJ, jeweils Ausgabe vom März 2000). Durch die von der AMJ in der Presseinformation vom März 2000 mitgeteilten neu hinzugekommenen Morde (1), Körperverletzungen (4), Drohungen mit empfindlichen Übeln (3) und zum Nachteil von Ahmadis begangenen Sachbeschädigungen (6), hat sich die Zahl der Übergriffe jedoch nicht so erhöht, dass nunmehr die nur die Annahme einer Verfolgung der 4 Mio. Ahmadis als Gruppe notwendige Dichte vorliegt.
3. Auch die im Lagebericht vom 15.8.2000 angesprochenen 500.000 bis 600.000 Aktiven, d.h. bekennenden Mitglieder der Ahmadis in Pakistan unterliegen nicht als Untergruppe einer unmittelbaren oder mittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung. Denn es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass diese Untergruppe in einem Umfang Verfolgungsmaßnahmen durch den Staat oder Dritte ausgesetzt ist, dass die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Dichte erreicht ist. Erkenntnismittel, die eine gegenüber den übrigen Ahmadis besondere Gefährdung dieser Gruppe ausdrücklich belegen, liegen nicht vor. Aus den Erkenntnisquellen geht vielmehr hervor, dass Strafverfahren gegen Ahmadis in der Regel von islamistischen Gruppierungen wie der Khatm-e-Nabuwwat in Gang gebracht werden, aber auch aus dem Umfeld der betroffenen Ahmadis kommen können, das die bestehende Gesetzeslage dazu ausnutzt, die Angehörigen der Minderheiten aus den verschiedensten (unlauteren) Motiven unter Druck zu setzen (vgl. zuletzt AA, Lagebericht vom 17.8.2000) und ein großer Teil der Strafanträge nicht auf Tatsachen - insbesondere religiöse Betätigung der Angezeigten - sondern auf unwahren Behauptungen und Fälschungen beruhen (vgl. zuletzt: AMJ, Presseinformation März 2000).
Ein typisches Beispiel hierfür aus jüngster Zeit ist der Fall des Dr. Nawaz, des Ahmadi-Distriktvorsitzenden in Okara/Punjab, der sein Haus auf einem neu erworbenen Grundstück erweitern wollte. Der Nachbar, der es ebenfalls auf dieses Grundstück abgesehen hatte, verbreitete das Gerücht, Dr. Nawaz wolle dort eine Moschee errichten und erreichte, dass lokale Mullahs gegen dieses Vorhaben agitierten. Am 15.12.1999 versammelte sich eine Menschenmenge vor dem Haus, demolierte den Neubau und plünderte auch das vorhandene Haus. Dr. Nawaz und seine beiden Söhne wurden wegen Verstoßes gegen sec. 298 C PPC verhaftet und in das Gefängnis in Sahiwal verbracht (AA Lagebericht vom 17.8.2000 und AMJ, Presseinformation März 2000). Ein anderes Beispiel ist der Fall des Tariq Javed, der aufgrund eines im Urlaub geführten Telefongesprächs von mithörenden Hotelangestellten als Ahmadi denunziert und aufgrund der hierdurch ausgelösten Durchsuchung seines Hotelzimmers durch Polizei und Khatm-e-Nabuwwat wegen des Mitführens eines Buches betreffend die Grundkenntnisse seiner Religion von der Polizei wegen Missionierens für seinen Glauben beschuldigt worden war (AMJ, Verfolgung der Ahmadi-Muslime in Pakistan, Dezember 1995). Mehrfach berichtet hat die AMJ auch vom Schicksal zweier weiblicher Ahmadis, der Frau Bushra Taseer und der Frau Sameea Bokhari, die beim Besuch einer Schneidereiwerkstatt lebensgefährlich verletzt wurden, weil sie - nach den unwahren Angaben des Schneiders - die Ahmadis als die besseren Moslems bezeichnet und ihm mit Koranversen bedruckten Stoff zum Verarbeiten übergeben hätten. Die Frauen seien gleichwohl wegen des Verdachts des Verstoßes gegen sec. 295 C PPC verhaftet worden. Die Vorlage des streitigen Stoffes vor Gericht hätte die Unwahrheit der Angaben des Schneiders ergeben (AMJ, Verfolgung der Ahmadi-Muslime in Pakistan, August 1996).
Die Vergangenheit hat auch gezeigt, dass die Opfer in vielen Fällen zwar durch besondere Aktivitäten in der Gemeinde, insbesondere als Funktionsträger und durch Konversion, aber auch durch herausgehobene berufliche oder soziale Stellung oder den Besitz begehrenswerter Objekte die Aufmerksamkeit radikaler Moslems auf sich gezogen haben. Dass gerade sozialer Neid die Ursache von Angriffen auf Ahmadis sein kann, belegt etwa der Fall des Mushataq Ahmad, der zu einem Empfang zu Ehren des Finanzberaters der Landesregierung Pir Bachal Shahs eingeladen war und der sich vor den Angriffen gegen seine Teilnahme demonstrierender und agierender Mullahs und Medressa-Studenten nur mit Hilfe der letztendlich dann doch eingreifenden Polizei retten konnte (AMJ, Presseinformation März 2000). Die AMJ berichtet weiter von dem Ahmadi-Apotheker Abdul Rashid, der von der Ulema gezwungen worden sei, seine Apotheke zu schließen und fortzuziehen, obwohl er sich in keiner Weise provozierend verhalten habe. In diesem Zusammenhang wird ein Zeitungsbericht erwähnt, nach dem es die allgemeine Gepflogenheit in der Ulema ist, jede Person als Qadiani zu erklären, die unfaire Taten nicht hinnehme (AMJ, Verfolgung der Ahmadi-Muslime in Pakistan, August 1996). Danach ist zwar nicht auszuschließen, dass die Untergruppe der aktiven Ahmadis besonders im Blickfeld der radikalen Moslems steht. Die vorliegenden Erkenntnismittel lassen jedoch die Annahme nicht zu, die mitgeteilten staatlichen Zugriffe und privaten Übergriffe bezögen sich ausschließlich auf die Mitglieder dieser Gruppe. Im Hinblick hierauf und die insgesamt niedrige Zahl dokumentierter staatlicher Zugriffe und privater Übergriffe auf die Ahmadis kann auch das Vorliegen einer Gruppenverfolgung in Bezug auf die Untergruppe der aktiven Ahmadis nicht festgestellt werden. Im Übrigen hat der Kläger seine Zugehörigkeit zu dieser Gruppe nicht dargetan.
III. Schließlich hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungshindernissen gemäß § 53 AuslG, wobei auf sich beruhen kann, ob es sich insoweit um einen Neuantrag wegen Veränderung der Sachlage handelt, für die der frühere Ablehnungsbescheid keine Geltung mehr beanspruchen sollte (GK-AsylVfG, Stand: April 1998, § 71 RdNr. 73; Ule/Laubinger, VwVfG, 4. Aufl. 1995, S. 617 f. und 711 ff.; Kopp, VwVfG, 6. Aufl. 1996, § 51 RdNr. 16; BVerwG, Beschluss vom 26.6.1984, Buchholz 402.25 § 14 Nr. 2 = NVwZ 1985, S. 899), oder ob der Kläger - unter Durchbrechung der Bestandskraft und im Wege des Wiederaufgreifens - lediglich Erteilung eines Zweitbescheides zu § 53 AuslG begehrt.
Im ersten Falle steht dem Begehren zwar nicht § 51 VwVfG entgegen (Abgrenzung von der Rechtsprechung des 9. Senats; Beschluss vom 19.1.1999 - A 9 S 50/99 -). Es scheitert jedoch daran, dass beim Kläger Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG in der Sache nicht vorliegen. In Betracht zu ziehen sind vor allem § 53 Abs. 1, 4 und 6 Satz 1 AuslG. Bei der gegebenen Sachlage ist insoweit allenfalls an die Aspekte zu denken, die bereits Gegenstand der Erörterung des Asylanspruchs des Klägers und dessen Anspruchs auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG waren. Wie eingehend dargelegt, kann der Kläger mit diesen Ansprüchen jedenfalls deshalb nicht durchdringen, weil es an der erforderlichen "Verfolgungsdichte" fehlt. Unter diesen Umständen kommt auch beachtliche Wahrscheinlichkeit von Übergriffen der in § 53 AuslG umschriebenen Art nicht in Betracht. Dies gilt insbesondere auch für § 53 Abs. 4 AuslG. Abschiebungsschutz nach dieser Vorschrift unter Verweis auf Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist im Übrigen grundsätzlich nur bei Bedrohung des unveräußerlichen Kerns der Religionsfreiheit denkbar (vgl. dazu im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 24.5.2000 - 9 C 34.99 -).
Im zweiten Falle bliebe das Begehren gleichfalls erfolglos. Zwar kann das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge das Verfahren wegen Feststellung von Abschiebungshindernissen im Sinne von § 53 AuslG jederzeit nach freiem Ermessen wiederaufgreifen (vgl. zur Auslegung des § 51 Abs. 5 VwVfG jüngst BVerwG, Urteil vom 7.9.1999 - 1 C 6.99 -) mit der Folge, dass dem Betroffenen insoweit grundsätzlich ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung zusteht. Bei der gegebenen Sachlage kommt ein solcher Anspruch dennoch nicht in Betracht; das Wiederaufgreifensermessen ist "auf Null reduziert", wenn - wie hier - feststeht, dass schon die gesetzlichen Voraussetzungen für die Rücknahme oder für den Widerruf des im wiederaufzugreifenden Verfahren ergangenen Verwaltungsakts nicht vorliegen, weil dieser rechtmäßig ist und im Falle des Widerrufs ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste (§§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 VwVfG). Im Übrigen besteht unter solchen Umständen auch kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Verpflichtung des Bundesamts, die bisher unterbliebene Ermessensentscheidung über das Wiederaufgreifen nachzuholen; steht schon jetzt fest, dass ein wiederaufgegriffenes Verfahren kraft zwingenden Rechts erfolglos bleiben müsste, liefe Zubilligung eines derartigen lediglich verfahrensrechtlichen Anspruchs auf sinnlose Förmelei hinaus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b Abs. 1 AsylVfG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
Ende der Entscheidung
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