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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 05.02.2001
Aktenzeichen: D 17 S 15/00
Rechtsgebiete: LDO


Vorschriften:

LDO § 9
Gehaltskürzung bei einem Realschullehrer, der (u.a.) im Unterricht gegenüber Schülerinnen und Schülern verbale Missgriffe und Beleidigungen begangen hat.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

D 17 S 15/00

Verkündet am 05.02.2001

In dem Disziplinarverfahren

wegen

Dienstvergehens

Vertreter der obersten Dienstbehörde:

hat der 17. Senat - Disziplinarsenat - des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Prof. Dr. Schmidt, die Richter am Verwaltungsgerichtshof Wiegand und Rieger sowie die Beamtenbeisitzer Sonderschuldirektor Bätzel und Realschulrektor Graupe in der Hauptverhandlung vom 5. Februar 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beamten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart - Disziplinarkammer - vom 3. April 2000 - D 20 K 13/96 - mit Ausnahme der Kostenentscheidung geändert. Die Besoldungsbezüge des Beamten werden auf die Dauer von drei Jahren um 1/10 gekürzt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Beamten tragen der Beamte und der Dienstherr je zur Hälfte.

Gründe:

I.

1. Der am 4.8.1948 geborene Beamte besuchte von 1955 bis 1964 die Volksschule. Nach einer Lehre als Maschinenschlosser verpflichtete er sich für vier Jahre als Soldat auf Zeit in der Bundeswehr und ging Ende 1971 als Stabsunteroffizier ab. Bereits im Juli 1971 hatte er die Eignungsprüfung für die Zulassung zum Studium ohne Reifezeugnis an einer pädagogischen Hochschule des Landes bestanden. Nach Bestehen der ersten Prüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen wurde der Beamte am 23.8.1974 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Lehrer an Grund- und Hauptschulen zur Anstellung ernannt. Nach Zulassung zum fachwissenschaftlichen Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Realschulen wurde er am 20.8.1975 zum Realschullehranwärter und am 17.8.1978 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Realschullehrer ernannt. Der Beamte war zunächst an der Realschule xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx tätig und wurde nach vorausgegangenen Elternbeschwerden über ihn zum 21.3.1983 an die Gesamtschule xxxxxxxxx xxxx abgeordnet und zum 01.08.1983 dorthin versetzt. Nach einer Beurlaubung für eine Tätigkeit beim Verein zur Förderung der Pädagogik der Informationstechnologie e.V. in der Zeit vom 1.8.1988 bis zum 31.7.1990 wurde er zum 1.8.1990 an die Realschule xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx versetzt, wo er bis zum Verbot des Führens der Dienstgeschäfte am 16.3.1992 die Fächer Physik, Mathematik, Werken und Informatik unterrichtete. Die dienstlichen Leistungen des Beamten wurden in der dienstlichen Beurteilung vom 10.10.1988 mit dem Gesamturteil "befriedigend-ausreichend" und in der dienstlichen Beurteilung vom 24.2.1992 mit dem Gesamturteil "ungenügend" bewertet.

Der Beamte ist verheiratet und hat zwei in den Jahren 1979 bzw. 1981 geborene Adoptivkinder. Seine gekürzten monatlichen Bezüge betragen ca. 4.800,-- DM. Seine Ehefrau ist seit dem 1.4.1999 arbeitslos. Die Kosten zur Finanzierung eines Eigenheims belaufen sich auf monatlich 3.284,20 DM. Aus der Vermietung der Einliegerwohnung werden monatlich 365,-- DM erzielt. Im Sommersemester 1998 hat der Beamte ein Studium an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg im Diplomstudiengang Pädagogik, Fachrichtung Erwachsenenbildung (Wahlpflichtfach Informatik im Bildungswesen), aufgenommen.

Mit Disziplinarverfügung des Oberschulamtes Stuttgart vom 30.9.1985 wurde gegen den Beamten eine Geldbuße in Höhe von 500,-- DM verhängt. Der Maßnahmen lagen folgende Feststellungen zugrunde:

"Der Beschuldigte hat im Januar 1982 - trotz verschiedener vorangegangener Ermahnungen durch den Leiter der Realschule xxxxxxxxxx-xxxxxxxxx, das Verbot körperlicher Züchtigung zu beachten - den Schüler xxxxxx xxxx, als dieser entgegen seiner Anordnung an ihm vorbei ins Klassenzimmer gehen wollte, zunächst weggestoßen und später, nachdem der Schüler weggelaufen war, mit einer Hand von hinten am Jackenkragen erfasst, so dass der Schüler an der Treppe zu Fall kam. Am 28.1.1982 warf der Beschuldigte in der großen Pause alle Taschen der Schüler der 5. Klasse, die sie entgegen der Schulordnung zuvor ins Klassenzimmer gebracht hatten, aus dem Fenster des 1. Stocks des Schulgebäudes in den Schnee. Am 11. Dezember 1982 schlug der Beschuldigte der Schülerin xxxxxxx xxxxx ein Buch auf den Kopf, weil sie der von ihm als dem pausenaufsichtsführenden Lehrer gegebenen Anweisungen, auf den Pausenhof zu gehen, nicht gefolgt war. An einem Dienstag im November 1982 stieß der Beschuldigte dem Schüler xxxxxx xxxxxx mit dem Fuß gegen das Kinn, nachdem dieser eine Aufforderung von ihm, das Zigarettenrauchen während der Pause auf dem Schulhof zu beenden, nicht sofort gefolgt war und der Beschuldigte deshalb versucht hatte, mit dem Fuß dem Schüler die Zigarette aus der Hand zu schlagen, mit der er die Zigarette zum Mund führte. Am 17.12.1982 fuhr der Beschuldigte der Schülerin xxxxxx xxxxxxxx mit einem Schnellhefter über das Gesicht, weil sie seine Aufforderung, ihre Jacke an den dafür vorgesehenen Kleiderhaken zu hängen, nicht nachgekommen war."

Der Disziplinarverfügung vorausgegangen war ein aufgrund einer Anzeige des Oberschulamts Stuttgart eingeleitetes Strafverfahren. Auf den Antrag der Staatsanwaltschaft Heilbronn hatte das Amtsgericht Heilbronn am 10.4.1984 wegen zweiter Vergehen der Körperverletzung im Amt einen Strafbefehl erlassen und gegen den Beamten eine Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 60,-- DM festgesetzt.

Mit Disziplinarverfügung des Oberschulamtes Stuttgart vom 23.3.1987 wurde gegen den Beamten eine weitere Geldbuße in Höhe von 700,-- DM verhängt. Dieser Maßnahme lagen folgende Feststellungen zugrunde:

"Am 4.10.1986 fuhr der Beschuldigte mit der Klasse 8 c der Kooperativen Gesamtschule xxxxxxxx xxxx zu einem Schullandaufenthalt auf den Feldberg. In den ersten vier Tagen des Aufenthalts war eine Studentin im Blockpraktikum, danach eine Reallehreranwärterin als weibliche Begleitperson dabei. Die Klasse 8c gilt als schwierige Klasse, die nach Aussage des Abteilungsleiters die Nerven eines Lehrers in besonderem Maße belastet. Am Abend des ersten Tages im Schullandheim war es schwierig, die Schüler zur Ruhe zu bringen. Als gegen Mitternacht zwei Schüler entgegen einer Anordnung und mehrfachen Aufforderung des Beschuldigten sich lediglich in Zimmerlautstärke zu unterhalten, durch lautes Geschrei auffielen, forderte der Beschuldigte diese beiden Schüler jeweils auf, drei Runden um das Haus herumzulaufen, was die Schüler dann auch taten. Etwa gegen 4:00 Uhr am folgenden Morgen wurde der Beschuldigte durch lautes Türenschlagen geweckt. Als dieses nicht aufhörte, stand er auf, um die Ursache herauszufinden, und ging von Zimmer zu Zimmer. Dabei traf er einige Mädchen in den Zimmern von Jungen an, die er dann in ihre eigenen Zimmer zurückschickte. Schließlich bemerkte er, dass in einem Mädchenzimmer fünf Jungen in den Betten der Mädchen lagen. Der Beschuldigte sagte zu den Schülern: "Wenn ihr wollt, dass ich das vergesse, was ich gesehen habe, dann kommt schnell mit", ging mit ihnen vor das Haus und verlangte, dass sie sich so in den dort befindlichen Fischweiher stellen, dass ihnen das Wasser bis zum Hals reicht. Die Schüler, die Schlaf- bzw. Trainingsanzüge trugen, kamen der Aufforderung nach, gingen in den etwa 1,10 m bis 1,20 m tiefen Weiher, tauchten bis zum Hals ein und gingen dann wieder heraus und zurück ins Haus."

2. Am 13.2.1992 leitete der Präsident des Oberschulamtes Stuttgart disziplinarrechtliche Vorermittlungen gegen den Beamten ein. Anlass waren Beschwerden von Eltern und Schülern über unangebrachtes dienstliches Verhalten des Beamten im unterrichtlichen und erzieherischen Bereich. Dies wurde dem Beamten am 24.2.1992 eröffnet. Unter dem 13.3.1992 teilte das Oberschulamt dem Verteidiger des Beamten mit, nach den durchgeführten Zeugenvernehmungen bestehe der Verdacht zahlreicher weiterer Dienstwidrigkeiten, die zum Gegenstand der laufenden Vorermittlungen gemacht würden. Dem Beamten wurden Mehrfertigungen der bisher erstellten Protokolle der Zeugenvernehmungen übersandt. Bei seiner Anhörung im Rahmen der disziplinarrechtlichen Vorermittlungen am 15.4.1992 räumte der Beamte die ihm zur Last gelegten Vorgänge in tatsächlicher Hinsicht ein.

Mit Verfügung vom 13.7.1992 wurde gegen den Beamten das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Unterricht des Beamten sei vielfach geprägt durch entwürdigende Strafen, wie Schaffung von für Schüler demütigenden Situationen, sexuelle Zweideutigkeiten, Beleidigungen, unangebrachte Ironie, Ungerechtigkeit und auch Gleichgültigkeit. Sein Verhalten gegenüber Eltern sei von diesen häufig als arrogant und zynisch empfunden worden. Der ganz überwiegende Teil der Eltern sei aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr bereit, die Kinder dem Beamten anzuvertrauen. Im Kollegium sei der Beamte isoliert und abgelehnt. Ständige Bemühungen des Schulleiters sowie des Staatlichen Schulamtes, auf den Beamten positiv einzuwirken, seien durchweg an seiner völligen Uneinsichtigkeit gescheitert. Aufgrund der im Verlaufe der Vorermittlungen getroffenen Feststellungen bestehe der dringende Verdacht, dass der Beamte durch sein Verhalten in besonders schwerem Maße gegen seine Pflichten, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen (§ 73 Satz 1 LBG), zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 73 Satz 3 LBG) und die von Vorgesetzten erlassenen Anordnungen auszufüllen (§ 74 Satz 2 LBG), verstoßen habe. Es handle sich um Verhaltensweisen, wie sie in dieser oder ähnlicher Art zumindest die letzten zehn Dienstjahre des Beamten teilweise mitgeprägt hätten. Auch die gegen ihn erlassenen Disziplinarverfügungen hätten nicht zu dauerhaften Verhaltensänderungen geführt.

Mit Verfügung des Oberschulamts Stuttgart vom 18.8.1992 wurde der Beamte vorläufig des Dienstes enthoben und seine Besoldungsbezüge um ein Zehntel der jeweiligen Höhe, ausgenommen Ortszuschlag und Kinderzuschläge, gekürzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, im Disziplinarverfahren sei voraussichtlich auf Entfernung aus dem Dienst zu erkennen, nachdem der Beamte durch seine vielfältigen Dienstwidrigkeiten im Kernbereich seiner Dienstpflichten als Lehrer und Erzieher versagt habe. Sein hiergegen gerichteter Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte auch im Beschwerdeverfahren vor dem Senat keinen Erfolg (vgl. Beschluss des Senats vom 4.11.1993 - D 17 13/93 -).

Im Rahmen der Untersuchung wurde der Beamte an insgesamt 24 Vernehmungsterminen im Zeitraum vom 17.9.1993 bis zum 9.9.1994 angehört. Er nahm zu den im Rahmen der disziplinarrechtlichen Vorermittlungen erfolgten Zeugenaussagen von 29 Schülern, fünf Eltern, drei Lehrern sowie des Schulleiters Stellung. Darüber hinaus äußerte sich sein Verteidiger zu den Vorwürfen, zuletzt durch Schriftsatz vom 3.4.1995. Unter dem 16.6.1995 legte der Untersuchungsführer den zusammenfassenden Bericht vor.

II.

1. Am 19.8.1996 hat der Vertreter der Einleitungsbehörde der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart die Anschuldigungsschrift vorgelegt. Dem Beamten wird darin vorgeworfen, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er gegenüber Schülern entwürdigende Strafen angewandt, Schüler in demütigende Situationen gebracht, gegenüber Schülerinnen und Schülern beleidigende Äußerungen gemacht, sich in sexuell zweideutiger Weise gegenüber Schülern im Unterricht geäußert, im Unterricht unangemessene Witze und Anekdoten erzählt, im Klassenbuch eine falsche Eintragung gemacht, sich gegenüber Eltern in mehreren Fällen unangebracht und unangemessen benommen, unzureichenden Unterricht abgehalten und sich gleichgültig gegenüber den Belangen der Schüler verhalten zu haben.

Mit Urteil vom 3.4.2000 hat die Displinarkammer den Beamten wegen eines einheitlichen Dienstvergehens aus dem Dienst entfernt und ihm für die Dauer von drei Jahren einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75v. H. des erdienten Ruhegehalts bewilligt. Sie hat folgende Verhaltensweisen des Beamten, mit denen er jeweils schuldhaft seine Dienstpflichten im Sinne des § 95 LBG verletzt habe, für erwiesen erachtet:

1. Entwürdigende Strafen:

a) Strammstehenlassen auf dem Tisch: An einem nicht näher bekannten Tage im Herbst 1990 habe der Beamte während des Mathematikunterrichts in der Klasse 7a den Schüler xxxxxx xxxx nach einer Unterrichtsstörung angewiesen, aufzustehen und hinter seinem Stuhl stehen zu bleiben, ohne sich aufzustützen oder anzulehnen. Als der Schüler versucht habe, sich auf den Stuhl aufzustützen bzw. sich anzulehnen, habe ihn der Beamte angewiesen, vom Stuhl wegzugehen, was dieser mit einem "militärischen Gruß" erwidert habe. Der Beamte habe sich dadurch provoziert gefühlt und den Schüler zur Demonstration eines regelgerechten militärischen Grußes auf den Tisch steigen lassen, wo er die militärische Grundstellung habe einnehmen müssen, während der Beamte die einschlägigen Dienstvorschriften vorgetragen habe.

b) In-die-Ecke-stellen mit Gesicht zur Wand: Der Beamte habe Fehlverhalten der Schüler (zumeist "Gautschen" mit dem Stuhl) in verschiedenen Klassen dadurch geahndet, dass er diese angewiesen habe, sich in die Ecke zu stellen, wobei sie sich nicht an der Wand hätten anlehnen dürfen. In Ausnahmefällen hätten sich die Schüler auch mit dem Gesicht zur Wand hinstellen müssen, wenn sie durch Grimassenschneiden oder durch Gestikulieren die Aufmerksamkeit der Mitschüler erweckt hätten.

c) Hinausstellen von Schülern aus der Klasse durch das Fenster anstatt durch die Türe: Der Beamte habe im Schuljahr 1991/92 in zwei Fällen Schüler der Klasse 9c dadurch aus der Klasse verwiesen, dass sie nach vorausgegangenen Unterrichtsstörungen den im Erdgeschoss gelegenen Physiksaal durch das Fenster hätten verlassen müssen.

2. Schüler in demütigende Situationen gebracht:

a) Unangemessene Frage vor dem Gang zur Toilette: Zum Ende des Schuljahres 1990/91 bzw. zu Beginn des Schuljahres 1991/92 habe eine Schülerin im Unterricht ihren Platz verlassen, sei vor den Beamten getreten und habe zu ihm gesagt, sie müsse aufs Klo. Nachdem die Schülerin an dem Beamten vorbeigegangen sei, ohne auf seine Genehmigung zu warten, habe der Beamte sie gefragt: "Musst du gelb oder rot?". Als daraufhin die Schülerin das Klassenzimmer verlassen habe, habe der Beamte einen Vorfall aus einer anderen Schule erzählt. Eine Schülerin sei monatelang dadurch aufgefallen, dass sie zu spät aus den Pausen gekommen sei und vor Unterrichtsschluss bereits wieder zur Toilette habe gehen wollen. Der Lehrer habe die Schülerin daraufhin einmal nicht auf die Toilette gehen lassen. Danach sei ihre Hose und der Teppichboden ganz rot gewesen.

b) Verletzung eines Schülers: Im Januar 1992 sei es während einer Unterrichtspause zu einer Rauferei unter Schülern gekommen. Dabei sei der Schüler xxxxxx xxxxxxx durch den Reißverschluss einer Jacke am Hinterkopf verletzt worden, so dass er dort eine offene, blutende Wunde davongetragen habe. Als der Beamte den Unterrichtsraum der Klasse 8b betreten habe, habe der Schüler durch Betasten des Hinterkopfes gerade die Wunde bemerkt. Er habe deshalb blutige Hände gehabt; auch sein Pullover sei blutverschmutzt gewesen. Der Beamte habe die Bitte des Schülers, sich die Hände waschen zu dürfen, abgelehnt. Auf dessen Frage, ob er sich auf dem Klo oder wenigstens am Waschbecken im Klassenzimmer die Hände waschen dürfe, habe dies der Beamte mit der Begründung verneint, der Schüler würde sonst zuviel versäumen.

3. Beleidigende Äußerungen:

a) "Verreck, du Aas": An einem nicht mehr genau bestimmbaren Tage im Schuljahr 1991/92 seien mehrere Schülerinnen und Schüler der Klasse 8b erkältet gewesen. Als eine Schülerin mehrfach hintereinander genießt habe, habe ihr der Mitschüler xxxxxx xxxxxxx jeweils "Gesundheit" gewünscht. Als dieser kurz darauf selber habe niesen müssen, habe der Beamte zu diesem gesagt: "Verreck, du Aas". Im Anschluss daran habe der Beamte gegenüber diesem Schüler geäußert, er könne zu ihm durchaus dasselbe sagen, wenn er, der Beamte, sich vergleichbar verhalte. Das dauernde "Gesundheit" sei schließlich dermaßen langweilig, dass man es zwischendurch variieren müsse.

c) "Junge oder Mädchen?": An einem nicht mehr genau bekannten Tage im November/Dezember 1991 sei der Beamte auf einen Schüler der Klasse 9a, zugegangen und habe ihn gefragt, ob er ein Junge oder ein Mädchen sei. Der Schüler sei darüber empört gewesen und habe zu dem Beamten gesagt: "Herr xxxxx, ich verstehe das als eine Beleidigung und finde, das ist eine Unverschämtheit". Der Beamte habe sich gegenüber dem Schüler damit gerechtfertigt, diese Frage habe sich nicht auf ihn persönlich bezogen. Vielmehr habe eine Schülerin der Informatikgruppe behauptet, in der Informatikgruppe seien nur zwei Jungen. Nach der Anwesenheitsliste gehörten aber vier Jungen zu der Informatikgruppe, darunter auch der angesprochene Schüler. Der Beamte habe dann zu diesem Schüler geäußert, er habe mit dieser Frage klarstellen wollen, dass sich in dieser Informatikgruppe nicht nur zwei Jungen befänden, der Schüler habe darauf zu dem Beamten gesagt, er habe dies aber anders verstanden. Danach habe der Beamte mit dem Unterricht fortgefahren, ohne weiter darauf einzugehen.

d) "Willst du blaue Eier?": Am 2.2.1991 habe der Beamte einen Schüler der Klasse 9b vor dem Unterrichtsraum aufgefordert, einen mitgeführten Walkman abzugeben. Als der Schüler dieser Aufforderung nicht nachgekommen sei und der Beamte ihn nochmals gefragt habe, ob er sich dies nicht überlegen wolle, habe der Schüler die Frage mit "nein" beantwortet. Daraufhin habe der Beamte zu dem Schüler gesagt: "Willst du blaue Eier?"

e) "Ach, piss dir doch ins Hemd": An einem nicht genau bekannten Tage, wahrscheinlich im Dezember 1991, habe ein Schüler der Klasse 9c etwa in der Mitte der Unterrichtsstunde den Wunsch geäußert, auf die Toilette gehen zu dürfen. Nachdem dies vom Beamten wiederholt abgelehnt worden sei, habe der Schüler seine Forderung etwas ungehalten wiederholt. Daraufhin habe der Beamte zunächst leise, dann laut und für die gesamte Klasse hörbar zu dem Schüler geäußert: "Ach, piss dir doch ins Hemd". Der Schüler habe daraufhin bis zu dem Ende der Unterrichtsstunde mit dem Toilettengang gewartet.

f) "Hast du eine Macke?": An einem nicht mehr genau bekannten Tage im Schuljahr 1991/92 habe der Beamte im Physikunterricht der Klasse 9a den Schülern die Anweisung gegeben, das Schreibzeug nach einem Hefteintrag wegzulegen, um die Aufmerksamkeit der Schüler auf seine Ausführungen zu lenken. Als alle Schüler bis auf einen den Schreiber weggelegt hätten, habe der Beamte diesen Schüler persönlich angesprochen, damit dieser den Schreiber weglege. Als der Beamte mit seinen Ausführungen auf eine zuvor gestellte Schülerfrage begonnen habe, habe eine andere Schülerin ihren Schreiber wieder in die Hand genommen und ihren Hefteintrag fortgesetzt. Der Beamte sei über dieses Verhalten sehr verärgert gewesen und habe die Schülerin gefragt: "Hast du eine Macke?".

g) Beleidigungen gegenüber einem Schüler:

aa) Im Schuljahr 1991/92 habe der Beamte gegenüber dem Schüler xxxxxxx xxxx aus der Klasse 9 c die Ausdrücke "Trottel", "Schwachsinnskandidat" und "du mit deinem kleinen dummen Gehirn" gebraucht, nachdem dieser Schüler häufig durch unpassende, teilweise dümmliche Zwischenreden den Unterricht gestört habe.

bb) Im Schuljahr 1991/92 habe der Beamte im Zeitraum zwischen den Herbstferien und Weihnachten diesen Schüler vor die Klassenzimmertür verwiesen. Nach einiger Zeit habe der Beamte einen Mitschüler aufgefordert: "Hol mal die Missgeburt rein".

4. Sexuelle Zweideutigkeiten:

a) Als eine Schülerin aus der Klasse 8b während des Physikunterrichts auf einen Zettel gemalt habe, habe sie der Beamte gefragt, was das solle; dies sei doch totaler Tintenverbrauch. Als die Schülerin darauf entgegnete, dass dies erstens ihre Tinte sei und sie zweitens mit Kuli schreibe, war der Beamte so verärgert, dass er die Schülerin gefragt habe, ob das bei ihr "Lustgefühle" wecke.

b) Der Beamte habe im Informatikunterricht der Klasse 9c im Schuljahr 1991/92 einer Schülerin, die eine Anweisung des Beamten, die Zahl 6 in den Computer einzugeben, akustisch nicht verstanden und deswegen nochmals nachgefragt habe, gesagt: "Wenn du bei sechs nur an das eine denken kannst, ist das dein Problem".

e) Im Schuljahr 1991/92 habe der Beamte im Informatikunterricht der Klasse 8b zu einer Schülerin gesagt, als sich diese gerade zum Computer hingebeugt habe, um eine Diskette einzuschieben: "Ja, wenn du jetzt einen Minirock anhättest, das wäre peinlich für dich".

f) Der Beamte habe im Informatikunterricht der Klasse 9a im Schuljahr 1991/92 an einem nicht mehr genau bekannten Tage sinngemäß folgendes gesagt: "Wenn bei einem Computer der Einschalter hinten wäre, dann würde man bei Frauen mit kurzen Röcken besser sehen".

5. Witze und Anekdoten:

a) Zu Beginn des Schuljahres 1990/91 habe der Beamte den damals 13-jährigen Schülern der Klasse 8a folgendes als Witz erzählt: Der Beamte habe zu den Schülern gesagt, sie würden später einmal neben einem Mädchen sitzen und sie fragen, ob sie etwas mit dem Mund machen dürften. Nachdem das Mädchen ja gesagt habe, würden sie dann weiter fragen, ob sie dann auch etwas mit dem Finger machen dürften, was das Mädchen ebenfalls bejahen werde. Daraufhin habe der Beamte den Schülern demonstriert was sie dann tun würden. Er habe mit seinem Zeigefinger die Unterlippe heruntergezogen und sie nach oben schnalzen lassen und hierbei "böb, böb, böb" gemacht.

6. Nicht korrekter Klassenbucheintrag:

Am 4.2.1992 habe der Beamte lediglich fünf, allerhöchstens zehn Minuten Physik unterrichtet und sich in der übrigen Zeit mit den Schülern darüber unterhalten, was deren Eltern auf der Klassenpflegschaftssitzung an Beschwerden gegen ihn vorbringen wollten. In das Klassenbuch habe der Beamte für die fragliche Stunde als Unterrichtsgegenstand "Lichtgeschwindigkeit" eingetragen, was dazu geführt habe, dass sich von Elternseite das Misstrauen gegenüber dem Beamten weiter verstärkt habe. Vorzuwerfen sei ihm das Ausfragen der Schüler - durchaus im Bewusstsein, hierfür keine Unterrichtszeit verwenden zu dürfen - und das Kaschieren dieses Verhaltens durch einen unkorrekten Klassenbucheintrag.

7. Verhalten gegenüber Eltern:

a) Klassenpflegschaftssitzung 7a/90: Der Beamte habe die Eltern in der Klassenpflegschaftssitzung der Klasse 7a am 4.10.1990 nach einer einleitenden Bemerkung darüber, dass er Probleme mit der Klasse habe, mit der Aussage konfrontiert, dass er deshalb nur zwei Möglichkeiten habe, entweder "Versetzungsgesuch oder Kopfschuss". Daraufhin habe ihn ein Vater aufgefordert, sich für die zweite Version zu entscheiden.

b) Klassenpflegschaftssitzung 9c/91: In der am 4.2.1992 durchgeführten Klassenpflegschaftssitzung der Klasse 9c habe der Elternvertreter dem Beamten nach der Sitzungseröffnung ein bestimmtes Zitat vorgehalten. Der Beamte habe dieses von ihm verwendete Zitat mit dem Hinweis gerechtfertigt, es habe sich auf geschwätzige Personen bezogen. Außerdem habe er damit nicht das gemeint, was die Eltern dächten, sondern "das Arschloch". Die Eltern hätten darauf ersichtlich erbost bzw. mit empörtem Gelächter reagiert. Der Beamte habe sich darauf beschränkt, einen "Rechtfertigungsvortrag" zu halten, was die Eltern nicht akzeptiert hätten. Der Beamte habe die Eltern noch mehr gegen sich aufgebracht, als er einzelne Eltern gemaßregelt habe, sie sollten in normalen Tonfall mit ihm reden. Ferner hätten die Eltern dem Beamten vorgeworfen, dass er in fast jeder Unterrichtsstunde diverse Schüler wegen belangloser Dinge hinausstelle, dass er keinen Widerspruch dulde und absolute Ruhe verlange. Hierauf habe der Beamte seine Maßnahmen gerechtfertigt, indem er erklärt habe, wenn er mit legalen Mitteln nicht mehr durchkomme, müsse er es halt so versuchen. Ferner habe er die Aussage gemacht, wenn bereits zwei bis drei Schüler vor der Türe stünden, müssten die anderen dann eben zum Fenster hinaussteigen. Als dem Beamten von einigen Eltern, die durchaus zu einem konstruktiven Gespräch bereit gewesen wären, die Chance gegeben worden sei, zu erklären, dass er zu einer Verhaltensänderung bereit sei, habe dies der Beamte ungenutzt gelassen. Nach mehr als einer Stunde habe der Vorsitzende der Klassenpflegschaft die Sitzung beendet, um in Abwesenheit des Beamten über das weitere Vorgehen der Eltern abstimmen zu lassen. Die Eltern hätten sodann die Elternvertreter beauftragt, weitere Schritte zu unternehmen, falls die Schulleitung nicht kurzfristig Abhilfe schaffe. In dieser Abstimmung sei zum Ausdruck gekommen, dass die Eltern der Ansicht gewesen seien, das Vertrauen zwischen dem Beamten und er Klasse 9c sei derart gestört, dass ein weiterer Unterricht mit dem Beamten abgelehnt werde.

c) Nichtteilnahme an der Klassenpflegschaftssitzung der Klasse 9a/90: Der Beamte sei von der Klassenlehrerin der Klasse 9a persönlich zu einer Klassenpflegschaftssitzung am 22.1.1991 eingeladen worden. Am späten Nachmittag des Tages, an dem die Veranstaltung stattgefunden habe, habe er bei der Elternvertreterin der Klasse angerufen und ihr mitgeteilt, dass er an dem Elternabend voraussichtlich nicht teilnehmen werde. Dies habe er damit begründet, dass er einige Kilometer entfernt wohne und ihm schon fast einmal ein Reh ins Auto gesprungen sei; ferner verwies er auf die winterlichen Straßenverkehrsbedingungen. Nachdem die Elternvertreterin mit Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht habe, dass man seine Anwesenheit wünsche, habe er angekündigt, vielleicht später zu kommen. Schließlich sei der Beamte der Klassenpflegschaftssitzung aber ferngeblieben.

d) An einem nicht mehr genau bekannten Tage im Schuljahr 1991/92 habe sich der Beamte in einer Parallelklasse der Klasse 8c darüber ausgelassen, dass so eine "alte Tante" bei ihm angerufen und sich beschwert habe. Dem war ein Anruf der Mutter einer Schülerin aus der Klasse 8c an den Beamten vom Vortrag vorangegangen. Die Mutter habe in dem Telefongespräch vorgebracht, ihre Tochter habe bei einer Wiederholungsarbeit wegen der herrschenden Unruhe in der Klasse eine mündlich gestellte Frage nicht verstanden. Der Beamte habe eine Bitte der Schülerin, die Frage zu wiederholen, abgelehnt mit dem Hinweis, es sei das Pech der Schüler, wenn sie nicht aufpassen würden; er lese alles nur einmal vor. Am Ende der Wiederholungsarbeit habe der Beamte dann nur jedes zweite Blatt eingesammelt, wobei diese Auswahl zufällig gewesen sei.

8. Unzureichender Unterricht:

c) Um die Schüler zu disziplinieren, habe der Beamte die jeweiligen Schüler häufig vor die Tür gestellt. Dies habe der Beamte nicht nur bei Unterrichtsstörungen, sondern auch aus nichtigen Anlässen getan. Der Beamte habe diese Art der Disziplinierungsmaßnahmen zum Teil derart häufig praktiziert, dass ein Schüler einmal sogar von dem Beamten zum Fenster hinausgeschickt worden sei, als bereits mehrere Schüler zuvor vor die Tür gestellt worden seien. Ein anderer Schüler sei von dem Beamten mehrmals deshalb hinausgestellt worden, weil er entgegen der Anordnung des Beamten im Unterricht seine Jacke angelassen habe.

e) Der Beamte habe im Februar 1992 im Physikunterricht der Klasse 8c eine Gruppenarbeit zum Thema Geschwindigkeitsmessung von Kraftfahrzeugen durchgeführt. Eine Gruppe habe von maximal 48 Punkten 47 Punkte erreicht. Trotzdem habe der Beamte die Arbeit dieser Gruppe mit der Note 2,8 bewertet. Als Grund habe der Beamte angeführt, vom erreichten Ergebnis würden fünf Punkte abgezogen, weil die Gruppe entgegen seiner Vorgabe Zeiten mit einer Armbanduhr statt mit einer Stoppuhr ermittelt habe und damit der Rechenaufwand wesentlich geringer gewesen sei. Einen Punktabzug von weiteren zehn Punkten habe der Beamte damit begründet, der Gruppe hätten fünf Schüler angehört, obwohl er den Schülern gesagt habe, sie sollten Gruppen mit je drei Schülern bilden, wobei er hinzugefügt habe, er akzeptiere Zweiergruppen nicht. An diesem Unterrichtstag seien 20 Schüler erschienen mit der Folge, dass sich zwangsläufig eine Vierer- oder Fünfergruppe habe bilden müssen.

Weitere Anschuldigungspunkte hat die Disziplinarkammer nach § 66 LDO in der Hauptverhandlung mit Zustimmung des Vertreters der Einleitungsbehörde fallen gelassen oder nicht als Dienstvergehen gewertet. Zur Begründung der verhängten Disziplinarmaßnahme hat sie im wesentlichen ausgeführt: Zwar seien nicht alle angeschuldigten Vorgänge disziplinarrechtlich erheblich; u.a. lasse sich der Vorwurf des unzureichenden Unterrichts und des gleichgültigen Verhaltens im Unterricht zum größten Teil nicht aufrechterhalten. Die verbleibenden Anschuldigungspunkte beträfen aber Pflichtverletzungen des Beamten, die - auch vor dem Hintergrund der früheren, disziplinarrechtlich geahndeten Dienstvergehen - so schwer wiegen würden, dass der Beamte aus dem Dienst entfernt werden müsse. Grundlage der tatsächlichen Feststellungen seien im Wesentlichen die Aussagen der Zeugen im Vorermittlungsverfahren und die Stellungnahmen des Beamten im Untersuchungsverfahren und in der Hauptverhandlung. Die festgestellten vorwerfbaren Pflichtverletzungen seien insgesamt so schwerwiegend, dass der Beamte aus dem Dienst entfernt werden müsse. Eine mildere Maßnahme komme nicht in Betracht. Der Beamte habe durch eine Vielzahl von Pflichtverstößen sein Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn schwer erschüttert, weswegen er nicht weiter tragbar sei. Es werde nicht verkannt, dass die im einzelnen festgestellten Verfehlungen, isoliert betrachtet, noch nicht so gewichtig seien, dass sie für sich genommen eine Entfernung aus dem Dienst rechtfertigten. In ihrer Summierung stellten sie sich aber als schwerwiegendes Dienstvergehen dar, das bei einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Beamten die Verhängung der schwersten Disziplinarmaßnahme erfordere. Dass sich bei mehreren Anschuldigungspunkten kein disziplinarrechtlich relevantes Fehlverhalten habe feststellen lassen, vermöge daran nichts zu ändern. Der Beamte habe in dem relativ kurzen Zeitraum im Anschluss an seine Tätigkeit beim VFPI in mehrfacher Hinsicht und in einer Vielzahl von Fällen Dienstvergehen begangen, die den Kernbereich seiner Pflichten als Lehrer beträfen. Er habe häufig die Würde von Schülern und deren Anspruch auf Achtung ihrer Person missachtet. Besonders hervorzuheben seien die unter 2 a ("Musst du gelb oder rot?"), 2 b (Verbot des Händewaschens), 3 d ("Willst du blaue Eier?") und 3 g ("Hol mal die Missgeburt rein") dargestellten Vorkommnisse. Gravierend an diesen Verstößen sei nicht nur, dass der Beamte damit eine unverzichtbare Voraussetzung für die von ihm zu leistende Erziehungs- und Bildungsarbeit nicht erfüllt habe. Hinzu komme, dass diese Verhaltensweisen geeignet gewesen seien, die ihm anvertrauten Schüler zu kränken und damit deren Persönlichkeitsentwicklung zu stören oder gar zu schädigen. Dass es auch Fälle gegeben habe, in denen Schüler die - objektiv demütigende - Behandlung durch den Beamten objektiv nicht als solche empfunden hätten könne den Beamten nicht entscheidend entlasten. Denn in erster Linie sei die objektive Wirkung seines Verhaltens in den Blick zu nehmen. Unter diesem Aspekt habe der Beamte in zahlreichen Fällen ein denkbar schlechtes Bild gegeben, in den er den ihn anvertrauten minderjährigen Schülern den Eindruck vermittelt habe, es sei - insbesondere in Konfliktsituationen - zulässig, sein Gegenüber entwürdigend zu behandeln bzw. zu demütigen. Überdies habe der Beamte gegenüber Schülerinnen mehrfach jegliches Taktgefühl vermissen lassen, indem er deren Intimsphäre missachtet habe oder sexuell anzügliche Bemerkungen gemacht habe, die die Schülerinnen, und zwar nicht nur die unmittelbar betroffenen, belastet hätten. All diese Verhaltensweisen ließen erkennen, dass dem Beamten der Wille zur Einhaltung pädagogischer Grundsätze, zum Verständnis anderer und zum Respekt vor deren Persönlichkeitsrechten fehle. Dies komme auch in seinem Verhalten gegenüber den Eltern zum Ausdruck. Soweit der Beamte auf Fehlverhalten der Schüler mit demütigenden oder entwürdigenden Maßnahmen reagiert habe, lägen diese Verstöße auf der Linie der früheren, disziplinarrechtlich geahndeten Vorgänge. Milderungsgründe, die ein Absehen von der schwersten Disziplinarmaßnahme zulassen würden, lägen nicht vor. Auch die lange Verfahrensdauer stelle keinen Milderungsgrund dar, der dies ermögliche. Die Entfernung aus dem Dienst sei keine Erziehungs- sondern eine Auflösungsmaßnahme, bei der der Gesichtspunkt der Einwirkung auf den Beamten naturgemäß keine Rolle spielen könne.

Gegen das ihm am 22.5.2000 zugestellte Urteil hat der Beamte am 21.6.2000 Berufung eingelegt. Er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart - Disziplinarkammer - vom 3.4.2000 - D 20 K 13/96 - aufzuheben und ihn freizusprechen,

hilfsweise,

auf eine mildere Maßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu erkennen,

höchst hilfsweise, ihm einen Unterhaltsbeitrag zu gewähren.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: In verfahrensrechtlicher Hinsicht verstoße die Dauer des Disziplinarverfahrens gegen das Beschleunigungsgebot. Er habe kein Dienstvergehen begangen, das es rechtfertigen könnte, ihn aus dem Dienst zu entfernen. Der von der Disziplinarkammer festgestellte Sachverhalt sei im einzelnen teilweise unvollständig und berücksichtige nicht ausreichend die von ihm gemachten Angaben zu den Ursachen und Hintergründen der einzelnen Vorfälle. Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung vor der Disziplinarkammer sei festzustellen, dass die Disziplinarkammer die gegen ihn erhobenen Vorwürfe regelrecht eingedampft habe. Aus dem Komplex "entwürdigende Strafen" seien die Vorwürfe des "Stramm-Stehen-Lassens", des "In-die-Ecke-Stellens mit Gesicht zur Wand" und des "Hinausschickens durch das Fenster" übrig geblieben. Allerdings handele es sich bei keiner dieser Maßnahmen um eine "entwürdigende Strafe", sondern um möglicherweise pädagogisch verfehlte Maßnahmen, bei denen er mit dem "Stramm-Stehen-Lassen" eines Schülers auf dem Tisch die Grenze des ihm zustehenden pädagogischen Ermessens überschritten haben dürfte. Im Hinblick auf eine Vielzahl alltäglicher Unterrichtssituationen habe dieser Vorgang disziplinarrechtlich kein besonderes Gewicht. Aus dem Komplex "Schüler in demütigende Situationen gebracht" verblieben die unangemessene Frage nach "gelb oder rot", sowie die Tatsache, dass er einem Schüler verboten habe, die Hände zu waschen. Die Taktlosigkeit werde zunächst von der Disziplinarkammer falsch eingeordnet. Er habe die Schülerin nicht in eine "demütigende Situation gebracht", sondern er habe dumm an diese hingeredet. Dieser Vorgang möge auch disziplinarrechtlich erheblich sein. Hinsichtlich des Verbots, die Hände zu waschen, liege es auf der Hand, dass dies für einen Außenstehenden, der nicht in der damaligen Unterrichtssituation gewesen sei, schwer verständlich sei. Er habe den Schüler nicht in eine demütigende Situation bringen wollen, sondern aus der gegebenen Situation und der vorangegangenen Rauferei sei es ihm untunlich erschienen, nochmals Gelegenheit zu Unfug und Unterrichtsstörung zu geben. Er mag als Pädagoge seinerzeit übertrieben vorsichtig gewesen sein, die Situation falsch eingeschätzt haben und deshalb pädagogisch falsch gehandelt haben. Ob dies schon den Vorwurf eines disziplinarrechtlich relevanten Pflichtenverstoßes begründe, sei zweifelhaft. Von dem Komplex "beleidigende Äußerungen" sei nach Auffassung der Disziplinarkammer die Äußerung "Verreck du Aas" übrig geblieben. Vor dem Hintergrund der provokativen Unterrichtsstörungen des so angesprochenen Schülers, seiner penetranten "Gesundheitswünsche", werde hier das Niveau eines disziplinarrechtlich relevanten Pflichtenverstoßes nicht erreicht. Mit der Äußerung "Junge oder Mädchen" habe er einen Schüler, der sich sofort gewehrt habe, beleidigt. Dies sei falsch gewesen. Soweit von einem disziplinarrechtlich relevanten Pflichtenverstoß auszugehen sei, sei dieser aber allenfalls im unteren Bereich einzuordnen. Die Frage, ob ein Schüler "blaue Eier" wolle, sei fern des akademischen Sprachgebrauchs formuliert. Er sei damit dem Schüler auf seiner Sprach- und Handlungsebene begegnet. Damit möge er sein pädagogisches Ermessen verletzt haben. Ob dies zugleich einen disziplinarrechtlichen Pflichtenverstoß bedeute, sei zweifelhaft. Die Bemerkung "Ach, piss dir doch ins Hemd" sei falsch gewesen. Dies habe er auch immer eingesehen. Sie sei allerdings geeignet gewesen, den Unterrichtsfortgang zu ermöglichen. Die Bemerkung "Hast du eine Macke?" sei auf dem Niveau des "Bist du nicht ganz bei Trost?" und erreiche die Ebene eines disziplinarrechtlichen Pflichtenverstoßes aus dem Alltag eines Lehrers heraus und nach Maßgabe des an den heutigen Schulen üblichen Sprachgebrauchs nicht. Die Bemerkungen wie "Missgeburt" usw. gegenüber einem Schüler seien falsch und unangebracht und auch trotz seines pädagogischen Anliegens überzogen gewesen. Hinsichtlich des Komplexes "sexuelle Zweideutigkeiten" stelle die Disziplinarkammer die "Lustgefühle", die Äußerung "Wenn du eine 6...", die Äußerung "Ja, wenn du einen Minirock..." und die Äußerung "Wenn bei einem Computer..." als Disziplinarvergehen fest. Dabei handle es sich jedoch nicht um sexuell zweideutige Äußerungen und es liege keine Dienstpflichtverletzung vor. Schon gar nicht könne hier von vorsätzlichem oder auch nur eventual vorsätzlichem Verhalten ausgegangen werden. Auch von dem Komplex "Witze und Anekdoten" sei nur noch der "böb, böb, böb-Witz" übrig geblieben. Der Witz sei schlecht, aber noch keine Dienstpflichtverletzung gewesen. Der Tagebucheintrag sei nicht inkorrekt gewesen, denn die Fragen an die Schüler zur bevorstehenden Klassenpflegschaftssitzung seien kein eintragungsfähiger Tagebuchinhalt. Im Übrigen sei der Vorwurf banal und disziplinarrechtlich nicht relevant. Hinsichtlich des Komplexes "Verhalten gegenüber Eltern" könne allenfalls sein Benehmen in der Sitzung der Klassenpflegschaft der Klasse 9c/91 vom 4.2.1992 als disziplinarrechtlich erheblich angesehen werden, wenngleich da nur hinsichtlich der Erläuterung des Zitats. Hinsichtlich der Klassenpflegschaftssitzungen der Klasse 7a/90 und der Klasse 9a/90 läge kein Dienstvergehen vor. Bei letzterer schon deshalb nicht, weil es an einer Teilnahmeverpflichtung gefehlt habe. Der Anschuldigungspunkt "alte Tante" sei unstreitig. Es sei aber weder seine Absicht noch sein Vorsatz gewesen, noch habe er es auch nur billigend in Kauf genommen, dass auf das Telefonat zwischen ihm und der Mutter einer Schülerin geschlossen werde. Dass dies trotzdem geschehen sei, habe er von Anfang an bedauert. Von dem umfangreichen Komplex "unzureichender Unterricht" sei praktisch nichts relevantes übrig geblieben. Die verbleibenden Punkte seien disziplinarrechtlich nicht von Belang. Er dürfe weder wegen der von der Disziplinarkammer festgestellten angeblichen Pflichtverletzungen, noch wegen der tatsächlich begangenen, vorwerfbaren Pflichtverletzungen aus dem Dienst entfernt werden. Eine solche Disziplinarmaßnahme sei unverhältnismäßig und überzogen. Sie werde seinem Verhalten weder im Hinblick auf die früher begangenen Dienstvergehen, noch im Hinblick auf seine Gesamtpersönlichkeit gerecht. Die Disziplinarkammer habe im Übrigen bedeutende Umstände des Falles übersehen und in dem angefochtenen Urteil nicht gewürdigt.

Der Vertreter der obersten Dienstbehörde beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

III.

Die Berufung ist nur zum Teil begründet. Zwar kommt der im Hauptantrag beantragte Freispruch nicht in Betracht, da der Beamte wegen zahlreicher schuldhafter Verstöße gegen seine Dienstpflichten ein (einheitliches) Dienstvergehen im Sinne des § 95 LBG begangen hat, das wegen seiner Schwere eine Ahndung durch eine Disziplinarmaßnahme erfordert. Entgegen der Auffassung der Disziplinarkammer ist jedoch die Verhängung der Höchstmaßnahme nicht angezeigt und entsprechend dem ersten Hilfsantrag des Beamten auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

Auszugehen ist von den Sachverhaltsfeststellungen der Disziplinarkammer, da der Beamte die ihm vorgeworfenen und von der Disziplinarkammer festgestellten Verhaltensweisen - wie von Anfang an - auch im Berufungsverfahren in tatsächlicher Hinsicht eingeräumt hat. Die vom Beamten in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen gehen ins Leere, da der Sachverhalt insoweit bereits durch seine eigenen Einlassungen erwiesen ist und deshalb keines weiteren Beweises bedarf.

Der Würdigung der Verhaltensweisen des Klägers als Dienstvergehen im angefochtenen Urteil folgt der Senat jedoch nur zum Teil. Soweit die Disziplinarkammer ein Dienstvergehen festgestellt hat, gilt dies nur nach Maßgabe folgender Einschränkungen, wonach in diesen Fällen kein Dienstvergehen vorliegt:

Entwürdigende Strafen

In-die-Ecke-Stellen mit dem Gesicht zur Wand: Eine gegenüber dem "normalen" In-die-Ecke-Stellen überschießende demütigende Wirkung dieser Maßnahme des Beamten vermag der Senat nicht zu erkennen. Wenn in die Ecke gestellte Schüler dort weiter den Unterricht etwa durch Grimassenschneiden stören, ist es nicht zu beanstanden, wenn sie sich zur Wand drehen müssen.

Hinausstellen durch das Fenster: Auch hier vermag der Senat der Auffassung der Disziplinarkammer, diese Maßnahme offenbare eine mangelnde Achtung vor den Persönlichkeitsrechten der betroffenen Schüler nicht zu folgen. Diese in zwei Fällen festgestellte Sanktion mag zwar pädagogisch äußerst fragwürdig und zu mißbilligen sein, insbesondere weil das Hinaussteigen durch die Fenster aus eigenem Antrieb den Schülern durch die Schulordnung verboten ist und auch ein gewisses Verletzungsrisiko besteht. Ein ahndungswürdiges Dienstvergehen stellte sie aber in der damaligen Situation noch nicht dar.

Beleidigende Äußerungen

"Junge oder Mädchen?": Der Senat nimmt dem Beamten ab, dass er den Schüler nicht beleidigen wollte, sondern er auf eine Behauptung einer Schülerin der Informatikgruppe nur in der ihm eigenen ironischen Art reagiert hat. Er hat dies gegenüber dem Schüler auch sofort klargestellt.

Sexuelle Zweideutigkeiten

"Lustgefühle": Hier ist die Einlassung des Beamten, dass er mit dieser Bemerkung keinen sexuellen Bezug herstellen wollte, angesichts der konkret geschilderten Umstände nicht zu widerlegen, auch wenn er in dieser Hinsicht in anderen Fällen - wie von der Disziplinarkammer zu Recht festgestellt - einen zu lockeren Umgangston mit den Schülerinnen und Schülern pflegte. Dies gilt auch für seine Bemerkungen über das Tragen von Miniröcken beim Bedienen von Computern.

Witze und Annekdoten

Böp, Böp, Böp-Witz: Wie der Beamte selbst einräumt, war dieser Witz dumm und schlecht, aber allenfalls eine Taktlosigkeit, die disziplinarrechtlich nicht zu ahnden ist.

Verhalten gegenüber Eltern

Klassenpflegschaftssitzung 7a/90: Die Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Eltern (§§ 55, 56 SchulG) wurde durch die angeschuldigte Bemerkung nach Auffassung des Senats nicht verletzt. Der Beamte wollte nach seinen glaubhaften Einlassungen mit dieser offensichtlich überzogen ironischen und zumindest von einem Teil der anwesenden Eltern auch so verstandenen Bemerkung auf den Ernst der Klassensituation hinweisen. Im weiteren Verlauf der Sitzung hat er sich einem konstruktiven Gespräch mit den Eltern nicht entzogen.

Klassenpflegschaftssitzung 9c/91: Auch hier kann der Senat kein dem Beamten als dienstpflichtwidrig vorwerfbares Verhalten feststellen. Nach dessen glaubhaften Einlassungen hat der Klassenpflegschaftsvorsitzende trotz einer bekanntermaßen bereits im Vorfeld gegen den Beamten aufgeheizten Stimmung die Sitzung sofort mit einer Konfrontation des Beamten eröffnet und damit eine sachliche Diskussion von Anfang an erschwert. Dem Beamten mag zwar vorzuhalten sein, dass er mit seiner spontanen Gegenäußerung nichts zur Entspannung der Situation beigetragen hat, worauf sich die Stimmung noch mehr verschlechterte, so dass offenbar in der Folgezeit eine sachliche Diskussion kaum noch möglich war. Angesichts der auch von der Disziplinarkammer unterstellten Absicht des Klassenpflegschaftsvorsitzenden, von vorneherein einen Beschluß der Elternschaft dahingehend herbeizuführen, den Beamten aus der Klasse herauszunehmen, ist dieses Verhalten mit Blick auf den dann tatsächlichen Beginn der Sitzung noch entschuldbar.

Unzureichender Unterricht

Vor-die-Tür-Stellen: Eine solche Maßnahme, wenn auch aus nichtigen Anlässen, hat nicht zur Folge, dass der Beamte unzureichenden Unterricht abgehalten hat. Im übrigen dürfte davon auszugehen sein, dass der betreffende Schüler durch die Weigerung, seine Windjacke auszuziehen, sein Hinausstellen zum Teil bewusst provoziert hat.

In allen anderen Punkten teilt der Senat die Würdigung der Disziplinarkammer und schließt sich ihr in vollem Umfang an. Insbesondere mit seiner Äußerung gegenüber einer Schülerin vor einem Gang zur Toilette sowie mit seinen zahlreichen beleidigenden oder zumindest gossenhaften Äußerungen gegenüber anderen Schülerinnen und Schülern hat der Beamte in eklatanter Weise und unzweifelhaft schuldhaft gegen den ihm obliegenden Erziehungs- und Bildungsauftrag als Lehrer ( §§ 1, 38 Abs. 2 SchulG) verstoßen, indem er gerade das Gegenteil von der Achtung der Persönlichkeit und Würde anderer vermittelt hat und seiner ihm obliegenden Vorbildfunktion in keiner Weise gerecht geworden ist. Dies räumt der Beamte in den meisten dieser Fälle inzwischen auch selbst ein und bedarf keiner weiteren Begründung. Ebenso verhält es sich mit den noch verbleibenden sexuellen Zweideutigkeiten oder der Bezeichnung der Mutter einer Schülerin vor einer (anderen) Klasse als "alte Tante" (vgl. auch Urteil des Senats vom 16.12.1991 - D 17 S 11/91 -). Aber auch sein Verhalten gegenüber einem am Kopf verletzten Schüler und das Strammstehenlassen eines Schülers auf dem Tisch sind diesem Bereich zuzuordnen. Der Beamte wollte nach Überzeugung des Senats diese Schüler aus welchen Gründen auch immer vor der Klasse vorführen, was aber selbst nach vorangegangener Provokation nicht angängig ist. Dass er hinsichtlich des Klassenbucheintrages und seinem Nichterscheinen zur Klassenpflegschaftssitzung 9a/90 jedenfalls formal gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat, wird vom Beamten nicht mehr in Abrede gestellt. Schließlich war entgegen seiner Auffassung auch die Benotung einer Gruppenarbeit gegenüber einer Gruppe dienstpflichtwidrig, weil offensichtlich willkürlich. Zum einen hatten nicht die Schüler, sondern der Beamte für gleiche notenrelevante Startvoraussetzungen bei einer Klassenarbeit zu sorgen. Der Gruppe hätte deshalb die ohne ihr Zutun fehlende Stoppuhr nicht angelastet werden dürfen. Zum anderen darf nicht eine ganze Gruppe mit einem erheblichen Notenabzug bestraft werden, weil sich eine der Schülerinnen nicht an seine pauschale Anweisung gehalten hat, nur Vierergruppen zu bilden. Hier hätte der Beamte vielmehr eine eindeutige Zuordnung der verbleibenden Schülerinnen jeweils zu einer Dreiergruppe selbst vornehmen müssen. Mit den vom Beamten zu seiner Entschuldigung vorgetragenen fehlenden Handhabungshilfen für die Benotung einer Gruppenarbeit hat all dies nichts zu tun.

Ausgehend von den sonach festgestellten Dienstpflichtverletzungen gelangt der Senat bei der Bemessung der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme im Unterschied zu der Disziplinarkammer zu dem Ergebnis, dass der Beamte nicht aus dem Dienst zu entfernen ist. Eine Gehaltskürzung nach § 9 LDO reicht, da eine Degradierung des sich im Eingangsamt seiner Laufbahn befindlichen Beamten nicht in Betracht kommt, als disziplinare Reaktion auf das Dienstvergehen aus.

Das Dienstvergehen wiegt auch in dem vom Senat noch festgestellten Umfang schwer. Die vom Beamten in zahlreichen Fällen gemachten, in hohem Grade unanständigen und vielfach auch beleidigenden Bemerkungen im Unterricht sind im Lehrer-Schüler-Verhältnis schlechterdings nicht hinnehmbar. Von einem Lehrer ist zu erwarten, dass er auch in schwierigen Unterrichtssituationen jedenfalls im Regelfall angemessen reagiert und sich bei Schülerprovokationen nicht zu einem ebensolchen Verhalten hinreißen lässt. Beim Beamten war aber eher das Gegenteil der Fall. Als schwere Verfehlung vorzuwerfen, ist ihm insbesondere auch seine deutlich zum Ausdruck kommende Neigung, Schüler oder Schülerinnen, über die er sich aus welchen Gründen auch immer geärgert hat, vor der Klasse bloßzustellen oder herablassend zu behandeln. In diese Richtung gehen im übrigen auch seine Bezeichnung der Mutter einer Schülerin als "alte Tante", nur weil sich diese erlaubt hatte, sich bei ihm zu beschweren, sowie die beanstandete Benotung der Gruppenarbeit, bei der sich geradezu der Eindruck aufdrängt, dass der Beamte die Gruppe bei der Notengebung bewusst benachteiligte, nur weil seinen Anweisungen von einem Teil der Gruppe nicht Folge geleistet wurde.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass letztere Verhaltensweisen durchaus eine gewisse Fortsetzung des mit der Disziplinarverfügung vom 23.3.1987 geahndeten Verhaltens darstellen. Denn bereits dieses, wenn auch im Vergleich zu den einzelnen jetzt zu ahndenden Verhaltensweisen gravierendere Verhalten offenbarte den Hang des Beamten zu pädagogisch unangemessenen und persönlichkeitsverletzenden Gegenreaktionen auf widerspenstiges Schülerverhalten. Das Dienstvergehen stellt insofern keine persönlichkeitsfremde Tat des Beamten dar.

Andererseits sind die dem Beamten anzulastenden Vorkommnisse durch gewisse Umstände begünstigt worden. So ist er offenbar gleich zu Beginn der Wiederaufnahme seines Dienstes nach seiner Beurlaubung mit einem Teil seines Unterrichts einer der schwierigsten Klassen der Schule zugeteilt worden, in der mehreren Schülern Schulverweis angedroht und ein solcher teilweise sogar verhängt worden war; was seinen Neubeginn als Lehrer erschwerte. Auch gingen dem Beamten nach seinen unwiderlegten Einlassungen gewisse Gerüchte an der neuen Schule voraus, die zumindest am Anfang nicht ohne jeden Einfluss auf sein Verhältnis zu Schülerinnen bleiben konnten. Das Gesagte entschuldigt den Beamten nicht, ist aber geeignet, das Dienstvergehen teilweise in etwas milderem Licht erscheinen zu lassen. Der Senat hat schließlich in der Hauptverhandlung den Eindruck gewonnen, dass der Beamte sein ihm noch vorgeworfenes Verhalten zumindest zum größten Teil nunmehr selbstkritisch beurteilt und wegen der nach einer psychotherapeutischen Behandlung und zwischenzeitlichem erneutem Pädagogikstudium gewonnenen inneren Festigung zu einer Verhaltensänderung fähig ist.

Insgesamt hat der Beamte durch das Dienstvergehen das Vertrauen, welches der Dienstherr einem Lehrer entgegenbringen muss, schwer erschüttert und dem Ansehen der Lehrerschaft insbesondere bei den Eltern großen Schaden zugefügt. Gleichwohl ist die disziplinare Höchstmaßnahme vor dem Hintergrund des Ausgeführten nach den gesamten erkennbaren Gegebenheiten nicht angezeigt. Das für eine weitere Verwendung des Beamten unerlässliche Vertrauensverhältnis des Dienstherrn zu dem Beamten ist durch das Dienstvergehen noch nicht endgültig zerstört worden, auch wenn dieser seine Entfernung aus dem Dienst anstrebt. Selbst der Vertreter der obersten Dienstbehörde maß in der Hauptverhandlung den einzelnen noch angeschuldigten Verfehlungen für sich genommen kein erhebliches disziplinares Gewicht bei, sondern stellte auf die sich aus den zahlreichen Einzelvorgängen ergebende persönlichkeitsbedingte Fehleinstellung des Beamten zu seinem Beruf als Lehrer ab. Auch der Senat ist zwar der Auffassung, dass der Beamte mit seinem zu ahndenden Verhalten seine Eignung für den Lehrerberuf ernsthaft in Frage stellt. Das Disziplinarrecht hat jedoch nicht die Aufgabe, beamtenrechtlich nicht mehr behebbare Fehleinschätzungen des Dienstherrn hinsichtlich der Eignung des Beamten zu korrigieren, sondern hat allein schuldhafte Dienstpflichtverletzungen disziplinar zu ahnden. Hier ist jedoch nach Durchführung des Berufungsverfahren festzustellen, dass ein nicht unerheblicher Teil der dem Beamten noch von der Disziplinarkammer vorgeworfenen Verhaltensweisen nicht als Dienstvergehen anzusehen ist, und das Dienstvergehen bei einer Gesamtschau im Hinblick auf das Eigengewicht der einzelnen Verfehlungen den Beamten noch nicht als untragbar für den öffentlichen Dienst erscheinen lässt. Insofern hat sich auch ein wesentlich anderer Sachverhalt ergeben, wie er noch dem Beschluss des Senats vom 4.11.1993 - D 17 S 13/93 - zugrunde lag. Hinzukommt, dass die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen im Wiederholungsfall dem Grundsatz der stufenweisen Steigerung unterliegt. Sind bei mehreren disziplinaren Ahndungen die Maßnahmen - wie hier bei den jeweils verhängten Geldbußen - nicht in ihrer Art gesteigert worden, so kann das mildernd zu berücksichtigen sein, weil eine solche Handhabung der Disziplinargewalt falsche Vorstellungen erweckt haben kann (vgl. Urteil des Senats vom 16.12.1991 - D 17 S 11/91 -).

Der Senat hält danach eine fortlaufend und nachhaltig auf den Beamten ein-wirkende Gehaltskürzung zur Ahndung des Dienstvergehens für erforderlich und noch ausreichend. Der Senat sah sich im Hinblick auf die ungewöhnlich lange Verfahrensdauer, die zu einem großen Teil nicht auf einem Zutun des Beamten beruht, veranlasst, die wegen der Schwere des Dienstvergehens an sich an den Obergrenzen des § 9 Abs. 1 LDO zu bemessende Disziplinarmaßnahme auf den ausgesprochenen Umfang zu mildern. Eine noch weitere Milderung, etwa hinsichtlich der Art der Disziplinarmaßnahme oder gar - wie vom Beamten angeregt - eine Einstellung des Disziplinarverfahrens, hält der Senat jedoch nicht für vertretbar. Von einer Abkürzung der Frist des § 9 Abs. 2 Satz 1 LDO gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 LDO hat der Senat abgesehen. Die Belassung des Regelbewährungszeitraums ist vielmehr zur Absicherung dafür erforderlich, dass es dem Beamten durch tadelsfreies Verhalten über einen längeren Zeitraum gelingt, das fast vollständig zerstörte Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 112 Abs. 2, 113 Abs. 5 LDO.

Das Urteil ist unanfechtbar (§ 88 LDO).

Ende der Entscheidung

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