Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 30.07.2009
Aktenzeichen: DB 16 S 2045/08
Rechtsgebiete: BDG, StGB


Vorschriften:

BDG § 13
StGB § 20
StGB § 21
1. Ein die Geringwertigkeitsschwelle übersteigender Kollegendiebstahl hat regelmäßig die Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis zur Folge.

2. Eine tatbezogen gegebene erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Beamten führt nicht zwingend dazu, dass von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen ist. Allerdings ist dieser Umstand mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens heranzuziehen.

3. Der prognostizierte Wegfall der Wiederholungsgefahr (etwa auf Grund einer im Anschluss an das Dienstvergehen erfolgreich abgeschlossenen Therapie) schließt eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis dann nicht aus, wenn die durch das Fehlverhalten des Beamten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums auch bei Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen ist.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

DB 16 S 2045/08

In der Disziplinarsache

wegen Dienstvergehens

hat der 16. Senat - Disziplinarsenat - des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. Juli 2009

am 30. Juli 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Dezember 2005 - DB 10 K 13/05 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am XXXXXXXXXXX geborene Beklagte besuchte von 1973 bis 1982 die Grund- und Hauptschule, legte am 17.09.1985 die Gesellenprüfung als Bäcker ab, erwarb am 28.06.1991 die Fachschulreife und am 25.06.1992 die Fachhochschulreife. Am 26.07.1995 bestand er an der Staatlichen Fachschule für Lebensmitteltechnik XXXXXX die staatliche Abschlussprüfung in der Fachrichtung Lebensmittelverarbeitungstechnik und erhielt die Berechtigung, die Berufsbezeichnung staatlich geprüfter Lebensmittelverarbeitungstechniker zu führen. Am 01.04.1996 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Zollanwärter ernannt. Er absolvierte erfolgreich die Ausbildung für den mittleren Grenzzolldienst und wurde am 28.03.1998 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Zollsekretär zur Anstellung ernannt. Mit Wirkung zum 01.08.1999 folgte die Ernennung zum Zollsekretär unter gleichzeitiger Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit. Am 01.01.2002 wurde der Beamte zum Zollobersekretär ernannt. Er war nach dem Ende seiner Ausbildung hauptsächlich als Grenzaufsichtsbeamter beim Hauptzollamt XXXXXX eingesetzt. Der Beklagte wurde zum 01.04.2001 mit der Bewertung "tritt hervor" dienstlich beurteilt. Weitere Beurteilungen zum 01.04.2003 und zum 01.05.2005 mit "entspricht den Anforderungen" wurden noch nicht ausgehändigt.

Der Beklagte ist seit dem XXXXX verheiratet und hat drei in den Jahren 2000, 2004 und 2008 geborene Kinder. Er erhält Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 7, die ab dem 06.07.2004 um 15 v.H. gekürzt sind. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er keine Verbindlichkeiten.

Der Beklagte ist bislang disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten.

Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts XXXXX vom 27.10.2004 - XXXXXXXXXXXXX - wurde der Beklagte wegen Diebstahls in drei Fällen sowie versuchten Diebstahls zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 45 EUR verurteilt. Dem Urteil liegen folgende Sachverhaltsfeststellungen zu Grunde:

"1. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Frühjahr 2003 entnahm der Beklagte zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr aus dem Geldbeutel der Geschädigten XXXXXXX beim Zollamt XXXXXXXXXXXX einen 20-Euro-Schein.

2. Am 03.09.2003 entnahm der Beklagte zwischen 16.00 Uhr und 24.00 Uhr auf einer Fahrt mit dem Dienstfahrzeug aus dem Geldbeutel der Geschädigten XXXXXXXXXXXXXXXX einen 50-Euro-Schein und einen 20-Euro-Schein.

3. Am 05.10.2003 entnahm der Beklagte zwischen 13.00 Uhr und 20.00 Uhr beim Zollamt XXXXXXXXXXX aus dem Geldbeutel der Geschädigten XXXXXXXXXXXXXXXX einen 50-Euro-Schein und einen 20-Euro-Schein.

4. In der Nacht vom 12./13.10.2003 versah der Beklagte zusammen mit XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX gemeinsam den Dienst im Zollamt XXXXXXXXXXX. Da inzwischen der Verdacht bestand, dass er für die vorangegangenen Diebstähle verantwortlich war, war XXXXXXXXXXXXX von ihrem Vorgesetzten angewiesen worden, vier Geldscheine zu fotokopieren und anschließend zusammen mit ihrem Geldbeutel im Abfertigungsraum liegen zu lassen. Zwischen 19.45 Uhr und 23.00 Uhr am 12.10.2003 entnahm der Beklagte aus dem Geldbeutel der Geschädigten einen 50-Euro-Schein und einen 5-Euro-Schein, wie von der Geschädigten vorher beabsichtigt war. Die beiden Geldscheine wurden beim Angeklagten aufgefunden.

Die Diebstähle erfolgten während der Dienstzeit. Der Angeklagte war in Uniform und trug jeweils seine Dienstwaffe bei sich."

Hinsichtlich der Schuldfähigkeit des Beklagten wird in dem Urteil ausgeführt:

"Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen XXXXXXXXXXXXXX besteht bei dem Angeklagten eine Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften und ängstlich-selbstunsicheren Anteilen. Die Störungen sind so ausgeprägt, dass sie einer schweren seelischen Andersartigkeit gem. den §§ 20, 21 StGB entsprechen. Neurotische Elemente aus dem Unterbewusstsein spielen hier eine Rolle. Die Diebstähle waren mit einem symbolischen Wunsch nach Nähe zu Frauen verbunden. Nach Meinung des Sachverständigen handelte der Angeklagte zu den jeweiligen Tatzeiten jedoch in voller Einsichtsfähigkeit. Die Einsichtsfähigkeit war durch seine Krankheit nicht betroffen. Jedoch war die Steuerungsfähigkeit nach Meinung des Sachverständigen im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert. Für einen Schuldausschluss gibt es hingegen keine konkreten Anzeichen."

In dem diesen Ausführungen zu Grunde liegenden, von der Staatsanwaltschaft XXXXXXXXXXX eingeholten Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie, Neurologie sowie für psychotherapeutische Medizin XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX, vom 11.02.2004, wegen dessen weiteren Inhalts auf Blatt 99 bis 109 der Akte des Strafverfahrens verwiesen wird, wird in der abschließenden Beurteilung ausgeführt:

"Bei dem XXX-jährigen Zollbeamten XXXXXXXXXXXXX besteht eine Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften und ängstlich-unsicheren Anteilen (ICD 10: F 61.0). Die Störungen sind so ausgeprägt, dass sie einer schweren seelischen Andersartigkeit gemäß §§ 20/21 StGB entsprechen. Sie wirken sich im täglichen Leben in einer deutlichen Aggressionshemmung und der Unfähigkeit, seine Wünsche zu formulieren und durchzusetzen, aus.

In der Ehe von XXXXXX ist in den letzten zwei Jahren eine Entfremdung eingetreten, ohne dass dies zwischen den Eheleuten thematisiert worden wäre. Die sexuellen Beziehungen sind auf Veranlassung der Ehefrau schon vor der jetzt bestehenden zweiten Schwangerschaft stark zurückgegangen, was für XXXXX offenbar auch kein Anlass für ein Gespräch mit seiner Frau war. Statt dessen meldete er sich häufiger als nötig zum Nachtdienst, wo er mit Kolleginnen Dienst tun konnte, war aufgrund seiner gehemmten Persönlichkeit aber nicht in der Lage, seine Kontaktversuche ihnen gegenüber zum Ausdruck zu bringen.

Statt dessen kam es zu einer Verschiebung dieser Wünsche auf das Verlangen, heimlich in die Intimsphäre der Frauen einzudringen und etwas von ihnen in Besitz zu nehmen. Dieser Vorgang ist neurotisch motiviert und dürfte in seiner Entstehung dem Bewusstsein von XXXXX weitgehend entzogen gewesen sein. Eine vollständige Aufhebung der Steuerungsfähigkeit ist nicht anzunehmen, da XXXXXX, wie er berichtete, zahlreiche Male vor den Taschen der Frauen stand, ohne etwas zu entwenden, und Störungen der Impulskontrolle aus anderen Lebensbereichen nicht bekannt geworden sind."

Der Beklagte befand sich vom 30.10. bis zum 27.11.2003 in stationärer Behandlung in der Fachklinik für Psychotherapie und Psychosomatik XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX - ärztlicher Direktor XXXXXXXXXXX -und in der Folgezeit bis zum 30.01.2008 in ambulanter analytisch orientierter Behandlung des XXXXXXXXXXX. In dem Entlassungsbericht der Klinik XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX vom 04.12.2003, wegen dessen Inhalts auf Blatt 75 bis 79 der Akte des vorliegenden Verfahrens verwiesen wird, wird als Diagnose genannt: "Mittelgradige depressive Reaktion bei spezifischer abnormer Gewohnheit und Störung der Impulskontrolle auf dem Hintergrund einer ausgeprägt anankastischen Persönlichkeitsstörung". Auf die weiteren ärztlichen Bescheinigungen des XXXXXXXXXXXXXXX vom 12.11.2003 (Blatt 91 der Strafakte des Amtsgerichts XXXXX), 05.12.2003 (Blatt 33 der Ermittlungsakte der Klägerin), 03.02.2005 (Blatt 32 der Ermittlungsakte der Klägerin), 03.08.2006 (Blatt 43 der VGH-Akte DB 16 S 6/06) und vom 09.05.2008 (Blatt 193 der VGH-Akte DB 16 S 6/06) wird verwiesen. In der Stellungnahme vom 09.05.2008 heißt es unter anderem:

"Die in meinem Schreiben vom 03.08.2006 prognostizierte dauerhafte Stabilisierung des Patienten ist eingetreten. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kann ich jetzt erneute pathologische Handlungen des XXXXXXXXXXXXX, wie sie Anlass für das jetzt noch laufende Verfahren gewesen waren, ausschließen. XXXXXXX ist psychisch stabilisiert und aus diesem Grunde nicht mehr behandlungsbedürftig."

Bereits mit Verfügung des Vorstehers des Hauptzollamts XXXXX vom 20.10.2003 wurde gegen den Beamten wegen des Verdachts des Diebstahls zu Lasten von Kollegen in vier Fällen das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet und ein Ermittlungsführer bestimmt; hiervon wurde der Beamte unterrichtet. Mit Verfügung vom 27.10.2003 enthob die Oberfinanzdirektion XXXXXXXXX den Beklagten vorläufig des Dienstes und ordnete die Einbehaltung von Teilen der Dienstbezüge gemäß § 38 Abs. 2 BDG an.

Mit Verfügung vom 19.01.2005 setzte der Vorsteher des Hauptzollamtes XXXXXXXXX das bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen den Beklagten anhängig gewesenen Strafverfahrens ausgesetzte Disziplinarverfahren fort.

Mit Schreiben vom 25.05.2005 wurde dem Beklagten der Ermittlungsbericht vom 04.05.2005 übersandt und ihm Gelegenheit gegeben, sich abschließend zu äußern.

In seiner abschließenden schriftlichen Äußerung vom 31.05.2005 führte der Bevollmächtigte des Beklagten aus: Aus den vorliegenden ärztlichen Gutachten ergebe sich, dass der Beklagte psychisch so erkrankt gewesen sei, dass er nicht anders habe handeln können. Es handele sich um eine einmalige, unbedachte, kurzschlussartige und persönlichkeitsfremde Tat. Die Diebstahlshandlungen und der versuchte Diebstahl müssten auf Grund seiner Erkrankung als Handlungseinheit betrachtet werden. Er habe nicht nach jeder einzelnen Diebstahlshandlung die Möglichkeit gehabt, sich des Unrechts seines Handelns bewusst zu werden. Auf Grund seiner Erkrankung habe der Zwang bestanden, wieder so zu handeln. Dieses Handeln sei aber seiner ursprünglichen Persönlichkeit fremd; nie zuvor in seinem Leben sei es zu ähnlichen Handlungen gekommen. Der neurotische Zwang, das Geld der Beamtinnen an sich zu nehmen, sei so groß gewesen, dass er nicht anders habe handeln können. Dies sei ihm nicht vorzuwerfen, weil es auf einer schwerwiegenden Erkrankung beruhe, die er nicht verschuldet habe.

Die Personalvertretung wurde zur Erhebung der Disziplinarklage gehört und erhob mit Schreiben vom 18.08.2005 keine Einwendungen.

Am 13.09.2005 hat die Klägerin Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht Freiburg erhoben und beantragt, den Beamten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dabei wurde dem Beklagten vorgeworfen, in vier Fällen Diebstähle - davon in einem Fall einen versuchten Diebstahl - zum Nachteil von Kolleginnen begangen und damit gleichzeitig gegen seine Pflicht zur Uneigennützigkeit und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gemäß § 54 Sätze 2 und 3 BBG verstoßen zu haben. Dadurch habe der Beklagte das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit so nachdrücklich zerstört, dass dem Beamtenverhältnis die Grundlage entzogen sei. Von der Rechtsprechung anerkannte Milderungsgründe seien nicht gegeben.

Der Beklagte hat den ihm zur Last gelegten Sachverhalt eingeräumt, aber eine mildere Maßnahme als die Entfernung aus dem Dienst für ausreichend gehalten und diesbezüglich die Ausführungen aus seiner schriftlichen Stellungnahme vom 31.05.2005 wiederholt und vertieft.

Mit Urteil vom 12.12.2005 hat das Verwaltungsgericht Freiburg den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Dabei hat es in tatsächlicher Hinsicht die Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts XXXXX zugrunde gelegt, an die es sich auch hinsichtlich des vorsätzlichen und schuldhaften Verhaltens gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG gebunden sah. Beim Beklagten bestehe zwar eine Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften und ängstlich-selbstunsicheren Anteilen und seien die Diebstähle mit einem symbolischen Wunsch nach Nähe zu Frauen verbunden gewesen. Die Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB sei erheblich vermindert gewesen, jedoch habe der Beklagte zur jeweiligen Tatzeit in voller Einsichtsfähigkeit gehandelt. Für einen Schuldausschluss gebe es keine konkreten Anzeichen. Der Schuldvorwurf im disziplinarrechtlichen Sinne könne nicht anders beurteilt werden als im strafgerichtlichen Verfahren. In rechtlicher Hinsicht wiege das Dienstvergehen sehr schwer. Bei im Dienst begangenem Diebstahl zum Nachteil von Kollegen werde grundsätzlich auf die Entfernung aus dem Dienst erkannt. Durchgreifende Milderungsgründe seien nicht gegeben. Eine Gelegenheitstat liege nicht vor; die vier Diebstahlshandlungen über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten könnten nicht als einheitliche Handlung angesehen werden. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstörung des Beklagten. Denn jedenfalls seine Einsichtsfähigkeit sei dadurch nicht beeinträchtigt gewesen. Auch habe er das Dienstvergehen nicht als Folge einer schockartig ausgelösten psychischen Ausnahmesituation begangen. Die erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Beklagten biete keinen Anhaltspunkt für weitere von der Rechtsprechung anerkannte Milderungsgründe. Nachdem die ärztliche Behandlung noch nicht abgeschlossen sei, erscheine ein entsprechendes Fehlverhalten für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass noch ein Restvertrauen des Dienstherrn und der Kollegen bestehe und eine Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Dienst in Betracht komme.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte eine auf das Disziplinarmaß beschränkte Berufung eingelegt und im Wesentlichen geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass er wegen einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung subjektiv nicht vorwerfbar gehandelt habe und deswegen eine mildere Maßnahme gerechtfertigt sei. Zu keinem Zeitpunkt habe er rational erklären können, weshalb er die Diebstähle gegenüber Kolleginnen begangen habe. Diese seien mit einem zwanghaften symbolischen Wunsch nach Nähe zu Frauen verbunden gewesen. Warum es letztlich ein paar Geldscheine gewesen seien und nichts anderes, sei rational nicht zu erklären. Wirtschaftliche Schwierigkeiten habe er nicht gehabt. Ihm komme zudem der Milderungsgrund der Gelegenheitstat zu Gute. Es habe sich jedes Mal um eine einmalige, unbedachte, kurzschlussartige, persönlichkeitsfremde Tat gehandelt. Ohne die Erkrankung wäre es nicht zu den Taten gekommen. Auf Grund der ärztlichen Behandlung sei ein entsprechendes Fehlverhalten für die Zukunft ausgeschlossen.

Mit Urteil vom 26.10.2006 - DB 16 S 6/06 - (juris) hat der Disziplinarsenat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und ausgeführt: Der dreimalige Diebstahl des Geldes von Kolleginnen und der weitere Versuch eines solchen Diebstahls bedeuteten ein schwerwiegendes Dienstvergehen, das die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis erfordere. Ein im Dienst begangener Diebstahl zu Lasten der Kollegen werde dem Zugriff auf amtlich anvertrautes Geld gleichgestellt und habe grundsätzlich die Entfernung aus dem Dienst zur Folge. Gewichtige Gründe, die den Schluss rechtfertigten, es sei ausnahmsweise noch kein vollständiger Vertrauensverlust eingetreten, lägen nicht vor. Keiner der anerkannten Milderungsgründe greife zu Gunsten des Beklagten ein. Anhaltspunkte für die schockartige Auslösung einer psychischen Ausnahmesituation lägen ebenso wenig vor wie solche für eine persönlichkeitsfremde Haltung oder eine überwundene negative Lebensphase. Vom Strafgericht sei mit bindender Wirkung festgestellt worden, dass ein Schuldausschließungsgrund nicht vorliege. Die allein verbleibende verminderte Schuldfähigkeit sei für sich genommen noch kein Einwand gegen die objektive Untragbarkeit im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG. Der bisherige Therapieverlauf zeige, dass der Beklagte die von ihm geltend gemachte Krankheit keineswegs dauerhaft überwunden habe.

Auf die mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.08.2007 - 2 B 23.07 - zugelassene Revision hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 - (Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3) das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Zur Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Wegen der von den Bemessungsvorgaben gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG geforderten prognostischen Gesamtwürdigung könne die Frage, ob der Beamte im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit gehandelt habe, bei Zugriffsdelikten und den ihnen vergleichbaren Kollegendiebstählen nicht schematisch als unbeachtlich behandelt werden. Das Berufungsgericht sei, wie schon zuvor das Verwaltungsgericht und das Amtsgericht, von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten ausgegangen, doch lasse sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen, auf welchen Feststellungen diese rechtliche Wertung beruhe. Es referiere lediglich "eine Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften und ängstlich-selbstunsicheren Anteilen" und beziehe sich auf das psychiatrische Gutachten vom 11.02.2004. Der dem Gutachten entnommene Hinweis, der Beklagte habe oft vor den Taschen der Frauen gestanden, ohne etwas zu entwenden, spreche aber eher gegen als für eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit. Jedenfalls habe für das Berufungsgericht begründeter Anlass bestanden, dieser Frage selbst nachzugehen. Das Berufungsurteil leide auch deswegen an einem Abwägungsmangel, weil die vom Berufungsgericht angenommene verminderte Schuldfähigkeit bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens nicht mit dem ihr zukommenden erheblichen Gewicht herangezogen worden sei. Das Berufungsgericht sei insoweit der vom Bundesverwaltungsgericht inzwischen aufgegebenen früheren Rechtsprechung gefolgt, nach der eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit bei Zugriffsdelikten und ihnen gleichstehenden Dienstvergehen wie hier dem Kollegendiebstahl letztlich unbeachtlich sei, und habe die erheblich verminderte Schuldfähigkeit lediglich im Hinblick auf die Frage erörtert, ob der Beklagte seine Erkrankung überwunden habe oder ob mit einer Fortdauer der von ihm geltend gemachten gesundheitlichen Störungen zu rechnen gewesen sei.

Der Beklagte begehrt weiterhin, auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen. Sämtliche bisher befassten Gerichte seien von seiner erheblich verminderten Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt des ihm vorgeworfenen Dienstvergehens ausgegangen. Entsprechendes ergebe sich aus den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen des XXXXXXXX und aus dem psychiatrischen Gutachten des XXXXXXXXXXXXXX. Zwar sei er weiterhin der Ansicht, dass er entgegen der Schlussfolgerung des XXXXXXXXXXX zum Tatzeitpunkt vollständig schuldunfähig gewesen sei. Dies könne aber letztlich dahinstehen, weil die Schuldfähigkeit als erheblich vermindert betrachtet werden müsse. Er habe, nachdem er jahrelang seinen Dienst untadelig verrichtet habe, eine schwerwiegende Erkrankung erlitten, die ihm nicht vorzuwerfen sei, weil sie sich seinem Einflussbereich entzogen habe. Ohne diese Erkrankung wären die Taten nie geschehen. Diese Erkrankung sei geheilt, er könne an seinen Arbeitsplatz zurückkehren und es werde nicht wieder zu ähnlichen Handlungen kommen. Er habe deshalb nicht das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren. Er habe sich bei den Geschädigten entschuldigt und den Schaden, der verhältnismäßig gering gewesen sei, wieder gut gemacht. Seine Kollegen, darunter zwei der bestohlenen Kolleginnen, hätten sich ausdrücklich gegen seine Entlassung ausgesprochen. Auch die Allgemeinheit habe Verständnis dafür, dass ein Beamter ebenso wie jeder andere Arbeitnehmer im Dienst erkranken könne und nur auf Grund dieser Erkrankung Fehlleistungen erbringe.

Der Beklagte beantragt weiterhin,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 12. Dezember 2005 - DB 10 K 13/05 - zu ändern und eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu verhängen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus: Zum Zeitpunkt der Fehlverhalten des Beklagten könne möglicherweise eine verminderte Schuldfähigkeit vorgelegen haben, diese habe aber unter Berücksichtigung der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten und damit der Schwere des Dienstvergehens die Schwelle der Erheblichkeit bei Weitem nicht erreicht. Nach den geständigen Einlassungen des Beklagten müsse davon ausgegangen werden, dass er die ihm nachgewiesenen Diebstähle wohlüberlegt, geplant und zielgerichtet durchgeführt habe. Dies werde insbesondere in dem angeschuldigten Vorfall deutlich, in dem der Beklagte eine Kollegin gedrängt habe, ihren Geldbeutel im gemeinsam genutzten Fahrzeug so zu deponieren, dass er leicht und relativ sicher vor Entdeckung darauf habe zugreifen können. Damit habe er aber nicht einem inneren Zwang gehorchend, sondern zielgerichtet und planvoll gehandelt. Soweit der Beklagte meine, er habe den Zwang verspürt, "etwas Intimes" besitzen zu wollen, sei ein Geldschein einer der unpersönlichsten Gegen-stände, den eine Person mit sich führen könne. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass es dem Beklagten bei seinen Taten nur um die Beschaffung von Geldmitteln gegangen sei. Seine Diebstahlshandlungen unterschieden sich in nichts von "normalen" Vergehen dieser Art. Eine möglicherweise bestehende Persönlichkeitsstörung sei für die ausgeführten Diebstähle weder Ursache noch Anlass gewesen. Im Übrigen sei sich der Beklagte in Phasen nachlassenden Suchtdrangs der Tragweite seines Fehlverhaltens, das eindeutig auf Wiederholung angelegt gewesen sei, bewusst gewesen. Damit sei eine Anerkennung dieses vorgeblichen Zwanges als Milderungsgrund ausgeschlossen. Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände erscheine es nicht möglich, Vorgesetzten, Kollegen und Öffentlichkeit zu vermitteln, dass der Beklagte weiterhin als Zollbeamter tätig sein könne. Die von dem Beklagten vorgelegte Eingabe ehemaliger Kollegen, mit der diese um "Gnade" für ihn bitten würden, sei nur von einer der geschädigten Beamtinnen unterzeichnet. Dass der Beklagte seine Krankheit mittlerweile nach seinem eigenen Vorbringen überwunden habe, führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Milderungsgrund der Überwindung einer negativen Lebensphase könne den eingetretenen Verlust der Vertrauenswürdigkeit nicht rückgängig machen, auch könne dem Beklagten die lange Verfahrensdauer nicht als entlastender Umstand zugerechnet werden, selbst wenn er diese Zeit zur Therapie genutzt habe. Es könne nicht außer Acht gelassen werden, dass es dem Rechtsempfinden widersprechen würde, die Entscheidung über ein schwerwiegendes Dienstvergehen so lange hinauszuzögern, bis möglicherweise eine vorliegende Störung ausreichend behandelt sei. Im Übrigen enthalte das Attest vom 09.05.2008 keine Aussage dazu, ob unter Umständen eine erneute eheliche Entfremdung ein Wiederaufleben dieser Störungen verursachen könne und wie der Beklagte diesen entgegenwirken solle und könne.

Dem Senat liegen die Personalakten, die Ermittlungsakten der Klägerin, die Strafakte des Amtsgerichts XXXXX sowie die Akten der Disziplinarkammer und des Bundesverwaltungsgerichts vor. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Die Disziplinarkammer hat den Beklagten entsprechend dem Antrag der Klägerin zu Recht aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Da der Beamte die Berufung zulässigerweise auf das Disziplinarmaß beschränkt hat, steht für den Senat bindend fest, dass er mit dem von dem Verwaltungsgericht im Anschluss an das Urteil des Amtsgerichts XXXXX vom 27.10.2004 festgestellten Verfehlungen (Diebstahl von Bargeld zu Lasten von Kolleginnen in vier Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch verblieben ist) schuldhaft die ihm obliegenden Beamtenpflichten aus § 54 Sätze 2 und 3 BBG a.F., jetzt: § 61 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BBG, (Pflichten, das Amt uneigennützig und nach bestem Wissen zu verwalten und mit seinem Verhalten dem Vertrauen und der Achtung gerecht zu werden, die sein Beruf erfordern) schuldhaft verletzt und ein einheitliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG begangen hat. Der Senat hat deshalb nur noch darüber zu befinden, ob die von der Disziplinarkammer ausgesprochene Entfernung aus dem Dienst (§§ 5 Nr. 5, 10 BDG) gerechtfertigt oder aber, was der Beamte anstrebt, auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen ist.

Der Senat teilt die von der Disziplinarkammer getroffene Einschätzung, dass auf Grund des festgestellten - schwerwiegenden - Dienstvergehens die Entfernung aus dem Dienst unumgänglich ist. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Auf Grund dieser Vorgaben ist über die erforderliche Disziplinarmaßnahme im Wege einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG ist ein aktiver Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn er das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Dies ist anzunehmen, wenn auf Grund der prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen. Unter diesen Voraussetzungen muss das Beamtenverhältnis im Interesse der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Integrität des Berufsbeamtentums beendet werden. Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteile vom 29.05.2008, a.a.O, und vom 03.05.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 695).

Zutreffend ist die Disziplinarkammer davon ausgegangen, dass der hier gegebene Fall des Kollegendiebstahls nach der ständigen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, vom 29.09.1998 - 1 D 82.97 -, juris und vom 13.03.1996 - 1 D 55.95 -, m.w.N.; Urteil des Senats vom 16.10.2008 - 16 S 1109/08 -) hinsichtlich der Schwere im Grundsatz der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder vergleichbar ist. Für die Zugriffsdelikte wie auch für den Kollegendiebstahl gilt nämlich gleichermaßen, dass der Dienstherr sich auf die Ehrlichkeit seiner Bediensteten verlassen können muss. Die in einer Dienststelle zusammen arbeitenden Bediensteten müssen hinsichtlich der Sicherheit ihres Eigentums auf die Ehrlichkeit ihrer Kollegen, die sie sich nicht aussuchen können, zählen können. Auch die Verwaltung vertraut darauf, dass ein Beamter das notwendige Zusammensein mit seinen Kollegen während der Dienstzeit nicht zu strafbaren Handlungen zu deren Nachteil ausnutzt. Der Diebstahl gegenüber Kollegen vergiftet das Betriebsklima, stört den Arbeitsfrieden in schwerwiegender Weise und beweist eine beamtenunwürdige Haltung (BVerwG, Urteile vom 08.08.1995 - 1 D 7.95 -, juris und vom 29.09.1998, a.a.O.; Urteil des Senats vom 16.10.2008, a.a.O.). Auf Grund der Schwere dieses Dienstvergehens ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, wenn die veruntreuten oder gestohlenen Beträge - wie hier einschließlich des Versuchs mit insgesamt 215 EUR - die Schwelle der Geringwertigkeit von etwa 50 EUR (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 22.09.2006 - 2 B 52.06 -, DÖD 2007, 187; Urteil vom 11.06.2002 - 1 D 31.01 -, BVerwGE 116, 308; Urteil des Senats vom 28.04.2009 - DB 16 S 3390/08 -) deutlich übersteigen. Diese Indizwirkung entfällt jedoch, wenn sich im Einzelfall auf Grund des Persönlichkeitsbilds des Beamten Entlastungsgründe von solchem Gewicht ergeben, die den Schluss rechtfertigen, dass der Beamte das Vertrauensverhältnis noch nicht vollends zerstört hat (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 und vom 25.10.2007, jew. a.a.O.; Urteile des Senats vom 16.10.2008, a.a.O. und vom 10.04.2008 - DL 16 S 6/07 -; Niedersächs. OVG, Urteil vom 12.04.2007 - 19 LD 4/06 -, juris).

Als durchgreifende Entlastungsgesichtspunkte kommen zunächst die in der Rechtsprechung entwickelten Milderungsgründe in Betracht. Diese Milderungsgründe, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, tragen zum einen existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher nicht mehr vorausgesetzt werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Diese Milderungsgründe sind jedoch kein abschließender Kanon der hier zu berücksichtigenden Entlastungsgründe. Es ist vielmehr auch nach anderen Entlastungsgründen vergleichbaren Gewichts zu fragen, die die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabsetzen und damit ein Restvertrauen noch rechtfertigen können. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf der Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände.

Die Voraussetzungen des zunächst in Betracht zu ziehenden Milderungsgrundes des "Handelns in einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage" (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.06.2007 - 1 D 2.06 -, Urteil vom 13.05.1997 - 1 D 44.96 -, Urteil vom 26.01.1994 - 1 D 34.93 -, jew. juris; Urteil des Senats vom 10.04.2008, a.a.O.) liegen nicht vor. Dieser Milderungsgrund setzt voraus, dass der Zugriff auf das Bargeld allein zu dem Zweck erfolgt, eine für den Beamten existenzielle Notlage abzuwenden oder zu mildern (vgl. BVerwG, Urteil vom 06.06.2007, a.a.O. m.w.N.; Urteil des Senats vom 10.04.2008, a.a.O.). Ein solcher Fall ist nicht gegeben, da der Beamte zum Tatzeitpunkt wie auch heute in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt, wie er nochmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat.

Auch liegt kein einmaliges, persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen in einer besonderen Versuchungssituation vor (vgl. zu diesem Milderungsgrund etwa: BVerwG, Urteile vom 26.02.1997 - 1 D 16.99 -, und vom 04.06.1996 - 1 D 94.95 -, jew. juris; Urteil des Senats vom 31.01.2008 - DL 16 S 32/06 -; vgl. zur unbedachten Gelegenheitstat, die ein gewisses Maß an Spontaneität, Kopflosigkeit und Unüberlegtheit voraussetzt, auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 26.11.2001 - DL 17 S 15/01 -, juris). Der Beamte hat nicht einmalig versagt, sondern über einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr in vier Fällen Geld von Kolleginnen entwendet oder dies versucht.

Es ist auch nicht der Milderungsgrund des Handelns in einer psychischen Ausnahmesituation gegeben. Eine solche Situation wird in aller Regel hervorgerufen durch den plötzlichen unvorhergesehenen Eintritt eines Ereignisses, das gemäß seiner Bedeutung für die besonderen Lebensumstände des Betroffenen bei diesem einen seelischen Schock auslöst, der seinerseits zur Begehung des Dienstvergehens führt (BVerwG, Urteil vom 09.05.2001 - 1 D 22.00 -, BVerwGE 114, 240). Ein solcher Schock, der zur Begehung des Dienstvergehens des Beklagten geführt haben könnte, ist indes nicht ersichtlich.

Ferner vermag der Senat keine Verhaltensweisen des Beklagten mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen festzustellen, die das begangene Dienstvergehen in einem milderen Licht erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.2007, a.a.O.). Insbesondere hat der Beklagte nicht bereits vor Entdeckung der Tat sein Fehlverhalten offenbart und/oder den entstandenen Schaden ausgeglichen.

Der Entfernung des Beklagten aus dem Dienst steht auch nicht der von ihm vornehmlich geltend gemachte Entlastungsgrund einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit entgegen. Allerdings kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 29.05.2008 und vom 03.05.2007, jew. a.a.O.; Beschluss vom 27.10.2008 - 2 B 48.08 -, juris) wegen der von den Bemessungsvorgaben gemäß § 13 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BDG geforderten prognostischen Gesamtwürdigung die Frage, ob der Beamte im Zustand verminderter Schuldfähigkeit gehandelt hat, bei Zugriffsdelikten und den ihnen vergleichbaren Kollegendiebstählen nicht schematisch als unbeachtlich behandelt werden. Liegt eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten im Sinne des § 21 StGB vor, ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen. Er kann eine Disziplinarmaßnahme zwar nicht ausschließen, muss aber Anlass zu Überlegungen geben, ob dann noch die schärfste Disziplinarmaßnahme geboten ist.

Hinsichtlich der Frage, ob der Beklagte das Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat, ist der Senat nicht an die entsprechenden Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil des Amtsgerichts XXXXX vom 27.10.2004 gemäß §§ 57 Abs. 1, 65 Abs. 1 Satz 1 BDG gebunden. Denn die Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils zur Schuldfähigkeit binden das Disziplinargericht nur, soweit sie sich auf die Frage beziehen, ob der Betreffende schuldfähig oder schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB ist. Ist - wie hier - die Frage der Schuldunfähigkeit mit bindender Wirkung verneint, bleibt es Sache des erkennenden Gerichts, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzungen des § 20 StGB ein Fall verminderter Schuldfähigkeit gegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008, a.a.O.; Urteil des Senats vom 28.04.2009 - DB 16 S 3390/08 -).

Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die hier relevante Frage der Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen Störung "erheblich" war, ist eine Rechtsfrage, die die Disziplinargerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Für die Annahme einer erheblichen Minderung der Schuldfähigkeit sind schwerwiegende Gesichtspunkte heranzuziehen wie etwa Psychopathien, Neurosen, Triebstörungen, leichtere Formen des Schwachsinns, altersbedingte Persönlichkeitsveränderungen, Affektzustände sowie Folgeerscheinungen einer Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab und wird die Schwelle der Erheblichkeit damit bei Zugriffsdelikten und dem ihnen gleichzusetzenden Kollegendiebstahl nur in Ausnahmefällen erreicht sein (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 29.05.2008 und Beschluss vom 27.10.2008, jew. a.a.O.).

Im Anschluss an das zeitnah zu den Dienstvergehen des Beklagten erstellte psychiatrische Gutachten des XXXXXXXXX vom 11.02.2004, an den Entlassungsbericht der Klinik XXXXXXXXXXXXXXXX vom 04.12.2003 und an die fachärztliche Stellungnahme des den Beklagten behandelnden Chefarztes der Fachklinik für Psychiatrie und Psychosomatik XXXXXXXXXXXX vom 05.12.2003 geht der Senat davon aus, dass der Beklagte das Dienstvergehen im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat.

Das von der Staatsanwaltschaft XXXXXXXXXX eingeholte psychiatrische Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie, Neurologie XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX, vom 11.02.2004 gelangt zu dem Ergebnis, dass bei dem Beklagten eine Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften und ängstlich-selbstunsicheren Anteilen (ICD 10: F 61.) besteht, die sich im täglichen Leben in einer deutlichen Aggressionshemmung und der Unfähigkeit auswirken, Wünsche zu formulieren und sie durchzusetzen. Es sei zu einer Verschiebung dieser Wünsche hin auf das Verlangen gekommen, heimlich in die Intimsphäre der Frauen einzudringen und etwas von ihnen in Besitz zu nehmen. Dieser Vorgang sei neurotisch motiviert und in seiner Entstehung dem Bewusstsein des Beklagten weitgehend entzogen gewesen. Zwar sei die Einsichtsfähigkeit zum Zeitpunkt der Taten davon nicht betroffen gewesen, doch müsse die Steuerungsfähigkeit als erheblich vermindert angesehen werden. Diese Angaben hat XXXXXXXXX in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht XXXXX am 27.10.2004 ausweislich des Protokolls bestätigt. Nach dem Entlassungsbericht der XXXXXXXXXXXXXX, in der sich der Beklagte vom 30.10. bis zum 27.11.2003 zur stationären psychiatrischen Behandlung aufgehalten hat, ist bei dem Beklagten die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Reaktion bei spezifischer abnormer Gewohnheit und Störung der Impulskontrolle auf dem Hintergrund einer ausgeprägten anankastischen (zwanghaften) Persönlichkeitsstörung gestellt worden. Bei den Delikten sei die Schuldfähigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nur eingeschränkt, sondern aufgehoben gewesen. Der Beklagte habe bereits zwei Jahre zuvor gegen imperative Wünsche angekämpft, sich den Geldbörsen von Mitarbeiterinnen zu nähern, bis er schließlich nicht mehr habe widerstehen können. Er habe sich wie magnetisch von den Geldbörsen angezogen gefühlt. Ein Gefühl von Schuld sei, trotz seiner sonstigen Gewissenhaftigkeit dabei nicht aufgetreten. Er habe unter Zwang gehandelt und nach den Diebstählen ein befreiendes Gefühl "ich hab`s geschafft" gehabt, um danach wiederum in Selbstvorwürfe zu geraten. Er habe es jedoch aus Scham vor der Handlung nicht gewagt, sich jemandem zu offenbaren. Der Beklagte sei in einem lustfeindlichen und autoritären Milieu aufgewachsen und habe von früh an die Haltung, für andere da sein und es ihnen recht machen zu müssen, verinnerlicht. Zweifel und das Hinterfragen von Befehlen und Wünschen seien ihm verboten gewesen. Nachdem er eine Beziehung und letztlich die Ehe zu seiner Ehefrau eingegangen sei, sei es ihm auch verboten gewesen, erotische Phantasien und Wünsche gegenüber anderen Frauen zu entwickeln, welche sich dann doch eingestellt hätten. Das imperative Verbot des rigiden und überstrengen Über-Ich des Patienten habe sich als neurotische Kompromissbildung vom realen Objekt, den von ihm letztlich doch als attraktiv empfundenen Mitarbeiterinnen, auf den Wunsch auf etwas verschoben, das mit ihnen in Verbindung gestanden sei und mit den Attitüden "Intim, Geheimnis, Nähe und Eindringen" zu tun gehabt habe. Dies habe zwingend-impulsiven Charakter gehabt. Die Rigidität und die Strenge des Über-Ichs würden die Macht der deliktischen Impulse erklären. In der ärztlichen Bescheinigung vom 05.12.2003 führt der den Beklagten behandelnde XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX zusammenfassend aus, dass es sich um massive Zwangshandlungen auf dem Hintergrund einer schwerwiegenden seelischen Störung handele, wobei der Beklagte primär ein überaus gewissenhafter, sittenstrenger und gegenüber anderen überzuvorkommender Mensch sei, bei dem es im Rahmen von Impulsdurchbrüchen zu den delinquenten Handlungen gekommen sei.

Unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen geht auch der Senat, ebenso wie das Amtsgericht XXXXXX in seinem Urteil vom 27.10.2004, von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten zum Zeitpunkt der Tatbegehung auf Grund einer ausgeprägten Persönlichkeitsstörung mit zwanghaften Anteilen aus. Soweit die Klägerin gegen eine solche Wertung vorbringt, dass der Beklagte, wie der Diebstahl zu Lasten der Kollegin XXXXX am 03.09.2003 zeige (vgl. deren Beschuldigtenvernehmung, Blatt 47 ff. der Strafakte des Amtsgerichts XXXXX), geplant und zielgerichtet vorgegangen sei, und dass der Beklagte oft vor den Taschen der Frauen gestanden habe, ohne etwas entwendet zu haben, war dies dem Gutachter XXXXXXX ausweislich der Angaben in seinem Gutachten vom 11.02.2004 bekannt. Diese Verhaltensweisen wurde in dem Gutachten aber - angesichts der in der ärztlichen Bescheinigung des XXXXXXXXXXX vom 05.12.2003 hervorgehobenen krankhaften Impulsdurchbrüche bei Tatbegehung auch dem Senat nachvollziehbar -lediglich als Umstände bewertet, die nicht zur vollständigen Aufhebung der Steuerungsfähigkeit führen, aber nicht die Annahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit in Frage stellen. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat für eine weitere Aufklärung der Frage des Grades der Verminderung der Schuldfähigkeit, etwa durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, auch in Anbetracht der unsicheren Basis einer mehrjährig nachträglichen Beurteilung (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.04.2000 - 4 S 1588/98 -, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 22.12.2004 - 5 K 1484/03 -, VENSA), zumal nach abgeschlossener Therapie des Beklagten, keinen Anlass.

Die erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Beklagten führt hier nicht dazu, dass von dessen Entfernung aus dem Dienst abgesehen werden kann. Dieser Umstand ist allerdings mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens heranzuziehen. Bei der dazu gebotenen Würdigung der weiteren Begebenheiten des Einzelfalls (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008 und Beschluss vom 27.10.2008, jew. a.a.O.; Urteil des Senats vom 02.04.2009 - DL 16 S 3290/08 -, juris) kommt der Senat hier zu dem Schluss, dass der Beklagte auch bei Berücksichtigung der erheblich geminderten Schuldfähigkeit mit dem ihr zukommenden Gewicht im Zolldienst untragbar ist. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Pflicht, das Eigentum von Kollegen zu achten, um eine leicht einsehbare und sich jedem Mitarbeiter ohne weiteres aufdrängende Kernpflicht handelt und der Beklagte ausweislich des Gutachtens des XXXXXXXXX vom 11.02.2004 und dessen Aussagen in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht XXXXX am 27.10.2004 in entsprechender Einsichtsfähigkeit gehandelt hat. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte in mehreren Fällen und dazu über einen längeren Zeitraum auf das Geld von Kolleginnen zugegriffen hat, davon in einem Fall sogar nach dem Rat an eine Kollegin, in die Hosentasche gestecktes Geld in einen Geldbeutel zu tun, auf den der Beklagte dann Zugriff nahm. Es kommt hinzu, dass der Beklagte die Diebstähle begangen hat, kurz nachdem er wegen Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Absicht, sich Mehrwertsteuer unberechtigt erstatten zu lassen, in einem Personalgespräch mit dem Vorsteher des Hauptzollamtes XXXXX vom 31.01.2003 eindringlich gemahnt wurde, sich künftig korrekt zu verhalten. Mithin ist eine kurz vor Begehung der dem Beklagten zur Last gelegten Taten ergangene Mahnung seines Dienstvorgesetzten zu gesetzestreuem Verhalten, die der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat, erfolglos geblieben. Schon diese Umstände lassen es für sich genommen als nahezu ausgeschlossen erscheinen, Vorgesetzten und Kollegen auch unter Berücksichtigung einer festgestellten erheblich verminderten Schuldfähigkeit eine weitere Zusammenarbeit mit dem Beklagten zuzumuten. Insoweit fällt auch auf, dass das von dem Beklagten vorgelegte Schreiben von Mitarbeitern seiner Dienststelle vom 22.06.2005, in dem zu Gunsten des Beklagten gebeten wird, "Gnade vor Recht walten zu lassen" lediglich von sechs Kollegen unterzeichnet wurde und auch zwei Kolleginnen, die von dem Beklagten bestohlen wurden, sich dieser Bitte nicht angeschlossen haben.

Weiter stellt der Senat in Rechnung, dass der Beklagte - wenn er auch bei Begehung der ihm zur Last gelegten Taten erheblich vermindert schuldfähig war - durchaus in der Lage gewesen ist, in anderen Fällen von seinem Drang Abstand zu nehmen, Geld von Kolleginnen zu entwenden, als er vor deren Taschen stand. Zudem hat sich der Beklagte nach den Diebstählen "Selbstvorwürfe" gemacht und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben, dass ihm die Diebstähle kurz nach der Tat leid getan hätten. Für ihn ist es nach dem psychiatrischen Gutachten des XXXXXXXX vom 11.02.2004 zudem - zwanghaft - vornehmlich darum gegangen, etwas aus den Geldbeuteln der Frauen herauszunehmen und damit in die Intimsphäre der Frauen einzudringen, während es ihn seinen Angaben bei der Untersuchung am 20.01.2004 zufolge weniger gereizt habe, das Geld zu besitzen und er das Geld zunächst in einem Umschlag im Auto mitgeführt und erst dann nach und nach ausgegeben habe. Diese Umstände belegen aber, dass der Beklagte jedenfalls nach Begehung der Diebstähle, die er nach den Angaben seines ihn behandelnden Psychiaters im Wege von krankhaften Impulsdurchbrüchen begangen hat, durchaus die Möglichkeiten zu Korrekturen seines Verhaltens gegenüber seinen Kolleginnen oder jedenfalls dazu gehabt hätte, für sich geeignete Hilfe in Anspruch zu nehmen. So führte der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch aus, er habe schon bemerkt, dass etwas mit ihm nicht in Ordnung gewesen sei. Bei Einbeziehung dieser Aspekte führt die disziplinarische Würdigung des Gewichts des Dienstvergehens auch unter Berücksichtigung einer tatbezogen gegebenen erheblich verminderten Schuldfähigkeit zu dem Ergebnis, dass der Beamte das Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren hat und damit für den Dienst in der Zollverwaltung untragbar geworden ist.

Der Umstand, dass dem Beklagten in dem zuletzt von XXXXXXXXXXX vorgelegten ärztlichen Attest vom 09.05.2008 bescheinigt wird, dass er sich psychisch stabilisiert habe, nicht mehr behandlungsbedürftig sei und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erneute pathologische Handlungen ausgeschlossen werden könnten, führt ebenfalls nicht zum Absehen von der disziplinaren Höchstmaßnahme.

Zwar kann von einer Entfernung aus dem Dienst abgesehen werden, wenn auf Grund einer prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden kann, dass der Beamte künftig nicht mehr in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 und vom 03.05.2007), wobei hier dahinstehen kann, ob - wie von der Klägerin problematisiert -, eine Wiederholungsgefahr im Wege der "Überwindung einer negativen Lebensphase" unmittelbar nach der Tatbegehung oder doch in einem mit der Tatbegehung engen Zusammenhang stehenden Zeitraum weggefallen sein muss. Denn eine prognostische Gesamtwürdigung, ob der Beamte auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird, ist dann nicht mehr anzustellen, wenn die durch das Fehlverhalten des Beamten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums auch bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen ist (vgl. ebenfalls BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 und vom 03.05.2007, a.a.O.; vgl. auch Urteile des Senats vom 18.06.2009 - DL 16 S 71/09 -, juris und vom 02.04.2009, a.a.O.). Angesichts der oben dargelegten Umstände ist auch unter Berücksichtigung der tatbezogen erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten bei den von ihm hier zu Lasten von Kolleginnen begangenen Diebstählen diese Voraussetzung gegeben. Durch diese Diebstähle hat der Beklagte auch bei Würdigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte, insbesondere einer im Anschluss an die Tatbegehung erfolgreich abgeschlossenen Therapie, eine beamtenunwürdige Haltung an den Tag gelegt, die zu einer irreparablen Beschädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums geführt hat.

Damit vermag der Senat - ebenso wie das Verwaltungsgericht - unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände, auch der langjährigen dienstlichen Unbescholtenheit des Beklagten und seiner ordentlichen dienstlichen Beurteilungen, nicht zu erkennen, dass die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung für den eingetretenen Vertrauensverlust durch vorrangig zu berücksichtigende und durchgreifende Entlastungsgründe entfallen ist und der Beklagte gegenüber seinem Dienstherrn noch ein Restvertrauen für sich in Anspruch nehmen könnte. Ist das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beklagten und seinem Dienstherrn zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Reaktion. Die hierin liegende Härte ist für den Beklagten - auch unter familiären und wirtschaftlichen Gesichtspunkten - nicht unverhältnismäßig, da sie auf zurechenbarem Verhalten beruht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO und umfasst zugleich die Kosten des Revisionsverfahrens. Obgleich der Beklagte im Revisionsverfahren obsiegt hat, ist er auch insoweit zur Kostentragung verpflichtet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.2008 - 3 S 358/08 - m.w.N.).

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG vorliegt.

Ende der Entscheidung

Zurück