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Beginn der Entscheidung

Gericht: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 04.11.2008
Aktenzeichen: DL 16 S 616/08
Rechtsgebiete: LDO


Vorschriften:

LDO § 11
1. Begeht ein Polizeibeamter eine Körperverletzung im Amt an einer in Polizeigewahrsam befindlichen Person, ist die Entfernung aus dem Dienst die typischerweise in Betracht kommende Disziplinarmaßnahme, es sei denn dem Übergriff ging eine schwere Provokation oder ein Angriff voraus (Fortschreibung der Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 10.11.2006 - DL 16 S 22/06 - juris).

2. Der Milderungsgrund des einmaligen, persönlichkeitsfremden Augenblicksversagens kommt nicht in Betracht, wenn das Versagen des Beamten aus verschiedenen Teilakten (hier: Körperverletzung; Abfassen eines unrichtigen Vorkommnisberichts; bewusstes Erschweren der Ermittlungen über Jahre hinweg) besteht.


VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Im Namen des Volkes Urteil

DL 16 S 616/08

Verkündet am 04.11.2008

In dem förmlichen Disziplinarverfahren gegen

wegen Dienstvergehens

hat der 16. Senat - Disziplinarsenat - des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auf Grund der Hauptverhandlung vom 04. November 2008

am 04. November 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beamten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts XXXXX vom 10. Dezember 2007 - DL 13 K 4/06 - wird zurückgewiesen.

Der Beamte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe:

I.

1. Der am XXXXXXXXX in XXXXXX geborene Beamte wurde nach Erlangung der mittleren Reife zum 01.09.1976 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf bei der Bereitschaftspolizei des Landes Baden-Württemberg eingestellt. Am 01.09.1977 wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Probe verliehen. Mit Wirkung vom 01.03.1979 wurde er zum Polizeioberwachtmeister ernannt und anschließend im Streifendienst beim Polizeirevier XXXXXXXXXX eingesetzt. Am 07.03.1980 wurde er zum Polizeihauptwachtmeister und am 16.06.1981 zum Polizeimeister ernannt. Am 29.08.1985 erfolgte seine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit. Am 11.09.1985 wurde er zum Polizeiobermeister und - nach seiner Verwendung als Streifenführer beim Polizeirevier XXXXXXXXXXX - am 18.08.1995 zum Polizeihauptmeister ernannt. Ab dem 01.10.1997 wurde der Beamte mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines stellvertretenden Dienstgruppenführers beauftragt. Mit Wirkung vom 01.01.1999 wurde ihm das Amt eines Polizeihauptmeisters der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage übertragen. Nach erfolgreicher Absolvierung des XX. Ausbildungslehrgangs für lebensältere Beamte zum Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst wurde der Beamte mit Wirkung vom 01.05.1999 zum Polizeikommissar ernannt. Am 20.12.2000 erfolgte die Ernennung zum Polizeioberkommissar (Bes.-Gr. A 10). Zum 14.02.2002 wurde er aus dienstlichen Gründen zum Polizeirevier XXXXX umgesetzt und dort den Dienstgruppen als Sachbearbeiter zugewiesen. Zuletzt wurde der Beamte zum Stichtag 01.05.2004 mit einem Gesamtergebnis von 3,50 Punkten ("übertrifft die Anforderungen") beurteilt.

Der Beamte ist ledig. Nach der mit Verfügung der Polizeidirektion XXXXXXXX vom 26.10.2003 angeordneten Einbehaltung von 50 % der Besoldungsbezüge (monatliche 2.802,68 EUR brutto) verdient er derzeit ca. 1.344,43 EUR. Er hat Schulden in Höhe von ca. 80.000,-- EUR, die er in monatlichen Raten in Höhe von 500,-- EUR abzahlt.

Der Beamte ist bislang weder disziplinarisch noch strafrechtlich in Erscheinung getreten.

2. Mit Verfügung der Polizeidirektion XXXXXXXX vom 11.03.2003 wurden gegen den Beamten disziplinarische Vorermittlungen gemäß § 27 LDO wegen des Verdachts eines Dienstvergehens angeordnet. Unter Hinweis auf ein wegen Körperverletzung im Amt durchgeführtes staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft XXXXXXX - XXXXXXXXXXXX - (Körperverletzung des XXXXXXXXXX durch Polizeibeamte während seines Aufenthalts auf dem Polizeirevier XXXXXXXXXX am 15.06.2001) wurde dem Beamten angelastet, seine Pflichten als diensthabender Dienstgruppenleiter des Polizeireviers XXXXXXXXX am Tattag verletzt zu haben. Darüber hinaus wurde ihm vorgeworfen, durch eine nicht den Tatsachen entsprechende Abfassung des Vorkommnisberichts in der Tatnacht der Verschleierung des wahren Sachverhalts zumindest Vorschub geleistet zu haben. Mit Verfügung vom 02.09.2003 erweiterte die Polizeidirektion XXXXXXX die Vorermittlungen gegen den Beamten konkret um den Verdacht der Körperverletzung im Amt zum Nachteil des XXXXXXXXXXXXX. Zugleich leitete sie gegen ihn das förmliche Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst ein und enthob ihn gemäß § 89 LDO vorläufig des Dienstes. Das förmliche Disziplinarverfahren wurde im Hinblick auf das in gleicher Sache wieder aufgenommene strafrechtliche Ermittlungsverfahren (Staatsanwaltschaft XXXXXXXX - XXXXXXXXXXXXXX -) gemäß § 18 Abs. 2 LDO ausgesetzt. Mit Verfügung der Polizeidirektion XXXXXXXXXX vom 26.10.2003 wurde gemäß § 90 LDO die Einbehaltung von 50 % der Besoldungsbezüge angeordnet.

Mit Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - XXXXXXXXXX vom 25.08.2004 - XXXXXXXXXXXXXX - wurde der Beamte wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt und wegen Körperverletzung im Amt tatmehrheitlich in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten verurteilt. Auf die Berufung des Beamten wurde dieses Urteil aufgehoben. Mit Urteil vom 05.10.2005 - XXXXXXXXXXXXXXXX - verurteilte ihn das Landgericht XXXXXXXXXX wegen Körperverletzung im Amt zu der Freiheitsstrafe von 11 Monaten; die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen wurde der Beamte freigesprochen und seine weitergehende Berufung verworfen. Das seit 13.10.2005 rechtskräftige Strafurteil enthält in tatsächlicher Hinsicht folgende Feststellungen:

"1. Vorgeschichte

Dem eigentlichen Tatgeschehen ging eine körperliche Auseinandersetzung zwischen den Zeugen XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX in dem Lokal "XXXXXXXXXX" in XXXXXXXXXXXXXXX voraus. Hierbei kam es gegen 02.30 Uhr zwischen den alkoholisierten Beteiligten zu verbalen Meinungsverschiedenheiten, die in einer körperlichen Auseinandersetzung endeten. Die durchgeführten Alkomat-Tests ergeben folgende Werte:

XXXXXXXXX: 1,24 mg/l, XXXXXXXXXX: 0,82 mg/l, XXXXXXXXXXXXX: 0,86 mg/l, XXXXXXXXXXX: 0,58 mg/l. Eine bei XXXXXXXXXXX um 04.13 Uhr durchgeführte Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,43 Promille.

Aufgrund der verbalen Meinungsverschiedenheiten hatte XXXXXXXXXXXXXXXX in dem Lokal "XXXXXXXXX" den XXXXXXXXXX in den Schwitzkasten genommen und gewürgt, worauf XXXXXXXXXXX auf XXXXXXXXXXXX mit den Fäusten einschlug. Anschließend gerieten XXXXXXXXXX und XXXXXXXXXXX in Streit, wobei sie sich kämpfend auf dem Boden unter dem Tisch hin und her wälzten. Während dieser Rangelei packte XXXXXXXXXX einen Holzstuhl, den er auf die am Boden liegenden Personen warf und hierbei XXXXXXXXXX am Rücken traf. XXXXXXXXXX zog sich bei der Auseinandersetzung eine Schürfwunde an der rechten Backe in der Gegend des Jochbeins zu und klagte außerdem über Rippenschmerzen. Ansonsten trug er keine wesentlichen Verletzungen davon. Er verspürte weder Schmerzen im Kieferbereich noch blutete er äußerlich am Mund oder im Mund.

Aufgrund der tätlichen Auseinandersetzung rief die Wirtin, die Zeugin XXXXXXXX, die Polizei, die die Gaststätte "XXXXXXXX" durch zwei Streifenwagen des Polizeireviers XXXXXXXX und mit einer Unterstützungsstreife des Polizeireviers XXXXXXXXX anfuhr und die beteiligten XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX nach vorläufiger Festnahme zum Polizeirevier XXXXXXXXX verbrachten. Hierbei wurde XXXXXXXX von den Polizeibeamten PM XXXXXX und POM XXXXXXX und die restlichen Beteiligten durch die Streifenwagenbesatzungen PM XXXXXXX und POM'in XXXXXXX sowie PM XXXXXXXX und PHM XXXXXXXXXX transportiert.

Auf dem Polizeirevier versahen neben den Angeklagten die Polizeibeamten PHM XXXXXXXXXX, PHM XXXXXXXXXX, POM'in XXXXXX und POM XXXXXXXX ihren Dienst. Beim Eintreffen auf dem Polizeirevier führten die Polizeibeamten XXXXXXX und XXXXXX auf Weisung des Angeklagten XXXXXX im hinteren Teil des Polizeireviers einen Atemalkohol-Vortest bei XXXXXXXXXX, PHM XXXXXXXXXX bei XXXXXXXXX und der Angeklagte XXXXXXXX bei XXXXXXX durch. Gegen 03.00 Uhr oder kurz danach begegneten sich XXXXXXXXXXX und XXXXXXXXXXX im Publikumsraum des Polizeireviers, worauf es zwischen den beiden zu Streitigkeiten kam. Dies veranlasste den Angeklagten XXXXX den XXXXXX unter Anwendung von unmittelbarem Zwang aus dem Publikumsraum zu bringen und ihn im Flur an den Zigarettenautomaten zu schließen. Dabei wurde er vom PHM XXXXXXXXXXXXX unterstützt. Hierbei ging es laut zur Sache.

Nachdem der Angeklagte XXXXX den XXXXXXXXXX nach Durchführung des Alkomat-Tests, der von 03.13 Uhr bis 03.21 Uhr dauerte, in den Publikumsraum verbrachte und diesen dort dem Angeklagten XXXXXX zur Entlassung übergeben hatte, kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen XXXXX und XXXXXXX, in deren Verlauf XXXXXXXXXX mehrfach provozierte und schließlich einen Aktenordner auf den Boden fegte. Der hinzugekommene Angeklagte XXXXXX brachte den XXXXXXXXX deshalb zu Boden und fixierte ihn dort mit einem Haltegriff. Der am Boden liegende XXXXXX wurde dann vermutlich von einem nicht ermittelbaren Polizeibeamten mit kurzen braunen Haaren, ca. 30 Jahre alt, getreten. Ob daneben der Angeklagte XXXXX dem am Boden liegenden Geschädigten mit der flachen Hand ins Gesicht schlug, ließ sich nicht nachweisen. Das Verfahren gegen die Angeklagten XXXXXXXXXXXXXX und XXXXX und den insoweit nicht angeklagten POM XXXXXX wurde jeweils gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da die Staatsanwaltschaft davon ausging, dass der Schlag ins Gesicht des XXXXXXX zwar von XXXXX tatsächlich geführt worden, aber gerechtfertigt gewesen sei und nicht ermittelt werden konnte, welcher der Polizeibeamten XXXXXX den Tritt versetzt hatte.

Im Anschluss an diesen Vorfall brachten die Angeklagten XXXXX und XXXXXX sowie POM XXXXXXXXXXXXXXXXX zum Zellentrakt. Hierbei fassten XXXXX und XXXXXXX den XXXXXXX rechts und links am Arm, um diesen festzuhalten. XXXXXXX wehrte sich allerdings nicht und lief selbst. Ob es dann vor dem Zellentrakt unterhalb des Treppenabgangs erneut zu einer Tätlichkeit der Polizeibeamten gegen XXXXXXXXXX kam, blieb offen. Dies erschien aber nach der Berufungshauptverhandlung eher unwahrscheinlich. Die Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren gegen die Angeklagten XXXXX und XXXXXX sowie gegen POM XXXXXXX insoweit gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil eine genaue Tatbeteiligung nicht ermittelt werden konnte. XXXXXX wurde anschließend in die Arrestzelle 2 eingesperrt und randalierte dort über einen längeren Zeitraum so laut, dass es im ganzen Polizeirevier zu hören war. Er trat und klopfte dabei immer wieder gegen die Stahltür. Die Arrestzelle 1 war die ganze Zeit über in einer Haftsache von einem Drogendealer besetzt. Ca. um 04.15 Uhr sollte XXXXXXXXX erneut entlassen werden. Er wurde deshalb wieder in den Publikumsraum verbracht. Da XXXXXXXXXXXX nicht gehen wollte, kam es zunächst erneut zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen XXXXXXXXXX und XXXXXX. XXXXX stand im Wachraum, XXXXXX im Publikumsraum, also dem Vorraum des Wachraums, der für den eigentlichen Publikumsverkehr gedacht ist. XXXXXX versuchte plötzlich über den Tresen hinweg XXXXX am Kragen zu packen und erwischte ihn dort auch. Hiergegen wehrte sich XXXX. Dieser rannte durch die Schwingtür zu XXXXXX in den Publikumsraum. Dort wurde XXXXXX von mehreren Beamten zu Boden gebracht. Unmittelbar anwesend waren hierbei XXXXXXXXXXX und XXXXXX. Wer XXXXX im Einzelnen zu Boden brachte bzw. an der Aktion beteiligt war, ließ sich nicht sicher ermitteln und aufklären. Wahrscheinlich waren alle drei Polizeibeamten hierbei beteiligt. Ob der dann am Boden liegende XXXXXXX von den Angeklagten getreten wurde, ließ sich nicht sicher aufklären (vgl. soweit unten VII.). XXXXXX sollte dann erneut in eine Arrestzelle verbracht werden. Hiergegen wehrte er sich allerdings heftig. Die drei Angeklagten trugen XXXXXX deshalb nach hinten zu den Arrestzellen. XXXXXXXX hielt ihn hierbei an den Füßen, XXXXX und XXXXXX an den Armen fest. XXXXX wehrte sich auch während des Transports heftig. Am Treppenabsatz zu den Zellen gelang es ihm, sich an dem Handlauf festzuhalten. Die Hand von XXXXXX wurde deshalb mit einfacher körperlicher Gewalt vom Handlauf entfernt, ohne dass es hierbei zu einer Verletzung des XXXXXX gekommen wäre.

Eigentliches Tatgeschehen

In der Zelle angekommen, legten die Beamten XXXXX auf dem Rücken ab. XXXXXX begann, diesem seine persönlichen Gegenstände wegzunehmen. Plötzlich und unvermittelt trat XXXXX um sich und traf dabei den Angeklagten XXXXX an der Schläfe. Daraufhin packte der Angeklagte XXXXXXXXXXXXXX sofort wieder an den Beinen und fixierte ihn mit Blickrichtung zu den Füßen XXXXXX. XXXXX, der XXXXX schon die ganze Zeit am linken Arm festgehalten hatte, verstärkte seinen Griff. Der Angeklagte XXXXX konnte sich jetzt nicht mehr beherrschen und schlug dem XXXXXX mit großem Krafteinsatz mindestens zwei Mal heftig mit der Handkante oder dem Handballen ins Gesicht, um diesen zu verletzen. Als der Angeklagte XXXXX realisierte was geschah, brachte er den Angeklagten XXXXXX mit den Worten: "XXXX, es reicht!" zur Besinnung. XXXXX, der durch die Schläge einen doppelten Kieferbruch erlitten hatte, begann sofort stark aus dem Mund zu bluten. Innerhalb kurzer Zeit schwoll das Gesicht massiv an. Der Zeuge fiel in einen Dämmerzustand und spuckte viel Blut. Er wurde sodann von dem bereits zuvor herbeigerufenen Blutprobenarzt, dem Zeugen Dr. XXXXX, untersucht, der die Einweisung des XXXXXXXXX in eine Klinik anordnete. Sanitäter brachten sodann den schwer verletzten XXXXX in die Kopfklinik, wo er noch am 15.06.2001 von 14.05 Uhr bis 17.17 Uhr wegen einer offenen Unterkieferfraktur operiert wurde. Die Diagnose der XXXXXXXXXXklinik für Mund-, Zahn- und Kieferkrankheiten lautete: Doppelte, offene Unterkieferfraktur Kieferwinkel links, Paramedian rechts, Commotio cerebri, Ausschluss einer Contusio bulbi links, Lidschwellung links, Monokelhämatom links, postoperative Schwellung Unterkiefer links, Schmerz postoperativ, Thoraxprellung links, Alkoholrausch, Zustand nach Unterkieferreposition mit Miniplattenosteosynthese median/Paramedian (zweimal 4-Loch-Miniplatte) und Kieferwinkel links (6-Loch-Miniplatte), IMF am 15.06.2001. Die Operation machte auch die Extraktion einiger Zähne notwendig. Der Kiefer des Zeugen musste nach der Operation still gelegt werden. Dies geschah durch eine Verdrahtung, die eine Aufnahme fester Nahrung unmöglich machte. Der Zeuge nahm in der Folgezeit 15 kg Gewicht ab. Die Verletzungsfolgen sind weitestgehend ausgeheilt. Allerdings kann der Zeuge seinen Mund nicht mehr vollständig öffnen."

Mit Verfügung der Polizeidirektion XXXXXXXX vom 28.11.2005 wurde die Fortführung des ausgesetzten förmlichen Disziplinarverfahrens angeordnet und dieses gemäß § 35 Abs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 2 LDO auf den Sachverhalt der Körperverletzung im Amt am 15.06.2001, wie er Gegenstand des Urteils des Landgerichts XXXXXXXXX ist, beschränkt. Ferner wurde verfügt, dass von einer Untersuchung gemäß § 51 Abs. 2 LDO abgesehen wird.

II.

1. Am 19.01.2006 hat der Vertreter der Einleitungsbehörde der Disziplinarkammer beim Verwaltungsgericht XXXXXXXX die Anschuldigungsschrift vorgelegt, in welcher dem Beamten vorgeworfen wird, mit der durch das Landgericht XXXXXXXXXXX strafgerichtlich abgeurteilten Verfehlung ein Dienstvergehen nach § 95 Abs. 1 LBG i.V.m. § 73 LBG begangen zu haben.

Die Disziplinarkammer hat den Beamten in der Hauptverhandlung gehört. Er gab an, dass das Polizeirevier XXXXXXXXXXXX eine problematische Klientel um sich herum habe. Er sei dort seit 25 Jahren tätig gewesen. Es sei eine recht belebte Nacht gewesen. Es sei sehr laut im Revier gewesen. Er sei tätlich gegen das Opfer vorgegangen. Das sei aber eine spontane Reaktion gewesen. Es seien Tätlichkeiten des Opfers vorausgegangen. Das Opfer habe nach ihm getreten. Er bereue heute die ganze Sache. Auch der gesamte Ablauf sei nicht korrekt gewesen. Dies würde ihm heute nicht mehr passieren. Er würde sich heute zu nichts mehr hinreißen lassen. Es sei auch zu einer Aussöhnung mit dem Opfer gekommen. Er habe das geforderte Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,-- EUR gezahlt. Er habe nie bestritten, konkret selbst eingewirkt zu haben. Den Vorkommnisbericht 2001 habe er unmittelbar nach der Nacht, etwa 12 Stunden später, verfasst. Er habe eine knappe Fassung, die nicht allumfassend gewesen sei, geschrieben. Später habe er dann ausführlichere Angaben (Stellungnahme 2002) gemacht. Die Verletzungen des Opfers seien so nicht feststellbar gewesen. Auch der Arzt habe sie nicht festgestellt. Nach seiner subjektiven Meinung seien die Schläge nicht schwer gewesen. Er sei nicht der Auffassung gewesen, dass die Verletzungen schwer gewesen seien. Auf Vorhalt des Vorsitzenden, dass er im Vorkommnisbericht nichts von seiner Einwirkung auf das Opfer, sondern insoweit nur davon berichtet habe, dass XXXX wiederholt infolge seiner unkontrollierten Bewegungen mit dem Kopf auf den Fußboden gestoßen sei: Beim Transport in die Zelle sei der Verletzte mit dem Kopf in der Zelle auf den Boden aufgeschlagen. Er habe insoweit keine Verletzungen gesehen. Er habe nicht erkannt, dass der Verletzte einen Kieferbruch erlitten habe. Er wisse, dass er dem Opfer ins Gesicht geschlagen habe. Heute würde er sich nicht mehr dazu hinreißen lassen. Er würde nicht einmal eine Ohrfeige geben. Er würde heute keinen knappen Vorkommnisbericht mehr abfassen, sondern umfänglicher schreiben.

2. Mit Urteil vom 10.12.2007 - DL 13 K 4/06 - hat die Disziplinarkammer den Beamten aus dem Dienst entfernt und ihm für die Dauer von einem Jahr einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 % des erdienten Ruhegehalts bewilligt. In tatsächlicher Hinsicht legte die Kammer ihrer Entscheidung die oben wiedergegebenen, gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 LDO bindenden tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Landgerichts XXXXXXXX vom 05.10.2005 - XXXXXXXXXXXXXX - zugrunde. Die rechtliche Würdigung des festgestellten Verhaltens des Beamten ergebe, dass dieser sich einer nach Art und Ausmaß schwerwiegenden Verfehlung gegenüber seinen Dienstpflichten als Polizeioberkommissar schuldig gemacht und dadurch ein - einheitliches - innerdienstliches Dienstvergehen nach § 95 Abs. 1 Satz 1 LBG begangen habe. Der Beamte habe mit der strafgerichtlich geahndeten Verhaltensweise (Körperverletzung im Amt) vorsätzlich gegen die in § 73 Satz 3 LBG normierte Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen. Außerdem habe er dienstlich nicht rechtmäßig gehandelt (§ 75 Abs. 1 LBG), sein Amt nicht nach bestem Gewissen verwaltet (§ 73 Satz 2 LBG) und schuldhaft die ihm obliegende Pflicht verletzt, die dienstlichen Anordnungen seiner Vorgesetzten auszuführen und ihre allgemeinen Richtlinien zu befolgen (§ 74 Satz 2 LBG). Es sei unumgänglich, dieses Dienstvergehen durch Verhängung der schärfsten Disziplinarmaßnahme - der Entfernung aus dem Dienst (§ 11 LDO) - zu ahnden; eine weniger schwerwiegende Disziplinarmaßnahme sei nicht in Betracht gekommen, da der Beamte aufgrund seines Fehlverhaltens für den Dienstherrn absolut und objektiv untragbar geworden sei. Das Dienstvergehen des Beamten wiege sehr schwer. Ein Polizeibeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine vorsätzliche Körperverletzung begehe, ohne dass diese durch Notwehr oder Putativnotwehr gerechtfertigt sei, handele in grober Weise seinem gesetzlichen Auftrag zuwider. Zugleich missbrauche er die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse und erschüttere nicht nur das vom Dienstherrn in ihn gesetzte Vertrauen in seine dienstliche Zuverlässigkeit, sondern beeinträchtige auch das Ansehen der Polizei in erheblichem Maße. Die Allgemeinheit könne und dürfe mit Recht erwarten, dass das allgemeine strafgesetzliche Verbot, andere körperlich zu verletzen, gerade von Polizeibeamten befolgt werde, zu deren Kernpflichten es gehöre, die Einhaltung dieses Verbots zu überwachen und Verstöße hiergegen zu unterbinden und zu verfolgen. Das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) besitze einen besonders hohen Rang. Körperverletzungsdelikte habe der Gesetzgeber im Strafgesetzbuch unter erhebliche Strafandrohung gestellt und die Bedeutung des Schutzgutes der körperlichen Unversehrtheit vor staatlichen Übergriffen in der besonderen Strafbestimmung des § 340 StGB über die Körperverletzung im Amt zum Ausdruck gebracht. Daraus folge, dass bei einem Polizeibeamten, der sich einer schwerwiegenden Körperverletzung im Amt schuldig gemacht habe, die disziplinarische Höchstmaßnahme regelmäßig in Betracht zu ziehen sei. Vorliegend sprächen mehrere erschwerende Umstände gegen den Beamten. Zu seinen Lasten falle zunächst ins Gewicht, dass die von ihm begangene Körperverletzungshandlung von besonderer Brutalität zeuge. Der Beamte habe dem Geschädigten XXXXXX mit großem Krafteinsatz mindestens zweimal kräftig mit der Handkante oder dem Handballen in das Gesicht geschlagen, um diesen zu verletzen. Er habe nur durch den mahnenden Zwischenruf seines Kollegen XXXXX - "XXXX, es reicht" - zur Besinnung gebracht werden können. Infolge der massiven Gewaltanwendung des Beamten habe sich der Geschädigte eine gravierende und folgenschwere Verletzung am Kopf zugezogen. Er habe einen doppelten Kieferbruch erlitten, der eine schwierige mehrstündige Operation erforderlich gemacht habe. Der Kiefer des Geschädigten habe hierbei durch eine Verdrahtung stillgelegt werden müssen, was die Aufnahme fester Nahrung unmöglich gemacht habe. Darüber hinaus sei die Extraktion einiger Zähne erforderlich gewesen. Der Geschädigte habe in der Folgezeit 15 Kilo Gewicht abgenommen, da er zwei Monate lang nur flüssige Nahrung habe zu sich nehmen können. Seinen Kiefer könne er seither nicht mehr vollständig öffnen. Das durch diese feststehenden Tatsachen belegte Eigengewicht des Körperverletzungsdelikts werde auch nicht durch die Begleitumstände der Tatbegehung entscheidend gemindert. Zwar sei der Beamte durch den der Tat unmittelbar vorausgehenden Tritt des Geschädigten gegen seine Schläfe provoziert worden. Seine eigene Gewaltanwendung habe jedoch nach Art und Ausmaß eine maßlose Überreaktion auf das Verhalten des ihm eindeutig unterlegenen und schutzlos ausgelieferten XXXXXX dargestellt. So habe es der in der Gewahrsamszelle von seinen Kollegen XXXXXX und XXXXXX unterstützte Beamte nach diesem Angriff nicht etwa bei einfachen und ohne erhebliche Körperkraft geführten Abwehrbewegungen belassen, um die Situation zu bereinigen bzw. eine weitere Eskalation zu verhindern. Vielmehr habe er sogleich die Beherrschung verloren und dem nach seiner eigenen Einschätzung erheblich alkoholisierten und zu diesem Zeitpunkt 18 Jahre alten XXXXXX mindestens zwei heftige Schläge in das besonders verletzungsempfindliche Gesicht versetzt. Der Beamte sei außerdem nicht in der Lage gewesen, seinen erheblichen Aggressionen selbst Einhalt zu gebieten. Erst aufgrund der deutlichen Worte seines Kollegen XXXXX habe er von seinem Tun abgelassen. Dieser Verlust der Selbstkontrolle bei der Dienstausübung sei auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Tat aus einer besonders angespannten und turbulenten Situation auf dem Polizeirevier XXXXXXXXXX heraus begangen worden sei, weder zu rechtfertigen noch zu entschuldigen. Der Beamte selbst habe im Verfahren auf seine über 20-jährige Berufserfahrung verwiesen. Er habe dem fraglichen Polizeirevier, das für die problematischsten Stadtteile XXXXXXXXXX zuständig sei, seit 1979 - nur unterbrochen durch einige Abordnungen - angehört. Es sei deshalb davon auszugehen, dass er - anders als ein junger, unerfahrener Polizeibeamter - mit schwierigen Situationen, gerade auch im Bereich der Ingewahrsamnahme alkoholisierter Personen, vertraut gewesen sei, so dass von ihm auch unter den gegebenen Verhältnissen habe erwartet werden können, dass er sich nicht zu einer derartigen Überreaktion hinreißen lasse. Hinzu komme, dass auf dem Polizeirevier bereits vor dem Übergriff des Beamten über einen längeren Zeitraum hinweg lebhafter Betrieb geherrscht habe, wobei der Geschädigte XXXXXXXX immer wieder durch provozierende und aggressive Verhaltensweisen aufgefallen sei. Vor diesem Hintergrund erscheine auch die nach 4.15 Uhr erfolgte Provokation des Beamten durch XXXXXX in der Gewahrsamszelle, obwohl sie dort plötzlich und unvermittelt stattgefunden habe, in einem anderen Licht. Die Situation sei, gemessen am Berufsalltag eines Polizeibeamten und den damit verbundenen Risiken, jedenfalls nicht durch so außergewöhnliche Besonderheiten geprägt gewesen, dass von einem lebens- und berufserfahrenen Beamten, der zudem als Dienstführer Vorbildfunktion für die Schicht habe, keine besondere Handlungsweise mehr hätte erwartet werden können. Bei dieser Sachlage könne deshalb auch nicht zu Gunsten des Beamten von einer einmaligen persönlichkeitsfremden Augenblickstat ausgegangen werden, zumal das Urteil des Amtsgerichts XXXXXXXXX vom 25.08.2004 die Feststellung enthalte, dass der Beamte auf betrunkene Personen ohnedies häufig gereizt reagiere. Eine besonders negative Qualität erhalte der nach Art, Intensität und Ausmaß der Folgen schwerwiegende körperliche Übergriff zudem durch das Nachtatverhalten des Beamten. Bereits den Vorkommnisbericht über die Ereignisse in der betreffenden Tatnacht habe er zu seinen Gunsten manipuliert, indem er dort hineingeschrieben habe, dass XXXXXXXX sich, als er zum zweiten Mal in die Zelle habe getragen werden müssen, so heftig gewehrt und gewunden habe, dass er mehrfach mit dem Kopf auf den Fußboden aufgeschlagen sei. Diese Bemerkung habe eindeutig darauf abgezielt, eine Selbstverletzung des XXXXXX zu suggerieren, und habe keinerlei Hinweise auf eigene Einwirkungen des Beamten enthalten. Noch in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht XXXXXXXXX am 17.08.2004 habe der Beamte von spontan getätigten Abwehrbewegungen in Richtung des Oberkörpers des Geschädigten gesprochen, die nicht geeignet gewesen seien, einen Kieferbruch herbeizuführen und betont, dass er sich keiner Schuld bewusst sei und völlig korrekt gehandelt habe. Erst in der Berufungsinstanz und auf Empfehlung seines Verteidigers habe der Beamte bezüglich der abgeurteilten Körperverletzung im Amt ein Geständnis abgelegt sowie durch die einen Tag vor Verhandlungsbeginn am 14.09.2005 erfolgte Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000,-- EUR und eine von dem Geschädigten akzeptierte Entschuldigung einen Täter-Opfer-Ausgleich im Sinne des § 46a Ziff. 1 StGB herbeigeführt. Diesem späten Geständnis könne disziplinarrechtlich nicht die von dem Beamten angenommene positive Bedeutung beigemessen werden. Das Gewicht des Wohlverhaltens werde entscheidend dadurch gemindert, dass es erst unter dem Druck der erstinstanzlichen Verurteilung, die zwingend die Entlassung des Beamten aus dem Dienst zur Folge gehabt hätte, und nach den belastenden Erklärungen seiner Mitangeklagten an den Tag gelegt worden sei. Die Disziplinarkammer habe sich in der Hauptverhandlung auch nicht davon überzeugen können, dass die verbalen Bekundungen des Beamten tatsächlich Ausdruck einer eindeutigen und ernsthaften Distanzierung von seinem Fehlverhalten seien. Die Aussagen des Beamten, dass er nie bestritten habe, konkret selbst auf den Geschädigten eingewirkt zu haben, dass dessen Verletzungen so nicht feststellbar gewesen seien, dass er nicht der Auffassung gewesen sei, dass die Verletzungen schwer seien und er die Verletzungen nicht gesehen habe, belegten ebenso wie seine Reaktionen auf den ihm vorgehaltenen Inhalt des Vorkommnisberichts und der Stellungnahme vom 27.06.2002, dass er nicht die Fähigkeit besitze, eine grundlegende Korrektur seiner eigenen Sichtweise vorzunehmen und sich rückhaltlos zu seinem Versagen zu bekennen. Anerkannte Milderungsgründe lägen nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung nicht vor. Sonstige allgemeine Milderungsgründe könnten nicht durchgreifen, da der Beamte im Kernbereich seiner Pflichten als Polizeibeamter versagt habe. Die Tatsache, dass sich der Beamte bis zu seinem Dienstvergehen in über 20 Jahren straf- und disziplinarrechtlich nichts habe zu Schulden kommen lassen, und ihm gute Leistungen attestiert worden seien, könne nichts daran ändern, dass das Vertrauen, das ihm sein Dienstherr entgegengebracht habe, für die Zukunft irreparabel zerstört sei.

3. Gegen das seinem Verteidiger am 24.01.2008 zugestellte Urteil hat der Beamte mit Anwaltsschriftsatz vom 25.02.2008 (Montag), eingegangen bei der Disziplinarkammer am gleichen Tag, Berufung eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, es liege ein anerkannter Milderungsgrund vor. Die Disziplinarkammer habe verkannt, dass der bis zu dem fraglichen Vorfall weder disziplinarisch noch strafrechtlich in Erscheinung getretene Beamte sich aufgrund der vorausgegangenen immer wieder provozierenden und aggressiven Verhaltensweise des Geschädigten - zuletzt durch den Tritt mit dem Fuß an seinen Kopf - zu einer einmaligen Augenblickstat habe hinreißen lassen, welche ihm persönlichkeitsfremd sei. Soweit die Disziplinarkammer auf eine Feststellung im Urteil des Amtsgerichts XXXXXXXX vom 25.08.2004 zurückgegriffen habe, wonach der Beamte auf betrunkene Personen ohnedies häufig gereizt reagiere, erscheine dies fehlerhaft. Das Urteil des Amtsgerichts XXXXXXXXXXXXXXX sei aufgehoben worden. Im Berufungsurteil des Landgerichts XXXXXXXXX vom 05.10.2005, dessen Feststellungen allein Grundlage des Disziplinarverfahrens seien, sei nach einer sehr umfangreichen Beweisaufnahme eine derartige Haltung des Beamten gerade nicht festgestellt worden. In den dienstlichen Beurteilungen seien die psychische Belastbarkeit, das bürgerfreundliche Verhalten, die Hilfsbereitschaft, die Zuverlässigkeit, die Verantwortungsbereitschaft und Motivationsfähigkeit des Beamten als außergewöhnlich ausgeprägt bewertet worden. Bedenken begegne auch die Feststellung im Urteil der Disziplinarkammer, wonach das Vertrauen, das ihm sein Dienstherr entgegengebracht habe, für die Zukunft irreparabel zerstört sei. Hiergegen spreche bereits, dass der Beamte auch nach dem Vorfall noch über zwei Jahre lang im Polizeidienst gewesen sei, wobei er diesen Dienst nicht nur beanstandungsfrei, sondern verantwortungsbewusst, engagiert und gewissenhaft ausgeübt habe. All diese für den Beamten sprechenden Umstände erlaubten die Schlussfolgerung, dass die vom Verwaltungsgericht angeordnete Entfernung aus dem Dienst - nahezu sieben Jahre nach dem Vorfall - gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße.

Der Beamte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts XXXXXXXX vom 10. Dezember 2007 - DL 13 K 4/06 - aufzuheben und ihn in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt zu versetzen.

Der Vertreter der obersten Dienstbehörde beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die der Tat des Beamten vorausgegangene Provokation nicht als über das Alltägliche hinausreichend bewertet werden könne. Der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf eine Passage in dem Urteil des Amtsgerichts XXXXXXXXX vom 25.08.2004, wonach der Beamte auf betrunkene Personen ohnedies gereizt reagiere, sei allenfalls ein kleiner Mosaikstein für die gesamte Begründung der Disziplinarmaßnahme, dessen Wegfall die Begründetheit der Disziplinarmaßnahme nicht in Frage stelle. Zu den Ausführungen in der Berufungsbegründung zu den dienstlichen Beurteilungen des Beamten sei anzumerken, dass dieser in der letzten Regelbeurteilung zum 01.05.2004 mit einer Gesamtbewertung von 3,50 Punkten ein deutlich unterdurchschnittliches Ergebnis erzielt habe; in seiner Vergleichsgruppe habe der Durchschnitt bei 3,70 Punkten gelegen. Das Vertrauen des Dienstherrn in den Beamten sei irreparabel zerstört. Der Umstand, dass der Beamte bis zum 04.09.2003 im Dienst belassen worden sei, sei der Unschuldsvermutung geschuldet. Erst mit Zustellung der Anklageschrift hätten sich die Vorwürfe soweit konkretisiert, dass eine vorläufige Dienstenthebung möglich gewesen sei. Eine vorherige Reaktion sei bedingt durch den Umstand, dass der Tathergang nicht zuletzt durch das Verhalten des Beamten nur mühevoll habe rekonstruiert werden können, aus rechtsstaatlichen Erwägungen nicht möglich gewesen.

Dem Senat haben - neben den Akten des Verwaltungsgerichts - auch die einschlägigen Personal- und Disziplinarakten sowie die Strafakten der Staatsanwaltschaft XXXXXXXXX (6 Bände) vorgelegen.

III.

Der Senat hat die Rechtslage nach der Landesdisziplinarordnung in der Fassung vom 25.04.1991 (GBl. S. 227), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 15.12.1997 (GBl. S. 522) - LDO -, zu beurteilen. Zwar ist die LDO nach Art. 27 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts - LDNOG - vom 14.10.2008 (GBl. S. 343) am 22.10.2008 außer Kraft getreten. Doch werden nach Art. 26 Abs. 3 Satz 1 LDNOG förmliche Disziplinarverfahren, in denen im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (22.10.2008) der Beamte bereits zur Vernehmung nach § 55 LDO geladen war, bis zu ihrem unanfechtbaren Abschluss nach bisherigem Recht fortgeführt.

Die - zulässige - Berufung bleibt ohne Erfolg. Sie ist - wie sich bereits aus dem Berufungsschriftsatz vom 25.02.2008 ergibt - zulässigerweise auf das Disziplinarmaß beschränkt. Diese Beschränkung ergibt sich zwar nicht aus dem schriftsätzlich angekündigten Antrag, sondern aus der Berufungsbegründung. Diese wendet sich nicht gegen die von der Disziplinarkammer im Anschluss an die strafgerichtlichen Feststellungen getroffenen Feststellungen zum subjektiven und objektiven Tatbestand des Dienstvergehens. Vielmehr wird sie allein mit der aus der Sicht des Beamten wegen Vorliegens von Milderungsgründen überzogenen Disziplinarmaßnahme begründet. Daher ist der Senat an die getroffenen Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung als Dienstvergehen gebunden.

Infolge der Beschränkung der Berufung auf das Disziplinarmaß steht folglich bindend fest, dass der Beamte mit der vom Verwaltungsgericht - auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Landgerichts XXXXXXXXX vom 05.10.2005 (vgl. § 19 Abs. 1 LDO) - festgestellten Verfehlung (Körperverletzung im Amt) vorsätzlich die ihm aus § 73 Satz 2 und 3 (Pflicht, sein Amt nach bestem Gewissen zu verwalten; Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten), § 74 Satz 2 (Pflicht, die dienstlichen Anordnungen der Vorgesetzten auszuführen und ihre allgemeinen Richtlinien zu befolgen) sowie § 75 Abs. 1 LBG (Pflicht zu rechtmäßigem dienstlichen Handeln) obliegenden Beamtenpflichten verletzt und ein einheitliches - innerdienstliches - Dienstvergehen im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 LBG begangen hat. Der Senat hat deshalb nur noch darüber zu befinden, ob die von der Disziplinarkammer ausgesprochene Entfernung aus dem Dienst (vgl. § 11 LDO) gerechtfertigt und ggf. die Entscheidung über die Gewährung eines Unterhaltsbeitrags abzuändern oder aber, was der Beamte anstrebt, auf Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt (vgl. § 10 LDO) zu erkennen ist.

1. Der Senat teilt die von der Disziplinarkammer ausführlich begründete Einschätzung, dass aufgrund des erwiesenen - schwerwiegenden - Dienstvergehens die Entfernung des Beamten aus dem Dienst (§ 11 LDO) unumgänglich ist. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a) Ein Polizeibeamter, der selbst Straftaten begeht, beeinträchtigt das für die Ausübung seines Berufes erforderliche Vertrauen seines Dienstherrn und sein Ansehen in der Öffentlichkeit auf das Schwerste. Er stellt seine Eignung, für die Wahrung von Recht und Gesetz einzutreten und die Kriminalität zu bekämpfen, nachhaltig in Frage, wenn er selbst einen Straftatbestand verwirklicht. Ein Polizeibeamter, der in Ausübung seines Dienstes eine oder mehrere vorsätzliche Körperverletzungen begeht, ohne dass ein Fall der Notwehr oder Putativnotwehr vorliegt, verstößt in grober Weise gegen seinen gesetzlichen Auftrag zur Gefahrenabwehr und verletzt den Kernbereich seiner Dienstpflichten. Er missbraucht damit die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben verliehenen Machtbefugnisse, erschüttert das in ihn vom Dienstherrn gesetzte Vertrauen in seine dienstliche Zuverlässigkeit und beeinträchtigt in erheblichem Maße das Ansehen der Polizei als staatlicher Institution, weil der Achtungsverlust des Beamten auf die Polizei insgesamt ausstrahlt. Denn die Allgemeinheit darf mit Recht erwarten, dass das allgemeine strafgesetzliche Verbot, andere körperlich zu verletzen, gerade von Polizeibeamten befolgt wird, die kraft ihrer Dienstpflicht die Einhaltung dieses Verbots zu überwachen und Verstöße hiergegen zu unterbinden und zu verfolgen haben (vgl. Urteil des Senats vom 10.11.2006 - DL 16 S 22/06 - juris; BayVGH, Urteil vom 05.03.2008 - 16a D 07.1368 - juris m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 10.03.1999 - 6d A 255/98.O - IÖD 1999, 224 = DÖD 2000, 39). Daraus folgt, dass bei rechtswidrigen und schuldhaften Körperverletzungen im Amt an Personen, denen gegenüber der Beamte Amtshandlungen vorzunehmen hatte, im Regelfall eine der nur im förmlichen Disziplinarverfahren statthaften Disziplinarmaßnahmen geboten ist. Körperverletzungsdelikte hat der Gesetzgeber im Strafgesetzbuch unter erhebliche Strafandrohung gestellt (vgl. §§ 223 ff. StGB) und die Bedeutung des Schutzgutes der körperlichen Unversehrtheit vor staatlichen Übergriffen in der besonderen Strafbestimmung des § 340 StGB über die Körperverletzung im Amt zum Ausdruck gebracht. In schwerwiegenden Fällen, vor allem bei Übergriffen auf sich in (polizeilichem) Gewahrsam befindenden Personen ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung angesichts der Tatsache, dass aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eine staatliche Schutzpflicht abzuleiten ist, die körperliche Integrität jeder Person in staatlichem Gewahrsam zu wahren und zu schützen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2008 - 1 BvR 1807/07 - NJW 2008, 1060), im Regelfall die Dienstentfernung erforderlich (BayVGH, Urteil vom 05.03.2008 - 16a D 07.1368 - a.a.O. m.w.N.; VGH BW, Urteil vom 30.09.1991 - D 17 S 5/91 - juris; OVG NRW, Urteil vom 10.03.1991 - 6d A 255/98.O - a.a.O.; vgl. auch Claussen/Janzen, BDO RdNr. 8 c u. 41 c zu Einleitung D). Mit Urteil vom 16.11.2006 (- DL 16 S 22/06 - a.a.O.) hat der Senat diese Rechtsprechung dahin modifiziert, dass bei derartigen Dienstvergehen die Höchstmaßnahme regelmäßig in Betracht zu ziehen und sie jedenfalls dann typischerweise die allein angemessene Maßnahme ist, wenn der Übergriff nicht durch eine über das Alltägliche hinausreichende Provokation bedingt war. Dies bedeutet umgekehrt, dass jedenfalls schwere Provokationen oder gar Angriffe mildernd zu berücksichtigen sind. Zu würdigen sind weiter Art, Intensität und Häufigkeit des Übergriffs, dessen Folgen und je nach Sachlage auch das Nachtatverhalten; nicht außer Acht bleiben kann ferner, wenn es - etwa durch Presseveröffentlichungen - tatsächlich zu einer erheblichen Gefährdung oder gar Schädigung des unabdingbaren Vertrauens in den Polizei- oder Justizvollzug gekommen ist. Schließlich ist auch in die Erwägungen einzubeziehen, ob es sich möglicherweise um eine persönlichkeitsfremde Tat gehandelt hat.

b) Die auf dieser Grundlage vorzunehmende Gesamtbetrachtung ergibt, dass die vom Beamten begangene Körperverletzung im Amt schon für sich genommen, jedenfalls aber in Verbindung mit dem Nachtatverhalten das erforderliche Vertrauen in nicht wiederherzustellender Weise zerstört hat.

aa) Mildernd ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Tat durch den ihr unmittelbar vorausgehenden Tritt des Geschädigten gegen die Schläfe des Beamten - die diesen allerdings lediglich streifte und keine nennenswerte Verletzung verursachte - provoziert wurde.

bb) Angesichts des Eigengewichts des Körperverletzungsdelikts und mehrerer erschwerender Umstände kann dieser Provokation vorliegend im Ergebnis aber kein entscheidungserhebliches Gewicht beigemessen werden:

(1) Die Körperverletzungshandlung selbst zeugt von besonderer Brutalität. Der Beamte hat dem Geschädigten mit großem Krafteinsatz mindestens zweimal heftig mit der Handkante oder dem Handballen in das Gesicht geschlagen, um diesen zu verletzen, und konnte nur durch den mahnenden Zwischenruf seines Kollegen zur Besinnung gebracht werden. Das Maß der Gewaltanwendung stand, wie die Disziplinarkammer zu Recht ausgeführt hat, völlig außer Verhältnis zu der vorangegangenen Provokation seitens des dem Beamten eindeutig unterlegenen, erheblich alkoholisierten und schutzlos ausgelieferten Geschädigten. Infolge der massiven Gewaltanwendung zog sich der Geschädigte eine gravierende und folgenschwere Kopfverletzung (doppelter Kieferbruch) zu. Er konnte zwei Monate lang nur flüssige Nahrung zu sich nehmen und kann seinen Kiefer seither nicht mehr vollständig öffnen.

(2) Erschwerend fällt zudem ins Gewicht, dass der lebens- und berufserfahrene Beamte, der dem fraglichen Polizeirevier, das für die problematischsten Stadtteile XXXXXXXXX zuständig ist, seit 1979 - unterbrochen nur durch einige Abordnungen - angehörte, mit schwierigen Situationen vertraut war und als Dienstführer zudem Vorbildfunktion für die Schicht hatte.

(3) Gegen den Beamten spricht des weiteren sein Nachtatverhalten. Zu Recht hat die Disziplinarkammer es als erschwerend gewertet, dass der Beamte versucht hat, durch Abfassung eines unrichtigen Vorkommnisberichts sein vorangegangenes strafbares innerdienstliches Fehlverhalten zu verdecken. An dieser unrichtigen Darstellung hielt er auch in seiner im Ermittlungsverfahren abgegebenen schriftlichen Stellungnahme vom 27.06.2002 und in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht XXXXXXX am 17.08.2004 fest. Erst in der Berufungsinstanz hat der Beamte auf Rat seines Verteidigers ein Geständnis abgelegt sowie durch die einen Tag vor Verhandlungsbeginn erfolgte Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000,-- EUR und eine von dem Geschädigten akzeptierte Entschuldigung einen Täter-Opfer-Ausgleich im Sinne des § 46a Ziff. 1 StGB herbeigeführt. Es ist nicht erkennbar, dass dieses Geständnis von Reue und Einsicht des Beamten in sein gravierendes Fehlverhalten getragen wäre. Dagegen spricht, dass der Beamte in der Hauptverhandlung vor der Disziplinarkammer am 10.12.2007 erneut versucht hat, sein Verhalten zu beschönigen. Dass er in der heutigen Hauptverhandlung vor dem Senat sein "extremes Fehlverhalten" uneingeschränkt eingeräumt und Reue gezeigt hat, vermag ihn vor diesem Hintergrund kaum zu entlasten. Was die mit der Berufung angeführte positive Beurteilung des Strafgerichts, die in der Strafaussetzung zur Bewährung zum Ausdruck kommt, anbelangt, sind die ganz unterschiedlichen Zwecksetzungen von Kriminalstrafen und Disziplinarmaßnahmen zu berücksichtigen. Anknüpfungspunkt für die zu verhängende Disziplinarmaßnahme sind das besondere Gewicht und die Schwere der dienstrechtlichen Verfehlung, nicht die vorangegangenen strafrechtlichen Bewertungen. Im Unterschied zum Strafrecht ist ausschließlicher Zweck des Disziplinarrechts, das Vertrauen in die Redlichkeit und Zuverlässigkeit des Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu sichern (BVerwG, Urteil vom 24.02.1999 - 1 D 72.97 -, juris).

(4) Schließlich ist zu Lasten des Beamten zu berücksichtigen, dass das Dienstvergehen infolge der Presseberichterstattung zu einer massiven Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums und der Polizei in der Öffentlichkeit geführt hat.

cc) Milderungsgründe, aufgrund derer von der Entfernung aus dem Dienst abgesehen werden könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere liegt kein einmaliges, persönlichkeitsfremdes Augenblicksversagen vor (vgl. zu diesem für die Zugriffsdelikte entwickelten Milderungsgrund etwa BVerwG, Urteil vom 26.02.1997 - 1 D 16.96 -, juris; vgl. zur unbedachten Gelegenheitstat, die ein gewisses Maß an Spontaneität, Kopflosigkeit und Unüberlegtheit voraussetzt, auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.11.2001 - D 17 S 15/01 -). Denn die Anwendung dieses Milderungsgrundes setzt voraus, dass der Beamte einmal spontan ohne hinreichende Überlegung quasi kurzschlussartig gehandelt hat, weil nur dann davon ausgegangen werden kann, dass das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn nicht völlig zerstört ist und wiederhergestellt werden kann. Der Beamte hat hier nicht einmalig versagt, vielmehr bestand sein Versagen aus verschiedenen "Teilakten" (Körperverletzung; Abfassung des unrichtigen Vorkommnisberichts; bewusstes Erschweren der Ermittlungen über Jahre hinweg).

Auch wenn der Beamte disziplinarisch nicht vorbelastet ist, erscheint angesichts des Umfangs und der Nachdrücklichkeit seines Versagens das notwendige Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn endgültig zerstört. Der Ansehens- und Vertrauensverlust wird auch durch die beanstandungsfreie, langjährige Tätigkeit des Beamten, seine überwiegend guten Beurteilungen und die Schmerzensgeldzahlung (erst) nach Aufklärung der Tat nicht derart relativiert, dass von einer Entfernung aus dem Dienst abgesehen werden könnte.

Der Umstand, dass der Beamte nach dem Dienstvergehen noch über zwei Jahre im Polizeidienst war und diesen Dienst - was unterstellt werden kann, so dass es der schriftsätzlich angeregten Beweiserhebung nicht bedarf - verantwortungsbewusst, engagiert und gewissenhaft ausgeübt hat, spricht nicht dafür, dass seitens des Dienstherrn noch ein Restvertrauen in den Beamten vorhanden ist. Dass der Beamte erst im September 2003 vom Dienst suspendiert wurde, ist der Unschuldsvermutung geschuldet. Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren war zunächst mit Verfügung vom 30.01.2003 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Auf die Beschwerde des Geschädigten wurde das Ermittlungsverfahren erst am 11.06.2003 wieder aufgenommen. Erst nach der erneuten Vernehmung des Zeugen XXXXXXXX am 15.08.2003 bestanden hinreichende Anhaltspunkte für ein schwerwiegendes Dienstvergehen des Beamten in Gestalt einer Körperverletzung im Amt, die den Erlass einer entfernungsvorbereitenden vorläufigen Dienstenthebung rechtfertigten.

Nach Abwägung aller für und gegen den Beamten sprechenden Umstände ist vor diesem Hintergrund wegen des eingetretenen endgültigen Ansehens- und Vertrauensverlustes die Entfernung aus dem Dienst geboten und verhältnismäßig.

Auch die zweifellos harten wirtschaftlichen Folgen, die die Entfernung aus dem Dienst für den Beamten nach sich zieht, können die angestrebte Milderung des Disziplinarmaßes nicht rechtfertigen. Anknüpfungspunkt für die zu verhängende Disziplinarmaßnahme sind das Gewicht und die Schwere des Dienstvergehens (vgl. Urteil des Senats vom 16.10.2000 - D 17 S 13/00 -, juris, bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 22.11.2001 - 2 BvR 2138/00 - NVwZ 2002, 467); die wirtschaftlichen Einbußen, die mit einer Entfernung aus dem Dienst als der angemessenen und erforderlichen disziplinaren Ahndung des Fehlverhaltens eines Beamten verbunden sind, fallen in dessen Risikobereich (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.1999 - 1 D 72.97 -, juris). Ihnen ist ggf. durch die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags nach § 75 Abs. 1 LDO Rechnung zu tragen (vgl. Urteile des Senats vom 16.10.2000, a.a.O. und vom 25.03.1996 - D 17 S 20/95 -, juris).

Die lange Verfahrensdauer vermag ebenfalls nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Entfernung aus dem Dienst zu führen. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine disziplinarische Maßnahme unvereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werden, wenn das Disziplinarverfahren unverhältnismäßig lange dauert. Diese Rechtsprechung trägt dem Umstand Rechnung, dass bereits die mit einem Disziplinarverfahren verbundenen wirtschaftlichen und dienstlichen Nachteile auf den Beamten einwirken können mit der Folge, dass das durch das Dienstvergehen ausgelöste Sanktionsbedürfnis durch die Verfahrensdauer gemindert wird oder sogar ganz entfallen kann. Dementsprechend ist bei der Frage, welche Disziplinarmaßnahme zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes erforderlich ist, stets zu prüfen, ob und inwieweit bereits mit einem langen Disziplinarverfahren konkret verbundene Nachteile auf den Beamten positiv eingewirkt haben (vgl. BVerfGE 46, 17 <29 f.>). Diese Überlegungen greifen jedoch nicht, wenn die Entfernung des Beamten aus dem Dienst geboten ist. Bei der Dienstentfernung geht es darum, das Dienstverhältnis in Fällen besonders schwerwiegender Dienstvergehen zu beenden, weil jedes Vertrauen in den Beamten unwiederbringlich verloren gegangen ist. Auf positive Veränderung zielende Maßnahmen können diesen Vertrauensverlust ebenso wenig beheben wie die aus einer langen Verfahrensdauer dem Beamten entstehenden Nachteile. Ein solcher Beamter ist vielmehr für den öffentlichen Dienst untragbar geworden und muss unabhängig von der Verfahrensdauer aus Gründen der Funktionssicherung aus dem Dienst entfernt werden (st. Rspr. des BVerfG; vgl. BVerfGE 46, 17 <28>; Beschluss vom 08.09.1993 - 2 BvR 1517/92 - NVwZ 1994, 574; Beschluss vom 09.09.1994 - 2 BvR 1989/94 - NVwZ 1996, 1199 <1200>; Beschluss vom 09.08.2006 - 2 BvR 1003/05 - DVBl 2006, 1372). Vorliegend kann im Übrigen die lange Verfahrensdauer auch deshalb nicht zugunsten des Beamten berücksichtigt werden, weil sie ihre Ursache im Wesentlichen in dessen eigenem Verhalten hat, welches die Ermittlungen wesentlich erschwerte und verzögerte.

2. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht dem Beamten einen Unterhaltsbeitrag nach Maßgabe des § 75 Abs. 1 LDO in Höhe von 75 % des erdienten Ruhegehalts auf die Dauer von einem Jahr bewilligt. Der Senat sieht keine Veranlassung, diese Entscheidung abzuändern und etwa einen längeren Bewilligungszeitraum festzusetzen. Der Unterhaltsbeitrag dient dazu, dem Beamten den durch den Wegfall der Dienstbezüge notwendig gewordenen Übergang in einen anderen Beruf zu erleichtern. Diesem Zweck liegt die Erwartung zugrunde, dass sich der Beamte nachweisbar und in ausreichendem Maße, d.h. fortlaufend um die Aufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit oder um eine andere Art der Sicherung seiner finanziellen Grundlagen bemüht. Er ist gehalten, sich als Arbeit suchend zu melden, sich fortwährend auf Arbeitsplatzangebote in den Tageszeitungen oder im Internet zu bewerben und auch selbst, beispielsweise durch telefonische Nachfragen oder eigene Stellengesuche, initiativ zu werden. Der auf ein Jahr festgesetzte Bewilligungszeitraum gibt dem 50jährigen, arbeitsfähigen Beamten, der keine Unterhaltspflichten zu erfüllen hat, ausreichend Gelegenheit für eine berufliche Umorientierung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 112 Abs. 1 Satz 1 LDO.

Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 88 LDO).

Ende der Entscheidung

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