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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 02.04.2009
Aktenzeichen: DL 16 S 3290/08
Rechtsgebiete: LBG, LDO, StGB


Vorschriften:

LBG § 71 Abs. 1
LBG § 73 Satz 3
LBG § 95 Abs. 1
LDO § 11
LDO § 75
LDO § 84 Abs. 2
StGB § 21
StGB § 184b Abs. 2
StGB § 184b Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

DL 16 S 3290/08

Verkündet am 02.04.09

In dem förmlichen Disziplinarverfahren

wegen Dienstvergehen

hat der 16. Senat - Disziplinarsenat - des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg

am 02. April 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beamten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart - Disziplinarkammer - vom 20. Oktober 2008 - DL 20 K 1390/08 - wird zurückgewiesen.

Auf den Antrag des Vertreters der obersten Dienstbehörde wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart - Disziplinarkammer - vom 20. Oktober 2008 - DL 20 K 1390/08 - dahingehend geändert, dass dem Beamten kein Unterhaltsbeitrag bewilligt wird.

Der Beamte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe:

I.

Der am xx.xx.xxxx in xxxxxxxxxx geborene Beamte wurde nach Abschluss der zweijährigen gewerblich-technischen Berufsfachschule unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf am 04.09.1978 als Polizeiwachtmeister in den Polizeidienst des Landes Baden-Württemberg eingestellt und am 22.08.1979 zum Beamten auf Probe ernannt. Es folgten Ernennungen zum Oberwachtmeister am 25.03.1980, zum Polizeihauptwachtmeister am 29.08.1980 und zum Polizeimeister am 17.03.1982. Am 07.06.1983 erwarb der Beamte am Abendgymnasium xxxx die Hochschulreife. Zum 01.06.1984 wurde der Beamte zum Polizeiobermeister ernannt und am 12.12.1986 wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. Nach Bestehen der Staatsprüfung für den gehobenen Dienst der Schutzpolizei am 26.04.1990 wurde der Beamte zum 01.05.1990 zum Polizeikommissar ernannt. Es folgten Ernennungen zum Polizeioberkommissar am 24.01.1992 und zum Polizeihauptkommissar am 01.05.1993. Am 01.05.1999 wurde dem Beamten ein Amt der Besoldungsgruppe A 12 übertragen. Zuletzt war der Beamte als Polizeiführer vom Dienst (01.06.2000 - 31.07.2001) und ab dem 01.08.2001 als stellvertretender Leiter des xxxxxxxx- und xxxxxxxxxxxx eingesetzt, wobei er im Zeitraum vom 21.05.2003 bis zum 30.04.2004 wegen einer Abordnung des Amtsinhabers die Geschäfte des Leiters des xxxxxxxx- und xxxxxxxxxxxx wahrnahm. Seine letzte dienstliche Beurteilung zum 01.05.2004 lautete auf das Gesamturteil 4,0.

Der Beamte ist verheiratet und hat zwei in dem Jahr xxxx geborene Töchter. Er bezieht einschließlich Kindergeld ein Nettoeinkommen in Höhe von etwa 3.600 EUR; von seinen Besoldungsbezügen werden auf Grund der Verfügung des Polizeipräsidiums Stuttgart vom 01.02.2007 10 v.H. einbehalten. Mit Nebentätigkeiten verdiente er im Jahr 2008 nach seinen Angaben in der Hauptverhandlung vor dem Disziplinarsenat etwa 1.300 EUR brutto hinzu. Daneben ist der Beamte seit dem 01.12.2008 in Vollzeit als Fachkraft für Arbeitssicherheit bei der x-x-x xxxxxxxxxxxxxxxxxxx tätig. Hieraus bezieht er ein Bruttoeinkommen in Höhe von 3.600 EUR monatlich. Der Beamte hat aus dem Erwerb eines Hauses herrührende Schulden in Höhe von etwa 170.000 EUR und hieraus resultierende monatliche Belastungen in Höhe von etwa 1.200 EUR. Die Frau des Beamten betreut einmal monatlich für fünf Stunden Studenten der xxxxxxxxxxxxxxx xxxxx in xxxxxxxxxx xxxxx und erledigt die Buchhaltung für eine Freundin; seit dem 01.01.2009 ist sie in Teilzeit, befristet auf ein Jahr, mit einem monatlichen Verdienst von knapp 800 EUR brutto beschäftigt.

Der Beamte ist bislang disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten.

Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts xxxxxxxxx-xxx xxxxxxxxx vom 18.01.2007 - B4 Ds 21 Js 22656/06 AK 2846/06 - wurde der Beamte wegen Verschaffens kinderpornografischer Schriften in drei Fällen sowie Besitzes kinderpornografischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dem Urteil liegen folgende Sachverhaltsfeststellungen zu Grunde:

"1. Am 07.03.2006 gegen 17.30 Uhr versandte der Angeklagte im Rahmen eines Internetchats aus seiner Wohnung in xxxxxxxxx-xxx xxxxxxxxx, xxxxxxx xxxxxx x, unter der Bezeichnung "xxxxxx" an den Teilnehmer "xxxxxxxxxxxxxx" eine Bilddatei, auf der zu erkennen ist, wie ein etwa zwölf Jahre altes unbekleidetes Mädchen mit gespreizten Beinen auf dem Rücken eines etwa gleichaltrigen Mädchens sitzt, das sich nach vorne beugt, so dass ihr entblößtes Geschlechtsteil deutlich und in reißerischer Weise in den Bildvordergrund gerückt wird.

2. Die gleiche Bilddatei versandte er am 10.03.2006 gegen 21.45 Uhr, wiederum aus seiner Wohnung an den Chatteilnehmer "xxxxxxxxxxxxx".

3. Am 11.03.2006 gegen 23.10 Uhr versandte der Angeklagte an den Chatteilnehmer mit der Bezeichnung "xxxxxxxx" eine Bilddatei, auf der ein etwa zehn Jahre altes nacktes Mädchen zu erkennen ist, das mit weit gespreizten Beinen auf einem Bett sitzt und dabei mit den Händen einen künstlichen Penis umfasst hält, den sie in ihren Mund einführt.

Bei Versendung dieser Bilddateien nahm der Angeklagte billigend in Kauf, dass die abgebildeten Mädchen noch keine 14 Jahre alt sind.

4. Bis zur polizeilichen Durchsuchung seiner Wohnung in der xxxxxxx xxxxxx x am 14.03.2006 hielt der Angeklagte auf zwei Personalcomputern, einer Festplatte und zwei CD-ROMs im nicht gelöschten Bereich mindestens 1.500 sowie im gelöschten Bereich mindestens 500 Bilddateien und Videosequenzen vorrätig, die er dort in nicht verjährter Zeit abgespeichert hatte und die er mit entsprechender Software jederzeit wieder hätte herstellen können.

Die Bilder haben den sexuellen Missbrauch von Kindern in pornografischer Darstellung zum Inhalt und geben unter anderem den Vaginal- und Oralverkehr der Kinder untereinander sowie auch mit erwachsenen Personen wieder, wobei der geschlechtliche Vorgang derart hervorgehoben wird, um primär die sexuelle Begierde des Betrachters zu wecken. Der Angeklagte nahm billigend in Kauf, dass die dargestellten Kinder noch keine 14 Jahre alt sind. Unter anderem handelte es sich um folgende Aufnahmen:

- ein Mann führt mit einem etwa acht Jahre alten Mädchen den Vaginalverkehr durch,

- ein ca. zehn Jahre altes Mädchen zieht mit zwei Wäscheklammern ihre Schamlippen auseinander,

- ein etwa achtjähriges Mädchen übt an einem Mann den Oralverkehr aus,

- eine Frau manipuliert mit einem Dildo an der Scheide eines etwa zwölf Jahre alten Mädchens,

- ein Mann reibt seinen erigierten Penis am Unterkörper eines etwa ein bis zwei Jahre alten Mädchens,

- ein Mann übt mit einem zehn bis zwölf Jahre alten Mädchen den Analverkehr aus,

- ein Mann ejakuliert in das Gesicht und die herausgestreckte Zunge eines etwa sechsjährigen Mädchens."

Hinsichtlich der Schuldfähigkeit des Beamten wird in dem Urteil ausgeführt:

"Der Angeklagte leidet an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung in Form einer Charakterneurose mit anankastischen und narzisstischen Zügen, konflikthafter Selbstwertproblematik und neurotisch gestörter partnerschaftlicher Beziehungsgestaltung. Zudem ist bei dem Angeklagten eine unspezifische sexuelle Störung mit sekundär pädophiler Akzentuierung vorhanden, ohne dass eine manifeste sexuelle Deviation in Form einer Pädophilie vorläge. Die Beschäftigung des Angeklagten mit dem Internet ist pathologisch. Das Zusammenwirken dieser Störungen erreicht den Schweregrad einer anderen seelischen Abartigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB.

Der Angeklagte war bei Begehung der Taten uneingeschränkt in der Lage, das Unrecht seines Handelns einzusehen, jedoch nur vermindert in der Lage, sein Verhalten zu steuern, so dass die Voraussetzungen des § 21 StGB vorliegen."

In einer Strafanzeige des Polizeipräsidiums xxxxxxxxx vom 23.01.2007 wird nach einer Durchsuchung der Wohn- und Nebenräume des Beamten am 08.01.2007 unter anderem ausgeführt:

"Dabei wurden ein PC-Rechner, ein USB-Stick und eine Zipette sichergestellt.

Bei der Auswertung der Datenträger wurden 56 kinderpornografische Bilddateien, davon 55 im gelöschten Bereich, zwei kinderpornografische Videodateien und eine Vielzahl von sog. Posingbildern festgestellt. Darüber hinaus fand sich ein Textdokument mit Links, die zu pornografischen und kinderpornografischen Anbietern führen. Außerdem hat der Beschuldigte das Chatprogramm "xxxxx" installiert, über das er sich bereits bis März 2006 kinderpornografische Bilddateien verschaffte und verbreitete. Dieses Programm wurde zwei Tage nach der ersten Durchsuchung auf dem nunmehr sichergestellten PC-Rechner installiert. Ein Suchlauf ergab 12400 Treffer. Die weiteren Recherchen ergaben jedoch, dass nahezu alle Bilddateien am 03.01.2007 gelöscht wurden und nicht mehr sichtbar gemacht werden können.

Bei der Überprüfung des E-Mail-Verkehrs wurde erkannt, dass der Beschuldigte sich offensichtlich in verschiedenen Foren eingeschrieben hat und von anderen Usern Hinweise/News per E-Mail erhält. Teilweise wurden Posingbilder als Anhänge an den E-Mails festgestellt.

Verbreitungshandlungen können dem Beschuldigten nicht nachgewiesen werden." Das deswegen eingeleitete Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft xxxxxxxxx mit Verfügung vom 12.02.2007 gemäß § 154 Abs. 1 StPO im Hinblick auf das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts xxxxxxxxx-xxx xxxxxxxxx vom 18.01.2007 ein.

Vom 21.03.2006 bis zum 17.05.2006 befand sich der Beamte in stationärer Behandlung der xxxxxxxxxxxx, Fachklinik für psychische und psychosomatische Erkrankungen, xxx xxxxxxxx. Im Entlassbericht vom 16.05.2006, wegen dessen genauen Inhalts auf Blatt 73 bis 75 der Akte des förmlichen Disziplinarverfahrens verwiesen wird, werden eine mittelgradige depressive Episode, pathologisches Benutzen des Computers und Internets sowie der Verdacht auf Störung der Sexualpräferenz als Diagnosen genannt. Anschließend war der Beamte vom 23.05.2006 bis zum 04.07.2006 in ganztägig ambulanter psychosomatisch-psychotherapeutischer Behandlung des xxxxxxxxxxxxxxx-xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx (xxxx) xxxxxxxxx, hinsichtlich dessen Arztbericht vom 10.08.2006 auf Blatt 57 bis 63 der Akte im Disziplinarverfahren vor dem VG Stuttgart verwiesen wird. Vom 29.09.2006 bis zum 10.01.2008 befand sich der Beamte in ambulanter Behandlung des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin und Psychotherapie xx. xxxx, xxxxxxxxx (vgl. dessen Arztbericht vom 20.04.2008, Blatt 87 der Akte des VG Stuttgart). Zusätzlich besucht der Beamte eine Selbsthilfegruppe und war vom 29.10.2007 bis zum 29.07.2008 in pharmakologischer Behandlung des xx. xxxxxxxxx (vgl. dessen Attest vom 19.11.2008, Blatt 27 der Akte des Berufungsverfahrens). Mit Bescheinigung vom 09.09.2008 bestätigte der Diplom-Psychologe xx.xxxxxxx den Behandlungsbeginn einer analytischen Psychotherapie am 09.09.2008 nach fünf probatorischen Sitzungen vom 05.06.2008 bis zum 17.07.2008. Diese Behandlung wurde nach den Angaben des Beamten in der Hauptverhandlung vor dem Disziplinarsenat kurz vor Weihnachten 2008 beendet. Der Beamte ist im Strafverfahren vor dem Amtsgericht xxxxxxxxx-xxx xxxxxxxxx von dem Arzt für Psychiatrie xx. xxxxxxxx, xxxxxxxx, begutachtet worden. Hinsichtlich des Ergebnisses des forensisch-psychiatrischen Gutachtens vom 17.01.2007 wird auf Blatt 557 bis 594 der Akte des Strafverfahrens verwiesen. Zu der Frage, ob er eine pädophile Neigung habe, und zu den Gründen für den Konsum kinderpornografischen Materials im Internet hat der Beamte ein sexuologisches Gutachten des xxxxxxxxxxxxxx xx. xxxxxxxxx, xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxx, vom 02.01.2008 eingeholt, hinsichtlich dessen Inhalts auf Blatt 65 bis 85 der Akte des VG Stuttgart verwiesen wird.

Bereits mit Verfügung des Polizeipräsidiums xxxxxxxxx vom 11.04.2006 wurde gegen den Beamten das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet; zugleich wurde er mit Ablauf des Tages der Zustellung dieser Verfügung vorläufig des Dienstes enthoben. Zur Begründung wurde auf das Ergebnis der Durchsuchung der Wohnung des Beamten am 13.03.2006 verwiesen, bei dem eine vorläufige Auswertung sichergestellter Computer, Festplatten, CD-ROMs und Zipetten ergeben habe, dass der Beamte in einer Chatplattform kinderpornografische Dateien getauscht habe und auf einer Festplatte unter anderem 217 kinderpornografische Bild- und Videodateien und auf einer anderen Festplatte unter anderem 752 kinderpornografische Bilddateien und 11 Videoclips gespeichert worden seien.

Mit Verfügung vom 14.07.2006 wurde in das förmliche Disziplinarverfahren der Verdacht miteinbezogen, dass der Beamte seit Jahren wegen einer Lehrtätigkeit für die xxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx eine Nebentätigkeit ohne die erforderliche Genehmigung ausübe. Mit Verfügung des Polizeipräsidiums xxxxxxxxx vom 07.03.2007 wurde die Nebentätigkeit für die Dauer von fünf Jahren bewilligt. Am 23.01.2007 bestellte das Polizeipräsidium xxxxxxxxx einen Untersuchungsführer und den Vertreter der Einleitungsbehörde.

Mit Verfügung vom 02.03.2007 setzte das Polizeipräsidium xxxxxxxxx das bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen den Beamten anhängig gewesenen Strafverfahrens ausgesetzte Disziplinarverfahren fort und bezog darin den Verdacht ein, dass sich der Beamte auch nach der ersten Wohnungsdurchsuchung am 13.03.2006 weiterhin kinderpornografische Schriften verschafft und diese verbreitet habe.

Der Beamte gab bei seiner Vernehmung am 24.05.2007 unter anderem an: Der Sachverhalt tue ihm leid, er schäme sich dafür. Die schwierige und unbefriedigende eheliche und berufliche Situation hätten dazu geführt, dass er spätestens im Jahr 1997 in zunehmendem Maße an seinen PC und in die Nutzung des Internets geflüchtet sei. Ab dem Jahr 2003 habe sich das dann verstärkt, ab dem Jahr 2004 habe er auch Dateien mit kinderpornografischem Inhalt gespeichert. Im Vordergrund habe dabei immer die Überwindung und Herausforderung durch technische Schwierigkeiten gestanden. Deshalb sei es ihm ab dem Frühjahr 2006 beim Chatten und Verbreiten von Kinderpornografie darum gegangen, den anderen Teilnehmern etwas herauszulocken. Er habe gegenüber dem Sachverständigen xx. xxxxxxxx von sich aus zugegeben, dass er erneut ab etwa Dezember 2006 in insgesamt drei Fällen kinderpornografische Inhalte aufgerufen habe. Nachdem ihm seine Frau das entsprechende Modem weggenommen habe, habe er dies auf Anraten seines Therapeuten etwa im Oktober 2006 zur Verfügung erhalten, um damit Verantwortungsverhalten trainieren zu können. Im nachhinein stelle sich ihm diese erneute einschlägige Benutzung des Internets wiederum als Fluchtverhalten dar, dieses Mal betreffend seine Angst vor der bevorstehenden Hauptverhandlung beim Amtsgericht. Auf Grund seiner Sucht sei es ihm nicht möglich gewesen, der Versuchung, kinderpornografische Dateien aufzurufen und abzuspeichern, zu widerstehen. Hinsichtlich des Vorwurfs, eine Nebentätigkeit ohne Genehmigung ausgeübt zu haben, sei er der Auffassung gewesen, entsprechende Anträge gestellt zu haben. Die erforderlichen jährlichen Mitteilungen habe er aus Fahrlässigkeit unterlassen.

Unter dem 20.11.2007 fertigte der Untersuchungsführer seinen Untersuchungsbericht und legte ihn am 13.02.2008 dem Vertreter der Einleitungsbehörde vor.

Am 09.04.2008 hat der Vertreter der Einleitungsbehörde der Disziplinarkammer beim Verwaltungsgericht Stuttgart die Anschuldigungsschrift vorgelegt, in der dem Beamten vorgeworfen wird, sich vorsätzlich den Besitz einer erheblichen Menge kinderpornografischer Dateien verschafft, in drei Fällen kinderpornografische Schriften verbreitet, über mehrere Jahre hinweg eine nicht genehmigte Nebentätigkeit als Dozent an der xxxxxxxxxxxxxxx ausgeübt und dadurch ein Dienstvergehen gemäß § 95 Abs. 1 Satz 2 LBG in Verbindung mit §§ 71 Abs. 1, 73 Satz 1, 73 Satz 3, 74 Satz 2 LBG begangen zu haben. Der Beamte habe gegen die Pflicht zur Wahrung des Rechts (§ 71 Abs. 1 LBG), die Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf (§ 73 Satz 1 LBG), die Pflicht zu achtungs- und verantwortungswürdigem Verhalten (§ 73 Satz 3 LBG) und die Pflicht, die von seinen Vorgesetzten erlassenen Anordnungen auszuführen und ihre allgemeinen Richtlinien zu befolgen (§ 74 Satz 2 LBG), verstoßen. Soweit es sich um ein außerdienstliches Verhalten handele, sei dies nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt und das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Insbesondere die von dem Beamten begangenen Straftaten seien mit den Aufgaben eines Polizeibeamten, Straftaten zu verhindern, aufzuklären und zu verfolgen, nicht vereinbar. Zwar sei zu Gunsten des Beamten zu berücksichtigen, dass er im Strafverfahren und im Untersuchungsverfahren seine Taten eingeräumt und Bedauern gezeigt habe, er sich möglicherweise durch seine eheliche Situation, dem Erwerb eines Hauses und dienstliche Enttäuschungen in einer permanenten Überforderungs- und Stresssituation befunden sowie sich bislang immer tadellos verhalten und fast durchweg zu den Leistungsträgern gehört habe. Auch werde dem Verstoß gegen die Landesnebentätigkeitsverordnung keine besondere Bedeutung beigemessen. Erschwerend sei jedoch neben der erheblichen Zahl kinderpornografischer Dateien zu berücksichtigen, dass er in drei Fällen anderen Personen Dateien mit kinderpornografischen Inhalt verschafft habe, er kurz vor der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht rückfällig geworden sei, als Polizeibeamter im Kernbereich seiner Pflichten versagt habe und die Presseberichterstattung zeige, dass die Allgemeinheit für sein Verhalten keinerlei Verständnis habe. Der im Strafverfahren herangezogene Gutachter habe eine Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB ausgeschlossen; allenfalls sei von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB auszugehen. Die vom Gutachter gewählte Formulierung "sekundäre pädophile Akzentuierung" erscheine sehr vorsichtig gewählt, da sich der Beamte beim Chatten im Internet sehr drastisch und deutlich habe äußern können. Da auch keiner der anerkannten Milderungsgründe zum Tragen komme, sei der Beamte für den öffentlichen Dienst untragbar geworden und seine Entfernung aus dem Dienst geboten.

Der Beamte hat im Verfahren vor der Disziplinarkammer die ihm zur Last gelegten Vorwürfe vollumfänglich eingeräumt, aber eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst für ausreichend gehalten. Zunächst sei zu berücksichtigen, dass bei ihm ein pathologisches (süchtiges) Benutzen des Computers und des Internets vorliege. In allen über ihn gefertigten Gutachten sei die Schlussfolgerung getroffen worden, dass eine pädophile Neigung nicht nachgewiesen werden könne. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, warum er speziell im Netz nach Kinderpornographie gesucht habe, obwohl bei ihm keine pädophilen Neigungen hätten festgestellt werden können. Er habe nämlich in seiner Kindheit zwei Erlebnisse gehabt (negative Erfahrungen im Kontext mit einem "Doktorspiel" sowie Erinnerungen, die er mit der Kastration eines Ferkels verbinde), die er bis heute nicht adäquat verarbeitet habe. Da diese Erlebnisse bis heute nicht verarbeitet seien, habe es ihn immer wieder auf solche Seiten getrieben mit dem Wunsch, einer Verarbeitung dieser Traumatisierungen ein Stück näher zu kommen. Er sei daher nur eingeschränkt in der Lage gewesen, dem Drang nicht nachzugeben, Internetseiten mit Kinderpornografie aufzusuchen. Diese verminderte Schuldfähigkeit ändere zwar nichts am Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung, könne aber Auswirkungen auf die Maßnahmenwahl haben. Der "Rückfall" nach der ersten Durchsuchung sei im direkten Zusammenhang mit der Internetsucht zu sehen. Es sei ihm nicht darum gegangen, kinderpornografische Dateien zu bekommen, um sie im klassischen Sinne zu konsumieren. Er habe sich vielmehr gezwungen gesehen, seiner Sucht nachzugehen und zu surfen. Zum damaligen Zeitpunkt sei ihm noch nicht bewusst gewesen, auf welchen Persönlichkeitsstörungen seine Sucht nach kinderpornografischem Material beruhe. Bei ihm könne eine positive Prognose dahingehend abgegeben werden, dass er seine Sucht bald überwunden habe. Er nehme an einer wöchentlichen Selbsthilfegruppe teil und habe sich vom 29.09.2006 bis zum 10.01.2008 in die ambulante psychotherapeutische Behandlung des xx. xxxx begeben. Eine Rückfallgefahr in alte Muster erscheine aus dessen Sicht vorerst gebannt zu sein. Zu seinen Gunsten sei ferner zu berücksichtigen, dass er wiederholt versucht habe, sein Verhalten einzugrenzen und zu kontrollieren. So sei es in den Jahren 2003 bis 2005 dreimal indirekt zu Selbstanzeigen bei der Polizei gekommen. Durch Hinweise auf pornografisches Material auf seinem Rechner habe er erreichen wollen, dass dieser gesperrt werde und er selbst durch Entdeckung von außen gezwungen werde, sein von ihm nicht steuerbares Verhalten zu beenden. Gleiches gelte für den Versuch, abschließbare PC-Festplatten zu haben, deren Zugang durch seine Frau geregelt worden sei. Er habe zudem im Straf- und Untersuchungsverfahren den Sachverhalt ungeschminkt eingeräumt und aufrichtiges Bedauern über das eigene Verhalten gezeigt. Dem Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht komme, wie der Vertreter der Einleitungsbehörde bereits ausgeführt habe, keine besondere Bedeutung zu.

Mit Urteil vom 20. Oktober 2008 hat die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart den Beamten aus dem Dienst entfernt und ihm einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 v.H. des erdienten Ruhegehalts für die Dauer von einem Jahr bewilligt. Die Disziplinarkammer legte ihrer Entscheidung die Feststellungen zu Grunde, die das Amtsgericht xxxxxxxxx-xxx xxxxxxxxx in seinem Urteil vom 18.01.2007 getroffen hat und die Inhalt der Anschuldigungsschrift waren. Damit habe der Beamte schuldhaft ein aus inner- und außerdienstlichem Verhalten zusammengesetztes, einheitlich zu würdigendes schweres Dienstvergehen begangen und gegen seine beamtenrechtlichen Pflichten aus §§ 71 Abs. 1, 73 Satz 3 LBG verstoßen. Die durch den Besitz und das Verschaffen von kinderpornografischen Darstellungen zu Tage getretenen Mängel des Beamten hätten dessen nachhaltige Ansehensschädigung bis hin zum völligen Ansehensverlust zur Folge. Auch wenn die strafgerichtliche Verurteilung eines Beamten im Zusammenhang mit kinderpornografischen Darstellungen - mit Ausnahme der Lehrer - nicht im Sinne einer Regelfolge zu einer Entlassung aus dem Dienst führe, sei hier der Beamte bei der erforderlichen umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls aus dem Dienst zu entfernen. Sexualstraftaten eines Beamten seien besonders geeignet, dem Ansehen des Beamtentums in der Öffentlichkeit zu schaden und das Vertrauen des Dienstherrn und der Kollegen zu zerstören. Insbesondere sei gerade von einem Polizeibeamten zu erwarten, dass er sich auch außerhalb des Dienstes in besonderem Maße rechtstreu verhalte, denn es sei insbesondere seine Aufgabe, auch gegen Kinder gerichtete Straftaten zu verfolgen und aufzuklären. Nicht zuletzt zeige die Presseberichterstattung über das Verfahren gegen den Beamten, dass die Allgemeinheit für sein Verhalten keinerlei Verständnis aufbringe. Zu Gunsten des Beamten sei zu berücksichtigen, dass er sich geständig gezeigt und seine Taten selbstkritisch überdacht habe. Er habe in der Hauptverhandlung den Eindruck vermittelt, dass er sich von seinem früheren Verhalten distanziert habe und es auch bedauere. Er habe sich zudem in einer persönlich problematischen Situation befunden, die ihn privat und beruflich bis an seine Grenzen gebracht bzw. überfordert und die er aufzubereiten begonnen habe. Erhebliche Milderungsgründe ließen sich aber nicht feststellen; insbesondere liege kein einmaliges, persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen vor, da sich sein Versagen über lange Zeit hingezogen habe. In dem vom Beamten selbst vorgelegten Gutachten des xx. xxxxxxxxx habe dieser noch am 02.01.2008 erklärt, dass von einer Rückfallgefahr auszugehen sei. Auch xx. xxxx drücke sich in seinem Attest vom 20.04.2008 in gleicher Weise zurückhaltend aus, wenn er davon spreche, dass eine Rückfallgefahr in alte Muster vorerst gebannt scheine. Zu Lasten des Beamten sei zu berücksichtigen, dass er sich nicht nur des Besitzes, sondern auch des Verschaffens von kinderpornografischen Bilddateien an Dritte schuldig gemacht, sich in erheblichem Umfang entsprechende Dateien beschafft und sich darüber hinaus aktiv an Chats beteiligt habe. Die von dem Beamten mehrfach als Entschuldigung vorgebrachte Problematik der Internetsucht könne in diesem Zusammenhang lediglich den Umfang der zeitlichen Inanspruchnahme erklären, sei für das Aufrufen und Herunterladen kinderpornografischer Dateien jedoch keine Entschuldigung.

Gegen das am 12.11.2008 zugestellte Urteil hat der Beamte am 11.12.2008 Berufung eingelegt.

Zur Begründung führt sein Verteidiger aus: Die Entfernung des Beamten aus dem Dienst sei nicht geboten, da er das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in seine pflichtgemäße Amtsführung noch nicht endgültig verloren habe. Zu seinen Gunsten sei der Milderungsgrund der abgeschlossenen negativen Lebensphase anzunehmen. Es lägen alle Voraussetzungen vor, um von einem suchtgesteuerten Verhalten auszugehen. Diese Sucht liege - im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts - nicht nur in Bezug auf die Nutzung des Internets, sondern auch in Bezug auf die Beschäftigung des Beamten mit kinderpornografischen Bildern vor. Es sei die bei ihm gegebene sexuelle Störung in Verbindung mit konflikthafter Selbstwertproblematik und neurotisch gestörter partnerschaftlicher Beziehungsgestaltung in die Wertung miteinzubeziehen. Aus allen Gutachten ergebe sich zudem, dass eine pädophile Neigung nicht gegeben sei. Seine Störungen und Persönlichkeitseinschränkungen seien so gravierend, dass de facto von einem nicht steuerbaren Verhalten auszugehen sei. Auf intellektueller Ebene sei es ihm sicherlich bewusst gewesen, dass das Verhalten strafrechtlich relevant sei, es sei ihm jedoch nicht möglich gewesen, seinem Verlangen zum damaligen Zeitpunkt zu widerstehen. Das Verwaltungsgericht habe auch nicht berücksichtigt, dass der Beamte es selbst versucht habe, sein Verhalten durch indirekte Selbstanzeigen bei der Polizei einzugrenzen bzw. zu kontrollieren. Es gebe mittlerweile konkrete Anhaltspunkte, die die Prognose erlaubten, dass der Beamte seine Suchterkrankung beherrsche und ein Rückfall in die "aktive Phase" auf Dauer vermieden werden könne. Insoweit werde ein ärztliches Attest des xx. xxxxxxxxx vom 19.11.2008 (Blatt 27/29 der Berufungsakte) vorgelegt, in dem bestätigt werde, dass aus psychiatrischer Sicht kein Hinweis dafür bestehe, dass bei ihm eine Rückfallgefahr gegeben sei. Gleiches folge aus der Stellungnahme des xx. xxxxxxxxx vom 02.01.2009 (Blatt 71/73 der Berufungsakte), in der davon ausgegangen werde, dass auf Grund der psychotherapeutisch aufgearbeiteten sexuellen Traumatisierungen der Kindheit ein kinderpornografischer Rückfall ausgeschlossen werden könne. Der vom Verwaltungsgericht herangezogene Rückfall stehe dem Milderungsgrund nicht entgegen. Denn erst nach Abschluss des Strafverfahrens und der in der Folge eingeleiteten medizinischen Maßnahmen sei dem Beamten vollumfänglich klar geworden, welche Fehler er begangen habe und vor allem, welche psychischen Umstände dafür verantwortlich gewesen seien, dass er in der ihm vorgeworfenen Art und Weise gehandelt habe. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Umstand, dass der Beamte aus Gründen des Eigenschutzes den Schlüssel für die Festplatte nach wie vor durch seine Frau verwahren lasse, für eine Rückfallgefährdung spreche. Es sei immer sicherer, wenn man sich nicht nur einfach auf sich selbst verlasse, wie auch xx. xxxxxxxxx in Bezug auf Selbsthilfegruppen ausgeführt habe. Es gehe dem Beamten dabei auch weniger darum, eine Rückfallgefahr auszuschließen, als darum, das verlorengegangene Vertrauen zu seiner Ehefrau wiederherzustellen. Auch besuche er nach wie vor wöchentlich eine Selbsthilfegruppe Glücksspiel, um auch auf diesem Weg jeglicher Rückfallgefahr in die Internetsucht vorzubeugen. Eine spezielle Gruppe für Internetsüchtige gebe es noch nicht, jedoch sei er auch hier bemüht, eine entsprechende Gruppe selbst aufzubauen. Ebenso sei er weiter in psychotherapeutischer Behandlung (Psychoanalyse). Die Frage, ob ein Beamter durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit verloren habe, sei nicht davon abhängig, ob das Fehlverhalten einer breiten Allgemeinheit bekanntgeworden sei.

Der Beamte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Oktober 2008 - DL 20 K 1390/08 - zu ändern und eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst auszusprechen.

Der Vertreter der obersten Dienstbehörde beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und für diesen Fall unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils dem Beamten keinen Unterhaltsbeitrag zu bewilligen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Insbesondere seien keine erheblichen Milderungsgründe gegeben, auf Grund derer ausnahmsweise von einer Dienstentfernung abgesehen werden könne. Der anerkannte Milderungsgrund des einmaligen, persönlichkeitsfremden Augenblicksversagens liege nicht vor, da sich das Versagen des Beamten über einen längeren Zeitraum hingezogen und einen Rückfall Anfang 2007 beinhaltet habe. Dieser Umstand stehe auch der Annahme einer mildernd zu berücksichtigenden "abgeschlossenen negativen Lebensphase" entgegen. Es lägen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beamte seine Internetsucht und die Ursachen des Abrufens und Herunterladens kinderpornografischer Dateien dauerhaft überwunden habe. Zwar habe sich der Beamte seit geraumer Zeit intensiv um eine psychotherapeutische Behandlung seiner Internetsucht bemüht, gleichwohl sei diese Behandlung und Aufarbeitung nicht abgeschlossen und die Ursachen seines Fehlverhaltens seien nach wie vor nicht ausgeräumt. Seine Ehefrau verwahre nach den Angaben des Beamten in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nach wie vor aus "Gründen des Selbstschutzes" den Schlüssel für die Festplatte, was verdeutliche, dass der Beamte sich selbst nicht über den Weg traue. Wegen des unheilbaren Vertrauensverlustes sei der Beamte untragbar und aus dem Dienst zu entfernen.

Dem Senat liegen die Personalakten des Beamten, die Disziplinarakte, die Ermittlungsakten, die Strafakte des Amtsgerichts xxxxxxxxx-xxx xxxxxxxxx sowie die einschlägigen Akten der Disziplinarkammer vor.

II.

1. Die zulässige Berufung des Beamten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts - Disziplinarkammer - hat keinen Erfolg.

Der Senat hat die Rechtslage nach der Landesdisziplinarordnung in der Fassung vom 25.04.1991 (GBl. S. 227), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 15.12.1997 (GBl. S. 552) - LDO - zu beurteilen. Zwar ist die LDO nach Art. 27 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts - LDONG - vom 14.10.2008 (GBl. S. 343) am 22.10.2008 außer Kraft getreten. Doch werden nach Art. 26 Abs. 3 Satz 1 LDNGO förmliche Disziplinarverfahren, in denen im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (22.10.2008) der Beamte bereits zur Vernehmung nach § 55 LDO geladen war, bis zu ihrem unanfechtbaren Abschluss nach bisherigem Recht fortgeführt.

Da der Beamte die Berufung - wie sich bereits aus der Berufungsbegründung vom 11.12.2008 ergibt - zulässigerweise auf das Disziplinarmaß beschränkt hat, steht für den Senat bindend fest, dass er mit den vom Verwaltungsgericht, teilweise im Anschluss an das Urteil des Amtsgerichts xxxxxxxxx-xxx xxxxxxxxx vom 18.01.2007, festgestellten Verfehlungen (Besitz und Verschaffen von kinderpornografischen Schriften, Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit) schuldhaft die ihm obliegenden Beamtenpflichten aus § 71 Abs. 1 LBG (Pflicht, das Recht zu achten) und aus § 73 Satz 3 LBG (Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten) verletzt und ein einheitliches Dienstvergehen im Sinne des § 95 Abs. 1 LBG begangen hat. Das außerdienstliche Verhalten ist nach § 95 Abs. 1 Satz 2 LBG ein Dienstvergehen, weil es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Mit der Aufgabe eines Polizeibeamten, Straftaten zu verhindern, aufzuklären und zu verfolgen, ist es unvereinbar, dass er selbst strafbare Handlungen begeht.

Der Senat hat damit nur noch darüber zu entscheiden, ob die von der Disziplinarkammer ausgesprochene Entfernung aus dem Dienst (§ 11 LDO) gerechtfertigt oder aber, was der Beamte anstrebt, auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen ist.

Der Senat teilt die von der Disziplinarkammer getroffene Einschätzung, dass auf Grund des erwiesenen - schwerwiegenden - Dienstvergehens die Entfernung des Beamten aus dem Dienst (§ 11 LDO) unumgänglich ist.

Dabei geht der Senat - ebenso wie die Disziplinarkammer und in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Vertreter der Einleitungsbehörde und der obersten Dienstbehörde - davon aus, dass der Ausübung einer ungenehmigten Nebentätigkeit gegenüber dem Pflichtenverstoß auf Grund des Besitzes und des Verschaffens kinderpornografischer Schriften kein weiteres eigenständiges disziplinares Gewicht beizumessen ist.

Das Dienstvergehen des Besitzes kinderpornografischer Schriften und ihrer Weitergabe an Dritte wiegt hier so schwer, dass der Beamte das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat, nachdem auch keine gemessen an der Tat durchgreifenden Milderungsgründe vorliegen.

Durch die Strafvorschrift des § 184b StGB ist unter anderem der Besitz und das Verschaffen des Besitzes von Schriften, die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern (kinderpornografische Schriften) zum Gegenstand haben unter Strafe (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren) gestellt. Strafgrund ist die mittelbare Verantwortung des Verbrauchers für die Existenz des Marktes für Kinderpornografie und für den mit der Versorgung dieses Marktes verbundenen Kindesmissbrauch. Da ein aktives Marktgeschehen neue Angebote hervorbringt, tragen Sammler und Verbraucher kinderpornografischer Schriften mittelbar Verantwortung auch für den zukünftigen Missbrauch anderer Kinder (Heinrich, NStZ 2005, 361 m.w.N.). Mit der Strafbewehrung hat der Gesetzgeber dem "Realkinderpornomarkt" - hier vor allem den Konsumenten - den Kampf angesagt, um den sexuellen Missbrauch von Kindern zu bekämpfen und die Menschenwürde der betroffenen Kinder zu schützen. Bildmaterial, das den sexuellen Missbrauch von Kindern durch skrupellose Erwachsene wiedergibt, die die Kinder für die Erregung sexueller Reize beim Betrachter ausnutzen, degradiert die sexuell missbrauchten Kinder zum (auswechselbaren) Objekt geschlechtlicher Begierde und verstößt damit gegen die unantastbare Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 06.07.2000 - 2 WD 9.00 -, BVerwGE 111, 291 m.w.N.). Kinderpornografie geht eindeutig über die nach den gesellschaftlichen Anschauungen und Wertvorstellungen des sexuellen Anstandes gezogenen, dem Menschenbild des Grundgesetzes entsprechenden Grenzen hinaus. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes oder Jugendlichen ist in höchstem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Entwicklung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, da ein Kind oder Jugendlicher regelmäßig nicht in der Lage sein kann und wird, das Erlebte gefühlsmäßig oder intellektuell zu verarbeiten. Zugleich benutzt der Täter die Person eines Kindes oder Jugendlichen als "Mittel" zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs, auch wenn er sich an dem jeweiligen Opfer nicht selbst unmittelbar vergreift. Er ist aber genauso wie der Produzent kinderpornografischer Schriften für die mit der Herstellung von Kinderpornografie zwangsläufig verbundenen gravierenden Verletzungen an Leib und Seele der hierbei missbrauchten Kinder verantwortlich und kann damit im Ergebnis nicht durchgreifend anders beurteilt werden als der Missbrauchstäter selbst. Ein Beamter, der in dieser Weise versagt, beweist erhebliche Persönlichkeitsmängel mit der Folge einer nachhaltigen Ansehensschädigung oder gar des völligen Ansehensverlustes, weil er das Vertrauen, das der Dienstherr in seine Zuverlässigkeit und moralische Integrität setzt, in erheblichem Maße verletzt, wenn nicht sogar von Grund auf erschüttert oder zerstört hat (vgl. zum Gewicht des Pflichtenverstoßes: BVerwG, Urteil vom 06.07.2000, a.a.O.; Urteile des Disziplinarsenats vom 14.02.2008 - DL 16 S 29/06 -, und vom 03.07.2002 - DL 17 S 24.01 -, jew. juris; Bay. VGH, Urteil vom 12.07.2006 - 16a D 05.981 -, juris; Niedersächs. OVG, Urteil vom 18.11.2004 - 3 LD 1/03 -, NVwZ 2005, 350; Saarl. OVG, Beschluss vom 06.09.2007 - 7 B 346/07 -, NVwZ 2008, 107).

In der Erkenntnis, dass die Beschaffung, der Besitz und die Weitergabe kinderpornografischer Bilder dazu beitragen, dass Kinder durch die Existenz eines entsprechenden Marktes sexuell missbraucht werden, und dass die Veröffentlichung und Verbreitung der Bilder fortlaufend die Menschenwürde und das Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Kinder verletzen, ohne dass diese sich wirksam dagegen wehren können, wird in der Rechtsprechung der Disziplinargerichte für bestimmte Gruppen von Beamten und Angehörigen des öffentlichen Dienstes davon ausgegangen, dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst als Regelmaßnahme anzusehen ist, von der nur in Ausnahmefällen abgesehen werden kann. So sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Verstöße gegen die einschlägigen Strafvorschriften zur Verbreitung sowie zum Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften bei einem Soldaten mit Vorgesetztenstellung als so gravierend anzusehen, dass er im Allgemeinen für die Bundeswehr untragbar werde und nur in minder schweren Fällen oder bei besonderen Milderungsgründen in seinem Dienstverhältnis, jedoch grundsätzlich nicht mehr in Vorgesetztenstellung, verbleiben könne (vgl. etwa: BVerwG, Urteile vom 06.07.2000, a.a.O. und vom 27.08.2003 - 2 WD 39/02 -, NVwZ 2004, 625). Ähnlich werden Fälle beurteilt, in denen Lehrern ein entsprechendes Verhalten zur Last fiel, wobei die Gerichte hier die Besonderheiten des schulischen Umfelds und die Pflicht des Lehrers zur überzeugenden Wahrnehmung des Bildungsauftrages der Schule hervorgehoben haben (vgl. etwa Urteil des Senats vom 03.07.2002, a.a.O; Bay. VGH, Urteil vom 12.07.2006. a.a.O.; Niedersächs. OVG, Urteil vom 04.09.2007, a.a.O.). Das Bundesverfassungsgericht hat hiergegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken erhoben und ausgeführt, dass die in dieser Rechtsprechung zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung nicht zu beanstanden sei; sie beruhe auf sachlichen Erwägungen und trage dem Schuldprinzip ausreichend Rechnung, indem sie die Berücksichtigung minder schwerer Fälle und besonderer Milderungsgründe im Einzelfall erlaube (BVerfG, Beschluss vom 18.01.2008 - 2 BvR 313/07 -, NVwZ 2008, 316; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 18.11.2008 - 2 B 71/08 -, juris). Weiterhin hat das Bundesverfassungsgericht in dem seinem Nichtannahmebeschluss zu Grunde liegenden Fall eines Staatsanwaltes, der wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften von dem Richterdienstgericht aus dem Dienst entfernt wurde, ausgeführt, es sei kaum verständlich, wenn in dieser Hinsicht an das Verhalten von Staatsanwälten ein weniger strenger Maßstab angelegt würde als an das von Lehrern oder Soldaten in Vorgesetztenstellung.

Auf Grund dieser Überlegungen geht der Senat in Fortentwicklung seiner Rechtsprechung zum Disziplinarmaß beim Besitz und Verbreiten kinderpornografischer Schriften (vgl. dazu zuletzt: Urteil vom 14.02.2008 - DL 16 S 29/06 -, juris) davon aus, dass bei einem Polizeibeamten mit Vorgesetztenstellung, der sich wegen des Besitzes und des Verschaffens von kinderpornografischen Schriften an Dritte gemäß § 184 Abs. 2, Abs. 4 Satz 2 StGB strafbar gemacht hat, die Entfernung aus dem Dienst als Regelmaßnahme anzusehen, und hiervon eine Ausnahme nur in minderschweren Fällen oder bei besonderen Milderungsgründen zu machen ist. Denn der Besitz und die Weitergabe kinderpornografischer Darstellungen hat insbesondere im Falle eines Polizeibeamten, zudem in Vorgesetzteneigenschaft und damit mit besonderer Vorbildfunktion, erhebliches disziplinarisches Gewicht. Er ist dazu berufen, nicht zuletzt auch gegen Kinder gerichtete Straftaten zu verhindern, zu verfolgen und aufzuklären. Von ihm ist auch außerhalb des Dienstes in besonderem Maße zu erwarten, dass er sich rechtstreu verhält und seiner besonderen Verantwortung gerecht wird. Mit dem Besitz und der Weitergabe kinderpornografischer Schriften an Dritte begeht er ein besonders schwerwiegendes Dienstvergehen.

Im hier gegebenen Fall sind für den Beamten die Voraussetzungen für die Annahme des Regelfalls der Entfernung aus dem Dienst erfüllt. Der Beamte hat eine Viehzahl von kinderpornografischen Bilddateien (nach den Feststellungen im strafgerichtlichen Urteil: 1.500 Bilddateien und Videosequenzen im nicht gelöschten Bereich und 500 Bilddateien und Videosequenzen im gelöschten Bereich, die mit einer entsprechenden Software jederzeit hätten wiederherstellt werden können) in Besitz gehabt und in drei Fällen kinderpornografische Bilddateien an Dritte weitergeleitet. Der Beamte nahm nach seinen Angaben in der Berufungsverhandlung seit Mitte der 80er Jahre polizeiliche Aufgaben mit Vorgesetzteneigenschaften wahr und war zuletzt sogar mit Führungsaufgaben als Polizeichef vom Dienst (01.06.2000 - 31.07.2001) und als stellvertretender Leiter des xxxxxxxx- und xxxxxxxxxxxx (seit dem 01.08.2001) sowie während der Abordnung des Amtsinhabers mit der kommissarischen Leitung des xxxxxxxx- und xxxxxxxxxxxxx betraut. Erschwerend kommt für den Beamten neben dem erheblichen Umfang des von ihm vorrätig gehaltenen kinderpornografischen Materials noch hinzu, dass sich dessen Besitz und Beschaffen über mehrere Jahre hinweg hinzog und er während des gegen ihn eingeleiteten Disziplinarverfahrens und des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens rückfällig wurde. Besonders schwer wiegt weiterhin, dass der Beamte die an den misshandelten Kindern verübten widernatürlichen sexuellen Praktiken in mehreren Fällen gegenüber Dritten in einem Chatroom in einer ebensolchen Weise kommentiert hat (vgl. die Protokolle der Chatunterhaltungen in den Anlagen 4 bis 15 zum Auswertungsbericht des Polizeipräsidiums Stuttgart vom 03.07.2006). Schließlich hat die Disziplinarkammer auch zu Recht in den Blick genommen, dass auf Grund der Presseberichterstattung über das gegen den Beamten geführte Verfahren bereits eine konkrete Ansehensschädigung eingetreten ist.

Demgegenüber vermag der Senat besondere Umstände, die ausnahmsweise eine mildere Disziplinarmaßnahme rechtfertigen könnten, nicht zu erkennen.

Zunächst stellt sich das Verhalten des Beamten angesichts der Vielzahl des kinderpornografischen Materials, das er sich zudem über einen langen Zeitraum hinweg beschafft und in Besitz gehabt hat, offensichtlich nicht als einmaliges, persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen dar, bei dem davon ausgegangen werden könnte, dass das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn noch nicht vollkommen zerstört ist und noch wiederhergestellt werden kann.

Der von dem Beamten vornehmlich geltend gemachte Umstand, dass von ihm in Bezug auf das Beschaffen, den Besitz und die Weitergabe von kinderpornografischen Material keine Wiederholungsgefahr mehr ausgehe und deswegen der Milderungsgrund der "Überwindung einer negativen Lebensphase", einschlägig sei, führt nicht zu einem Absehen von der disziplinaren Höchstmaßnahme.

Es ist nämlich bereits davon auszugehen, dass dieser Milderungsgrund in Fällen von Dienstvergehen im Zusammenhang mit Kinderpornografie dann nicht in Betracht zu ziehen ist, wenn die durch das Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen ist (vgl. für die vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen des § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG geforderte prognostische Gesamtwürdigung: BVerwG, Urteil vom 03.05.2007 - 2 C 9.06 -, NVwZ-RR 2007, 695, juris RdNr. 18). In dem Fall, dass der Beamte - wie hier auf Grund der dargestellten besonderen Persönlichkeits- und Sozialschädlichkeit seines Verhaltens - durch ihm vorwerfbares schweres Fehlverhalten das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn endgültig zerstört hat, wird sich der Verlust der Vertrauenswürdigkeit nicht durch eine nachträgliche Änderung einer früheren negativen Lebensphase rückgängig machen lassen (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 12.07.2006, a.a.O.; Saarl. VG, Urteil vom 27.02.2009 - 4 K 2118/07 -, juris).

Darüber hinaus führt der Milderungsgrund der nachträglichen Änderung einer früheren negativen Lebensphase nur dann dazu, von der regelmäßig zu verhängenden disziplinaren Höchstmaßnahme abzusehen, wenn er die Prognose zulässt, dass von dem Beamten in Zukunft keine Wiederholungsgefahr mehr ausgeht. Eine solche Prognose vermag der Senat, auch in Anbetracht des Bemühens des Beamten, sein Verhalten psychotherapeutisch aufzuarbeiten, nicht zu stellen. Dafür geben zunächst die von dem Beamten vorgelegten oder über ihn eingeholten ärztlichen und psychologischen Gutachten und Stellungnahmen nichts Durchgreifendes her.

Der Arztbrief der xxxxxxxxxxxx, Fachklinik für psychische und psychosomatische Erkrankungen, xxx xxxxxxxx vom 16.05.2006 gibt als Prognose an, dass der Beamte "sicher gefährdet ist, sich erneut in dysfunktionaler Art und Weise des Computers und des Internets zu bedienen". Der Arztbrief des xxxxxxxxxxxxxxx-xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxx vom 12.07.2006 spricht von einer "weiterhin erhöhten Vulnerabilität" des Beamten und hält einen Arbeitsplatz, bei dem der Beamte maßgeblich die Internetnutzung braucht, für nicht geeignet. Nach dem im Strafverfahren eingeholten forensisch-psychiatrischen Gutachten des xx. xxxxxxxx, xxxxxxxx, vom 17.01.2007 erscheint die weitere Prognose für den Beamten offen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Strafgericht hat der Gutachter angegeben, dass der Beamte an seinem gestörten Konzept von menschlicher Sexualität noch arbeiten müsse und ausgeführt, dass bei offener Prognose auf lange Sicht eine Therapie gelingen könne, man aber deren Verlauf abwarten müsse. Gegen eine gute Prognose spreche allerdings der von dem Beamten im Strafverfahren gezeigte Rückfall. Der von dem Beamten beauftragte Gutachter xx. xxxxxxxxx, xxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxx, geht in seinem sexuologischen Gutachten vom 02.01.2008 von weiter fortbestehenden Verdrängungsmechanismen aus, die therapeutisch noch verarbeitet werden müssten und empfiehlt die Fortsetzung der begonnenen tiefenpsychologischen Psychotherapie, bei der auch die Traumatisierungen der sexuellen Entwicklung bearbeitet werden müssten. So lange dies dem Beamten nicht gelinge, müsse juristisch noch von einer Rückfallgefährdung ausgegangen werden. Die Prognose des den Beamten vom 29.09.2006 bis zum 10.01.2008 behandelnden Facharztes für psychotherapeutische Medizin xx. xxxx, xxxxxxxxx, ist zurückhaltend, wenn er in seinem Attest vom 20.04.2008 davon spricht, dass "im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten eine Aufarbeitung" habe stattfinden können und eine Rückfallgefahr in alte Muster "vorerst" gebannt erscheine. Lediglich das ärztliche Attest des xx. xxxxxxxxx, xxxxxxxxx, vom 19.11.2008 fällt zu Gunsten des Beamten uneingeschränkt positiv aus, indem es ausführt, dass aus psychiatrischer Sicht eine Rückfallgefahr nicht mehr bestehe, und bescheinigt, dass eine Teilnahme am Arbeitsleben als Polizeibeamter im gehobenen Dienst aus psychiatrischer Sicht völlig unproblematisch sei. Allerdings kommt diesem Attest keine besondere Aussagekraft zu, da der Beamte, wie er in der Hauptverhandlung vor dem Disziplinarsenat nochmals bestätigte, bei xx. xxxxxxxxx lediglich in pharmakologischer Behandlung war, die zudem bei Ausstellung des Attestes schon länger (am 29.07.2008) abgeschlossen war. Über den Verlauf und einen möglichen Erfolg der Psychotherapie des Beamten konnten xx. xxxxxxxxx mithin keine hinreichend verlässlichen Auskünfte möglich sein. Weiterhin fällt auf, dass der Beamte ein Attest des ihn zuletzt behandelnden Psychotherapeuten xx. xxxxxx nicht vorgelegt hat. Soweit der Beamte in der Hauptverhandlung vor dem Disziplinarsenat dazu ausführte, dass xx. xxxxxx bei noch laufender Therapie grundsätzlich keine Stellungnahmen gegenüber Dritten abgebe, hat der Beamte dies nicht näher belegt; darüber hinaus ist nach den Angaben des Beamten die Therapie bei xx. xxxxxx, bei der die persönliche und familiäre Situation im Vordergrund gestanden haben soll, kurz vor Weihnachten 2008 abgeschlossen worden, so dass dem Senat kein Grund ersichtlich ist, warum xx. xxxxxx nunmehr keine psychiatrische Stellungnahme abgeben kann. Letztlich sollte nach der weiteren Stellungnahme des xx. xxxxxxxxx vom 02.01.2009 für eine Rückfallprognose der Befund des betreuenden Psychotherapeuten unbedingt herangezogen werden, der hier aber vom Beamten gerade nicht vorgelegt wurde. Soweit xx. xxxxxxxxx von "psychotherapeutisch aufgearbeiteten sexuellen Traumatisierungen der Kindheit" spricht und meint, ein "Rückfall hinsichtlich kinderpornografischen Inhalts" könne ausgeschlossen werden, ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, wie er zu einer solchen Prognose gelangen kann. Zudem verweist xx. xxxxxxxxx darauf, dass dem Flüchten in entspannendes kinderpornografisches Material zusätzlich dadurch der Boden habe entzogen werden können, dass die neue berufliche Tätigkeit auch einen neuen Lebensabschnitt für den Beamten eingeleitet habe, während für die hier relevante Frage der Wiederholungsgefahr davon ausgegangen werden muss, dass der Beamte seinen Dienst als Polizeibeamter weiterhin verrichtet.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die von dem Beamten abgegebenen Erklärungen für sein "zwanghaftes" Verhalten bei der Internetnutzung mit kinderpornografischem Material (Traumatisierungen in der Kindheit wegen negativer Erfahrungen mit einem "Doktorspiel" und der Kastration eines Ferkels; Versuche, Aufschlüsse über die Natur weiblicher Geschlechtsorgane zu gewinnen; Reiz, rein technisch über das Internet mit neuen Mitteln an verbotenes Material zu kommen) nur sehr schwer mit seinem Verhalten bei dem Betrachten kinderpornografischer Bilder im Internet (vgl. die im Arztbrief der xxxxxxxxxxxx vom 16.05.2006 auf Seite 2 wiedergegebenen sexuellen Handlungen des Klägers und die in dem Auswertungsbericht des Polizeipräsidiums Stuttgart vom 03.07.2006 enthaltenen schriftlichen Kommentare des Beamten, die auszugsweise auch im Gutachten des xx. xxxxxxxx vom 17.01.2007 wiedergegeben werden) in Einklang zu bringen sind. In seinem Gutachten spricht xx. xxxxxxxx für den Senat nachvollziehbar davon, dass diese Erklärungsversuche des Beamten "bizarr" erschienen, "psychiaterseits eher an den Versuch einer Pseudo-Rationalisierung der tatsächlichen Beweggründe denken" ließen und "eine sekundäre Eigendynamik mit pädophilen Zügen" anzunehmen sei, auch wenn keine konkreten Anknüpfungspunkte dafür vorlägen, dass es der Beamte jemals versucht haben könnte, aktiv mit Kindern in sexuellen Kontakt zu treten. Dass eine hinreichende therapeutische oder andersartige Aufarbeitung auch dieses Verhaltens des Beamten stattgefunden hätte, lässt sich weder den dem Senat vorliegenden ärztlichen und psychiatrischen Stellungnahmen noch den Angaben des Beamten im gesamten Disziplinarverfahren entnehmen.

Der Beamte kann sich schließlich auch nicht auf den Entlastungsgrund einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit berufen (vgl. zur erheblich verminderten Schuldfähigkeit als Entlastungsgrund bei Zugriffsdelikten: BVerwG, Urteil vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3; Urteil des Senats vom 27.11.2008 - DL 16 S 2844/07 -). Zwar geht der Senat mit dem Gutachten des xx. xxxxxxxx vom 17.01.2007 und im Anschluss an die rechtliche Würdigung durch das Amtsgericht xxxxxxxxx-xxx xxxxxxxxx in seinem Urteil vom 18.01.2007 davon aus, dass die Schuldfähigkeit (Steuerungsfähigkeit) des Beamten bei Tatbegehung im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert war. Die diesbezüglichen Ausführungen im Gutachten des xx. xxxxxxxx vom 17.01.2007 hält auch der Senat für überzeugend.

Allerdings führt die erheblich verminderte Schuldfähigkeit des Beamten hier nicht dazu, dass von dessen Entfernung aus dem Dienst abgesehen werden kann. Insoweit muss zunächst berücksichtigt werden, dass die Möglichkeit einer Milderung des Disziplinarmaßes wegen erheblich verminderter Schuldfähigkeit dann nicht mehr in Betracht kommt, wenn sich der Beamte - wie hier - wegen achtungs- und vertrauensunwürdigen Verhaltens dienstlich untragbar gemacht hat (vgl. BayVGH, Urteil vom 12.07.2006, a.a.O.). Dies gilt vor allem dann, wenn der Beamte gegen leicht einsehbare und von ihm auch erkannte Kernpflichten verstoßen hat. So liegt der Fall hier. Der Beamte war sich - wie er noch einmal in der Hauptverhandlung vor dem Disziplinarsenat ausführte - des Verbotscharakters seiner Beschäftigung mit Internet-Kinderpornografie jederzeit bewusst und ihm war ohne Weiteres klar, dass er mit dem Besitz und der Weitergabe kinderpornografischen Materials nicht nur gegen Strafvorschriften, sondern auch gegen elementare (außerdienstliche) Kernpflichten eines jeden Polizeibeamten verstößt. Auch bei Würdigung der weiteren Begebenheiten des Einzelfalls (vgl. für Zugriffsdelikte BVerwG, Urteil vom 29.05.2008 - 2 C 59.07 -, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3, Beschluss vom 27.10.2008 - 2 B 48/08 -, juris) kommt der Senat hier zu dem Schluss, dass der Beamte auch bei Berücksichtigung der erheblich geminderten Schuldfähigkeit im Polizeidienst untragbar ist. Dies ergibt sich neben den bereits dargestellten konkreten Tat- und Begleitumständen (bestehende Unrechtseinsicht, Vielzahl der in Besitz gehaltenen kinderpornografischen Dateien, Weitergabe von kinderpornografischen Dateien an Dritte, Kommentierung des kinderpornografischen Materials gegenüber Dritten in entsprechenden Chatrooms, Rückfall während des anhängigen Strafverfahrens und des eingeleiteten Disziplinarverfahrens) auch daraus, dass eine Rückfall- und Wiederholungsgefahr nicht ausgeschlossen werden kann. Ferner geht der Senat davon aus, dass der Beamte trotz einer erheblich geminderten Steuerungsmöglichkeit in der Lage gewesen wäre, bereits vor Entdeckung seiner Taten entsprechende ärztliche und psychotherapeutische Hilfe selbst in Anspruch zu nehmen, nachdem er sich durch von ihm so bezeichnete - indes von vornherein untaugliche - "indirekte Selbstanzeigen" darum bemüht haben will, sein Verhalten "in den Griff zu bekommen" und er sich zeitnah nach der ersten Durchsuchung seiner Wohnung in entsprechende therapeutische Behandlung begab. Letztlich ist darauf abzustellen, dass das schon an sich untragbare Verhalten des Beamten dem Dienstherrn darüber hinaus noch besonderen Schaden zugefügt hat, weil es Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung geworden ist (vgl. xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxx xx.xx.xxxxx "xxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxx, xxxxxxxxx xxxxxx xx xxxx xxxx xxxx x.xxx xxxxxx - xxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxx"). Die disziplinarrechtliche Würdigung des Vorgangs, die insoweit neben der Persönlichkeit des Täters auch die unmittelbaren Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich einzubeziehen hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2006 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252 und vom 22.06.2006 - 2 C 11.05 -, ZBR 2006, 385; Urteil des Senats vom 27.11.2008, a.a.O.), führt danach auch bei Berücksichtigung einer tatbezogen gegebenen erheblich verminderten Schuldfähigkeit zu dem Ergebnis, dass der Beamte für den Dienst in der Polizei untragbar geworden ist.

Vor diesem Hintergrund stehen auch das im Übrigen dienstlich unbeanstandete Verhalten des Beamten und seine guten dienstlichen Beurteilungen der Entfernung aus dem Dienst nicht entgegen. Soweit der Beamte darüber hinaus auf "indirekte Selbstanzeigen" bei der Polizei verweist, hat er sich nicht selbst belastet, sondern unter Ausflüchten davon berichtet, wie er in Kenntnis kinderpornografischen Materials gekommen ist. Selbst nach der Durchsuchung seiner Wohnung am 13.03.2006 hat der Beamte zunächst angegeben, sich nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen zu haben, bei der Kriminalpolizei weder Angaben zur Person noch zur Sache zu machen.

Damit vermag der Senat unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände nicht zu erkennen, dass die von der besonderen Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung für den eingetretenen Vertrauensverlust durch vorrangig zu berücksichtigende und durchgreifende Entlastungsgründe entfallen ist und der Beamte gegenüber seinem Dienstherrn noch ein Restvertrauen für sich in Anspruch nehmen könnte. Ist das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Reaktion. Unter wirtschaftlichen wie auch unter familiären Verhältnissen ist die in der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis liegende Härte für den Beamten, der bereits eine neue Vollzeitbeschäftigung bei einem privaten Arbeitgeber aufgenommen hat, nicht unverhältnismäßig, da sie auf zurechenbarem Verhalten beruht.

2. Auf den Antrag des Vertreters der obersten Dienstbehörde ist das Urteil der Disziplinarkammer dahingehend zu ändern, dass dem Beamten kein Unterhaltsbeitrag bewilligt wird. Die erstinstanzliche Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags gemäß § 75 Abs. 1 LDO ist kein Bestandteil der Disziplinarmaßnahme. Insoweit gilt nicht das Verbot der Schlechterstellung nach § 84 Abs. 2 Satz 1 LDO (vgl. für die Rechtslage der außer Kraft getretenen BDO: BVerwG, Urteil vom 14.03.2000 - 1 D 68.99 -, BVerwGE 111, 58 m.w.N.). Die Abänderbarkeit des Unterhaltsbeitrags durch den Senat im Rahmen des Berufungsverfahrens ist aber gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 LDO dadurch beschränkt, dass im Fall einer von dem Beamten eingelegten Berufung - wie hier - die Entscheidung über den Unterhaltsbeitrag zu seinem Nachteil nur geändert werden darf, wenn der Vertreter der obersten Dienstbehörde dies bis zum Schluss der Hauptverhandlung beantragt. Einen solchen Antrag hat der Vertreter der obersten Dienstbehörde in der Hauptverhandlung gestellt, so dass die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags zur vollen Überprüfung des Senats steht.

Dem Beamten kann kein Unterhaltsbeitrag bewilligt werden, weil er nach seiner wirtschaftlichen Lage der Unterstützung nicht bedürftig im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 LDO ist. Er ist seit dem 01.12.2008 in Vollzeit als Fachkraft für xxxxxxxxxxxxxxxxx xxx xxx x-x-x xxxxxxxxxxxxxxxxxxx in xxxx beschäftigt und erzielt hieraus ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 3.600 EUR. Nach seinen Angaben in der Hauptverhandlung hat er zudem aus einer Nebentätigkeit bei der xxx jährliche Einnahmen in Höhe von 500 EUR und im letzten Jahr für IT-Dienstleistungen 800 EUR erhalten. Die Ehefrau des Beamten ist seit Beginn des Jahres in Teilzeit mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 800 EUR tätig. Bei dieser Einkommenssituation vermag der Senat nicht von einer wirtschaftlichen Bedürftigkeit des Beamten, der zuletzt aus seiner Tätigkeit als Polizeibeamter ein Bruttoeinkommen in Höhe von etwa 3.900 EUR monatlich bezogen hat, auszugehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 112 Abs. 1 Satz 1 LDO.

Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 88 LDO).

Ende der Entscheidung

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